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Buchgewerbe -E Buchbinderei * * Buchdruck *** *** Buchhandel *** Steindruck Eingesandte Werke finden Besprechung Sachliche Mittheilunges । finden kostenfreie Aufnahme Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung Die Ansichtspostkarte in Ost-Asien Humoreske von Harry Born Yokohama, den 30. Mai 1900. Liefern Sie uns sofort 10 neue Serien Ansichtskarten, Ausführung wie gehabt, die Serie 100000 Auflage. Cassa bei Absendung zahlbar. Mitsui & Cie. Das war schon das dritte Telegramm in zwei Tagen. Nach Peking, nach Wladiwostok sollten in den nächsten Tagen Waggonladungen bestellter Ansichtskarten abgehen. Gewiss ist es recht erfreulich für die Geschäftskasse, wenn die recht unangenehme saure Gurkenzeit auf diese Weise abgestellt wird, aber schliesslich sind diese traditionell faulen Sommer monate auch zu etwas gut, man ist doch Mensch und es seinem Körper schuldig, einmal ein paar Wochen auszuspannen, wenn’s auch nur ein vierzehntägiges Faulenzen im Grunewald ist. Aber, wie gesagt, daran ist dieses Jahr garnicht zu denken, man muss das Eisen schmieden wenn es warm ist, und nächsten Sommer giebts vielleicht doppelte und dreifache Zeit zu Sommerferien. Ein Klingelzeichen rief meinen Ober- drucket ins Bureau, der schon lange Jahre die Freuden und Leiden eines Steindruckers mit mir getheilt hatte. »Wir haben in kürzester Frist wieder eine Million Postkarten nach Yoko hama zu liefern, lassen Sie alles vorhandene Material auf Kartengrösse reduziren, und sagen Sie mir Bescheid, was Sie zusammengebracht haben. In der Auswahl dürfen Sie nicht allzu sorgfältig verfahren, wir brauchen viel, sehr viel, an Neu-Lithografien ist nicht zu denken. Benutzen Sie auch ältere Originalsteine, auch Reklamekarten können Sie ver wenden wenn es angeht, Mampe halb und halb, Koche mit Gas, Es ist erreicht und sonst dergleichen.« — »Ja, ja, Sie haben ja ganz Recht, es schickt sich nicht für eine anständige Firma solchen Schund zu drucken, aber was wollen wir machen, die Lithografie ist so beschäftigt, dass auf Wochen hinaus an Neues nicht zu denken ist. Und dann sind ja diese Japaner und Chinesen rein toll nach unseren Ansichtskarten. Uebrigens Herr Richter, was ich Ihnen leider sagen muss, die Sommer ferien werden diesmal ausfallen müssen, wir beide können keine Stunde abkommen bei dem jetzigen Trubel.« — »Aber natürlich, schicken Sie Ihre Familie, Ihre Reisegratifikation will ich Ihnen gern doppelt bezahlen.« Kopfschüttelnd ent fernte sich mein altes Faktotum mit dem Mahnruf: »Der Deibel weess, wo det noch ’naus soll mit diesem Chinesien«. Kling, ling: »Sind Sie da, Herr Hoffmann?« — »Gut, kommen Sie bitte.« Mein Buchbindereiwerkführer trat ein. »Herr Hoffmann, Sie müssen auf alle Fälle sehen, dass Sie noch 40 bis 50 Arbeiterinnen für Perlkarten einstellen können, wir müssen das Dreifache leisten, wenn wir unseren Ver pflichtungen nachkommen wollen. Inseriren Sie nach Leuten, machen Sie was Sie wollen, nur liefern Sie mehr.« »Herr Müller, depeschiren Sie an Najork, ein Waggon von dem bestellten Chromokarton muss sofort per Eilgut abgehen.« Mit der japanisch-chinesischen Geschäftsverbindung konnte man wirklich zufrieden sein. Auflagen nicht unter 100000, Preise anständig und Kasse loko hier nach Abgang der Waaren. Neue Lithografien, Entwürfe strengstens verbeten. Alles, was sich an Originalen. aufgehäuft hat, kann verbraucht werden. Schon war ich im Begriff, mir einen Uebersehlag des voraussichtlichen Verdienstes der letzten Bestellung zu machen, als mich der laute Anruf meines Hausdieners: »Herr Kramer, die Post!« aus meinem Traume aufschreckte. Die Hitze und der treibende Geschäftsgeist des Juni hatten mich sanft an meinem Pult einschlummern lassen. Die wenigen Eingänge waren bald geordnet. Auch ein Brief der Firma Schund & Knickeberger lag vor, welcher ich vor einigen Wochen unter Einsendung kostspieliger Original- Zeichnungen Offerte gemacht hatte. In der Hoffnung, hier meine Anstrengungen erfolgreich zu sehen, öffnete ich den Umschlag und las Folgendes: Schofelhausen, 8. Juni 1900 Herren Kramer & Co., Berlin Bezugnehmend auf Ihre Offerte vom 17. März a. c., Lieferung von Ansichtspostkarten betreffend, müssen wir Ihnen mittheilen, dass Sie pro Tausend Karten um 25 Pf. zu theuer sind und wir Ihnen leider aus diesem Grunde unsere belangreichen Aufträge nicht überschreiben können. Da wir nie unter 5000 Karten bestellen, würden sich die Mehrkosten Ihrer Kalkulation immerhin auf 1 M. 25 Pf. pro Faktura belaufen, womit wir uns nicht einverstanden erklären können. Gelieferte Muster, Zeichnungen etc. erhalten Sie beifolgend mit Dank zurück. Hochachtend Schund & Knicheberger Kunstdruckpapier Aus Thüringen Wir haben von einer Fabrik wiederholt etwa 1000 kg Kunst druckpapier gekauft. Nachdem mehrere Versuche damit gemacht wurden, wird uns der ganze Posten von unserem Abnehmer zur Verfügung gestellt. Bei der Bestellung gaben wir ausdrücklich an, dass das Papier genau wie das vorhergehende Mal sein müsse, da mit diesem unser Kunde sehr zufrieden war. Trotzdem fiel die neue Lieferung nicht so aus wie sie sollte, indem das Papier »rupft«, was speziell bei den Abbildungen nicht sein darf. Wir fügen je ein Muster der alten und neuen Sendung bei und haben der Fabrik, da unser Besteller das Papier nicht nimmt, und wir sonst keine Ver wendung dafür haben, den Posten zur Verfügung gestellt. Heute erhalten wir folgenden Bescheid derselben: »Auf Grund der inzwischen beendeten Untersuchung des beanstandeten Papiers muss ich Ihnen mittheilen, dass dasselbe in jeder Beziehung normal und ohne jeden Fehler ist. Ich hatte Sie gebeten, eine Aenderung an der verwendeten Druck farbe zu veranlassen und das Papier noch von anderer Seite probiren zu lassen. Sie scheinen keines von Beiden gethan zu haben, denn sonst müssten Sie sich von der Brauchbarkeit des Papiers bereits selbst überzeugt haben. Ein Zurückweisung des Postens bedaure ich nicht anerkennen zu können.« Wir bemerken hierzu, dass das Papier auf derselben Maschine und mit derselben Farbe gedruckt wurde wie die frühere, sehr gut ausgefallene Lieferung. Was halten Sie von dieser Angelegenheit? Z. Der Unterschied beider Lieferungen ist nicht gross genug, um Annahme-Weigerung zu rechtfertigen. Beide Papiere rupfen, das alte weniger, das neue etwas mehr. Die Daumen probe beweist, dass der Strich von beiden Papieren abgeht, vom alten schwerer, vom neuen etwas leichter. Derartige holzschliffhaltige gestrichene Druckpapiere (der Ausdruck »Kunstdruckpapier« ist nur für feinere Erzeugnisse gerecht fertigt) müssen vom Drucker stets mit Sorgfalt behandelt werden, und es wird ihm durch Benutzung weniger strenger Farbe möglich sein, auch die neue Lieferung ohne grössere Schwierigkeit zu verarbeiten und solche Drucke zu erzielen wie auf dem Papier alter Lieferung. Kunstvolle Adresse. Die Universität zu Krakau hat vor einigen Tagen ihr fünfhundertjähriges Gründungs-Jubiläum gefeiert. Bei dieser Gelegenheit hat der Posener wissenschaftliche Verein Powarzystwo Przyjacioe Naula, eine musterhaft ausgestattete Adresse überreichen lassen, welche von Herrn Wilhelm Korn feld aus Posen — der erst vor Kurzem sein fünfzigjähriges Jubiläum als Lithograf und Zeichner gefeiert hat — hergestellt wurde. Das Widmungsblatt zeigt eine Allegorie der Wissen schaften mit dem im Hintergründe als Gobelin behandelten lithauischen Adler und darunter die in Federzeichnung aus geführten Porträts von Wladislaus Jagiello und Jadwiga mit deren Wappen. Eine nach einem aus der Gründungszeit der Universität stammenden Holzschnitt gezeichnete Vignette stellt die Uebergabe der Universität und die dabei stattgehabten Kirchenfeiern dar. Das figurenreiche Bild enthält ausserdem die genauen Porträts der Donatoren und deren Angehörigen, sowie der celebrirenden Gäste. Sch.