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Nr. 48 PAPIER-ZEITUNG 1763 Abstellung der Beanstandungen veranlassen können, soweit letztere gerechtfertigt erscheinen. Dieses Bundschreiben des Beichs-Versicherungsamts wurde sämmt- liehen Sektionen zur Mittheilung ihrer Ansichten zugesandt. Auf Grund der verschiedenen zum Theil recht ausführlichen Antworten wurde dem Beichs-Versicherungsamt unterm 24. November 1899 etwa Folgendes berichtet: »Von allen Seiten werde es als wünschenswerth erachtet, wenn zwischen den in Betracht kommenden beiden Beamtenkörpern möglichste Uebereinstimmung und möglichstes Handinhandgehen bestehe. Dies werde auch allgemein angestrebt, und es seien in dieser Beziehung bis jetzt keinerlei Klagen zu verzeichnen gewesen. Bezüglich der einzelnen in dem Rundschreiben gemachten Vor schläge wurde Folgendes bemerkt: zu 1. Die Unterstellung der berufsgenossenschaftlichen Beauf tragten unter die staatlichen Gewerbeaufsichtsbeamten sei nicht nur durchaus verfehlt und unzweckmässig, sondern eine derartige Maass- nähme verletze auch das Selbstverwaltungsrecht der Berufsgenossen schaften. zu 2. Dieser Vorschlag sei auch nicht als zweckmässig anzu erkennen, da die Befugniss der staatlichen Aufsichtsbeamten sich auf eine Reihe von Punkten, wie Dampfkesselrevision, gewerbepolizeiliche Vorschriften, Beschäftigung jugendlicher Arbeiter, hygienische Maass- nahmen usw. beziehe, die die Berufsgenossenschaften nicht berühren und deren Beobachtung den Beauftragten derselben deshalb nicht übertragen werden könne, während es anderseits schwer sein werde, die Unfallverhütung von den anderen Funktionen scharf zu trennen. zu 3. Ein wirksamerer Einfluss der Berufsgenossenschaften auf den Erlass und die Durchführung von Unfallverhütungsmaassnahmen der Landesregierungen wurde auf Grund der bisher gemachten Er fahrungen nicht als durchaus nöthig bezeichnet. zu 4. Diese Bestimmung wurde als zweckmässig anerkannt.« Am 16. Dezember 1899 fand im Reichs-Versicherungsamt eine mündliche Verhandlung zwischen Beamten des Reichs-Versicherungs amts und zahlreichen Vertretern von Berufsgenossenschaften über die vorliegende Frage statt, an welcher für ade Papiermacher -Berufs- enossenschaft der Beauftragte der Sektion IX. Herr Holzhausen in hemnitz, theilnahm. Das Ergebniss der sehr eingehenden Erörterungen fasste der Herr Präsident des Reichs-Versicherungsamts folgender maassen zusammen: 1. Es wird als dringend nothwendig erkannt, dass die Berufs genossenschaften die Unfallverhütung noch in grösserem Umfange und in weit ausgiebigerer Weise als bisher ausüben und überwachen. Insbesondere müssen, wo nur irgend möglich, zur Kontrole der Be triebe technisch gebildete Beauftragte angestellt werden. Die weitergehende Anregung (Geh. Kommerzienrath Michel), diese Anstellung technisch gebildeter Beauftragter im Wege einer Aenderung des § 82 des Unfallversicherungsgesetzes obligatorisch zu machen, hat zwar nicht allseitigen Beifall gefunden, bleibt aber immer hin beachtenswerth. Dagegen ist der Vorschlag angenommen worden, dass mittels Abänderung des § 78, 1 des Unfallversicherungsgesetzes die Berufs genossenschaften die Befugniss erhalten sollen, Ordnungsstrafen gegen die Zuwiderhandelnden Unternehmer festzusetzen. 2. Ein sehr wesentliches Hinderniss, welches der wirksamen Un fallverhütung entgegensteht, ist in der Duplizität der auf diesem Gebiet in Thätigkeit tretenden Amtsstellen und behördlichen Organen zu finden. Diese Duplizität erstreckt sich zunächst auf den Erlass und den Inhalt der die Unfallverhütung betreffenden Bestimmungen. Eine weitere — und wohl die grösste — Schwierigkeit besteht in der Duplizität bei der Durchführung und Ueberwachung der Unfallver hütung. Der Vorschlag zu 4 (Anzeige etwaiger Mängel in den Anlagen von Seiten der staatlichen Aufsichtsbeamten an die Beauf tragten zum Zwecke der Abstellung derselben durch die Berufs genossenschaften) hat durchweg Zustimmung gefunden. Schluss folgt Zeitungspapier Aus Berlin Bezugnehmend auf die verschiedenen Zeitungsartikel über Zeitungs- papier und -Verleger schlage ich Ihnen vor, den Verlegern doch ein mal zu sagen, dass sie 1876 noch 64 Pf. das Kilo, heute 22 bis 26 Pf. zahlen, ihre Zeitung jedoch, z. B. Berliner Tageblatt, Post usw., im Abonnement nicht billiger wurde. K. * * * Der Dresdner Zeitung entnehmen wir Folgendes: Durch eine Reihe von Zeitungen wurden in der letzten Zeit Mit- theilungen verbreitet, welche sich in scharfen Worten gegen die an geblichen Preistreibereien eines neu gegründeten Druckpapier-Syndi kates wenden und als Gegenmittel Einkaufs-Vereinigungen und die Erbauung eigener Papierfabriken seitens der Druckereien empfehlen. Demgegenüber erlaubt sich der unterzeichnete, mit der Vorbereitung einer Vereinigung der deutschen Druckpapierfabriken betraute Aus schuss, ergebenst zu bemerken, dass eine solche Vereinigung zur Zeit noch nicht besteht, dass sie also auch die in den letzten Monaten für Zeitungsdruckpapier eingetretene Preiserhöhung nicht verschuldet haben kann. Dieselbe ist vielmehr ganz unabhängig von den Ver einigungsbestrebungen der Papierfabriken; sie ist gekommen aus zwingenden Gründen, auf die weder ein Syndikat noch ein Gegen syndikat Einfluss hat. Es soll unsere Aufgabe sein, diese Gründe ruhig und leidenschaftslos zu erörtern. Es ist bekannt, dass die Druckpapierpreise seit 80 Jahren immer tiefer und tiefer gesunken sind. Damals kostete das Kilo Rotationsdruck 72 Pf., vor 20 Jahren 60 Pf., vor 10 Jahren 31—82 Pf. und heute, vor dem eingetretenen Aufschlag, je nach dem Absatzgebiet, zwischen 21—24 Pf., in vielen Fällen sogar noch darunter. Und dabei sind die Rohstoffe und Löhne fortgesetzt gestiegen, z. B. Holz, welches den Hauptbestandtheil von Druckpapier bildet, in 20 Jahren um mehr als 100 pCt. Heute ist die Druckpapier-Erzeugung direkt verlustbringend. Wenn man die ver öffentlichten Bilanzen der Aktiengesellschaften kritiklos liest, so könnte es erscheinen, als sei dieser Ausspruch übertrieben. That- sächlich wird er aber durch sie bestätigt. Von etwa 50 deutschen Papierfabriken, welche sich ausschliesslich oder vorwiegend mit der Herstellung von Druckpapier beschäftigen, sind etwa 40 in den Händen von Privatbesitzern, die ihre Noth aus begreiflichen Gründen nicht an die grosse Glocke hängen. Von den 10 Aktiengesellschaften, von denen übrigens nur 4 auf dem Kurszettel erscheinen, hat im ver flossenen Jahre nur eine einzige eine Dividende vertheilen können. Die anderen haben theils ohne Resultat, theils mit Unterbilanz ge arbeitet; einige haben in den letzten Jahren mehrmals ihr Aktien kapital vermindert, um die Verluste auszugleichen. Alle anderen Papierfabriken, deren Aktien im Kurszettel notirt werden, und die zum Theil recht gute Erträgnisse zeigen, machen kein Zeitungs druck und können deshalb überhaupt nicht in Betracht kommen. Aber auch bei ihnen sind die hohen Dividenden nur scheinbar und können nur erreicht werden, weil die Anlagen seit Jahren vergrössert und die Erzeugungen vermehrt wurden, ohne gleichzeitig das Aktien kapital zu erhöhen. Auf diese Weise ist nur der vierte oder fünfte Theil des aufgewendeten Kapitals berechtigt, am Gewinn Theil zu nehmen. In der jüngsten Zeit trat abermals eine Preissteigerung aller Rohstoffe ein, die für Jedermann sichtbar ist. Nicht nur Kohlen, welche um 26—60 pCt. aufschlugen, sondern alle Erzeugungsstoffe und Kosten sind enorm gestiegen, so z. B. Holz um 80 pCt., Holzschliff um 20 pCt., Zellstoff um 20 pCt., China Clay um 16 pCt., Chemikalien um 15 pCt., Siebe um 26 pCt., Bandeisen um 40 pCt, Packbretter um 10—80 pCt., Löhne um 10—16 pCt. usw., und das Alles zu einer Zeit, da die Druckpapier-Fabrikation ohnehin schon unter unerträglichen Verhältnissen lebte. Der Umstand, dass die Fabrikanten zu der Er- kenntniss gekommen sind, es könne und dürfe in der bisherigen Weise nicht weitergehen, und es stehe die Druckpapier-Industrie als eine unrentable vor dem Untergang, hat sie zusammengeführt und in ihnen die Ueberzeugung hervorgerufen, dass den jetzigen unhalt baren Zuständen nur durch Einigkeit und durch Bildung gemein schaftlicher Verkaufsstellen abgeholfen werden könne. Unerwartet und unverhofft fiel mitten in die vorbereitenden Schritte zur Er reichung dieses Zieles eine Aenderung der Lage des Papier-Welt marktes. Deutschland erzeugt mehr Druckpapier als es selbst ver brauchen kann, es ist für erhebliche Mengen auf die Ausfuhr ange wiesen. Diese Ausfuhr wurde ihm in den letzten Jahren mehr und mehr von Nordamerika und Skandinavien streitig gemacht und drohte ganz zu versiegen. Das Zusammentreffen einer glänzenden Geschäfts lage und erhöhten Papierbedarfs in Nordamerika mit einer durch den afrikanischen Krieg hervorgerufenen aussergewöhnlichen Steigerung des Zeitungskonsums in England veranlasste die beiden mächtigen Wettbewerber, ihren Versand nach überseeischen Ländern wesentlich zu beschränken oder ganz einzustellen. Infolgedessen zeigte sich lebhafte Nachfrage nach Druckpapier für Südamerika, Asien usw., und damit erklärt sich auch die mit elementarer Gewalt eingetretene Hausse-Bewegung auf dem Weltmarkt, die natürlich auch auf den deutschen Markt einwirkte und es gestattete, auch ohne eine gemein same Verkaufsstelle denjenigen Preisaufschlag durchzusetzen, der den gestiegenen Erzeugungskosten annähernd entspricht. Dass sich die Fabriken darauf beschränken, bei grösseren Käufen nur um etwa 10—20pCt. aufzuschlagen, womit sie aus ihrer notorischen Nothlage nicht herauskommen, zeugt von weiser Mässigung. In Nordamerika beträgt die Preissteigerung 90—100 pCt., in England 50—60 pCt.; der Welt marktspreis ist um 40 pCt. gestiegen und steigt noch fortgesetzt, bis die Beendigung des afrikanischen Krieges und die Inbetriebsetzung der im Bau begriffenen nordamerikanischen neuen Papierfabriken der Haussebewegung ein Ende bereiten wird. Wenn sonach der Einfluss des Weltmarktes schon allein dafür sorgt, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen, so muss doch betont werden, dass der augen blicklich eingetretene mässige Preisaufschlag, so hoch er auch dem Uneingeweihten erscheinen mag, lediglich den gestiegenen Erzeugungs kosten entspricht und so lange ein dauernder sein wird, als nicht ein allgemeiner Niedergang auch die Fabrikationskosten wieder zurück schraubt. Keine Industrie kann auf die Dauer unter den Herstellungs kosten verkaufen und ihr Kapital aufzehren. Es sei bei dieser Gelegen heit darauf hingewiesen, dass das laufende Jahr für die Druckpapier- Industrie das schlechteste sein wird und muss, das sie seit Jahren hatte. Fast sämmtliche Fabriken haben für das ganze Jahr Lieferungs verpflichtungen zu den alten, schon bisher verlustbringenden Preisen, während sie für ihre Rohstoffe die neuen, bedeutend erhöhten Preise bezahlen müssen und dadurch ihren Verlust ins Ungemessene ver mehren. Wir haben nachgewiesen, dass es der Druckpapier-Industrie ebenso wie dem noch zu gründenden Verbände ganz fern liegt, eine künstliche Hausse herbeizuführen. Die in Aussicht gestellte Baisse ist jetzt schon da und muss beseitigt werden, weil sie nicht länger