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Schaukasten neben dem Laden Neben meinen beiden Schaufenstern nach der Strassenseite ist Platz vorhanden, welchen ich gern ausnutzen will, um noch bessere schmale Schaukasten anzubringen. Ich habe ein sehr vielseitiges Laden-Geschäft und kann mit Hilfe dieser Kasten verschiedene Waaren dem Publikum noch mehr zeigen. Ich sprach mit meinem Hauswirth, ob er nichts dagegen hat, wenn ich da und da derartige Kasten an hänge, die auch die Nacht hängen bleiben und fast so hoch wie die Schaufenster werden sollen. Ich lasse sie so machen, dass sie die vordere Ansicht des Hauses nur verschönern, auf keinen Fall aber verunstalten. Mein Wirth gab mir wörtlich die Antwort, »dass er nichts dagegen hat«. Nachdem ich nun die polizeiliche Erlaubniss eingeholt, bestelle ich für fast 200 M. solche Kasten. Diese werden demnächst fertig, der Hauswirth hat sie noch garnicht gesehen und machte mir gestern die Bemerkung, »dass er das Anbringen derartiger Kasten eigentlich nicht erlauben brauchte«. Damit bin ich nicht ein verstanden, denn es kann mal vorkommen, dass er bei schlechter Laune ist oder sonst mich ärgern will und mir befiehlt, die Kasten wieder wegzunehmen. Ich lasse die Kasten auf der Strassenseite nur soweit anbringen, wie der Laden breit, also weder rechts noch links darüber hinweg. Die Kasten sind so flach, dass sie Niemand hinderlich sind und am allerwenigsten meinem Hauswirth. Ich denke, der Wirth kann mir dieses wohl nie verbieten. Durch die Konkurrenz werde ich dazu gezwungen, und dann will der Wirth doch auch seine Miethe recht pünktlich haben, die im Verhältniss zur Einnahme im Laden recht hoch ist. Ich muss doch jetzt danach streben, die Miethe zu verdienen. 0. Fragesteller kann seine Schaukasten beruhigt anbringen. Eine jüngst ergangene Kammergerichts-Entscheidung bestätigt das Recht des Miethers zur Benutzung der Wände des von ihm gemietheten Lokals zur Anbringung von Firmatafeln, Schau kasten usw., soweit es nicht in öffentliche Rechte oder in die Rechte Dritter eingreift. Vergl. Nr. 43, S. 1602. Peltine-Leder nennt eine grössere schottische Buntpapierfabrik ihre neue durch englisches und französisches Patent geschützte Leder- Imitation. Der eigens dazu hergestellte Rohstoff, welcher französischen Ursprungs zu sein scheint, besteht aus zwei dünnen Bahnen langer, dicht aneinander liegender, aber nicht verfilzter Baumwollfasern. Diese Bahnen werden allem Anschein nach auf trockenem Wege mittels für diesen Zweck gebauter Woll- Krempelmaschinen erzeugt. Durch geeignete Vorrichtung sind dann je zwei dieser Bahnen mit Kautschuklösung zusammen geklebt, wodurch zugleich die lose nebeneinander liegenden Fasern aneinander gebunden werden. Die mitunter sehr ungleiche Vertheilung der Kautschuk schicht lässt auf Unvollkommenheit des Verfahrens schliessen. Die Schicht dringt an manchen Stellen bis zur Aussenseite des Stoffes, während an andere Stellen zu wenig davon gedrungen ist; das sollte nicht vorkommen und kam in letzter Zeit auch nicht so oft vor. An solchen Stellen, wohin der Kautschuk gedrungen war, saugte der Stoff weniger Farbe auf als an den weniger gum- mirten und lockeren Stellen, deshalb sah der Stoff hell- und dunkelgefärbt aus. Wenn man sich den rohen Peltine-Stof in bester Ausführung vorstellt, so sollte man glauben, dass ein oder zwei festgeleimte Vorstriche genügen würden, um die äusseren noch losen Fasern mit der inneren Schicht fest zu verbinden, das ist aber nicht der Fall. Trotz vieler Mühe wollte es lange nicht gelingen, die losen Fasern so zu binden, dass sie sich beim Reiben des Stoffes nicht verschieben, und der Leimfarbenstrich nicht ab bricht. Bücher, welche damit gebunden oder deren Decken damit überzogen waren, wurden an den Rändern, wo der wollige Rohstoff zuerst zum Vorschein kam, nach kurzem Gebrauch unscheinbar. Der sehr hart geleimte Farbstrich wäre ohne Zusatz bedeutender Mengen Glyzerin sehr spröde gewesen und wurde es auch, wenn Peltine-Leder längere Zeit im warmen Raume gelegen hatte; wo das Glyzerin vollständig austrocknete und seine Geschmeidigkeit erst wieder bekam, nachdem es einige Zeit in feuchten Räumen ausgelegt wurde. Die Verbraucher wollten aber ein Fabrikat haben, welches ähnlich dem natürlichen Leder in allen Luftarten gleich weich blieb. Um das möglich zu machen, kam man zunächst auf den Gedanken, statt des Glyzerins Oel oder fetthaltige Seifen unter die Aufstrichfarbe zu mischen, was — nachdem kleine Versuche gemacht waren — auch besser zu sein schien. Nachdem zum! grösseren Versuch aber einige Rollen auf diese Weise gefärbt' waren und längere Zeit gelegen hatten, machte man die un angenehme Wahrnehmung, dass Oel- und Fettgehalt aus dem oberen Farbstrich verschwunden waren und sich nach dem zwei mal vorgeleimten Peltinestof gezogen hatten, dort hatte das Fett die nicht vulkanisirte Kautschukschicht aufgelöst und damit dem Stoff allen Halt genommen. Diese Zerstörung vollzog sich so langsam, dass man sie erst nach mehreren Wochen be merkte. Zum Glück hatten nur einige Abnehmer kleine Partien davon erhalten, diese hatten aber das schon vorher schwache Vertrauen zu diesem Fabrikat dann völlig verloren und liessen sich nur schwer wieder bewegen, mit dem später viel besser fabrizirten Artikel neue Versuche zu machen. Die erste Schwierigkeit, die lose Faser fest mit dem Stoffe zu binden, konnte lange nicht behoben werden, die Ursache davon war die wasserabstossende Eigenschaft der inneren Kautschukschicht. Nachdem der Rohstoff an beiden Seiten mit kräftiger Leimlösung ein paarmal gestrichen und getrocknet war, konnte man drei übereinander liegende, aber nicht fest miteinander verbundene Schichten unterscheiden, die Fasern der inneren Schicht wurden durch Kautschuk und die der beiden äusseren durch Leim zusammen gehalten. Die innige Verbindung dieser drei Schichten gelang erst, als ich das mehrmals geleimte Peltine-Leder durch eine kochend heisse Lösung von kalzinirter Soda im Verhältniss wie 1:20 zog, wozu sich eine von Grahl & Hoehl neu umgebaute Streichmaschine mit heizbarem Zylinder sehr gut eignete. Immerhin war der zur Verfügung stehende Knochenleim in Verbindung mit sehr mangelhaft erzeugten groben Teigfarben für dieses Fabrikat nicht geeignet. Als es aber nach monatelangem Bemühen gelang, Kaninchenleim zu bekommen, welcher infolge seiner natürlichen Geschmeidigkeit besser geeignet war, und zum Färben nur alkalibeständige Anilin farben oder äusserst leichte mit Harzseife oder türkisch Rothöl gefällte Teigfarben und — statt Blancfixe — Bleiweiss 66 von Sattler zur Verwendung kamen, war auch bezüglich der Ge schmeidigkeit des Peltine ein grosser Fortschritt gemacht, aber den gestellten Anforderungen entsprach es noch nicht. Versuche, die Leimlösung mit gewöhnlichem Zucker-Syrup zusammen zu kochen und damit die Peltinefarben zu mischen, erwiesen sich als sehr günstig. Viel besser aber war eine Sorte Kunstgummi von Wollenweber in Oldesloe. Diese besass die vorzügliche Eigenschaft, selbst in sehr warmer Luft weich zu bleiben. Ohne grösseren Zusatz von Leder- oder Kaninchen leim hätte diese Gummisorte zu diesem Zwecke nicht verwendet werden können, weil das damit gestrichene Peltine zu lange Zeit zum Trocknen gebraucht hätte. 10—20 pCt. davon genügten, dem Peltine - Leder nahezu alle die Eigenschaften zu geben, welche natürliches Leder besitzt. Mit Kaseinlösung mischte sich der so werth volle Wollen- weber’sche Kunstgummi nicht, irgend ein darin enthaltener Säurestoff zieht den Kunstgummi zusammen. Wäre dies nicht der Fall, so hätte man auch den Kasein-Ueberstrichlack damit mischen können, welcher bei dickerem Auftrag das sonst sehr weiche Peltine ohne Glyzerinzusatz wieder etwas hart macht. Schellacklösung, selbst wenn mit etwas Kasein gemischt, eignet sich garnicht zum Ueberstreichen von Lederimitationen, welche mit warmen, auf galvanischem Wege erzeugten Kupfer platten geprägt werden sollen, weil die Bogen durch den sich lösenden Schellack an der Platte kleben bleiben. Als Beispiel lasse ich die Mischungsverhältnisse für ein lila Kalbledcr, wovon ich beifolgende kleine Probe besitze, folgen. a Vorderseite 2,750 kg Bleiweiss 66 von Sattler. 4 1 magere Milch. 80 g venezianische Seife in 4 1 Wasser gelöst. 11 1 Kaninchenleim 1:3, 150 g Kunstgummi von Wollenweber, an gefärbt mit Diphenilblau 4 R und etwas Alkaliblau in '/« 1 Spi ritus gelöst. b Rückseite genau wie a. c Vorderseite ) 5,500 kg Bleiweiss 66. 201 Kaninchenleim 1:3. d Rückseite j 250 g Kunstgummi, angefärbt wie a. e und f je ein Vorder- und Rückseitenstrich mit kochender Lösung aus 1 kg kalzinirter Soda und 24 1 Wasser. g Vorderseite 4 kg Blei weiss 66. 50 g Kunstgummi. 1 1 Bienenwachsseife. 4 1 Kaninchenleim, ebenfalls angefärbt wie a. h Rückseite 11/2 kg Kunstgummi. 8 1 Tragantinelösung D. T. S. 1:7 von Kantorowicz & Co. 110 g Tannin in 3 1 Wasser gelöst. i Vorderseite 2 1 Kasenlösung 1 : 6. 600 g Bleiweiss 66. 1 Bienenwachsseife. 4 1 Wasser. 1,a 1 Glyzerin. 60 g Formaldehyd. k Vorderseite 1 1 Formaldehyd mit 10 1 Wasser gemischt. Dass der an und für sich schon theuere Peltinestof bei