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1546 PAPIER-ZEITUNG Nr. 42 Handelskammer-Berichte 1899 Wiesbaden. Wie in fast allen Industriezweigen, so war auch in Kunstleder das Geschäft lebhaft, gegen das Vorjahr ist wieder eine kleine Produktionssteigerung zu erkennen. Das Gewinn- ergebniss wurde jedoch durch wesentliche Steigerung der Preise aller Rohstoffe sowie der Kohlen nachtheilig beeinflusst. Das Geschäft nach dem Auslande bewegte sich in demselben Rahmen wie 1898. Die Nachfrage nach Zellstoff war sehr flott. Die Preise da gegen sind durch die Konkurrenz des Auslandes, insbesondere der holzreichen Länder wie Skandinavien leider weiter zurück gegangen. Dies war um so empfindlicher, als die Rohstoffe wie Holz und Kohlen um den gleichen Prozentsatz theurer ge worden sind, und die Arbeitslöhne wieder erhöht werden mussten. Um den durch dieses unglückliche Verhältniss sich ergebenden wesentlichen Mindererlös einigermaassen ausgleichen zu können, war man nothgedrungen gezwungen im Verhältniss zur Anlage überaus kostspielige Maschinen und Neueinrichtungen anzu schaffen. Durch die erhöhte Erzeugung aber waren ander seits so viel mehr Massen zu bewegen, dass alle vorhandenen Gespanne im Orte mitunter nicht ausreichten um die Ab- und Zufuhren bewältigen zu können. Es sahen sich hierdurch die hiesigen Bauern, welche allein bis jetzt das Fuhrwerk der Fabrik besorgten, veranlasst, die Fuhrlöhne ganz wesentlich zu erhöhen und zwar im Verhältniss von 10 zu 14. Im gleichen Verhältniss stiegen die Löhne für das Ausladen der zu Schiff ankommenden Güter, deren Mengen sich in diesem Jahre fast verdreifachten, die Akkordarbeiten verdienten dabei durch schnittlich 8—9 M. bei höchstens neunstündiger Arbeitszeit. Da diese Umstände auf die Dauer für das Bestehen der Fabrik unhaltbar sind, sah sich die Fabrik gezwungen, selbst grössere Stallungen zu bauen, um das Fuhrwerk in eigene Regie zu nehmen. Nur die sehr rasche Inangriffnahme des Baues der längst geplanten Eisenbahn Hattersheim—Okriftel könnte die Fabrik bestimmen, die letztgenannte Absicht fallen zu lassen. Aber selbst für den Fall, dass die Bahn kommt, dürften noch einige Jahre von der Inangriffnahme des Baues bis zur Inbetriebsetzung der Bahn hingehen, und um derartiger Betriebs schwierigkeiten, wie sie sich dieses Jahr bei dem Ausladen der Hölzer und Kohlen zeigten, für diese Zwischenzeit enthoben zu sein, sah die Fabrik sich veranlasst, eine mechanische Aus ladevorrichtung auf dem Landungsplätze vor der Fabrik zu be stellen, welche täglich statt 800 Ztr. 3000 Ztr. auszuladen im stande ist. Dies ist besonders mit Rücksicht auf den gegen wärtig sehr theueren Geldstand sehr empfindlich, wenn man in Betracht zieht, dass diese Auslade-Anlage allein etwa 15000 M. kostet, eine Ausgabe, die für genannten Zweck zur Grösse der Fabrikanlage äusser Verhältniss steht. Für den Rohstoff der Holzwollefdbrik mussten höhere Preise angelegt werden als im Jahre zuvor; auch mussten höhere Löhne bezahlt werden, und da ja die Kohlenpreise gestiegen sind, musste sich eine Preiserhöhung durchdrücken, was aller dings auf Schwierigkeiten stiess. Das Werk war während des ganzen Jahres voll im Betrieb. Der Bedarf an Asfalt und Dachpappe für Industriebauten war enorm; für Privatbauten dagegen gering, weil allerwärts die Privatbauthätigkeit nachgelassen hatte. Da der erstgenannte Bedarf den letztgenannten übersteigt, so hat sich auch im Jahre 1899 der Umsatz erhöht, demgemäss wurden Betriebserweite rungen der Daehpappenfabrik nothwendig und vorgenommen. Steinkohlentheer, der vorwiegendste Rohstoff für diese In dustrie, war im Jahre 1899 billiger als im Vorjahre, und so ist der Ertrag, obgleich auch die Theerprodukte, namentlich Benzol, im Preise bedeutend gefallen sind, besser geworden. In Benzol ist an eine Aufbesserung nicht mehr zu denken, seitdem die Kokereien durch Gewinnung ihrer Nebenprodukte Ueber-Erzeugung geschaffen haben. Der Absatz nach dem Auslande wird, der in früheren Be richten geschilderten Zölle wegen, von Jahr zu Jahr geringer, und so wird es der Konkurrenz der Ausfuhrländer, die auch noch den »Patriotismus« der Verbraucher anrufen, ein Leichtes, uns ganz zu verdrängen. Bei der Briefumschlagfabrikation war wie bei der Papier fabrikation der Preis nach wie vor so gedrückt, dass von einem Nutzen besonders bei billigen Sorten fast keine Rede mehr sein kann. Durch die Arbeiten in Strafanstalten werden die Preise nach wie vor ausserordentlich gedrückt. Während in den Straf anstalten Elberfeld-Barmens, die unter dem Ministerium des Innern stehen, Kuvertfabrikation und soviel bekannt, auch Dütenfabrikation nicht mehr betrieben werden darf, wird im Regierungsbezirk Wiesbaden, wo die Anstalten unter dem Justiz ministerium stehen, die Fabrikation nach wie vor geduldet. Vor einigen Wochen haben die Kuvertfabrikanten infolge der Er höhung der Papierpreise um 5—10 pCt., durch eine Verein barung den Versuch gemacht, ebenfalls ihr Fabrikat um 10 pCt. im Preise zu erhöhen; ob sie damit aber durchdringen werden, ist eine andere Frage, man möchte es bezweifeln, da das An gebot in der Kuvertfabrikation grösser ist als der Bedarf. Dazu kommt noch, dass sich die sogenannten Waarenhäuser und Bazare diese Artikel zulegten und so die ohnehin mit kleinem Reingewinn arbeitenden Detaillisten immer mehr ver anlassen sich auf billigere Sorten zu werfen, wobei so wenig für Fabrikanten wie für Händler ein nennenswerther Nutzen bleibt. Der Geschäftsgang der Buchdruckereien war derselbe wie im vorigen Jahre. Die Ueber-Erzeugung von Ansichtspostkarten hat sich empfindlich bemerkbar gemacht. Infolge der Aende- rungen in den gesetzlichen Vorschriften werden ständig grosse Vorräthe an Formularen unbrauchbar, wodurch grosse Verluste entstanden. Ueber Lichtdrucke aller Art ist nur Günstiges zu berichten. Nicht allein, dass Lichtdrucke beim Publikum durch ihre vor nehme Ausführung sehr beliebt sind, hat sich durch die Fabri kation der Ansichtskarten dieser Industriezweig in den letzten Jahren bedeutend erweitert, trotzdem konnte man in der ver flossenen Saison nicht so viel Waare fertig stellen wie begehrt wurde, wodurch die Preise einen befriedigenden Nutzen ab warfen. Es scheint, dass dieser Industriezweig, der dem Buch druck in feinerer Arbeit mit der Zeit grosse Konkurrenz machen wird, sich immer mehr ausdehnt und manchem Geschäftsmanne ein lohnendes Auskommen bieten wird. Die Papierfabrikation hat durch die Lichtdrucke und die Ansichtskarten ein sehr grosses Absatzgebiet erhalten. Es ist lobend anzuerkennen, dass seitens der Kaiserlichen Post der Versand von Ansichts karten dadurch gefördert wird, dass alle kleinlichen Vorschriften, die bezüglich des Versands solcher Karten früher bestanden, nicht mehr von dieser Behörde aufrecht erhalten werden. Wenn auch in Betracht kommt, dass die Post selbst durch den un geheueren Versand der Karten eine grosse Mehreinnahme zu verzeichnen hat, so ist es doch lobend hervorzuheben, dass diese Behörde nicht nach dem bekannten Schema sonstiger Behörden amtirt. Im Papierhandel ist gegen das Vorjahr keine Besserung ein getreten. Störend auf das reelle Geschäft wirken die Ausver käufe, die oft unter den nichtigsten Vorwänden in Szene gesetzt werden, ebenso die Versteigerungen, die leider und wenig zur Ehre der hiesigen Kaufmannschaft immer mehr um sich greifen. Gerade so schädigend machen sich die Bazare und Waaren häuser bemerkbar, die mit ihren oft geradezu ins Lächerliche gehenden Preis-Auszeichnungen (wenn es halbe Pfennige gäbe, würden auch noch solche Preise angesetzt) ihre minderwerthigen Waaren dem vielfach urtheilslosen Publikum anpreisen. Heuer Reissbrettstift „Grip“ mit eingeschraubtem, gedrehten Stahlstift • « • • • ZUttl Einschrauben • • • • • Verhindert das Loslösen der Zeichnung i Gross M. 8,40 in Dutzend-Schachteln Reuter & Siecke Berlin W Markgrafenstrasse 38 Sonderheiten: Reisszwecken, musterklammern usw. [113616