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Nr. 42 PAPIER-ZEITUNG 1543 den dritten Georg Lebrecht-Stuttgart. Das Ausschreiben betreffs einer Adresskarte für die Steindruckerei U. Levi zeitigte 62 Ent würfe, den ersten Preis erhielt E. R. Weiss-Karlsruhe, den zweiten Preis F. Wilhelm Jochem-Darmstadt, und den dritten Preis E. Weinberger-Charlottenburg. Für einen Preisaufschlag im Buchdruck-Gewerte wird auch hier Stimmung gemacht unter Hinweis auf die Preissteigerungen auf dem Papier-, Metall- und Maschinenmarkt. Rechnet man noch die rapide Steigerung der Kohlenpreise hinzu, so ist ein 10—löprozentiger Aufschlag wohl gerechtfertigt und zu wünschen, dass er auch allgemein durchgeführt wird. Gehen auch die Preise im Buchdruckgewerbe nicht so weit auseinander wie oft in anderen Geschäften, namentlich im Baugewerbe, so ist immerhin ein Druck nach unten bei den Festsetzungen der Preise zu konstatiren, sowohl beim Bücherdruck wie namentlich beim Druck von Merkantil-Arbeiten. Leider muss auch hier in Stuttgart die Beobachtung gemacht werden, dass bei Vergebung von Druckarbeiten sehr häufig die Preise von 4—5 Geschäften eingeholt und dann dem billigsten übergeben werden. Ueber das deutsche Handwerk um die Jahrhundertwende sprach hier in einer Versammlung der deutschen Partei Finanz-Assessor Trüdinger auf Grund der Enquete des Vereins für Sozialpolitik über die Lage des Handwerks und der amtlichen Berufs- und Gewerbezählung des Deutschen Reiches vom 14. Juni 1895. Der Vortragende kommt zu dem Ergebniss, dass das Handwerk nicht den Eindruck einer untergehenden Welt mache, für den Handwerker sei nur eine theoretische und praktische Fach bildung von allergrösster Bedeutung. Die demnächst in Wirk samkeit tretenden Handwerkskammern müssten dem Hand werker die Grundlage zur Selbsthilfe bilden, namentlich durch Gründung von Rohstoff-, Verkaufs- und anderen Genossen schaften. Die als Mittel zur Hebung des Handwerks ins Auge zu fassenden freiwilligen Lehrlingsprüfungen finden in vielen Kreisen immer mehr Beachtung. Dieses Jahr werden in Württemberg in 82 Orten solche für Gewerbe-Lehrlinge und in 20 Orten solche für kaufmännische Lehrlinge stattfinden. Die Gewerbe-Lehrlingsprüfung für Stuttgart mit 62 Lehrlingen (gegen 45 im Vorjahr) hat bereits stattgefunden, wobei verschiedene silberne und bronzene Medaillen als Auszeichnung an besonders tüchtige Lehrlinge zur Vertheilung gelangten, wovon zwei an Buchbinder-Lehrlinge fielen; ferner wurden bei dieser Gelegen heit Diplome und Lehrbriefe verabfolgt, und aus verschiedenen Stiftungen erhielten 51 Lehrlinge je 10 M., ein Ansporn für die jungen Leute. Die hiesigen Politechniker besuchen öfters industrielle Etablissements, und wurde kürzlich ein solcher Besuch von etwa 100 Studirenden aus Kirchheim u. T. gemeldet, wobei äusser anderen Fabriken die Papierwaarenfabrik von Otto Heck & Ficker und die Papierlaternenfabrik von C. Riethmüller da selbst sowie die Scheufelen’sche Papierfabrik in Oberlenningen besucht wurden. Bei dem kürzlich verhandelten Prozess gegen den Pfarrer Faulhaber in Hall, welcher mit Verurtheilung des Angeklagten endete, wurde die interessante Thatsaohe festgestellt, dass F. seine Buchhandlung für innere Mission zweimal verkauft hatte, das erstemal 1893 an die Vermögensverwaltung der Fürstin Leopoldine zu Hohenlohe-Langenburg, das zweitemal 6 Jahre später an die »Gesellschaft zur Verbreitung erbaulicher Schriften in Frankfurt a. M.« Die Händler mit Schulwaaren lassen es hier in Württemberg an Rührigkeit nicht fehlen, um sich den lästigen Mitbewerb der Lehrer vom Halse zu schaffen. So stand kürzlich wieder eine Petition des Verbandes württembergischer Buchbinder und des Schutzvereins für Handel und Gewerbe im Landtag zur Verhandlung, um den Erlass eines Verbots des Vertriebs von Schulwaaren durch Lehrer herbeizuführen. Die Petition kommt zwar erst später zur Erledigung, immerhin erkannten verschiedene Abgeordnete wie auch der Sprecher der Regie rung die Klagen als berechtigt an. Unter den bei der Einweihung des deutschen Buchgewerbe hauses in Leipzig zu Ehrenmitgliedern des deutschen Buchgewerhe- vereins ernannten Herren befinden sich auch zwei hervorragende Stuttgarter Verleger, die Herren Geh. Kommerzienrath Adolf Kröner, Vorstandsmitglied der »Union«, und der Verlagsbuch händler Karl Engelhorn. Die hier in Stuttgart im Anfang dieses Jahres stark auf getretene Influenza, welche auch in Buchdruckerkreisen stark Umschau gehalten, ist glücklicherweise so ziemlich wieder vorüber, trotzdem ist bei den Buchdruckern der Krankenstand noch ziemlich hoch. So wurden im Monat April an 124 Kranke für 1856 Tage 2598 M. 40 Pf. verausgabt, während im gleichen Monat an 29 Arbeitslose 309 M. 25 Pf. und an 25 Durchreisende 201 M. 10 Pf. gezahlt wurden, s. Die Bibliothek Kaiser Dom Pedros von Brasilien ist dieser Tage in Wien versteigert worden. Dom Pedro war ein Gelehrter, dementsprechend enthielt der 1155 Nummern zählende Katalog hauptsächlich Werke über Geschichte, Geografie, Naturwissen schaften (inbesondere Geologie), Archäologie, Numismatik, bildende Kunst, französische, portugiesische und spanische Litteratur. Die meisten Werke der sogenannten »schönen Litteratur« fanden sich unaufgeschnitten vor, während die wissenschaftlichen Schriften, namentlich die naturwissenschaft lichen, Spuren eifriger Benutzung, hier und da auch Rand glossen aufweisen. Auch hebräische Bücher befanden sich in dieser Bibliothek, welche in Erinnerung bringen, dass der frühere Herrscher Brasiliens sich einen eigenen Lehrer für die hebräische Sprache hielt und seine Mussestunden der ehr würdigen Bibelsprache widmete. Die Käufer der Bücher ge langten auch gleichzeitig in den Besitz der kaiserlichen Hand schrift, denn äusser mit dem Reliefstempel »Bibliotheca D. Petro de Coburgo« (mit Wappen) sind fast alle Bücher der Samm lung mit dem eigenhändigen Namenszuge des Kaisers, viele überdies mit einer Widmung des Verfassers versehen. Die höchsten Preise erzielten: »Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geognosie und Geologie« (1830 bis 1892), 770 Kronen, und La Fontaine »Contes et nouvelles en vers«, ein kleines Oktav bändchen mit Illustrationen aus dem Jahre 1792, 300 Kronen, g. Eine Bibliothek aus Terrakotta-Tafeln. In der letzten Sitzung der Pariser Akademie der Inschriften und schönen Litteratur wurde ein Brief von Arthur Evans, dem Konservator des Museums in Oxford, der gegenwärtig Ausgrabungen bei Knossos auf Kreta ausführt, im Auszuge mitgetheilt. Bei diesen Unter suchungen wurde ein Palast der mykenischen Epoche entdeckt und äusserst wichtige Funde gemacht. Evans hat Fresken mit Figuren von natürlicher Grösse, einen verschwenderisch dekorirten Saal für Bäder und, was von besonderem Interesse ist, eine ganze Bibliothek von Terrakotta-Tafeln zu Tage ge fördert, die Inschriften in mykenischen Schriftzeichen tragen; die letzteren entsprechen denen von Cypern und Lycien, unter scheiden sich aber durchaus von den ägyptischen Hieroglyfen und der assyrischen Keilschrift. Damit ist der Beweis geliefert, dass die Schrift in der hellenischen Welt wenigstens 500 Jahre vor Homer und vor der Zeit, in Sdie die Tradition den Tro janischen Krieg verlegt, gebräuchlich war. Es ist sicher, dass diese primitive Schrift nicht eine Anleihe bei Aegypten oder Assyrien ist, sondern sich an ein besonderes Schriftsystem anschliesst, g. Buchkunst in Norwegen. Unter dem Namen »Verein für Norwegische Buchkunst« will ein Komitee in Kristiania einen Verein gründen, dessen Zweck die Hebung der norwegischen Buchkunst sein soll. Der Verein soll die Aufgabe haben, durch Versammlungen, Vorträge, Diskussionen und Ausstellungen den Geschmack und die Ausführung von Druckwerken in künstlerischer Richtung zu heben, auch selbständig Bücher unter künstlerischer Leitung herauszugeben. F. Gutenberg-Feier Buenos- Aires. Die Typografische Gesellschaft in Buenos- Aires, der Hauptstadt Argentiniens, beabsichtigt in Gemeinschaft mit der dortigen Deutschen Gesellschaft für grafische Künste die 500. Jahreswende von Gutenbergs Geburt festlich zu begehen. Ein Bürger-Festzug wird sich zum Platz Monserrat begeben, wo vor Jahren der Grundstein zu einem Gutenberg-Denkmal gelegt wurde. (Leider ist dieser schöne Plan nie weiter ver folgt worden!) Der Verein der Presse soll zur Betheiligung herangezogen werden. Die Veranstaltung wird hoffentlich zur Folge haben, dass das geplante Gutenberg-Denkmal der Ver wirklichung näher geführt wird. Plauen i. V. Der Gesangverein »Typographia« feierte am 17. d. Mts. sein 18. Stiftungsfest und verband damit eine Gutenbergfeier, die, geschickt und sorgfältig zusammengestellt, würdig und schön verlief. Gesang und Prolog leiteten die Feier ein, dann wurde die Festrede gehalten und den Schluss bildeten wiederum mehrere musikalische Vorträge, denen ein Ball folgte, g.