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3 Buchdruck * * * *** Steindruck Sachliche Mittheiungeo finden kostenfreie Aufnahme Buchbinderei ** *** Buchhandel B 1026 Mitarbeiter und Berichterstattei erhalten angemessene Bezahlung Nr. 28 Berliner Typographische Gesellschaft Die Sitzung am 31. März wurde von Herrn Könitzer geleitet. Er theilte mit, dass das frühere Mitglied der Accidenzsetzer-Vereinigung Herr Carl Gross, der stets ein eifriger Förderer der Bestrebungen dieses mit der Typo graphischen Gesellschaft verschmolzenen Vereins gewesen, ausserhalb Berlins verstorben sei. Sodann wurde ein Schreiben des Zentralvorstandes der Vereinigung Deutscher Buchhandlungs gehilfen verlesen, durch welches die Betheiligung an der Er richtung eines Gutenberghauses durch Zeichnung eines Bei trages zur Zeit abgelehnt werde, weil nur eine Haupt versammlung hierüber Beschluss fassen könne. Ferner wird von einem Schreiben der Redaktion. der neuen Fachzeitschrift »Presse, Buch und Papier« Kenntniss genommen, in welchem der Gesellschaft mitgetheilt wird, dass die Anzeigen von Berliner grafischen Vereinen gratis aufgenommen werden. Die Ver sammlung beschliesst, von diesem Anerbieten Gebrauch zu machen. In einem weiteren zur Verlesung gelangenden Schreiben überträgt die Zeitschrift »Propaganda« der Typo graphischen Gesellschaft das Preisrichteramt für ein Inserat- Preisausschreiben, an welchem sich alle in deutschen Offizinen beschäftigten Gehilfen und Lehrlinge betheiligen können. Es wird beschlossen, zunächst Auskunft über die Bedingungen des Preisausschreibens zu erbitten. Als neues Mitglied wird Herr Faktor Otto Krüger aufgenommen und vom Vorsitzenden begrüsst. Hierauf erhält Herr Fritz Hansen das Wort zu dem angekündigten Vortrage über Die Bedrohung der grafischen Künste durch § 184a der sogenannten lex Heinze Mit dem gleichen Rechte, so führte der Redner aus, wie man das abgelaufene Jahrhundert, z. B. dasjenige der Elektri zität nenne, könne man es auch als das Jahrhundert der Grafik bezeichnen, denn die Grafik als erste Kulturträgerin habe dem selben ihren Stempel aufgedrüekt. Die hohe Kunst, welche die Güter der Menschheit vermehrt, habe in der Grafik ihren Dolmetsch gefunden. Weite Volksschichten werden durch die Grafik zum öffentlichen Leben herangezogen, und dem Bürger thum wird gegenüber der akademischen Richtung Geltung verschafft. Obwohl die Kunst sich nicht in den Dienst einer Tendenz stellen darf, muss sie doch der Zeitströmung Rechnung tragen. Diese Aufgabe hat sie in dem vergangenen Jahrhundert voll durchgeführt. Holzschnitt, Kupferstich und Lithografie, die seitherigen Illustrationsmittel der Grafik, konnten unserer schnelllebenden Zeit nicht mehr genügen, darum gewannen die fotomechanischen Reproduktionsverfahren schnell weite Ver breitung. Die übrigen Verfahren sind hierdurch zwar auf ein engeres Gebiet begrenzt, aber ihre künstlerische Ausübung hat darunter nicht gelitten, und ihre Leistungen sind nicht zurück- gegangen. In diese zeitgemässe Entwicklung der Reproduktions künste tönt nun in letzter Zeit der Ruf: »Nieder mit diesem grafischen Verfahren!« Den Anstoss zu diesem Kampfe haben Illustrationen gegeben, denen man mit Recht den Vorwurf macht, dass sie nicht ästhetisch sind. Wägt man aber die Vor theile und die Nachtheile dieser Künste und ihrer Anwendung gegen einander ab, so kann man nur ihre Vorzüge preisen; sie sind berufen, das Verständsniss für die Kunst in weite Kreise des Volkes zu tragen, und es erscheint unbegreiflich, dass es Leute giebt, welche diesen veredelnden Einfluss nicht anerkennen, Leute, die auch nicht einsehen wollen, wie Kunst und Kultur allein imstande sind die Gegensätze unserer Zeit auszugleichen, indem sie dem Menschen das Ideal zu erhalten streben. In allerneuester Zeit nun ist ein Feldzug gegen die repro- duzirenden Künste eröffnet worden, der über das bisherige Geplänkel hinausgeht, und der nicht nur diese Künste bekämpft, sondern sich gegen die ganze moderne Zeit und ihre Aus drucksmittel richtet. In der lex Heinze finden diese Be strebungen ihren Ausgangspunkt, und die grafischen Künste werden am empfindlichsten davon betroffen, neben ihnen der deutsche Buchhandel. Darum ist es Pflicht aller Angehörigen dieser Industriezweige, dagegen Einspruch zu erheben. Gegen eine schärfere Handhabung der Sittlichkeitsbestrebungen lässt sich nichts einwenden. Hierzu reichen jedoch die bestehenden Gesetze vollkommen aus. Die Paragrafen 184a und 184e der lex Heinze öffnen dem Angeberthum Thor und Thür, ihre An wendung lässt eine solche Ausdehnung zu, dass auch der harmloseste Mensch sich straffällig machen kann. Der Begriff des »Schamlosen« lässt sich nicht genau bestimmen, er ist rein persönlicher Natur. Nach der Entscheidung des Reichsgerichts hat die erste Instanz, der Thatrichter, festzustellen, ob eine Veröffentlichung unzüchtig ist oder nicht. Nun vergegenwärtige man sich nur wie verschiedenartig die Auffassungen hierüber in Berlin z. B. und einem kleinen Landstädtchen sind, und man wird zu der Erkenntniss kommen, dass es geradezu unmöglich ist, ein Durchschnittsempfinden für das Schamgefühl, wie es die lex Heinze voraussetzt, festzustellen. Gerade in neuerer Zeit sind verschiedene vortreffliche alte deutsche Schwänke im Stile Hans Sachsens in mustergiltiger moderner Ausstattung, z. B. der »Jungbrunnen« erschienen, die wegen ihrer derben Ausdrucksweise der lex Heinze leicht zum Opfer fallen könnten. Darum möge jeder Grafiker sich dem Einspruch gegen diese Fessel anschliessen. Der Vortragende erntete reichen Beifall für seine Ausführungen, und die Anwesenden erklärten sich bereit durch Anschluss an den Goethebund oder in anderer Weise ihrem Proteste Ausdruck zu geben. Herr Hans Naeter theilt hierauf mit, dass der Berliner Korrektoren-Verein das an ihn gerichtete Schreiben betreffs der Gutenberg-Feier und des Gutenberghauses bisher nicht be antwortet habe, weil er nähere Auskunft wünsche. Nachdem seitens des Vorstandes ausgeführt wird, dass die Berliner Typografische Gesellschaft in beiden Angelegenheiten lediglich anregend habe wirken wollen, versichert Herr Naeter, dass der Korrektoren-Verein beiden Angelegenheiten sympatisch gegen über stehe und sich weitere Beschlüsse vorbehalte. Schliesslich giebt der Vorsitzende eine kurze grafische Revue und führt einen neuen Handbronzir-Apparat von Weiss & Wüst in Koblenz vor, der einestheils eine Ersparniss an Bronze ge stattet, anderntheils das Aufwirbeln der Bronze beim Abstäuben sehr vermindert, und darum auch aus Gesundheitsrücksichten zu empfehlen sei. Mit vielem Interesse wird sodann ein mathe matisches Werk »Formulare und Lehrsätze der elliptischen Funktionen« von Prof. H. A. Schwarz besichtigt, bei welchem das so unschön wirkende Zusammenmengen verschieden starker Integralzeichen, Klammern usw. vollkommen vermieden und dadurch ein harmonisches Gesammtbild der einzelnen Druck seiten erreicht wurde. Ferner theilt der Vorsitzende mit, dass Herr Gustav Jahn sich bereit erklärt habe, fünf Exemplare des Müller-Detloffschen Werkes über den Illustrationsdruck für die besten Schüler der Fachklasse zu stiften. Der nächste Lese- Abend wird auf 10. April festgesetzt. Schluss der Sitzung 121/2 Uhr. Ausstellung alter Schriftarten Herr Ansgar Schoppmeyer hat zwei Schriftsammlungen auf fünf grossen Wandtafeln in der Rotunde des Berliner Kunst gewerbemuseums ausgestellt, welche besonders für alle von Bedeutung sind, die berufen sind, einen Einfluss auf das moderne Schriftwesen auszuüben. Herr Schoppmeyer verbindet als Lehrer für Schriftzeichnen an dem genannten Museum und zugleich als Privatdozent für die Geschichte der Schrift an der technischen Hochschule in seiner Person die historische Wissen schaft mit der künstlerischen Auffassung und sucht seine Erfahrungen für die Praxis nutzbar zu machen. Unter diesen Gesichtspunkten ist auch die Auswahl für die obige Ausstellung getroffen. Auf seinen Studienreisen hat er das