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Nr. 35 PAPIER-ZEITUNG 1275 zu bemächtigen. Eine Verbesserung des Schulunterrichts wurde erst durch Amos Komenius angeregt, der indessen mit seinen radikalen Ideen selbst bei seinen Freunden keinen Anhang fand und auf keiner Universität einen Lehrstuhl erhielt. Er benutzte daher den Buchdruck und übte ihn persönlich aus, um seinen Ideen weiteren Eingang zu verschaffen. Die deutschen Universitäten nehmen noch heute in mancher Hinsicht den Standpunkt ein, als ob der Buchdruck nicht erfunden wäre, indem die Studenten lediglich das erfahren, was ihnen münd lich vorgetragen Wird. Die Universitäten standen der demo- kratischen Kunst des Buchdrucks im Allgemeinen nicht sym pathisch gegenüber. Das 18. Jahrhundert erst begann mit der Demokratisirung der Bildung, und der Kant’sche Ausspruch »Habe den Muth, deine Vernunft zu gebrauchen« ist als ein Symbol seiner Zeit zu bezeichnen. Welche Umwandlung die deutsche Kultur mit der Ent wicklung des Buchdrucks erfahren hat, zeigt recht deutlich die veränderte Auffassung der Faustsage; während der Faust des Mittelalters wgeh seiner Abtrünnigkeit von der theologischen Wissenschaft zur Hölle fährt, findet die von Goethe umge dichtete Faustsage einen versöhnenden Abschluss. Dem Vortragenden wurde am Schlüsse seiner Ausführungen reicher Beifall zu Theil. Aus der Mitte der Versammlung wurde angeregt, der Vor stand möge gelegentlich der diesjährigen Gutenberg-Jubelfeier eine Sammlung vön obrigkeitlichen Erlassen und Gesetzen, welche im Laufe der Jahrhunderte zur Beschränkung und Unterdrückung der Pressfreiheit erschienen, zu beschaffen suchen. Die Versammlung erklärte sich bereit, die hierdurch sowie durch die Beschaffung aller erreichbaren Fachblätter, in denen über die diesjährige Gutenberg-Feier berichtet werde, erwachsenden Kosten aus der Kasse der Gesellschaft zu decken. Herr Dr. Steiner, dessen Mithilfe dabei erbeten wurde, bemerkte hierzu, dass derartige Schriftstücke nirgends gesammelt, abge drückt öder zu finden seien; man müsse dieselben eben aus der Geschichts-Litteratur mühsam zusammensuchen. Die Ver sammlung wünschte dessen nngeachtet, dass derartiges Material, soweit es zugänglich sei, beschafft werden möge. Der Vorsitzende, Herr Könitzer, gab noch einige Antworten, welche auf die von der Gesellschaft ausgegangene Anregung betreffs Beschaffung geeigneter Vereinsräume für alle Berliner buchgewerblichen Vereine eingegangen seien, bekannt. Die Antwort des Bundes der Berliner Buchdruckereibesitzer gab keine Aussicht auf eine Unterstützung der Angelegenheit von dieser Seite, doch sei zu hoffen, dass sich mit der Zeit auch in weiteren Kreisen noch ein lebhafteres Interesse und thätige Unterstützung für die Sache finden werde. Schliesslich wurde noch mitgetheilt, dass auch die Typograghische Gesellschaft eine Einladung des Vereins Berliner Buchdrucker und Schrift giesser zur Theilnahme an der Gutenberg-Feier am 17. Juni im Zirkus Schumann zu erwarten habe. In dieser Voraus setzung beschloss die Versammlung, von der eigenen Veran staltung einer solchen Feier Abstand zu nehmen. Schluss der Sitzung 12 Uhr. Drucke für Kunst und Wissenschaft oder Drucke für gewerbliche Zwecke? In den Zolltarifen werden jetzt unterschieden Drucke, welche als künstlerische Reproduktionen angesehen und im Allgemeinen als Bilder bezeichnet werden, und solche Drucke, welche wissenschaftlichen Zwecken dienen, namentlich für Schulen und Lehrinstitute jeder Art, Landkarten, Seekarten usw. Alle diese Drucke werden im Grossen und Ganzen durch sogenannte Kunsthandlungen und im Buchhandel vertrieben und sind nach dem jetzt bestehenden Zolltarif zollfrei. Ihnen stehen die gewerblichen Drucke gegenüber, welche in der Hauptsache als Plakate, Verpackungen, Dekorationen von Kartonnagen und unendlich viele andere Sachen gebraucht werden. Für die Herstellung sowohl der Kunst- als der ge werblichen Drucke werden alle bekannten Druckverfahren ver wandt. Auch die gewerblichen Drucke sind, entsprechend dieser hochentwickelten Industrie, in den meisten Fällen nach künstlerischen Originalen gemacht und mit derselben Sorgfalt gedruckt wie die sogen. Kunst-Drucke. Die gewerblichen Drucke sind aber nicht zollfrei, und es wird auch nicht gewünscht, dass sie zollfrei werden sollen, es wird im Gegentheil angestrebt, einen entsprechenden Zoll darauf gelegt zu sehen. Die Schwierigkeit beim Eingang aller Drucke ist nun: wie soll der Zollbeamte erkennen, ob es sich um Kunstdrucke oder um ge werbliche Drucke handelt? Es ist geltend gemacht worden, dass Kunstdrucke in der Regel nur in kleinen Partien, ja wenige Stücke eingehen, während gewerbliche Drucke voraus sichtlich immer in Auflagen eingehen und dies als Er kennungsmittel gelten könne. Es ist ohne weiteres klar, dass ein solches Erkennungszeichen sehr leicht zu verwischen wäre, indem eine Auflage in viele kleine Theile getheilt, über eine grössere Zahl von Zollämtern oder zu verschiedenen Zeiten eingeführt würde. Ferner ist geltend gemacht worden, ge werbliche Drucke ständen mehr oder weniger immer in grösseren Mengen auf dem Bogen, während Kunstdrucke einzeln wären. Es ist auch hierbei nicht zu verkennen, dass durch Zerschneiden der gewerblichen Drucke auf einzelne Blätter auch dieses Kennzeichen zu verwischen wäre. Im Interesse der Industrie liegt es nun, Unterschiede zwischen Kunst- und gewerblichen Drucken festzulegen, welche bei der Zollbehand lung leicht verstanden werden können. Bei der grossen Wichtigkeit dieser Frage sowohl bei der Einfuhr nach Deutschland als vor Allem auch bei Gestaltung der kommenden Handelsverträge richte ich an alle Fach genossen und Kenner die Bitte, sich mit dieser Frage zu be schäftigen. Gefällige Zuschriften erbittet der Unterzeichnete, und später wird, wenn sich aus den eingehenden Antworten brauchbares Material ergiebt, die Fassung, wie sie für das Zolltarifschema vorgeschlagen werden soll, veröffentlicht werden. Vereinigung für Zollfragen des Papierfaches Max Krause, Kgl. Kommerzienrath Berlin SW, Beuthstr. 7 Prinzipal-Verein »Senefelder« in Hamburg Wieder sieht der Prinzipal-Verein »Senefelder« auf ein in vieler Beziehung arbeits- und segensreiches Jahr zurück und schickt sich an, einen Jahresbericht zur allgemeinen Uebersicht über seine Thätig- keit herauszugeben. Gestützt auf eine Reihe in den ersten Jahren seines Bestehens gesammelter Erfahrungen, konnte der Verein die gewonnene Basis zum Weiterausbau seiner Ziele benutzen und blickt, dank der Unter stützung seiner hilfsfreudigen Mitglieder, mit wohlthuender Befriedigung auf ein erfolgreiches Vereinsjahr zurück. Sein Hauptaugenmerk richtete der Verein neben dem Wunsche, seinen Mitgliedern so oft wie möglich die vielseitigsten Anregungen in fachwissenschaftlicher Hinsicht zu bieten, auf den Ausbau seiner am meisten in Anspruch genommenen Einrichtungen, nämlich die Stellenvermittlung und den Arbeitsnachweis. Eine Statistik aus den Kontrollbüchern des Herrn Carl Griese, in dessen Händen nach wie vor die Meldestelle für diesbezügliche Anfragen verblieben, beweist deutlich, wie umfangreich die Arbeit dieser Stellenvermittlung gewachsen ist. Im vergangenen Jahre haben sich ungefähr 860 Stellensuchende gemeldet, also durchschnittlich einer täglich, von denen 1/3 umgehend Stellung fand. Durch Herausgabe der Vakanzen-Listen wurde es möglich, die Mitglieder thunlichst auf dem Lautenden zu erhalten. Für die Zukunft ist öfteres vielleicht wöchentliches Erscheinen der selben vorgesehen, um verspäteten und daher oft nutzlosen Nachfragen vorzubeugen. Mit Bedauern muss der Verein konstatiren, dass trotz sehr reger Inanspruchnahme dieser Stellenvermittlung von Aussenstehenden unseres Vereins, dieselben sich nicht veranlasst fühlen, dem Verein als Mitglied beizutreten, obgleich sie den Nutzen desselben durch ihre Anfragen doch unumwunden eingestanden. Daher ist für die Zukunft Besteuerung der Nichtmitglieder für diese Ausnutzung nicht aus geschlossen. Der Vorstand setzt sich zusammen aus den Herren Th Krüger und Otto Möller als erster und zweiter Vorsitzender, Herrn E Hensel als Kassenführer. Herren Ed. Bitter und Eickhof als erster und zweiter Schriftführer und den Herren B,. Künke und E. Weiss als Beisitzer. Das Geschäftsjahr begann mit der dem Verein besonders wichtigen Zeugnissabgabe für die bei den Mitgliedern ausge lernten, sowie mit dem Einschreiben der zu Ostern neu eintretenden Lehrlinge. Wiederum hatte der Verein die dankenswerthe Aufgabe, recht hoffnungsreiche Arbeiten der jungen Leute mit einer aus zeichnenden Note versehen zu können. Im verflossenen Jahre hatte der Verein keine Veranlassung, wegen einer Streitigkeit zwischen Prinzipal und Angestellten sich ins Mittel legen zu müssen. Die Kassenverhältnisse nahmen einen erfreulichen Aufschwung. Der Verein konnte an die Beschaffung einer Bibliothek denken, die jetzt eine schöne Auswahl hervorragender Kunst- und Fachschriften zur Benutzung stellt; die Kosten für belehrende, hochinteressante Vorträge, z. B. unter Andern für einen Vortrag von Carl Griese über den Aluminiumdruck, verbunden mit einer reichhaltigen Ausstellung, durfte der Verein sich erlauben und auch die geselligen Veran staltungen, welche ein bestgeeignetes Vergnügungs-Komitee den Mit-