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Nr. 35 A Buchgewerbe Buchbinderei * * Buchdruck * * * * * * Buchhandel *** Steindruck Eingesandte Werke finden Besprechung 533333333332 Mitarbeiter und Berichterstattei erhalten angemessene Bezahlung 1274 ~ Sachliche Mittheifunges finden kostenfreie Aufnahme Berliner Typographische Gesellschaft Zu einem am Donnerstag, 3. Mai, abends 812 Uhr, in den Unteren Räumen des Arehitektenhauses, Wilhelmstr. 92/93, statt findenden Lese-Abend werden Sie hierdurch ergebenst eingeladen. Der Vorstand Im Anschluss an den Lese-Abend findet eine Vorstands- Sitzung statt. Der Vorsitzende Am Mittwoch, 26. April, wurde der angekündigte Vortrags abend im Saale C. des Architektenhauses unter Leitung des Herrn Könitzer abgehalten. Der letztere gab zunächst einen Ueberblick über Ereignisse und neue Erscheinungen auf grafischem Gebiete während der letzten Wochen. Er erwähnte hierbei u. A. die Ausstellung des Herrn Schoppmeyer im Kunst gewerbe-Museum, die Vorträge, welche Herr Direktor Dr. Jessen im Kunstgewerbe-Verein und später in Karlsruhe hielt, einen Aufsatz des Herrn Naether über die Orthografie in Zeitungen Und Zeitschriften, die in der Fachpresse zum Ausdruck ge kommenen Bestrebungen für die Erreichung höherer Druck preise infolge Vertheuerung von Papier, Maschinen, Kohlen usw. sowie die mancherlei Proteste gegen die lex Heinze; ferner wurde auf den in Kurzem erscheinenden Müller und Dettloff- sehen Leitfaden für Buntbuchdruek aufmerksam gemacht. Die Hostmannschen Mischungsrezepte für Buntdruck, sowie ver schiedene Maschinenverbesserungen und neue Erscheinungen an Schriftgiesserei-Erzeugnissen wurden gleichfalls erwähnt. Sodann erhielt Herr Dr. Rudolph Steiner das Wort zu dem angekündigten zweiten Vortrage über Gutenbergs Erfindung und ihre kulturgeschichtliche Stellung Während der Redner in seinem ersten Vortrage die ge schichtliche Nothwendigkeit der Ermüdung der Buchdrucker kunst nachgewiesen und den Einfluss geschildert hatte, welchen die Erfindung auf die Kultur-Entwicklung ausübte, wies er nun in dem zweiten Vortrage auf den Zusammenhang der Buch druckerkunst mit den tiefgehenden kulturellen Umwälzungen in den auf die Erfindung folgenden Jahrhunderten hin. In wenigen Jahrzehnten hatte sich die Buchdruckerkunst bereits über die ganze gebildete Welt verbreitet, und mit dieser deut schen Erfindung hatte auch deutsche Kultur überall Eingang gefunden und Einfluss gewonnen. Während die mittelalterliche Scholastik die in klösterlicher Abgeschiedenheit gepflegte Ge lehrsamkeit nur auf eine bestimmte Kaste beschränkt wissen wollte, begann mit Luthers Erscheinen eine neue Zeit, welche Wissenschaft, Kunst und Religion volksthümlich machen wollte. Dies war jedoch nur durch die sich schnell verbreitende Buch druckerkunst möglich, daher erklärt sich der Einfluss, den deutsche Bildung auf andere Nationen in jener Zeit auszu üben begann. Durch die Buchdruckerkunst konnten die Schriften Luthers in das Volk hinausgetragen werden, um dasselbe auf zurufen, zur Theilnahme an dem Streite zwischen der für sich ab geschlossenen Scholastik und den Bestrebungen der Humanisten, welche das Volk an den geistigen Gütern der Menschheit theil nehmen lassen wollten. Die auf recht niedriger Stufe stehenden Schulen wurden durch die Buchdruckerkunst anfangs ungünstig beeinflusst. Während bisher die deutschen Lehrbücher nur im Besitz der Lehrer waren, welche mündlichen Unterricht er- theilten, wurden zunächst die gleichen Bücher, durch den Druck vervielfältigt, auch den Schülern zugänglich und von diesen ohne Verständniss auswendig gelernt. Diese Bücher waren dem Geschmack der Zeit entsprechend mit vielen Gleich nissen ausgestattet, z. B. wurde die innere filosofische Voll endung des Menschen der »Stein der Weisen« genannt. Da durch, dass das Volk nun unvermittelt ihm unverständliche Bilder und Gleichnisse las, wurden letztere missverstanden, was bildlich gemeint war, wurde als reale Wahrheit auf gefasst und schliesslich von schlauen Schwindlern zur Aus beutung breiter Volksschichten benutzt. So kam es, dass eine im Jahre 1614 erschienene Fabel Fama fraternitatis, welche symbolisch die Umwandlung des sinnlich veranlagten Menschen zu einem Wesen von edler Gesinnung und Welt anschauung darstellt, dazu führte, dass man thatsächlich glaubte, es gäbe Menschen, welche einer besonderen Brüderschaft, den sogenannten »Rosenkreuzern«, angehörten, die den Stein der Weisen besässen und imstande seien, aus unedlen Metallen Gold zu machen und andere geheime Naturkräfte zu benutzen verständen, während sinnbildlich gemeint war, dass der Mensch unter Verwendung der Naturkräfte imstande sei, durch die Bearbeitung unedler Metalle sich Gold zu erwerben. Kam es doch in jener Zeit vor, dass selbst gelehrte Männer, wie z. B. Gustav Böhme, naturwissenschaftliche Thatsaehen vollkommen missverstanden. In der im Mittelalter mehrfach bearbeiteten Faustsage ist klar ausgedrückt, wie die theologische Wissenschaft die Ver breitung weltlicher Gelehrsamkeit bekämpfte; besonders der Jesuiten-Orden wandte, als er die Macht der Kirche bedroht sah, die grausamsten Gewaltmittel zur Unterdrückung der Kultur an, und gerade die Jesuiten benutzten später wiederum den Aberglauben des Volkes hinsichtlich der »Rosenkreuzer«, indem sie sich selbst als solche ausgaben und behaupteten allein im Besitze geheimnissvoller Naturkräfte zu sein. Doch auch weltliche Gelehrte fanden sieh, welche nicht mit der all gemeinen Volksaufklärung einverstanden waren. So schrieb z. B. der Filosof Leibnitz seine Hauptwerke in französischer Sprache, damit sie nicht von Jedermann verstanden würden. Auch den Staatsgewalten, die früher allein die Mittel zur Er langung höherer Bildung gewähren konnten, wurde die allge meinere Verbreitung derselben durch den Buchdruck unbe quem, und so legte man der Buchdruckerkunst die mannig fachsten Fesseln an. Man suchte die mit der Bildung auf keimende Urtheilsfähigkeit und das Bestreben nach Selbst bestimmung im Volke zu unterdrücken. Schon im Jahre 1486 wurde in Mainz die Ausübung des Buchdrucks von einem besonderen Privilegium abhängig gemacht; es wurden besondere Gesetze erlassen, welche anordneten, dass nichts gedruckt werden dürfe, was gegen die bestehenden Gesetze und Ver ordnungen verstiess; und die Kölner Universität übte eine strenge Zensur aus. Während von Ludwig XII. in Frankreich das Buchdruckgewerbe ausdrücklich steuerfrei erklärt war, wurden schon von seinem Nachfolger besondere Maassregeln gegen die Buchdrucker erlassen. Auch in England forderte 1644 Milton noch vergeblich die Pressfreiheit, die erst 100 Jahre später bedingungsweise gewährt wurde. In Deutschland hielten die Fürsten im Anfang des 19. Jahrhunderts noch eine Kon ferenz zur Berathung von Zensurmaassregeln ab, weil man die öffentliche Meinung, welche sich erst durch die Presse gebildet hatte, fürchtete. Das erste Morgenroth des Zeitungswesens leuchtete bereits im Jahre 1493, als die Entdeckung Amerikas durch die Ver vielfältigung eines Briefes des Kolumbus in aller Welt bekannt gemacht wurde. Im Uebrigen waren es zunächst Gesandtschaftsbriefe, welche anstelle von Zeitungen gedruckt wurden. Die erste Zeitung in Deutschland dürften die 1615 be gründeten »Relationen aller vornehmen und gedenkwürdigen Historien« sein, welche in Frankfurt a. M. erschienen und aus denen später die heutige Frankfurter Zeitung hervorging. Während in den ersten Zeitungen nur die Regierungen sprachen, kam später auch das Volk zu Worte. Man berichtete nicht allein über Thatsaehen, sondern aus der Art und Weise, wie man sie beschrieb und durch die Auswahl der Neuigkeiten kam auch die eigene Meinung der Zeitung zum Ausdruck. Welche Bedeutung man schon frühzeitig den Zeitungen beilegte, geht daraus hervor, dass Wallensteins Offiziere bereits der Münchener Zeitung Berichte über die Kriegs-Ereignisse zu gehen liessen, und dass die Schweden im 30jährigen Kriege besonderes Gewicht darauf legten, sich der Frankfurter Presse