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.»m d-r D-ck- und w°- g-w!» «V ,ch«mft°h,>k-m -ng.ftm w«. «-chd.m d>- M-und d-^Sujch-nd^h»^ L»^!!LüT di tt ie -» w n e ;. 's h ;r ei a. n, m !N ch )r rn ,d :n e- ,iv ke ite Hohenstem-Ernstthaler Tageblatt. Amtsbirrtt. Rr. 291. Mittwoch, den 16. Dezember 1903. Beilage. Neulicher Reichstag. Berlin, 14. Dezember. Präsident Graf Ballestrem eröffnet die Sitzung mit folgenden Worten: Meine Herren! Ihr Präsiden und die beiden Vizepräsidenten sind heute in Potsdam von Sr. Majestät dem Kaiser und danach von Ihrer Majestät der Kaiserin in Audienz empfangen worden. Nachdem Ihr Präsident die vorschriftSmäßiae Meldung über die Konstituierung de» Reichstages erstattet hatte nahm er Veranlassung, Sr. Majestät dem Kaiser von der großen Besorgnis zu sprechen, welche weite Kreise des deutschen Volker aus Anlaß der Erkrankung Sr. Majestät ergriffen hatte, sowie von der freudigen Ge nugtuung, als bekannt wurde, daß die Krankheit nicht ernst und die Heilung bald zu erwarten sei. Seine Majestät hat diese Kundgebung huldvollst ausgenommen. In Verfolg dessen hat Se. Majestät wohl Stunden sowohl über seine Krankheit, wie auch über andere interessante und gelehrte Gegenstände g-sprachen. Ihre Präsidenten hatten den Eindruck, daß Se. Majestät die alte Frische wieder erlangt habe. (Bravo!) Seine Stimme war wieder vollkommen und nur, wenn man mit einer gewissen Voreingenommenheit heranging, konnte man noch einen weichen Schleier aus der Stimme ruhen hören. Se. Majestät war bei guter Stimmung und hat, sich wie gesagt, huldreichst mit uns unterhalten. (Lebhafter Beifall.) Hierauf Fortsetzung der ersten Beratung der Etats und der sogenannten kleinen Finanzreform. Abg. Bebel (Soz.): Die Rede de-Reichskanzlers enthielt io aller Form die Anfrage an meine Partei, wie wir über de» ZukunftSstaat denken. Der Reichs kanzler hat uns ein Stündchen außerordentlich amüsiert. Die Erwartung, in den Ausführungen des ersten Reichsbeamten «nen Funken von Verständnis (großer Lärm recht» uud im Zentrum) für die sozialdemo kratische Weltanschauung zu finden, hat uns bitter ge- täuscht. Daß der Reichskanzler trotz heißen Bemühens aus der Lektüre der sozialdemokratischen Schriften so wenig von unseren Zielen versteht, mag an einem Mangel an Kapazität liegen. (Unruhe.) Ich kann die Ausführungen als Plattitüden bezeichnen. Ich hatte den Eindruck, der Reichskanzler habe eine ganz andere Rede von mir erwartet und in Erwartung der wahr- scheinlichen Rede sich von einem Geheimrate Material und Konzept entwerfen lassen. (Große Heiterkeit.) Nichts ist natürlicher, als daß für den Reichskanzler der GegenwartSstaat im Grunde genommen nichts zu wünsche» übrig läßt. Wenn man aber aus dem ert- gegengesetzteu Standpunkte steht, wird man jagen müssen, daß eine Masse Uebclstände und Nachteile fü- die große Masse der Bevölkerung sich ergeben ha», wenn ich auch nicht bestreiten will, daß die heutige StaatS- und Gesellschaftsordnung im Gegensätze zu früher eine Reihe bedeutender Fortschritte gemacht hat. Der Kriegkminister hat trotz der drei Tage Zeit, dir er gehabt, kein Wort der Entgegnung für mich ge- funden. Die Kritiken gerade auf dem militärischen Gebiete sind von Sachverständigen gekommen. Seit der Broschüre „Vi6esut coo8ules" ist wiederholt darauf hingewiesen worden, daß es notwendig ist, Ein kehr zu halten und umzukchren, wenn nicht das Reich durch eine Katastrophe schwere Nachteile erleiden sollte. Die Militärmißhandlungeu haben nicht allein in der Anzahl erschreckend gewirkt, sondern die Rohheit, Barbarei und Biehigkeil riesen große Entrüstung und Entsetzen in weiten Kreisen hervor. Wenn alle Schräge, Püffe und Stöße vor die Gerichte kämen, würden diese das Drei- und Vierfache obzuurteilen haben. Mißhandelnde Unteroffiziere bekommen vielleicht ein paar Monate Strafe, ein Soldat aber, der, aufs äußerste gereizt, vielleicht nur einen leichten Stoß dcm Vorgesetzten versetzt, wird mit sechs bis sieben Jahreu Zuchthaus bestraft, sodaß er sür sein ganz S Leben unglücklich ist. Scharnhorst verlangte in de: Straf- ordnung von 1810, daß ohne Schläge unterrichtet würde. Ein Offizier, der ohne Schläge nicht auSkomme, habe nicht die richtige Darstellungsgabe oder nicht einen klaren Begriff tür die Notwendigkeit des Unter- richt». Ein rechter Offizier verbietet sogar Beschiwps- ungen. Aber wo wird heute mehr geschimpft als in den Kasernen. Die Beschimpfungen zu beseitigen, daran denkt heute kein KriegLminister mehr. Steht unser Volk in der Tat in moralischer Beziehung so tief, daß mündige Männer nur wie Tiere erzogen werden können, dann steht eS mit dem Kulturstand de« deutschen Volkes außerordentlich traurig aus. Dafür find diejenigen verantwortlich, welche das Er- zirhungSwesen in der Hand haben. Der Reichskanzler sah einen Widerspruch in meinen Ausführungen be züglich der ostasiatischen Politik und sagte, was geht uns die Mandschurei an. Unsere Politik ist nicht zum Vergnügen der großen Herren do, sie soll dazu dienen, allmählich die ostasiatischen Häsen zu erobern und dar chinesische Reich als Abnehmer europäischer Waren zu gewinnen. Sind die ostasiatischen Positionen unbc- oeutend, dann heraus auS Ostasien. Wenn es Ruß. land geling», sich in der Mandschurei sestzusetzen und die F-stung Mukden in die Hand zu bekommen, dann ist Pelschili, dos Herz China», vollständig von dem Gutdünken Rußlands abhängig. Der Reichskanzler warf mir vor, daß ich Stimmung gegen Rußland ge- macht habe. Ich hielt eS für notwendig, die Polizei- lichen, militärischen uud politijchen Ereignisse zu er- wähnen, weil ich glaube, daß die Stellung Deutsch- land» gegen Rußland und die dort verübten Schand taten höchst bedenklich und entschieden zu verwerfen seien. Graf Ball: strem: Sie Hobe« einen dem Deutschen Reiche verbündeten uv» befreundeten Staat beschuldigt, Schandtaten zu begehen- DicS ist im beut- ichen Reichstage unzulässig. Ich bitte Sie, sich in Ihre» Ausfühiuogru zu mäßigen in Bezug auf fremde Mächte, die mit Deutschland befreundet sind Abg. Bebe! fährt fort: Unsere Kritik der auSwäU'zcn Polnik reicht nicht entfernt an die Kritik bcr Parlamente ir Frankreich und England, und neuer- sing in Japan hiran. Ich möchte wissen, was S e sagen würden, wrnn der Reichstag eine solche Kritk wagte! Betreffend die Sozialpolitik war es arffallenb, ^aß in seinem Küchenzettel gerade von den wesentlich sten. von den verschiedensten Parteien aufgesRllt-v Forderungen kein Wort zu fin en war; bczüal ch der Anerkennung der Bcrufkvereive, des Vereins- und Ver sammlongSrechts, ver Koalitionsficiheit und d.r gesetz lichen Vertretung der Arbeiterklasse. Der Kanzler sprach von Terrorismus. Aber von dein Arbciterterro riSmuS zu reden und von dem Terrorismus der MäH tigcn zu schweigen, ist sehr eigentümlich. Hier herrschen Polizeidespot^muS und Chineseutum. Redner geht daun auf die Frage d s Reichskanzlers ein, wie cr sich den Zukuvftsstaat denke, und erinnert an die ZukunftS- staatSdebatte von 1893. (Abg. v. Kardorff verläßt den Saat, w«S Bebel unter großer Heiterkeit als aus Schreck geschehe« bezeichnet.) Damals hieß es aus der gegnerischen Seite, der ZakunstSst«» sei ein Zuchthaus, verbunden mit einem Kamnchcnstall. (Große Heiter- keit) Glauben Sie denn, daß wir dazu übergehe» würden, uns einen derartigen Zuchthassstaat einzurich- tcn? Wenn ein derartiger Staat überhaupt denkbar wäre, würde er nur einen Tag bestehen. (Sehr wahr, sehr richtig. Heiterkeit recht«) Am 20. Februar 1890 hatten wir 1427 600, am 16- Juni 1 78b 000 Stim men, die Zahl unserer Abgeordneten stieg von 35 auf 45 Wenn der Reichstag jetzt aufgelöst würde, über vaS Resultat der N uwahl wäre» wir nicht im ge ringsten Zweifel. WaS würde der Reichskanzler ant worten, wenn ich fragte, wie e« m>t dem Ab chlusse d, Handelsverträge im Gegcnwartsstaate stehe? Ich glaube, rr würde antwort!»: „Sic sind reis sür Dall dorf !" Ich bin zu höflich, eine solche Antwort zu geben. (Heiterkeit ) Der Reichskanzler sagte, wenn einmal die Diktator de» Proletariat« durchgeführt und wenn der Besitz gleichgemacht wäre usw., so würde e« morgen doch gleich ander» sein. Da« ist die denkbar primit vste, roheste, unwissendste Auffassung sozialdemo kratischer Jd^eo, die in Damcnkränzchcu hiogrhen mag. D-r Reichskanzler wart der Sozial»emokrat.e Mangel positiver Tätigkeit vor. Wirkliche Fortschritte Haden wir in diesem Hause in jeder Richtung unterstützt. ES hat Zeiten gegeben, wo die Regierung bei diesen Fort- fchr tten unserer dringend bedurfte. Bismarck hat ge sagt, die Sozialdemokratie sei ein Mahnzettel kür die besitzenden Klassen. Wollen Sie etwa bestreiten daß die Anwesenheit der Sozialdemokratie in diesem Hause in hoh'M Grade anregend wirkt? Reiner geht dann auf Geheimcu Rat Fischer« Rechtfertigung der sächfi- ichcn Regierung ein- Kein Redner sämtlicher bürger lichen Parteien hatte nur ein Wort der Anerkennung ür die Crimmitschauer Arbeiter. Dafür haben die, die auf den Höhen der Gesellschaft im Sonnenlichte stehen, nicht ein Fünkchen Veiständni». (Murren recht«) Aber schließlich ist unser die Zukunft, unser die Welt, r.otz alledem. (Lebhafter Beifall bei den Sozialdemo kraten) Reichskanzler Graf v. Bülow ergreift da» Wort: Der Abgeordnete Bebel kam auf die Soldaten- Mißhandlungen zurück Ich wiederhole, daß von der H-ereSverwaltung alles geschehen soll, um solchen Ab- ichculichkeitcn vorzubeugen. Wenn Bebel dabei unter vielen anderen liebenswürdigen Bemerkungen über unser Heer rief: „Wo wird mehr geschimpft al« auf dem Exerzierplätze*, so könnte ich ihm ein Wort nennen. (Stürmische Heiterkeit) Ich könnte einen Herrn neu nen, der 'M Schimpfen einiget leistet, ich «erde et aber nicht tun (Erneute stürmische Heiterkeit.) Wir, sie in Bebel« Augen die Bourgeoisie Mafien bilden, eien Feinde der Bildung. E» scheint, daß unsere Generation einige« geleistet hat für den Fortschritt der Bildung Wa» liegt aber Bebel« Haß gegen dieAka-