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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 21.07.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-07-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190307212
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19030721
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19030721
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-07
- Tag 1903-07-21
-
Monat
1903-07
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 21.07.1903
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57. Forts. (Nachdruck verboten.) Fortsetzung folgt. Unsichtbare Fäden. Roman von Reinhold Ortmann. sie nahm das respektwidrige Berhaltev ihrer Unter« gebenen, deren sie ja vermutlich schon nach wenig Tagen nicht mehr bedurfte, als einen willkommenen Borwand, sich ihrer zu entledigen. »Wann'- Ihnen bei mir net mehr g'fallt, mein gnädiger Fräulein, und wann'S sich für zu gut Hal« ten, um unsern Besuchern ein freundlich'- G'sicht zu zeig'» — na, fo könn'S ja Ihr Bündel schnür's und können um an Hau- weiter geh'n! 's iS mir so schon arg z'wider g'wesev, das hochmütige Getu. Und nix in der Welt is mir verhaßter, als an Bettelstolz. Hab'n's mi verstanden, Fräulein Paula?" Todtenbletch hatte da- junge Mädchen den keifenden ZorneSauSbru ü des ungebildeten Weibes über sich er« gehen lassen. Sie dachte natürlich nicht daran, ihr in gleichem Tone zu erwidern, sondern sagte scheinbar ruhig: „Ja, Frau Matrasch, ich habe Sie verstanden. Und der Vorschlag, Ihr Haus ohne Beobachtung der verein« barten Kündigungsfrist zu verlassen, stimmt mit meinen eigenen Wünschen vollkommen überein. Ich bitte nur, bis zum heutigen Abend bleiben zu dürfen, damit ich im Stande bin, meine Vorbereitungen zu treffen." „Meinethalben l" warf ihr Frau Ilona über die Schulter hinweg zu, wie wenn sie ihr damit eine besondere Gnadenbezeugung erwiese. „Bi- heut' Abend also! Und was den Lohn anlangt, so will i mi net lump'n lass'» und Ihnen Ihr G'halt noch bis zum Ersten vom nächsten Monat auSzahl'n." „Ich lehne dies Anerbieten dankend ab, Frau Matrasch, denn ich habe die Gewohnheit, mir nur wirklich geleistete Arbeit bezahlen zu lassen " Damit verließ sie da- Zimmer, und die häßliche Bemerkung, die ihr Ilona als Antwort auf die stolze Zurückweisung zugedacht hatte, erreichte ihr Ohr nichi mehr- hoben^werden, zu dem eine große Zahl Knochenrestc, die ! von den Mahlzeiten übrig geblieben wariN, sowie eine j Menge Gefäßscherben gehörten, die durch die sogenannte , Burgwalldekoration ihre Herkunft auS slavischer Zeit - deutlich erwiesen. Zum Funde gehört auch ein Steinbeil (Flachbeil), das erkennen läßt, wie trotz aller Verwendun des Metalls die Gebrauchsgegenstände der ältesten Kulturperiode der Menschen noch in Benutzung waren. , Eigentümlich ist anch in diesem Funde das Auftreten § von Tonscherben, die einen bedeutenden Fortschritt gegenüber der slavischen Keramik verraten. Es sind z die- zweifellos die ersten Zeugnisse der Töpserei aus § jener Zeit, als die deutschen Stämme das von den § Slaven entrissene Land wieder zurückerroberten. Wahr« § scheinlich ist diese Keramik ein Teil der westdeutschen§ Kultur, die sie ins Land brachten. — Obergruna bei Nossen, 17. Juli. Beim ' Bau einer Scheune wurden in einer Tiefe von etwa 30 Zentimeter sieben Silbermünzen lose in der Erde liegend ausgesunden. Die Münzen sind belgischer, niederländischer und sächsischer Prägung; eS sind bei einzelnen die Jahreszahlen 1635 und 1647 zu er« kennen. Die gefundenen Geldstücke sind anscheinend in der Zeit des 7 jährigen Krieges vergraben worden — Hundshübel, 18. Juli. In Ergänzung der Notiz in einer unserer letzten Nummern, das unter verdächtiges Umständen erfolgte Ableben des Fabrik arbeiter- Ernst Gustav Gerber von hier betreffend, der bekanntlich am 15. dieses Monats früh in der Nähe des Forsthauses zum Torsstich auf Hartmanns, dorser Staatsforstrevier tot aufgefunden worden ist, wird weiter berichtet, daß Gerber nicht erstochen, wie eS in verschiedenen Berichten hieß, sondern erschossen worden ist. Wie sich die Tat zugetragen hat, darüber herrscht noch völliges Dunkel. Tatsache ist aber, daß Gerber sich das Leben nicht selbst genommen hat, sondern das Opfer einer Unvorsichtigkeit geworden ist. Die Untersuchung ist lebhaft im Gange und gestern fand in der hiesigen Leichenhalle in Gegenwart einer Gerichtsdeputation aus Eibenstock und im Beisein eines Zwickauer Staatsanwalts die Sektion der Leiche Gerbers statt, auch waren mehrere Gendarme hier an wesend, die die erforderlichen Recherchen anstellten. Wenn man erst der Ansicht war, daß Gerber erstochen worden.sei, so beruht das daraus, daß man tatsächlich eine kleine Stichwunde an der Brust desselben fand, die aber vermutlich nur von einer Verletzung beim Hinfallen Gerbers, der in der Hand ein Messer oder die Sense hatte, herrührt. Die Verletzung ist gering. Hier ist das Gerücht verbreitet, daß Gerber in drr Dunkelheit von irgend einem Nimrod für ein Stück Wild gehalten und dabei erschossen worden ist. Die Kugel ist aus der rechten Brustfelle eingedrungen und an der rechten Seite des Rückens wieder heraus getreten. — Dresden, 18. Juli. Die Frage, auf welche Zahl der Ehen eine silberne, bez. eine goldene Hoch zeit entfällt, läßt sich durch die vom hiesigen Stati- stischen Amte geführte Ehestandsstatistik genau beant- Worten. Nach den Feststellungen der letzten 11 Jahre (1891 bis einschl. 1901) wurden in unserer Stadt 19437 Ehen durch den Tod gelöst, und zwar ging in , 12058 Fällen der Mann, aber in nur 7379 Fällen , die Frau im Tode dem überlebenden Ehegattes vor- , an. Bon diesen 19437 Ehen hatten nun 6479 einen , Bestand von über 25 Jahren, sodaß also bei je 100 Ehen in 33 Fällen die silberne Hochzeit gefeiert wer- , den konnte. Dagegen bestand im ganzen nur in 269 > Fällen die Ehe beim Tode deS einen Gatten über 50 Jahre. Von je 1000 Ehepaaren brachten eS also nur 14 bis zur goldenen Hochzeit. — Dresden, 17. Juli. Ein sehr origineller Wirt scheint ein hiesiger Restaurateur zu sein, der fol gendes in einem Dresdener Blatt veröffentlichen läßt: „Zur KenniniS. Die Warnung, welche ich gestern gegen meine Frau veröffentlicht habe, nehme ich zurück, do dieselbe nur auf eine unbedeutende Differenz zurückzu- sühren war. Ich rehabilitiere hiermit meine Frau. — Verschiedenen sensationslüsternen und lokalklatschsüchtigen Leuten aus dem Publikum no h zur Kenntnis, daß ich auf die feigen Angriffe gegen meine Person nicht im geringsten reagiere; ich habe höchstens für Bierbank klatschereien ein überlegenes, mitleidiges Lächeln, sür diese Elemente sühle ich mich doch noch zu edel. Ich Alfred Hering, Wirt vom „Bürger - Eck", Dresden, Dürerplatz 20, bin ein «eit mülle mun (durch eigene Kraft) ,f.verfüge Gott fei Dank noch über viel unver« brauchte», geistiges Material und habe die Ausübung meiner Pflicht immer realistisch und nüchtern betrieben. Mit jedem Bierbankpolitiker stelle ich mich auf keine Stufe; denn der Zehnte hat ja nicht einmal seine Uebernahme des ReichStag-wahlrecht-Lfwieder nur? einer 1 Hälfte, die der sozialdemokratischen Fahne folgt, das ' Recht -eben, im Parlament vertreten zu sein. DaS Ideal eines Wahlrechts ist aber daß jeder Wähler zu seinem Rechte kommt. Dies Ideal ist unerreichbar, aber man käme ihm wesentlich näher, wenn statt der Hälfte min« > desteuS zwei Drittel der Wähler im Landtage vertreten 1 wären. Ziemlich einfach wäre die Erreichung dieses! Ziele» dadurch, daß ein Wahlreis nicht wie bisher einen i Abgeordneten, welcher mehr al» die Hälfte der Stimmen ! auf sich vereinigen muß, sondern zwei Abgeordnete, und § zwar diejenigen, welche die meisten Stimmen, miteinander ; aber mehr al» zwei Drittel aller Stimmen besitzen, wählen , würde. Die große Zahl der alsdann benötigten Abge. 1 ordneten ließe sich durch Zusammenlegung und Erweiter« i ung der Wahlkreise, d- h. Beschränkung ihrer Zahl, leicht . vermindern, und das Ueberhandnehmen einer Partei wäre ' nicht zu befürchten, da eine Partei in einem Wahlkreise , nur einen Kandidaten aufstellen dürste. Auch eine un- i verhältnismäßig große Anzahl sozialdemokratischer Volks- Vertreter ist nicht zu erwarten, zumal wenn die Einteilung der Wahlkreise, wie es eigentlich richtig ist, in rein länd liche und rein städtische erfolgt. — Chemnitz, 20. Juli. Eine aufregende Szene - fpielte sich am Sonnabend abend in der 10. Stunde auf dem Bahnübergänge der Dresdner Straße ab. Dort wollte eine 72 jährige Witwe trotz Glockenzeichens des UebergangswärterS noch kurz vor einem eislaufen- den Schnellzug über die Geleise laufen. Dabei stolperte > die Frau, fiel nieder und kam etwa 5 m vor der! Maschine zu liegen. Nur durch die Geistesgegenwart des Maschinenführers, der den Zug sofort zum Still« stand brachte, blieb die Frau vor dem Uebersahren- werden bewahrt, sodaß sie nur mit dem Schrecken davovkam. — Flöha, 17. Juli. Von ruchlosen Händen sind vor einigen Tagen auf der Straße nach Falkenau abermals wieder einige junge Bäume angeschnitten und abgebrochen worden. Die hiesige Königs. Amtshaupt- mannschast setzt sür die Ermittelung der Urheber die ses Frevels 30 Mk. Belohnung aus. — Schönheide, 17. Juli. Bei der Bret schneiderschen Pappenfabrik entgleiste heute nachmittag die > Lokomotive deS 4,05 Uhr in Schönheiderhammer ein treffenden Personenzuges. Glücklicherweise kamen die Passagiere, welche die Wagen verließen, mit dem Schrecken davon. Die Maschine entgleiste nur mit den Vorder rädern und lief noch ca 400 Meter fort, bis der Zug zum Stillstand gebracht wurde. Eine Reservemaschine expedierte den Zug weiter. Die entgleiste Maschine hat nur geringe Defekte, nur die Schienen sind auf eine ziemlich lange Strecke gebogen, sodaß die Züge Verspät ung haben. Uebrigen» hatte schon die Vorspannmaschine dieses ZugeS zwischen Zwota und Markneukirchen den Zilinderdeckel und das Schloß zur Kolbenstange eingebüßt, sodaß dieselbe nicht mehr verwendet werden konnte. — Langenwetzendorf, 17. Juli. Gestern vormittag wurde in der hiesigen ersten Knabenklasse von Herrn Oberlehrer Knoch ein von Herrn Bürger- meister Albert in Hirschbach gefangener weißer Maul- wurf vorgezeigt. In hiesiger Gegend kann sich nie mand erinnern, jemals einen weißen Maulwurf ge sehen zu haben. — Großschönau, 18. Juli Reiche Vermächt niffe hat, laut „Ober! Presse", der kürzlich verstorbene Fabrikbesitzer Ernst Hänsch testamentarisch seinen Beamten und Arbeitern und verschiedenen hiesigen Korporationen vermacht, Es erhielten: 10,000 Mark die Beamten und Arbeiter der Firma mit der Bestimmung, daß die Zinsen dieser Summe zur Unterstützung für hilfsbedürftige und würdige Beamte und Arbeiter Verwendung finden, 2000 Mark die Gemeindediakonie, 2000 Mk. der Hutberg, verein, 1000 Mk. die Zentralschule, 1000 Mk. die Web- schnle, 1000 Mk- die Feuerwehr und 1000 Mk. der Turnverein. — Markersdorf, 18. Juli. Ein hartnäckiger Selbstmörder ist der >n Reichenau beschäftigte Fabrik schmied Mai von hier- Na hdem er sich vor einiger Zev in selbstmörderischer Absicht vor den Reichenau—Herms dorser Zug geworfen wd dabei schwer verletzt ha', machte er am Donnerstag abend, eben erst au» dem Kranken Hause entlassen, genau dasselbe gefährliche Experiment Die Räumer der Maschine ergriffe , ihn und schleiften ihn hinweg, lo daß seine Absicht abermals vereitelt wurde Der an Schwermut leidende Mann dürfte nunmehr einer Heilanstalt übergeben werden. — Pegau, 16. Juli. Die vorgeschichtlichen Funde in hiesiger Gegend haben sich in letzten Zeit ganz erheblich vermehrt. In erster Linie ist es gelungen, durch Erschließung slavischer Herdstellen den Nachweis zu führen, daß die uralte slavjsche Sicdelung sich bi» an die Mauern der alten Stadt Pegau erstreckt hat- Zumal auf dem Tittelbachschen Grundstück konnte ein au» ca. 50 Nummern bestehender Fund slavischen GkpräaeS «e- Eine Viertelstunde später öffnete die Kartenlegerin die Tür der Küche, in welcher Paula, die bi» zum letzten Auge blick ihre Pflicht tun wollte, mit den Vorkehrungen zum Mittagessen beschäftigt war, und sagte: „Meine Sprechflund'n fall'» heute wieder au». Sagen'» da» den Damen, die nach mir fragen. Und machen'» da» Mittagsmahl nur für sich und da» Mäd chen. Mein Mann und ich — wir werden auswärts speisen." Sie war schon zum AuSgehen gekleidet, und zwar in ihr eleganteste- Straßenkostüm. Für einen Augen- blick wurde auch Pold's häßlicher Kopf mit dem glänzend pomadisierten schwarzes Haar hinter ihr im Korridor sichtbar. Dann verschwanden sie beide, und Paula hörte, wie Frau Matrasch nach ihrer Gewohn heit die Etagentür geräuschvoll hinter sich zuwarf. Natürlich war ihr die Entfernung des Ehepaare- in hohem Maße willkommen, denn sie fand dadurch Ge legenheit, völlig ungestört mit Walter zu sprechen, den ne nun ja in jedem Augenblick erwarten durste. Sie überließ dem Mädchen die weitere, nun viel ein facher gewordene Küchenarbeit und setzte sich ans Fenster des nach der Straße gelegenen Empfangs zimmers, weil eS ihrer sehnsüchtigen Ungeduld als ein köstlicher Gewinn erschien, den Geliebten, den sie heute vielleicht zum letzten Male im Leben sehen sollte, von jenem Beobachtungsposten schon um einige Minuten früher zu erblicken. ES war nun mehr als eine Stunde vergangen, seitdem er ihren Brief er halten hatte, und eS dünkte ihr unmöglich, daß er sich noch lange follte erwarten lassen. deutsche Grammatik im Leibe, aufgeblasene Empor kömmlinge, welche halb im Schlafe dem Glück entgegen getorkelt sind. Mit diesen ideallosen Herrchen trete ich jederzeit mit an. Leck lisec lmetelms." — Dresden, 19. Juli. Mu frecher Raub« anfall wurde gestern vormittag 10 Uhr in dem Uhr- macherladen des Herrn Moll, Anvenstraße 10, verübt, also zu einer Zeit, wo gerade in dieser Gegend das volle großstädtische Leben flutet. Ein junger, etwa 18jähriger Mensch mit südländischem Typus trat um diese Zeit plötzlich in den Laden ein und schlug den hinter der Auslage stehenden Geschäftsinhaber ohne weiteres mit einem starken Stock nach dem Kops, fehlte denfelben aber und traf nur die Schulter. Immerhin war der Schlag so stark, daß der Getroffene umfiel. Hierauf schlug der Räuber die 7^ Millimeter starke Glasscheibe der aus dem Ladentisch stehenden Auslage ein, ergriff zwei goldene Uhren und suchte das Weite, dabei noch die Glasscheibe der Ladestür zerschlagend. Der Besitzer hatte sich indessen schnell von seinem Schreck erholt, auch der Gehilfe war auf den Tumult aufmerksam geworden, und beide setzten nun dem Flüchtigen nach, erwischten ihn auf dem Trottoir an der Postseite und zogen ihn wieder bis vor den Laden, wo sie ihn niederwarsen und so lange fest- hielten, bis die Gendarmerie kam und den stark blutenden Verbrecher (er mochte sich beim Zerschlagen der Lrdentür geschnitten haben) fesselte und absührte. Der Name des Inhaftierten soll Sander sein. — In einer in der Mederschlestfche« Heide mitten im Walde liegenden Sandgrube war während eines starken Gewitters ein Mann beschäftigt. Als eS in seiner Nähe einen sürchterlichen Donnerschlag tat, stürzte auS dem Dickicht ein Reh ins Freie und auf den Einsamen zu. Das Tier zeigte nicht die geringste Scheu, sondern blieb zitternd vor ihm stehen und ließ sich liebkosen. Es verließ den freien Platz auch nicht mehr und nahm später sogar etwas Nahrung an. Am Abend war das Tier verendet. Wie sich nach träglich herauSstellte, war das Reh vom Blitz gestreift worden. — Adorf, 18. Juli. Im Wartezimmer des hiesigen Bahnhofes fand am Dienstag ein Maler« meister aus Bad Elster eine bare Geldsumme von 897 Mk. Er erhielt von dem bemittelten Verlierer einen Finderlohn von 6 Mark und zwei Glas Bier, und war bescheiden genug, sich mit diesem Betrage zu begnügen. — Leisnig, 17. Juli. Das hier zu errichtende Technikum wird voraussichtlich am 1. Oktbr eröffnet werden. — Geiersdorf bei Asnaberg, 16. Juli. Aul Dienstag hat sich auf unserem Psarrneubau ein recht trauriger Unfall ereignet. Nachmittags in der 5. Stunde stürzte der Maurer L. aus Königswalde in- ! folge irgend einer Unvorsichtigkeit von dem am Dache befindlichen Gerüst herab aus den Rasen. Seine Ar beitskollegen sprangen sosort herbei und führten den Verunglückten in di; Baubude. Wunden waren, von : einigen Hautabschürfungen abgesehen, an ihm nicht zu : entdecken, und auch der sosort herbeigerufene Arzt l konnte irgendweichen äußerlichen Schaden nicht fest- > stellen. Mittels Geschirrs wurde er nach Hause ge- - fahren, dabei über Schmerzes in der Brust klagend, l Gestern mittag ist L., wie man aus Königswalde er- i fährt, wahrscheinlich an den Folgen einer inneren Ver letzung gestorben. 1 Aus dem Vogtlands, 17. Juli- Ein treffen. ' des Witzwort de» Königs Georg wird im Anschluß an die jüngste Anwesenheit Sr. Majestät im Vogtland« er zählt und als wahr verbürgt. In einem sächsischen Bade- orte schloß nämlich ein Redner seinen Trinkspruch auf den königlichen Herrn mit den Worten: „Hoch lebe Seine Majestät König Albert!" Kurz vorher halte in einem an- deren Orte bei ähnlicher Veranlassung und in Anwesenheit Sr Majcstät des Königs Georg eis Redner in ent schuldbarer Befangenheit geschloffen: „Hoch lebe Se. Majestät König Joh—I" AIS dar letzte Wort zur Hälfte dem Gehege der Zähne entflohen war, bemerkte König Georg zu einem neben ihm sitzenden Herrn: „Nun wird wohl August der Starke auch bald au die Reihe kommen!" — Plaueu i. V., 16. Juli. Als beendet, und zwar mit einer völligen Niederlage der Arbeiter, zu be trachten ist der hiesige Klempnerstreik, der etwa zehn Wochen dauerte- Den Arbeitgebern stehen weit mehr Arbeitskiäfte zur Verfügung als gebraucht werden, auch sind die durch Streikende freigewordenen Stellen sämtlich durch auswärtige Arbeiter, die Zulagen erhalten haben, besetzt worden. Dagegen haben die Streikenden hier keine Arbeit wieder erhalten. Die Agitatoren, die unter sozialdemokratischem Einflüsse stehen, haben sich, da sie Uster welchen Eindrücken auch immer er gestern Abend von ihr geschieden sein mochte, einer in solcher Form ausgesprochenes Bitte konnte er unmöglich wider' stehen. Ihre Verweigerung wäre gleichbedeutend ge' wesen mit einer tödlichen Beschimpfung, denn er hätte ihr feine Verachtung nicht deutlicher an den Tag legen können als auf solche Art. Aber Paula fürchtete nicht, daß etwas Derartiges geschehen könnte. Sie sürchtete nur, daß er vielleicht schon nach Berlin zurückgekehrt sei und daß ihr Rus ihn darum nicht mehr erreichen würde. Deshalb zögerte sie nicht, den Brief auf dem kürzesten Wege abzusenden, indem sie hinunterging und ihn dem ersten Dienstmann übergab, den sie zu so früher Stunde aus- zutreiben vermochte. Sie schärfte dem Manne noch einmal mit großem Nachdruck den Namen deS Hotels ein, den sie auf der von Walter zurückgelassenen Vi sitenkarte gelesen, machte ihm zur Pflicht, den Bries — weuv irgend möglich — nur in die eigenen Hände der Adressaten zu legen und beauftragte ihn, ihr über die Art, wie cr sich seiner Mission erledigt habe, un verzüglich Bericht zu erstatten. Boll quälender Ungeduld erwartete sie die Rück- kehr deS Boten, die zu ihrer Beruhigung schneller er« folgte, als sie eS zu hoffen gewagt hatte. Der Dienst- mann berichtete, daß er den Herrs Doktor, zum Aus- gehen gekleidet, in seinem Zimmer getroffen und ihm das Billet eingehündigt habe. Der Empfänger habe den Brief sogleich erbrochen und gelesen, ohne indessen hier erst recht keine Anstellung mehr bekommen, selbst ständig gemacht. Noch schlimmer al» den streikenden Klempnern dürste e» den Tischlern ergehen, die sich nun bereit» seit dreizehn Wochen im Ausstande befinden und, da der Streik aussichtslos ist, nicht wieder hier Arbeit finden werden. Unter den Arbeitern herrscht empfindliche Armut. — Atte, 18- Juli. Hier hatte ein Fortbildung», schüler in der Schule mit einem geladenen Revolver ge spielt. Der Schuß ging lo», und die Kugel ging einem Mitschüler durch die Finger und bohrte sich in die Decke. Die Polizei ermittelte nun eine ganze Anzahl solcher Burschen, die da» Schießen im Freien, meist Sonntag», im sogenannten Bärengrunde, immer sportmäßig betrieben; sie sehen nun einer empfindlichen Strafe entgegen. — DornhennerSdorf, 17. Juli. Bei dem gestern hier abgehaltenen Schulfest hat sich ein fchwerer UnglückSsall ereignet. Beim Muzuge der Kinder wurden an verschiedenen Stellen sogenannte Ascheseuer angebrannt, wobei Asche mit Petroleum gemischt und in Brand gesetzt wird. An einem solchen Aschefeuer hatte sich der Schulknabe Stefan zu schaffen gemacht und einen Behälter heruntergerissen. Der Inhalt fiel dem Knaben auf die Kleidung, und dem Aermsten wurde trotz sofortiger Hilfe die ganze Kleidung und eine Seite des Körpers gänzlich verbrannt. — Zitta«, 17. Juli. Die Untersuchung in der Diebstahls- und Unterschlagungsaffäre in der OlberS- dorser Mechanischen Fabrik von Wagner u. Co. wird allem Anscheine nach bedeutende Dimensionen an nehmen. Wie man hört, hat die verhaslete Detail- Verkäuferin Weigelt einen weitverzweigten Kundenkreis gehabt, der sich über die Oberlausitz und bis nach Schlesien und Brandenburg hinein verbreiten soll. DaS einträglichste Absatzgebiet dürste jedoch Böhmen gewesen sein, und da dahin bedeutende Mengen an Waren gepascht sein sollen, so dürste nach völliger Klarstellung der Sachlage auch noch die Steuerbehörde in dieser ganzen Affäre ein ernstes Wörtchen mitzu sprechen haben, das für manchen von empfindlicher Wirkung sein dürste. Im gerichtlichen Verfahren dürste ferner gegen eine ganze Anzahl von Personen auch der Hehlerparagraph zur Anwendung kommen. — Zittau, 17. Juli. Bon seiner bei Sturm und Gewitter kürzlich vom „Lindenhos" aus unter nommenen Luftballonfahrt gibt der Luftschiffer Herr Max Beckert aus Dresden folgende interessante Schilderung: Kaum war der Ballon in den Ge- witterwolken verschwunden, als auch schon das Un wetter losbrach. Ich wollte etwas höher steigen, hatte aber die Rechnung ohne den furchtbaren Wirbelsturm gemacht, welcher uns fo herumschlug, daß wir mit Mühe und Not uns festzuhalten vermochten. Ich versuchte noch schnell die Leinen am Ballon anzu spannen, um denselben der Gewalt des Sturmes weniger auszusetzev, es ging dies aber nicht so schnell, und schon sausten wir, fortwährend von Blitzen um zuckt, mit rasender Geschwindigkeit in östlicher Richtung davon, bald einige Hundert Meter steigend, bald wieder fallend. Der Ballon lag zeitweise wage recht vor uns, so daß die Befürchtung berechtigt war, derselbe könne sich überschlagen. Zum größten Glück hielt sich mein Mitreisender in dieser gefahrdrohenden Situation sehr brav, so daß ich meine ganze Auf merksamkeit dem Ballon schenken und nach einem günstigen Platze zum Landen ausspähen konnte. Aus freiem Lande konnte dieselbe nicht vor sich gehen, da der Ausschlag bei dem orkanartigen Sturme zu hart gewesen wäre; es mußte also mit der Landung in einem Walde versucht werden. Trotz deS Sturmes glückte das Manöver. Wir stürzten mit großer Gewalt in ein kleines Wäld chen, der Ballon erhielt einen Riß von unten bis oben, und Hülle und Netz legten sich nun flach über die Baumwipsel, während die Gondel mit uns etwa 14 Meter hoch ebenfalls in den Wipfeln festsaß. Nun galt es noch, die Gondel vor dem heftigen Sturme zu sichern. Mit einem Tau befestigten wir dieselbe so gut es ging an einem Baume, alles dies unter strömendem Regen, und nun erst ließen wir unS auf den Erdboden hinab. Mein Reisegefährte kehrte als bald nach Zittau zurück, meiner harrte aber anderen TageS noch ein schweres Stück Arbeit; das Bergen des Ballons. Am Dienstag nachmittag war das schwierige Werk beendet. Der am Ballon angerichtete Schaden dürfte sich aus 150 bis 200 Mark belaufen. — Oybin, 17. Juli. Nach zweitägiger, schier unleidlicher Schwüle entluden sich heute gegen 6 Uhr abends über dem Oybiner Tale gleichzeitig mehrere Gewitter von so ungewöhnlicher Heftigkeit, wie sie hier in den jüngsten Jahren nicht beobachtet worden sind. Unter sehr ergiebigen Regengüssen folgte Schlag auf etwas Anderes zu äußern, als ein kurz hingeworseneS: „ES ist gut, Sie können gehen." Da ihm nicht ausdrücklich aufgetragen worden sei, um eine Antwort zu bitten, habe er, der Dienst mann, sich daraushin dann natürlich ohne eine weitere Frage entfernt. Um völlig beruhigt zu sein, ließ sich Paula von dem Boten noch eine oberflächliche Per sonalbeschreibung des Mannes geben, dem er das Schreiben überreicht hatte, und sie atmete erleichtert auf, als sie daraus die Gewißheit gewann, daß jede Möglichkeit einer Irrtums oder einer Verwechselung ausgeschlossen sei. Ihre erste Begegnung mit Frau Ilona gestaltete sich zu einer nicht sonderlich freundlichen. Die Wahr- sagerin war ungeschickt genug, sie zu fragen, wie sie sich gestern im Theater unterhalten habe, und sie riß höchst verdutzt ihre großen dunklen Augen noch weiter auf, als sie darauf eine Antwort erhielt, die jede An dere an ihrer Stelle wahrscheinlich sehr tief beschämt haben würde. Paula durste eS ja nach Franz LehderS eigenen Worten als gewiß voraussetzen, daß Frau Matrasch von seinem Erscheinen in der Oper vorher unterrichtet gewesen war, und sie war nach der Erklärung, die sie der Kartenlegerin früher abgegeben, vollauf berechtigt, in dem Geschenk des TheaterbilletS unter solchen Um- ständen eine grobe Taktlosigkeit, wenn nicht geradezu eine Beleidigung zu erblicken. Daß sie dieser Empfin- düng so rückhaltSloS und mit so strengen stolzen Worten Ausdruck gab, wie eS jetzt geschah, war nach den schmerzlichen Folgen, welche die unerwünschte Be- gegnung für da» Mge Mädchen gehabt, wohl begreif lich genug. Frau Ilona aber wurde dadurch entweder wirklich in eine sehr gereizte Stimmung versetzt, oder
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