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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 27.07.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-07-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190707276
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19070727
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19070727
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1907
-
Monat
1907-07
- Tag 1907-07-27
-
Monat
1907-07
-
Jahr
1907
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 27.07.1907
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Noch aber fehlten der Polizei alle Fäden,Iden betreffenden Anschlußstationen fahrplanmäßige Zu dieser ZeitlZüge zur Verfügung. Aller nähere enthalten die »Anschläge auf den in Frage kommenden Stationen. Der Verkauf der Fahrkarten beginnt an den Schaltern bereits Donnerstag, den 1. August und wird Sonn abend, den 3. August, abends 9 Uhr geschloffen. -i- Anläßlich des in diesen Tagen in Br-Slau stattftndenden deutsche« SL«gerfefte» wird Auf wackligem Thr»«e. Der Jahrestag der persischen Ver fassung ist ruhig verlaufen. Der Schah ist an- geblich ernstlich erkrankt und blieb deshalb den Feier lichkeiten fern. Er entbot alle Prinzen, um vor den Gesandten und Notabilitäten die Honneurs zu machen. Im Volke ist die Gärung unverkennbar. DaS Volk behauptet, der Schah sei durch Trunk un zurechnungsfähig, und fordert seine Absetzung. Der Lohukampf tu Belfast. Eine der größten Spinnereien und Webereien in Belfast, die 4000 Arbeiter beschäftigt, ist infolge der Kohlenarbeiter-AuSstandeS geschlossen wor» den. Die Polizei hielt eine Versammlung ab, in der sie eine GehaltS-Aufbesserung verlangte im Hin blick auf die vermehrte Arbeitsleistung während deS AuSstandeS. Anläßlich deS AuSstandeS haben sich auch am Donnerstag wieder aufregende Szenen ab gespielt. In verschiedenen Teilen der Stadt wurden Lastfuhrleute angegriffen. Ein Wagen wurde in den Fluß geworfen und auf einem anderen die Ladung in Brand gesteckt. Ein weiteres Telegramm besagt: Bei den Streikunruhen wurde noch ein zweiter Wagen in den Fluß geworfen. Die Unruhen im Zentrum der Stadt dauerten den gan zen Nachmittag. Die Fabrikbesitzer beschlossen, wenn die Kohlenarbeiter den Ausstand nicht alsbald be enden werden, alle Fabriken am nächsten Sonnabend zu schließen, wodurch 20000 Mann beschäf tigungslos würden. Der AuSstand der Eisen gießer ist durch das Zugeständnis einer Lohn erhöhung beigelegt. — Am Donnerstag abend wurde zwischen den Kohlenhändlern und Angestellten ein Uebereinkommen getroffen, wonach etwa 1000 Mann die Arbeit am Freitag wieder ausnehmen sollten. Man hofft, daß eS nunmehr auch zur Beilegung des Hafenarbeiter-Ausstandes kommen werde. Es ist erreicht! Die neue Konvention zwischen Japan und Korea ist nach unerheblichem Widerstand seitens des Hofes in Söul gestern unterzeichnet wor den. Sie bestimmt nach einer Meldung auS Tokio U. a., daß die koreanische Verwaltung unter die Lei- tung deS japanischen Generalresidenten gestellt wird. Der Genehmigung desselben unterliegen der Erlaß der LandeSgesetzedund Verordnungen sowie die Er ledigung der wichtigen Staatsangelegenheiten und die Ernennung aller hohen verantwortlichen Beamten. Die neue Konvention sollte Donnerstag abend in Tokio veröffentlicht werden. Ueber den Inhalt des neuen Abkommens weiß das Reutersche Bureau noch folgendes zu melden: Durch die neue Konvention wird das System der japanischen Beiräte der koreanischen Regierung ab- geschafft, insbesondere auch die Stelle des Finanz beirats, die bisher Megata inne hatte, der nun mehr koreanischer Beamter wird. Von dieser Ab schaffung betroffen wird auch das Gerichts wesen, für das erst kürzlich Beiräte für alle Pro vinzen aus Japan eingetroffen waren. Wie es heißt, geht der Plan der Japaner dahin, Korea nur ganz allmählich unter japanische Kontrolle zu bringen, da in Japan Mangel an verfügbarem geeigneten Beamtenmaterial ist. Dagegen ist man sich über die dringende Notwendigkeit klar, die koreanische Armee unter japanische Gewalt zu bekommen, und man nimmt an, daß General Hasegawa zum Stabe der koreanischen Armee treten wird. Londoner Blättern wird über die Lage in Korea gemeldet: Ein Eisenbahnzug wurde in der Nähe von Phonyang von aufständischen Koreanern aufgehalten. Die Telegraphendrähte wurden an vielen Stellen durchgeschnitten, um den telegraphi schen Verkehr mit Japan zu unterbrechen. Drei japanische Kriegsschiffe kamen in Chemulpo an und japanische Truppen werden schleunigst zum Trans port nach Korea eingeschifft. In den koreanischen Provinzen werden die japanischen Beamten bedroht und die japanischen Einwohner werden vielfach an gegriffen. Der Aufstand in Indien. Die Polizeibehörde in Kalkutta verurteilte den Herausgeber der Eingeborenenzeitung „Jugantar" (Neue Zeit) zu Ijähriger Zwangsarbeit, weil er die Revolution in Waffen befürwortet hatte. Die als belastend angesehenen Schriftstücke wurden im Besitz des Gefangenen gefunden. Der UcteilSspruch erregt in den Kreisen der Eingeborenen große Erbitterung. Mehrere aus Gefängnis lautende Urteile wurden ferner gegen sogenannte National Freisinnige in Ost- bengalen auf Grund von Handlungen gefällt, die im Interesse der auf den Boykott und die Vernichtung der britischen Waren hinzielenden Bewegung be gangen worden waren. „Da werde« Weiber zu Hyä«e«" . . . AuS Philadelphia wird gemeldet: In- folge der wahnsinnig hohen Fleischpreise plünderten tausend von jüdischen Frauen die jüdi schen Fleischgeschäfte, übergossen das Fleisch mit Petroleum und vernichteten die Kontobücher der Schlächter. Die Polizei, die einschreiten wollte, wurde mit Steinen bombardiert; Hunderte von Per sonen wurden verhaftet; viele Frauen und Kinder sind verwundet. Die Lage in Außt-nd. Sanguinische Hoffnungen des Zaren. DaS Organ deS Verbandes des russischen Volkes, die „Rußk Snamja", veröffentlicht folgende Ansprache des Zaren an den Vorsitzenden der JaroSlawer Abteilung des Verbandes: „Teilen Sie den Mitgliedern des JaroSlawer Verbandes deS russischen Volkes mit, daß ich ihnen für die durch Sie übermittelten Gefühle der Liebe und Ergeben- heit danke. Ich vertraue diesen Gefühlen, ich schätze sie und hoffe, daß Golt mrr gönnen werde, unter der vereinten friedlichen Mitwirkung der russischen Leute, Rußland aus seiner jetzigen schwierigen Lage auf den Weg zur Ruhe und des Ruhmes zu führen. Ich gedenke der Worte, die ich schon 1905 einer Abordnung des Verbandes des russischen Volkes ge sagt habe, die ich jetzt wiederhole: Bald wird die Sonne der Wahrheit über der russischen Erde er glänzen". — Diese Aeußerung zeigt aufs neue, wie wenig sich Nikolaus II. auf realen Boden zu stellen vermag. Das Komplott gegen den Zaren. Russische Blätter bringen Einzelheiten über den anfang September bevorstehenden Prozeß gegen die Gruppe von zwanzig Sozialrevolutionären, die unter anderem ein Attentat gegen den Zaren geplant haben sollen. Danach behauptet die Behörde folgendes: Das Komitee hatte den Oberprokurator des Militärgerichts, Pawlow, den Stadthaupt- mann von Petersburg, General Launitz, den früheren Minister deS Innern Durnowo, den Premierminister Stolypin, die Großfürsten Wladimir und Nikolai Nikolajewitsch zum Tode verurteilt. All diesen Morden sollte ein Attentat auf den Zaren folgen. Die Aus führung dieses Planes wurde verhindert, indem nach der Ermordung des Oberprokurators Pawlow die Polizei der Organisation auf die Spur kam. Die Hauptanstifterin bei all diesen Plänen war eine angebliche „Nina", die, da ihr wahrer Name unbe kannt ist, auch nicht verhaftet werden konnte. Be kannt sind der Attentatversuch gegen den Sonderzug des Großfürsten Nikolai Nikolajewitsch und die Atten tate auf Pawlow und General Launitz. Bei diesen hatten die Attentäter nach der Tat sich selbst er- schossen; ihre Persönlichkeit ist bis heute noch nicht festgestellt worden. Auch sie waren von jener rätsel haften Nina geleitet. Bei den Angaben über den Attentatversuch gegen den Zaren scheint noch mehr Dichtung mitzulpielen, da fällt dem stellenlosen Sohn eines Postbeamten eine gewisse Rolle zu, der in auffallender Weise Bekanntschaft mit allen Sol daten sucht, die als Wachen nach dem Palais in Zarskojs-Selo gesandt werden. Gleichzeitig werden Versuche gemacht, diesen jungen Menschen nr der Hofkapelle als Sänger unterzubringen. Zu gleicher Zeit erschienen den gebildeten Kreisen angehörende Frauen und Männer in Zarskoje Selo, Strelna, Oranienbaum und Gatschina, sie versuchten dort überall Beziehungen mit Hofbeamten anzuknüpfen und alle Einzelheiten der Lebensweise hochstehender Personen zu erfahren. Ganz besondere Aufmerk samkeit wurde in ZarSkoje-Selo auf die Ankunft der Minister gerichtet. So hat ein Revolutionär einem Beamten der Palastpolizei eine hohe Summe ür die Angabe der Zeit, wann Stolypin im PalaiS ankommt, geboten. Alle diese Umstände schärften die Aufmerksamkeit der Polizei, während die Revolu tionäre auf jede Weise in das PalaiS einzudringen suchten, um die Organisation aufzuheben, verübte im Bolkinschen Krankenhause eine barmherzige Schwester namens Subow Selbstmord. Ma» fand unter ihren Sachen Bomben und viele kompromit tierende Briefe, vor allem aber genaue Pläne der Schlösser Peterhof, ZarSkoje-Selo und Gatschina mit genauer Angabe der Wege, welche die kaiserliche Familie zu fahren pflegte, und der besten Stellen zum Bombenwerfen. Alle Wohnungen hochge- stellter Persönlichkeiten waren genau bezeichnet. RevoluttonSre Propaganda t« der Armee. In Odessa beschlagnahmte die Polizei 165000 Exemplare einer Broschüre, durch die die Armee zum Aufruhr aufgefordert wurde. In Kiew wurden 27 Offiziere und Unteroffiziere wegen Ver teilung aufrührerischer Schriften unter der Mann schaft festgenommen. In JekaterinoSlaw ver- haftete man in der vergangenen Woche 9 Infanterie- Offiziere, die Mitglieder deS „Verbandes der Offiziere der russischen Armee" waren. Dieser Verband, der revolutionärer Art zu sein scheint, soll bereits 7000 Mitglieder zählen. In dem letzten Monate nahmen 67 Offiziere der Garnison Odessa ihren Abschied. Fünf von ihnen wurden nachträglich verhaftet, weil sie einen offenen Brief unterzeichnet hatten, in dem cs u. a. hieß, Rußland sei zu einem großen Gefängnisse gemacht worden, und man habe die Armee in Polizisten und Gefängniswärter um gewandelt. Vereitelter Dy«amita«fchlag. Die Behörde in Odessa wurde benachrichtigt, daß Vorbereitungen getroffen waren, mu im Gefäng- n i s eine Explos ion herbeizuführen. Bei der Untersuchung wurden unter den Dielen Dynamit, Pulver und Patronen vorgefunden. 30 deS An- schlageS Beschuldigte wurden in Ketten gelegt. Die geplante Explosion sollte die Flucht der politischen Verbrecher während der entstehenden Verwirrung erleichtern. Bombenwurf im Theater. Blättermeldungen zufolge wurden in Pensa während einer Vorstellung im dortigen Theater garten von Anarchisten mehrere Bomben ge schleudert, deren Explosion eine große Panik, sonst aber in der Hauptsache nur Materialschaden verur- sachte. Raub und Mord. Auf der Station Rentoro an der Linie MoSrau-Nischni-Nowgorod wurden zwei Beamte von einer Fabrik in Rentoro, die 30 000 Rubel bei sich führten, von einer 12 Mann starken bewaff- neten Bande an egriffen. Die Räuber töteten einen Beamten und flohen dann mit dem Gelbe in der Richtung nach Moskau. Im Verlauf der Ver folgung wurden 10 000 Rubel gefunden. — Bei der Station Alchevska (Gouvernement JekaterinoSlaw) wurde Nichurin, der Verwalter der Kohlenminen von Koshukhoff, ermordet. —In Baku wurde der Geschäftsführer der Nobelwerke, Paulsen, durch Re- volverschüsse getötet. Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 26. Juli 1907. We1tervi»raussage der Königl. Sächf. Landes- Wetterwarte zu Dresden. Für Sonnabend tNach weitverbreiteten Gewittern zunächst noch etwas Regen, später auskläiend, mäß-gs südwestliche Winde, Temperatur nicht erheblich geändert. 27. Juli: Taaesmirrel-j-16 5", Maximum 20 6, o, Minim, m -j-11.8 — Zum Besuche dis oberen Erzgebirges bietet die Staatseisenbahnverwaltung Sonntag, drn 4. August d. I. eine günstige Gelegenheit durch Ab fertigung eines Sonderzuges zu ermäßigten Fahr- greifen von Chemnitz Hauptbahnhof nach Lößnitz, Aue, Schöneck, Schwarzenberg, Scheibenberg und »rück. Der Zug fährt vorm. 5,20 Uhr von Chern- nitz Hauptbahnhof, 5,28 Uhr von Chemnitz Südbhf. ab. Zur Rückfahrt wird am Abend desselben Tages ein Sonderzug (ab Scheibenberg 9.32 Uhr) verkehren, der in Chemnitz 12,27 Uh: nachts ankommt. Nach und von CarlSfeld, nach und von Johanngcorgen stadt sowie nach und von OberritterSgrün stehen auf morgen Sonnabend, früh 8 Uhr 45 Minuten von Chemnitz (Hauptbahnhof) ein Sonderzug abgelaflen, in dem die Mitglieder des Vogtländischen, deS West- sächsischen und auch deS Mittelerzgebirgischen Sänger bundes befördert werden. Die Mitglieder der er wähnten Sängervereinigungen werden morgen früh zum großen Teile in der Richtung nach Chemnitz mit Personenzügen unseren Bahnhof passieren und dann in Chemnitz den erwähnten Extrazug besteigen. Auch der hiesige „Gä«gerver<i«", als einziger Verein unserer Stadt, der dem „Deutschen Sänger bund" angehört, wird in Breslau durch einige Mit glieder vertreten sein. — Der Kreisausschutz der Kreishauptmann schaft Chemnitz hat beschlossen, den vom Verein der Saalinhaber an die Staatsregierung gestellten An trag auf Vermehrung der Tauzmögltchkeiten nicht zu befürworten, eine etwa vorhandene Not lage der Saalinhaber sei zum Teil auf ungesunde Preissteigerungen der Saalbauten und übertriebene Spekulationen zurückzuführen. DaS Publikum selbst wünsche nicht Vermehrung der öffentlichen Tanzver gnügungen. Ferner beschloß der Kreisausschuß, den Antrag der Tanzlehrer Sachsens, einheitliche Vor schriften über die Altersgrenze für die Teilnahme der Tanzschülcr am Tauzunterricht einzuführen, dahingehend zu befürworten, daß es wünschenswert sei, eine gleichmäßige Festsetzung der Altersgrenze herbeizuführen, sofern es sich um Unterricht in öffent lichen Lokalen und in öffentlicher Form handle. Die Altersgrenze sei für Mädchen auf 16, für Jüng linge auf 17 Jahre festzusetzen. — 30260 deutsche Turner, also ein volles Armeekorps, sind im vergangenen Jahr zum Heeresdienst einberufen. Die meisten Turner sind im 14. (sächsischen) Kreis (4980), also etwa vier Regimenter, ausgehoben. — Ueber den Saatenstand im Königreich Sachsen um Mitte Juli sind nach den Zusammen stellungen im Kaiserlichen Statistischen Amte folgende Noten ermittelt: Winterweizen 2,8, Sommerweizen 2,1, Winterroggen 2,7, Sommerroggen 2,1, Gerste 2,1, Hafer 2, Kartoffeln 2,1, Klee 2,9, Luzerne 3, Bewässerungswiesen 2,1, andere Wiesen 2,4. In den dazu gegebenen Bemerkungen heißt es u. a.: Die wolkenbruchartigen, von heftigen Stürmen be gleiteten Regenfälle haben bei allen Getreidearten Lagerungen und Windbruch in großem Umfange verursacht, und strichweise hat auch der Hagel be- trächtlichen Schaden angerichtet. Der Stand der Kartoffeln wird überwiegend günstig beurteilt, wenn sie auch vielfach durch Nässe leiden und deshalb über beginnende Fäulnis geklagt wird. Viel Futter hat durch Nässe gelitten oder ist auch ganz verdorben. —)( Oberlungwitz, 26. Juli. Das auch in diesem Jahre in herkömmlicher Weise abgehaltene Schützenfest der hiesigen Schützengesellschaft erreichte mit dem von den Mitgliedern und Gästen sehr gut besuchten Festball am Donnerstag abend seinen Abschluß. Der harmonische Verlauf der vom Wetter begünstigten Veranstaltungen und vor allem der animierte Ball haben den Teilnehmern wieder recht angenehme Stunden gebracht, sodaß die unter lang jähriger Leitung ihres umsichtigenVorstehers Herrn Ge meindeältesten Siegert stehende Gesellschaft be- nedigt auf die Festtage zurückblicken kann. Die Königswürde erschoß sich diesmal Herr Schuh machermeister Louis Wenzel und von den Damen Frau Fabrikant Otio Kunze. Von den Preisen erhielt den I Herr Fabrikant EcnstjTipp» mann und den II Herr Schlosser Ottomar Hornbogen. — Im Anschluß an den Ausflug der Damenabteilung „Lavera" des hiesigen Stenographenvereins GabelS- berger am Donnerstag vereinigten sich gegen abend die Teilnehmer zu einem solennen Tänzchen. Frl. Ihle als Vorsteherin begrüßte mit herzlichen Worten die Gäste sowie die Kunstgenosstnnen und Kunst genossen, von denen sich auch Mitglieder der Bruder- vereine eingefunden hatten. Sodann boten einige Damen der „Lävera" eine unerwartete und darum um so angenehmere U berrakchung durch die Auf- führung „Sie dichtet", die ihnen ungeteilte Aner- Finstere Gemalten. Roman von Erich Friesen. 14. Fortsetzung. (Nachdruck verboten., Mit einein Buche in der Hand setzt Dr. Lom- broso sich in die Nähe der Chaiselongue, den Schlafenden fest im Auge behaltend. Stunden vergehen. Gerade will der Arzt sich selbst ein wenig zur Ruhe begeben, als von der Chaiselongue her ein leiser Aufschrei ertönt. Amadeo hat sich aufgerichtet und starrt mit weit aufgerissenen Augen ins Weite. „Da — da ist es wieder!" stöhnt er auf. „Teresita! Teresita, schicke es fort!" Schon steht Dr. Lombroso bei dem Kranken uud hält seine Hand. „Ihre Frau ist nicht hier, lieber Graf. Ent sinnen Sie sich nicht? — Sie sind bei mir, bei Ihrem Arzt." Amadeo reibt sich die Augen; doch starrt er nach wie vor ins Leere. „Da — da — der Lichtkreis — und die beiden Schatten! . . . Der eine liegt auf dem Rücken; ich sehe sein Gesicht genau. Aber der andere — der andre! . . . Warum wendet er mir den Rücken zu? . . . Warum dreht er sich nicht herum, damit ich sein Gesicht sehen kann? . . . Guck doch hin, Teresita! Siehst Du ihn nicht? ... Er hat einen Stock in der Hand . . . Allmächtiger Gott, das ist ja mein Stock! Mein Stock!" Mit einem wilden Aufschrei sinkt Amadeo zu rück. Sein ganzes Gesicht ist mit Schweiß bedeckt. Dr. Lombroso zieht einen Stuhl an die Chaise longue und faßt beide Hände des Patienten. den ihm vor Müdigkeit schlummern scheint, selbst ein wenig zu den fest Dann ruht die Hand; der Bleistift entgleitet müden Fingern und fällt zu Boden. Mit einem tiefen Seufzer sinkt der Kranke in Stuhl zurück und schläft gleich darauf tief und ein. Voll höchster Spannung langt Dr. Lombroso ruhen. Er lehnt den Kopf an die hohe Lehne des Sessels und schließt die Augen. Als er nach etiva einer Stunde wieder erwacht, gemeldet? . . . Er sinnt und sinnt, bis äst die Lider zufallen. Da der Patient ruhig zu entschließt sich Dr. Lombroso, einen Bogen weißes Papier, während die Augen halbgeschlossen vor sich hin düstern . . . Der Arzt verhält sich ganz ruhig, um den Kranken nicht zu stören. Etwa fünf Minuten vergehen. Amadeo zeichnet immer hastiger und wird dabei augenscheinlich immer aufgeregter. „Beruhigen Sie sich! Es ist nichts da. Sie träumen," tröstet er liebreich. „Wollen Sie auf stehen? Ja? . . . Umso besser! Kommen Sie!" Beide gehen ein paarmal im Zimmer auf und ab; dann nehmen sie in bequemen Lehnstühlen an einem Tisch Platz, auf dem einige Bücher und Zeitungen sowie allerhand Schreibmaterialien liegen. Die halbe Nacht hindurch sitzen die beiden Männer so beisammen. Amadeo will sich nicht wieder niederlegen; er behauptet, wie er die Augen schließt, verfolge ihn jenes Schreckensbild. So duselt er langsam in seinem Stuhl in Halbschlummer hinüber, während Dr. Lombroso über den merkwürdigen Patienten nachdenkt. In seiner ganzen vieljährigen Praxis ist ihm ein der artiger Fall noch nicht vorgekommen. Als sicher erscheint es ihm, daß jene Halluzi nationen mit dem Mord des Ferdinando Rosso Zu sammenhängen. Aber inwiefern? Ist Graf Amadeo vielleicht Zeuge desselben gewesen und hat der Vor gang auf seinen leicht irritierbaren Geist solch ver heerenden Eindruck gemacht? . . . Aber wenn er alles gesehen — weshalb hat er dann nicht ge- prochen? Weshalb hat er sich nicht als Zeuge nach dem Stück Papier auf dem Tisch. Zu seiner Ueberraschung erblickt er eine mit wenig Strichen, aber frappant deutlich ausgeführte Zeichnung. Sie stellt einen Hellen Lichtkreis dar, von dem sich ganz deutlich die Silhouetten zweier miteinander ringender Männer abheben. Der eine, welcher den Rücken wendet, gleicht in Figur und Haltung bis aufs Tüpfelchen Amadeo. Er hält einen Stock in der Hand, dessen Spitze er soeben dem andern in die Brust stößt. „Großer Gott!" murmelt der Azt erregt. „Wenn das so fortgeht, bildet der Unglückliche sich noch ein, selber den Mord begangen zu haben!" Schnell nimmt er die Zeichnung vom Tisch und steckt sie in die Brusttasche Er ist jetzt fest überzeugt, daß jener Mord am Zypressenteich, der den armen Virgilio Mellini ins Zuchthaus brachte, ein Geheimnis umschwebt, und sitzt Amadeo in seinein Stuhl aufrecht da. Seine daß Graf Amadeos nächtliche Halluzinationen mit Finger, die einen Bleistift halten, gleiten rasch über diesem Geheimnis Zusammenhängen. 9. Als am folgenden Morgen Amadeo nach Hanse zurückkehrt, erscheint er lebhafter und wohler wie seit lange. Mit ungewohnter Herzlichkeit begrüßt er sein Weib, herzt er Klein-Rinaldo, der aus seinein spitzenverhangenen Bettchen verlangend die Aermchen nach dem Vater ausstreckt. Wie groß ist aber erst Teresitas Freude, als Amadeo erklärt, er wolle nachmittags mit ihr und dem Kinde nach dem Monte Pincio fahren! Seit beinahe zwei Jahren hat er nie mehr einen solchen Wunsch ausgesprochen. Punkt vier Uhr nachmittags hält Amadeos weißes Automobil vor den Palazzo Varena auf dem Corso Umberto. Als es bald darauf den Corso hinuntersaust, die Piazza del Popolo durchquert und die breite Straße zum Monte Pincio emporjagt — da blickt manches Auge bewundernd dem schmucken Gefährt und seinen Insassen nach. Oben auf dem blumenvollen Terrassen des Monte Pincio herrscht echt südliches Leben. Bei den schmelzenden Weisen einer wohlge schulten Kapelle, zwischen duftenden Tuberosen und und Tazetten, unter Palmen und Pinien, lacht und scherzt und plaudert und kokettiert „ganz Rom", während der heimgehende Sonnenball drunten die ewige Stadt mit ihren Kuppeln und Palästen in leuchtenden Purpur taucht. (Fortsetzung folgt.)
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