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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 28.06.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-06-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190706286
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19070628
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19070628
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1907
-
Monat
1907-06
- Tag 1907-06-28
-
Monat
1907-06
-
Jahr
1907
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 28.06.1907
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Ne Augen M Sie Lltzlslien blickte sehr erstaunt zu seiner kommt Mr. Cuunigham nicht mehr XXIII. .Wie — wie wiederholte er. Sprechenden lösten Arine der Fortsetzung folgt. Herr schob seinen Stuhl zurück, um die dicht vor ihm stand, besser betrach- — Einen Menschenauflauf verursachte gestern ein I7jährtger böhmischer Maurerlehrling, der in total betrunkenem Zustande auf der Wein kellerstraße umhertorkelte, allerlei Unfug verübte, in dem er mit dem zugeklappten Taschenmesser in der Luft herumfuchtelte, und die dort beschäftigten Bau arbeiter von der Arbeit abhielt. Später blieb der jugendliche Trunkenbold auf dem Teichplatze liegen und mußte in polizeilichen Gewahrsam genommen werden. — Die Würde eines Doktors der Tier- arzueikunde (vr. meck. vet.) wird künftig auch von der Leipziger Universität erteilt werden, und zwar von der medizinischen Fakultät im Verein mit den Professoren der Tierärztlichen Hochschule in DrSden. Zur Prüfung wird im allgemeinen zuge-- lassen, wer die Approbation als Tierarzt für das Deutsche Reich erlangt hat. Die Prüfung besteht aus einer mündlichen und einer schriftlichen; die erstere ist in Leipzig abzulegen. — Brandis, 26. Juni. Heute morgen gegen 44/, Uhr brach auf dem Grundstücke dr Brandiser Tonwerke, A.-G., Feuer aus, daS bald einen großen Umfang nahm und das Etablissement bis auf daS Maschinenhaus und die Beamtenwohnung einäjcherte. Auch da- große Ringofengebäude ist vollständig niedergebrannt. Die Brandiser Feuerwehr, die durch einige benachbarte Feuerwehren unterstützt wurde, hatte noch den ganzen Tag mit der völligen Dämpfung der Flammen angestrengt zu tun. Der Schaden ist durch Versicherung gedeckt. wieder da ist, in Betracht." Der alte seine Tochter, Rubrik „Handel und Industrie". „Was hast Du denn. Carrie?" fragte er. „Ich wollte Dir nur mitteilen, Papa, daß ich mich heute verlobt habe." ' Kür Freitag r Trockenes Wetter bei wechselnder Bewölkung, mäßige südwestliche Winde, etwas wärmer. 28.Junit TageSmittel -s-15,8", Maximum -f-19 8", Minimum -j-II,O^. — Der heutige Tag (27. Juni), ist Ler Siebe« schläfertag. Er ist dem Andenken der sieben Tra banten des römischen Kaisers DeciuS geweiht, den christlichen Märtyrern MoximilianuS, MalchuS, Mar- tintamus, Dionysius, Johannes, Seropion und Con- stantinus, die sich nach der Sage bei der Christen. Verfolgung unter diesem Kaiser im Jahre 251 in einer Höhle verbargen und, als der Kaiser diese hatte vermauern lassen, in Schlaf verfielen, aus dem sie erst unter Theodosius II. (446) wieder erwachten. Nachdem sie vor dem herbeigeeilten Bischof Martin von Ephesos und dem Kaiser selbst das Wunder bezeugt hatten, entschliefen sie für immer, vom Glo rienschein der Heiligkeit umgeben. Im Volksglauben hat der Siebenschläfertag eine besondere Bedeutung dadurch erhalten, daß man ihm einen Einfluß auf die Witterung der nachfolgenden Wochen zuschrieb und heute noch vielfach zuschreibt, obwohl dieser Glaube längst widerlegt ist. Das Meteorologische Institut hat festgestellt, daß in Sachsen im Verlaufe verpflichtet." Mr. Bradley Tochter auf. „Zu Dank?" meinst Du das?" „Nun" — die — Zwickau, 26. Juni. Kultusminister v. Schlieben, der vorgestern den König bei dessen Be suche im Lehrerseminar zu Stollberg i. Erzg. begleitet hatte, ist von dort mit dem Geh. Schulrat Dr. Müller weiter nach Callnberg-Lichtenstein zum Be suche des Lehrerinnenseminars und von da nach Zwickau gereist, wo ein Bauplatz und die neue Lutherkirche mit dem Altargemälde Fritz v. Uhdes besichtigt wurden. — Crimmitschau, 26. Juni. Tödlich ver unglückt ist gestern nachmittag der in der Oststraße im St. Leitelshain wohnhafte 69jährige pensionierte Bahnwärter H sse. Der bedauernswerte Mann, der an einem schweren Augenleiden erkrankt und fast er blindet war, hatte von dem Fenster der im zweiten Stockwerke gelegenen Wohnung aus nach seiner im Hofe beschäftigten Frau sehen wollen, wobei er sich vermutlich zu weit hinauslehnte und infolgedessen in den Hof stürzte. Schwer verletzt am Kopfe und ohne die Besinnung wieder erlangt zu haben, gab H. ürze Znt darauf seinen Geist auf. — Falkenstein, 25 Juni. Mit dem heutigen läge hat die Gastwirtsgewerbliche Kochkunst- und heimische Industrie-Ausstellung, die allgemeine An. Mr. Bradley ließ das Zeitungsblatt auf den Tisch fallen, uahm das Pincenez, dessen er sich beim Lesen bediente, von der Nase und erwiderte kopf schüttelnd : „Heute? Das hast Du doch schon längst getan, und ich hoffe, daß Deine Hochzeit mit Mr. Cunningham noch vor Ende des Jahres statt finden wird." „Du irrst, Papa," erklärte Carrie und sah ihrem Vater fest in die verwundert auf sie gerich- Carrie Bradleys Augen blickten immer noch mit derselben unerschütterlichen Ruhe, Festigkeit und Klarheit. Nur ihr Atem ging etwas tiefer, als sie sich jetzt zu ihrer Erwiderung anschickte. „Ich begreife Dich nicht, Papa," sagte sie. „Ich dachte mir, gerade Mr. Henning würde Dir als Schwiegersohn erwünschter sein als irgend ein Anderer. Gerade ihn müßtest Du achten und hochschätzen." Mr. Bradley ließ ein kurzes, spöttisches Lachen hören, das seiner Tochter das Blut ins Gesicht trieb. „Ja, Papa," fuhr sie fort, und ihre Stimme zitterte nun doch vor verhaltener Erregung — „ich glaubte sogar, Du wärest Dietrich Henning zu Dank sich und glitten langsam an ihrem Körper hinab — „seine Erfindung stellt Dir doch einen großen Gewinn in Aussicht, um so mehr als Du Dir ja den Hauptanteil gesichert hast. In Mr. Bradleys Zügen spiegelte sich zuerst ärgerliche Ueberraschung. Dann aber malte sich spöttische Geringschätzung in seinen Mienen, während er fragte: „Woher weißt Du —? Hat er es Dir erzählt? Hat er sich bei der Tochter beklagt über den Vater?" von 27 Jahren die „Wetterregel" nur einmal zu getroffen ist, einmal auch annähernd, 25mal aber ganz und gar nicht, auch nicht in dem Sinne, daß etwa nach einem Siebenschläfer mit mäßigem Regen — völlig ohne Regen war in jenem Zeiträume über haupt kein Siebenschläfer verlaufen — sich Regentage von mäßiger Anzahl eingestellt hätten oder nach be sonders starken Niederschlägen am 27. Juni noch besonders viele Regentage gekommen wären. ES wäre für die heurigen Aussichten, für die Landleute, die ernten wollen, und für die Städter, die ihre Sommerquartiere schon bestellt haben, auch schlimm, wenn der unbeständige Charakter der jetzigen Witte rung für die nächsten sieben Wochen maßgebend sein sollte. *— Die Witterung im Juli soll sich dem hundertjährige« Kalender zufolge als ziemlich veränderlich erweisen. Im ersten Drittel des Monats soll starke Hitze vorherrschen, vom 10.—16. stehen zahlreiche Niederschläge in Aussicht, das letzte Drittel des Juli soll warme, schöne Tage bringen. Der Meteorologe Bürgel, ein Nachfolger FalbS, pro phezeit für die erste Woche des Juli gleichfalls starke Hitze, vom 9.—20. ist auf veränderliche Witterung zu rechnen, den Rest deS Monats aber soll kühles, windiges Wetter mit vereinzelten Niederschlägen aus- füllen. Im 10. Juli erblickt der Gelehrte einen kritischen Tag von geringer Bedeutung, den 25. deS MonatS aber bezeichnet er als einen sehr starken, kritischen Termin. — Der in hiesiger Stadt gegründete Verei« der Reichstreue« hält Montag, den 8. Juli, im Saale des Hotels zu den 3 Schwanen einen Bar- ragsabe«d ab. Näheres wird später bekannt gegeben. Mit ihrem Vater hatte Carrie Bradley noch an demselben Abend eine längere Aussprache. Als das Souper vorüber war und sie allein ungestört bei einander im Parlor saßen, erhob sie sich plötzlich mit einem ernsten, fast feierlichen Gesicht, und ihre Arme unwillkürlich übereinander verschränkend, als gelte es, auch äußerlich die Energie und Entschlossen heit, von der sie in dieser Stunde ganz beherrscht wurde, zum Ausdruck zu bringen, begann sie: „Ich habe Dir eine wichtige Mitteilung zu machen, Papa." Mr. Bradley sah erstaunt von seinem Zeitungs blatt auf. Er war gerade in der interessanten ten zu können. Seine Gefühle machten sich in dem drastischen Ausruf Luft: „Du bist nicht recht gescheit, Carrie!" „Warum, Papa, weil ich Mr. Hennings Frau werden will?" Die Ruhe Carries, die ganz gelassen aus sah, und in deren Gesicht sich keine Muskel bewegte, brachte den alten Herrn nur noch mehr in Harnisch. „Unsinn!" sprudelte er erregt heraus. „Davon kann gar keine Rede sein." Und sich mit der Rechten aufgeregt ins Haar greifend, fügte er klagend hinzu: ,Jch habe rechtes Unglück mit meinen Kindern. Es cheint, daß Du Dir vergenommcn hast, es Deinem kruder Harry nachzutun." ten Augen. „Ich hatte Mr. Cunningham meine Hand nur bedingt, in einer gewissen Voraussetzung zugesagt. Diese Voraussetzung hat sich als irrig erwiesen. Jetzt, da der Mann, dem immer meine Liebe und meine Achtung gehört haben, wider Er warten zurückgekehrt ist, jetzt, da Dietrich Henning Wilhelm aus Schöneberg sagt aus, ihm sei von chwarzen Soldaten mitgeteilt worden, der Neger sei wegen seiner Beziehungen zu der Weiberstation hin zerichtet worden. Auch bezüglich der Negerin hätten ihm chwarze Soldaten erzählt, die Bestrafung sei wegen ihrer Beziehungen zu dem Neger erfolgt. Der Zeuge gibt zu, daß sein Verhältnis zu Dr. Peters nicht besonders gut energischem bestimmten Ton. „Ich danke Ihnen. Ihre Mitteilung ist mir außerordentlich wertvoll. Ich sehe, daß ich mich nicht getäuscht habe. Ja, Mr. Henning ist ein edler, argloser, lauterer Charak ter. Meine Aufgabe wird es sein, für ihn in allen Angelegenheiten des praktischen Lebens die Augen offen zu halten." „Wie?" rief Joshua Cunningham und sprang bitter enttäuscht auf. „Sie denken immer noch daran, sich einem Manne anzuvertrauen, der Ihnen doch nur Geringschätzung . . ." Carrie Bradley unterbrach den Sprechenden abermals urd schüttelte sehr energisch mit dem Kopfe. „Sie irren. Ich habe eine andere Ansicht. Was Ihnen Geringschätzung einflüßt, erfüllt mich mit Bewunderung und innigster Sympathie." Ein stolzes, strahlendes Lächeln breitete sich verklärend über ihre Züge. „Ob ich noch daran denke, mich Mr. Henning anzuvertrauen? Nun, ganz gewiß!" nicht festgestellt. Bisher ist nur bekannt, daß di beiden Soldaten und zwei Reichrbankbeamte aus dem Wagen geschleudert wurden. Der Wagen so wohl wie die Geldsäcke sind spurlos verschwunden. Im ganzen sind 8 Bomben geworfen worden. tteberfall einer Fabrik. In Rokiciny bei TifliS überfiel eine Bande von 25 Mann eine Fabrik Militär gab eine Salve ab, wodurch einige Personen getötet wurden. Die Polizei nahm eine Reihe von Verhaftungen vor. Roman von Arthur Zapp. 55. Forts. (Nachdruck verboten., Der Haß, die zornige Genugtuung, die ihn er füllten, machten sich wieder in dem züngelnden Blitz seiner kleinen grauen Augen und in dem Ver zerren seiner Mundwinkel Luft. Aber nur für eine kurze Sekunde. Dann troff er äußerlich wieder von Sanftmut und Menschenfreundlichkeit. „Ich spreche ja nicht für mich," fuhr er fort. Mir „kommt es nur darauf an, Sie aufzuklären und zu warnen, kurz, meine Pflicht als Freund und der Ihrer. Familie zu erfüllen. Ich will ja nur, daß, wenn ich schon verzichten muß, Sie nicht eine Wahl treffen, die Sie ja früher oder später unbedingt gereuen muß. Sie werden nun wissen, was Sie zu tun haben, Miß Bradley." Wäre Joshua Cunningham von seinem wüten den Haß, von seinem Verlangen, dem verhaßten Nebenbuhler zu schaden und sich auch an Miß Bradley selbst zu rächen, nicht so ganz und gar ' benommen und geblendet gewesen, die Miene, mit § der Carrie seinen Bericht anhörte, hätte ihm zu! denken gegeben. : „Ja, ich weiß, was ich zu tun habe, Mr. ! Cunningham," antwortete Carrie Bradley in sehr daß Dr. Peters nur nötig hatte, das Gesuch abzuschreiben und dem Kolonialamt einzuschicken. (Bewegung und Heiterkeit.) Die nachträglichen Angriffe des Kolonial direktors Dr. Kahser gegen Dr. Peters kann ich nur als Kächßsches. Hohenstein Ernstthal, 27. Juni 1907. Wetterdsraussage der König!. Söchs. Landes- Wetterwarte zu Dresden. Clique" suchten ihn damals im Amt zu erhalten. Im Gegenteil, amtliche Kreise waren es, die den widerstrebenden Dr. Peters bewegen wollten, im Dienste zu bleiben. Im weiteren Verlauf meiner Verhandlungen mit Dr. Kayser mußte ich zugeben, daß Dr. Peters in formeller Beziehung wiederholt Anstoß erregt hat. Er glaubte sich eben be nachteiligt. Dr. Kayser hat mich, Dr. Peters zu veran lassen, ein Gesuch an das Kolomalamt um Wiederzurück sendung nach Afrika einzureichen. Dr. Peters weigerte sich, worauf sich der Direktor der Kolonialabteilung in eigener Person an den Schreibtisch setzte und ein Gesuch an das Kolonialamt fertigte und mir dann übergab, so Scheck auf die Bank von Warschauer u. Co.-Berlin ge geben haben, wo er gar kein Konto hatte. Was der Leutnant Bronsart v. Schellendorf alles gegen mich er zählt hat, ist auch vielfach mit dem Inhalte des famosen Tuckerbriefes identisch. Vielleicht finden Sie hier die Fäden dieser großen Fälschung und Intrige, die nun schon so lange gegen mich verwertet wird. Der frühere Gouverneur von Deutsch-Ostasrika, Generalleutnant a. D. v. Liebert bekundet: Als ich im Jahre 1897 als Gouverneur nach Ostafrika kain und den Leutnant Bronsart v. Schellendorf zur Tafel lud, sagten alle anderen geladenen Beamten und Offiziere mir ab, da sie nicht mit ihm an einem Tische sitzen wollten, da er durch und durch verlogen sei. (Bewegung.) — R.-A. Dr. Rosenthal: Bronsart v. Schellendorf soll seine Darlegungen auch der sozialdemokratischen Partei über mittelt Haven. — Zeuge v. Loßberg: Ja, das habe ich auch vom Geh. Rat Hellwig gehört. (Bewegung.) Zeuge Oberstabsarzt Dr. Becker-Berlin: Auch ihm habe der Leutnant Bronsart v. Schellendorf einmal einen falschen Scheck gegeben. Bronsart v. Schellendorf sei ein durch und durch verschuldeter, leichtsinniger Mann gewesen, der schließlich von seinem Kommandeur unter Kuratel gestellt werden mußte. Als dem Leutnant Bronsart v. Schellendorf schließlich der Boden in Afrika zu heiß wurde (Große Heiterkeit), wandte er sich an den völlig ungerechtfertigt ansehen. Auf Grund meiner ge nauen Kenntnis will ich aber Einspruch dagegen erheben, daß etwa Dr. Kayser mit dem Tuckerbries irgend etwas zu tun gehabt hat. Selbstverständlich ist es unwahr, daß ich den kranken Dr. Kayser zu Tode gehetzt habe, oder daß sein Ausscheiden aus dem Reichsdienst irgendwie auf meine Einflüsse zurückzuführen sei. Dr. Kayser ist durch ganz andere Einflüsse nervös und erregt geworden. Er selbst hat sein Ausscheiden aus dem Amt mit einem krankhaften Zustande begründet. Aber der Rücktritt Kaysers war in dem Augenblick unvermeidlich geworden, als die bctannte Photographie zur öffentlichen Kenntnis kam, die Dr. Kayser Herrn Dr. Peters hat überreichen lassen. Der Rechtsbeistand des Dr. Peters, Rechtsanwalt Dr. Rosen thal, überreicht diese Photographie. Sie stellt den Kolonialdircktor im Schmuck des hohen Beamten mit sämt lichen Orden dar. Auf der Rückseite zitiert Dr. Kayser das Wort aus Goethes Faust, in dem es heißt, daß man diejenigen, die ihr Herz nicht wahren können, von jeher gekreuzigt und verbrannt hat. Dann heißt cs: „Ange sichts der vielen gegen Dr. Peters gerichteten Angriffe und in Erinnerung an die hohen Verdienste uni die kolo niale Entwicklung gewidmet" usw.) Dr. Arendt führt dann weiter aus: Der Kolonialdirektor Dr. Kayser wollte Dr. Peters auch zuerst verteidigen. Als aber alles gegen Großherzog von Weimar mit der Bitte um Bezahlung seiner Schulden. Der Großherzog ließ auch Erkundigungen bei der Schutztruppe einziehen, die ein sehr ungünstiges Resultat gehabt haben dürften. Schließlich hat dann Major v. Wißmann, der stets ein sehr gutmütiger Herr war, die Schulden des Bronsart übernommen. Bronsart v. Schellendorf ist später auf englischem Gebiete in Unter suchungshaft genommen worden wegen Vergehens nach ß 175 unseres Strafgestzebuchcs. Da aber nur Schwarze als Zeugen auftraten, wurde die Untersuchung gegen ihn schließlich niedergeschlagen. Ich halte ihn jedoch trotz alle dem für schuldig. (Große Bewegung.) Tiermaler Kuhnert bekundet, daß er zufällig mit Dr. Peters am Kilimandscharo zusammentraf, als dieser dort in Station stand. Er war dabei, als der Neger Mabruk aufgehängt wurde. Die Verhältnisse am Kili mandscharo waren damals sehr gefährlich. Das mag zu der Hinrichtung geführt haben. Ich glaubte, Peters sei in seinem Recht. Ich habe auch der Auspeitschung der Negerin Jagodja beigewohnt. Bian sagte mir, sie kon spiriere gegen die Station, indem sie den Negerhäupt- lingen als Spionin diente. Besonders grausam ist mir die Auspeitschung nicht erschienen. Jetzt als Afrikaner hat sich da meine Anschauung sehr geändert, nachdem ich so viel andere Erfahrungen gemacht habe, als früher. — Vors.: Hat sich Ihre Anschauung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Dr. Peters verschoben? — Zeuge Kuhnert: Prozess Peters evüti'S „Münchener Post". Zu Beginn der Verhandlung am Mittwoch beantragt R.-A. Dr. Bernheim die Ladung der Lehrerin Fräu lein Thninstein, die des öfteren im Hause des verstorbenen Majors v. Wißmann verkehrt hat. Sie soll bekunden, daß letzterer das Verhalten des Dr. Peters am Kili mandscharo als brutal bezeichnet hat. R.-A. Dr. Rosen thal beantragt die Vernehmung des Schriftstellers Weber über die Charakter-Eigenschaften des Beklagten Redakteurs Gruber. Das Gericht wird über die Ladung später ent scheiden. — Der erste Zeuge, Kapitänleutnant a. D. Otto v. Loßberg-Berlin, Herausgeber der „Militärisch politischen Korrespondenz", bekundet, daß er seinerzeit mit dem Geheimrat Hellwig vom Auswärtigen Amte eine Unterredung über den Fall Peters gehabt habe. Hellwig sagte dabei: Wenn er gezwungen würde, noch einmal Dr. Peters seinen Kollegen nennen zu müssen, würde er lieber den Abschied aus dem Reichsdrenste nehmen. Hell wig und Dr. Peters schienen verfeindet zu sein, und zwar scheinen nach Ansicht des Zeugen die Mißhelligkeiten von heftigen Zusammenstößen der beiden in Kairo hergerührt zu haben. Dr. Peters soll nach der Angabe des Geheim rats Hellwig sich dort nicht ganz korrekt benommen haben. Er soll versucht haben, letzteren anzuborgen und ihn in öffentliche Häuser mitzuschleppen. Geheimrat Hellwig war sehr eingenommen gegen Dr. Peters. Bezüglich des Ur teils meinte Hellwig, daß es weniger wegen des Hängens der beiden Schwarzen ergangen sei, als wegen wissentlich falscher Berichterstattung über die Hängerei an seine Vor gesetzte Behörde. Hellwig meinte aber, es sei möglich, daß die Sache sich zugunsten von Dr. Peters aufklärte. Dr. Peters: Der Leutnant Bronsart von Schellen dorf war mir mitgegeben, weil man den letzten Versuch machen wollte, ihn, wenn möglich, der Schutztruppe zu er halten. Da ich ihn aber als einen unzuverlässigen, ver logenen Kumpan charakterisieren mußte, hatte er einen glühenden Haß gegen mich. Ich war von vornherein gar nicht damit einverstanden, daß er mir mitgegeben wurde, weil ich schon vorher bedenkliche Sachen über ihn gehört hatte. So soll er dem Jreiherrn v. Tiedemann einen Der Pater Acker von der katholischen Afrika mission bekundet, daß man die Schwarzen nicht ohne Stock erziehen könne. (Bewegung.) Es muß aber mit Maß geschehen, und man muß dem Schwarzen sagen, warum er die Prügel bekommt; es sei unmöglich, in Afrika nach europäischen Begriffen zu handeln. Der Zeuge hat selbst prügeln müssen. Ein Schwarzer habe eine andere Moral als ein Weißer. Darauf tritt eine längere Pause ein. Nach Wiedereröffnung der Sitzung beantragt Rechts anwalt Dr. Bernheim die Ladung eines Majors v. Donath, der bekunden soll, daß Dr. Peters in Kassel sich seiner Grausamkeiten gegen die Schwarzen in Ostafrika und am Kilimandscharo geradezu gerühmt haben soll. Die Ladung des Zeugen wird beschlossen. Es folgt nunmehr die Vernehmung des Reichstagsab geordneten Dr. Arendt, der folgendes aussagte: Ich wtte zunächst keine eigenen Erfahrungen in der Peters- sache, bis Dr. Kayser, der damalige Kolonialdirektor, an mich herantrat, um wegen Wiedereinstellung bezw. Er haltung des Dr. Peters für den Kolonialdienst zu ver handeln. So kam ich in die Sache hinein. Alle anders lautenden Nachrichten sind erlogen. Ich hatte einige Tage nachher mit Dr. Kayser eine Unterredung. Er sagte, er chätze Dr. PeterS sehr hoch und rühmte dessen große Verdienste, meinte aber, Dr. Peters scheine schlecht be raten zu sein. Ich habe mich also nicht an den Kolonial direktor Dr. Kayser herangedrängt, sondern ich bin im Gegenteil nur seiner Aufforderung gefolgt. Ich habe auch inmal den Kolonialdirektor in seiner Wohnung besucht, lber die „ganze Mordgeschichte", die jetzt die Witwe des verstorbenen Kolonialdirektors erzählt, ist eine freie Erfindung der Phantasie dieser Dame. Die Zu seinen Gunsten. (Große Bewegung.) Beim letzten Ausstand konnte man so recht sehe», wie außerordentliö grausam unsere Landsleute, Frauen und Kinder und Soldaten hingemordet und zerstückelt worden sind. Man kann gegen dieses schwarze Volk, dahin geht meine Meinung ficht, gar nicht streng genug sein. (Bewegung.) — Vors.: Wie war Dr. Peters im allgemeinen gegen die ihm unter gebenen Leute? — Zeuge: Soweit mir bekannt ist, be nahm er sich tadellos. Der Zeuge bekundet dann weiter, daß seiner Meinung nach von sexuellen Motiven keine Rede war. Dr. Peters habe durchaus rechtmäßig gehandelt. ES entspinnt sich dann eine längere Aussprache zwischen den Parteien darüber, ob der Führer einer Privatexpedition das Recht habe, seine Leute vorkommenden Falles kriegsgerichtlich zu bestrafen. Die Mehrzahl der Sachverständigen und Zeugen bejaht diese Frage, nur Ge heimrat Frieoel-Martm kommt zu einer verneinenden Antwort. Hierauf wird der kannte Afrikareisende und Forscher Eugen Wolff vernommen. Er erklärt, daß er bei einen jahrelangen Aufenthalten in Afrika die Leute nicht geprügelt, sondern sie vorkommenden Falles nur mit Nah rungsentziehung bestraft habe. Dr. Peters: Das kann oft grausamer sein als 25 Hiebe. DaS Gefängnis be trachten die Schwarzen geradezu als Sommerfrische. Generalleutnant v. Liebert: Die Neger billigen unter sich die Prügelstrafe und fordern sie sogar. gewesen sei. Bezüglich des Zeugen Wilhelm wird von Peters und den Zeugen, die mit diesemzusammen auf der Station gewesen sind, festgestellt, daß Wilhelm sich als Herr der Station aufgespielt habe. Er sei überhaupt nur im ganzen drei Wochen aus der Station gewesen und alles, was er oorgebracht habe, beruhe lediglich aus Vermutungen von Schwarzen. Wilhelm sei nicht aus besonderen geheimen Gründen auf Expedition geschickt worden. Die Negerin Jagodja sei nur einmal geschlagen worden. Peters selbst habe keiner Vollziehung der von ihm am Kilimandscharo verhängten Strafen zugeschaut. — Die Verhandlung dauert fort. letztere» schimpfte, kippte auch er um. Meiner Ansiä nach war der Hauptfehler des Dr. PeterS in den Auge dieser Leute der, daß er daS große deutsche Kolonial reich allein geschaffen hat. (Lebhaftes Bravo Zuschauerraum.) Die Gegner unserer deutschen Kolonial- politlk haben Dr. PeterS aus dem Reichsdienst verdrängt. Bezüglich des TuckerbriefeS wird auch noch Auf klärung kommen müssen, ich kann leider keinen Fingerzeig geben, aber der Bries des Leutnants Bronsart v. Schellen- borff, worin er sich dagegen verteidigt, daß er die Aktion gegen Dr. Peters eingeleitet habe, und in dem er erklärt, daß es gerade Geh.-Rat Hellwig war, der ihn ersuchte, die Sozialdemokratie zu der Interpellation zu bewegen, damit man später jemand habe, den man ohne Gefahr vor schieben könnte, gibt doch immerhin zu denken. Geh.-Rat Hellwig wurde da außerordentlich schwer belastet. Man sagte, Bronsart v. Schellendorff sei unglaubwürdig. DaS wird schon richtig sein. Er war aber der Hauptbelastungs- zeuge gegen Dr. Peters in dessen Disziplinarverfahren. Neben ihm kam nur noch ein anderer Afrikareisender, der Oesterreicher Baumann, in Betracht, der inzwischen in geistiger Umnachtung verstorben ist. Was immer der Abg. Bebel im Reichstage gegen Dr. Peters vorgebracht hat, ist alles widerlegt, es flog vollkommen in den Wind, als die Fälschung des TuckerbriefeS für jedermann offen da lag, wie sie ja auch der Herr Abg. Bebel zugeben mußte. Leider ist nach unseren gesetzlichen Bestimmungen ein Wiederaufnahmeverfahren nicht möglich. Ich sage offen: Meiner festen Ueberzeugung nach ist Dr. Peters das Opfer eines Justizmordes geworden. Ob dieses Opfer Peters oder Schultze heißt, ist vollkommen gleich gültig. Als Neichstagsabaeordneter war es daher meine Pflicht, dieses Unrecht zu bekämpfen. Darum habe ich den „Fall Peters" immer wieder im Reichstage zur Sprache gebracht, weil auch er an dem Unrecht mitschul dig ist. Es ist hier von den Reden der Abgeordneten Dr. Lieber und Lenzmann im Reichstage gesprochen worden. Die Reden wurden gehalten unter dem Eindruck des Tuckerbriefes. Das muß man immer berücksichtigen, wenn man die Sache ansieht. Die Urteile der Dlsziplinar- kammer und ves Diszitzlinarhofes sind ganz hinfällig. Der Gerichtshof ist eigens für die Verurteilung von Dr. Peters konstruiert worden. Die Anträge auf Bernehmung von Zeugen wurden abgelehnt, selbst die Vernehmung des Majors v Wißmann wurde zurückgewiesen. Major v. Wißmann hat stets die Verurteilung von Dr. Peters be lauert, obgleich er wiederholt persönliche Reibereien mit ihm gehabt hatte. — Darauf tritt die Mittagspause ein. Nach Wiederaufnahme der Verhandlung bekundet Dr. Schröde r-Pog^elow, Kolonialdirektor Kayser habe ihm gegenüber oft betont, daß die ganze Kolonialpolitik auf Dr. Peters Arbeit beruhe. — Biagistratssekretär einzeln angegebenen Tatsachen, so die Geschichte von dem „Einbruch", ist vollkommen frei erfunden. Frau Dr. Kayser hat sich sogar mit den eigenen Aeußerungen ihres Gatten in Widerspruch gesetzt. Dr. Kayser hat sich zu mir wiederholt außerordentlich wohlwollenb über Dr. Peters ausgesprochen. Er sagte, Dr. Peters habe nur den einen Fehler begangen, nach den schweren Vorwürfen des Abg. v. Vollmar im Reichstage sein Amt niederzulegen. Das hätte er niemals tun dürfen ; denn darin habe die Oeffent- lichkeit eine Art von Schuldbekenntnis erblickt. Also nicht Dr. Peters oder die „Peters-Kamarilla" oder die „Peters-
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