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2526 Nichtamtlicher Theil. 156, 8. Juli. Bücher über einerlei Materie in ganz verschiedener Form drucken zu lassen, wo es ihm gefällt. Wird das neue Werk dem Guthrie! einvcrleibt, so verschwindet auch aller Anschein rechtmäßiger An sprüche jener Verleger an dieses Werk; denn warum sollte Müller ^ für diese Sammlung nicht können die Geschichte der Schweiz schreiben? Vielleicht erschiene es im Interesse des Unternehmens, wenn man mit der Ausgabe des Buchs wartete, bis das Manuscript ganz abgeschlossen vorläge, auch den Bernern gegenüber wäre das er wünscht. Insofern man von menschlichen Sachen mit Gewißheit sprechen kann, so glaubt Müller zur Herbstmesse 1185 mit feiner Arbeit fertig zu sein; zwei Theile sind bis auf wenige Kapitel voll endet, und die beiden andern zu schreiben, wird wohl in zwei Jahren möglich sein. Als Honorar erbittet Müller einen Schildlouisdor oder Carolin für den Bogen und 20 bis 24 Freiexemplare, und wäre cs ihm lieb, wenn er im nächsten October oder November 29 Carolin haben könnte. Solche Gefälligkeit ist ihm und andern Schriftstellern von , Verlegern geschehen, die sich mit einem Reich nicht vergleichen dürfen. Der Druck könnte jederzeit beginnen. Müller schließt mit der Mittheilung, daß ihm nicht wenig dar an gelegen sei, in der Fertigkeit, welche er hat, teutsch zu schreiben, wo nicht Fortschritte zu mache», wenigstens nicht wieder zurück- zukommcn. Daher ist er auf den Gedanken gerathen, irgend ein wichtiges Werk zu übersetzen, weil diese Arbeit ihn täglich üben würde. Vielleicht wüßte Herr Reich etwas Geeignetes, Müller dacblc an Leibniz, Dutcns, Baron und Court de Gebelin. Dieser Brief ließ Reich Wohl immer noch etwas im Zweifel über Müller's Verpflichtungen gegen die typographische Gesellschaft. Denn darüber konnte doch kein Zweifel sein, daß die Berner Firma den ersten Band gedruckt hatte in der sichern Erwartung, daß sie auch die folgenden Bände drucken werde. Der Leipziger schrieb daher an Müller einen Brief, der gerade um so mehr von seiner ehrenhaften Gesinnung Kunde gab, als er jenen heiklen Punkt offen berührte. Es lag hier ein Fall vor, ähnlich dem, der seiner Zeit zwischen Reich und Wieland war erörtert worden, da Wieland die Abderiten, die bei Hoffmann in Weimar erschienen waren, Weid manns Erben und Reich anbot. Müller antwortete unterm 27. August, noch von Tronchin's Landgut aus: „Die typographische Gesellschaft, mit welcher ich nie einen schriftlichen Vertrag errichtet und welcher ich die Fortsetzung nicht versprochen, giebt vor, sie habe noch eine beträchtliche Anzahl der Exemplare des ersten Theils, um hierdurch mich zu nöthigen, ihr die neue Ausgabe und Fortsetzung zu überlassen. oder den Verleger, ihr große Vorlheilc zu gestatten. Ich weiß aber durch Pcrionen, die das innere ihrer Geschäfte kennen 1) daß dieselbe anstatt nur 1000 (wie sie mir vorgab, der ich die Hälfte des Gewinnes hätte be kommen sollen), 1500 Exemplare gedruckt und von diesen 2) wenig stens 1200 bereits verkauft. Immer noch scheint mir das beste, wir sagen gar nichts, zweyJahrc lang; Sie möchten denn etwa anzeigen, daß der Theil der allgemeinen Weltgeschichte, der die Geschichte der Schweiz enthalten soll, von mir jeyn werde. Da das Werk, wovon Wir sprechen, zwar den gleichen Gegenstand hat, aber in der Aus führung und Form ganz verschieden ist von dem, dessen ersten Theil jene gedruckt haben, da Ihnen doch erlaubt sein wird, in Ihrem Guthrie eine Schweizer Geschichte einzurücken, und mir, sie zu schrei ben, so kann ich nicht einsehen, mit welchem Schein Rechtens uns jemand daran verhindern könnte. Doch Ihr Entichluß hängt ganz von Ihrer Manier ab, die Sache zu sehen; wenn wir nicht hierüber kön nen einig werden, so mag cs über andre Sachen zu andrer Zeit ge schehen; darum nur bitte ich Sie, mich nicht in Zweifel zu lassen, weil einer meiner Freunde in Deutschland übernehmen will, dieses Buch auf Subscription drucken zu lassen; eine Manier, welche mir nicht gefällt, welche aber alle vernünftigen Männer billigen werben, wenn ich bekannt mache, wodurch ich dazu genöthiget werde, und wenn ich das ganze Werk viel wolfciler gebe, als es in den Buchläden verkauft werden würde. Ich bin fest entschlossen, dieses zu thun, wenn cs auch mit meinem Nachtheil geschehen sollte, ehe als der unverschämten und betrügerische» Tyranney der typographischen Ge sellschaft nachzugeben." Dann erzählt Müller noch, daß er nicht nach Cassel zurückkehren wird. Er hat die Einladung seines alten Freundes Tronchin, eines durch Verdienste und große Einsichten verehrungswürdigen Greises, dessen letzte Lebensjahre bei ihm zuzubringen, angenommen. Nach mals wird er frei genug sein, um entweder ohne Stellen oder in irgend einem angenehmen Amt seinen Freunden und den Studien unabhängiger als bis dahin leben zu können. Weil aber nicht schick lich ist, alle Privatumstände zu publiciren, und viele, deren gute Meinung Müller doch nicht gleichgültig sein darf, Mühe haben wer den zu erklären, warum er seine Stelle in Cassel verlassen, so sendet er eine bezügige Beilage zu gefälliger Einrückung in die Gothaische oder irgend eine andre Zeitung. Auch fügt er einenVertragsemwurs zur Begutachtung bei. Und er bittet noch einmal, ihn zu vernichten, wenn Herr Reich wegen der typographischen Gesellschaft oder andern Ursachen seinen Entschluß noch ändern wollte. Auf diesen Brief antwortet Reich rasch und zu voller Zufrieden heit Müller's, der inzwischen doch seinem Freunde Tronchin untreu geworden ist. Sein ältester Freund im Vaterland nämlich, Herr von Bonstclten, hielt es der Schweizergeschichtc für nützlicher, wenn sie nicht im Geräusche der Stadt und in vielen öffentlichen und andern Zerstreuungen ausgearbeitet würde. Er übergab daher bei seiner Abreise Müllern seine Wohnung auf seiner Herrschaft Valeires, und dort arbeitet der Historiker so unausgesetzt, daß er jetzt, wo er Reich antwortet — 30. December 1784 —, sagen kann, er habe seit bei nahe drei Wochen außer mit seinem Bedienten mit keinem Menschen drei Minuten lang gesprochen. Diese Abgeschlossenheit ist Müller um so erwünschter, als die Geschichte der Schweiz, je mehr er in die Zeiten zahlreicher Urkunden hineinkommt, ihm täglich mehr als eine von denen erscheint, welche sowohl diplomatisch wie philosophisch, bet der Menge davon handelnder Bücher, am wenigsten bearbeitet wor den ist. Dip Arbeit wächst also täglich und um desto langsamer die Bogenzahl. Demungeachtet hofft Müller, wenn ihn kein unerwarteter Zufall unterbricht, die drei ersten Theile zur bestimmten Zeit liefern zu können. Zu dem vierten ist eine nochmalige Reise durch die ganze Schweiz und Rhätien zur richtigen Schilderung der neusten Zeiten uncittbehrlich. „Sie können aber die ersten drei Theile sehr wohl vorangehen lassen, ja ich bitte Sie darum." iFortsetzung folgt.) Miscellen Aus Frankfurt a. M-, 29. Juni schreibt man der Weser- Zeitung: „Heule fand eine sehr zahlreich besuchte Versamm lung von Papierfabrikanten aus allen Theilen Deutsch lands, auch aus Oesterreich und der Schweiz statt, um über die Interessen ihrer Fabrikation zu berathen. Es wurde dabei ein stimmig constatirt, baß seit December v. I. die Productionskosten des Papieres um mindestens 10 Proc. gewachsen sind und daß infolge dessen ein dem entsprechender neuer Aufschlag bevorstehend ist und gerechtsertigt erscheint. Weiter wurde ein „Verein der deut schen Papierfabrikanten" constituirt und ein Ausschuß zur Berathung der Statuten gewählt, die in der nächsten in Nürnberg stattstnden- den Versammlung zur Annahme vorgelegt werden sollen."