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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 08.05.1907
- Erscheinungsdatum
- 1907-05-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190705085
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19070508
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19070508
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1907
-
Monat
1907-05
- Tag 1907-05-08
-
Monat
1907-05
-
Jahr
1907
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 08.05.1907
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kämmerer ernannt habe. Damit ist sür römische Theologen rin bequemes Mittel gegeben, sich daS Studium an einer deutschen Universität, die An- fertigung einer Doktordissertation, das Bestehen des Doktorexamens zu ersparen, um sich dann mühelos mit dem päpstlichen Doktortitel schmücken zu können. WaS sagt, fragt die ,Tägl. Rundsch." mit Recht, die preußische StaatSregierung dazu, wenn Leute in Deutschland den Doktortitel tragen, den sie ohne vorhergegangenen wissenschaftlichen Nachweis ein- fach auS dem AuSlande beziehen, während der Deutsche sonst ihn mit Arbeit und Studium auf einer Universität erwerben muß? Ist der ultra montane Hochmut schon so weit, daß man sich ein« fach über die deutschen staatlichen Bestimmungen auf diesem Gebiete hinwegsetzt? In Rom werden ja alljährlich viele Doctorea rom-wi fabriziert, d. h. sie erhalten nach mehrjährigem Besuch der Jesuiten - „Universität" in Rom, des LoUo^ium Lomaoum, einfach als Abgangszeugnis den römi schen Doktortitel. Und auch auS Deutschland stu dieren Kleriker in Rom, die dann als Doktoren zu rückkommen. Sollte der Staat nicht verlangen, daß diese Herren in Unterschied von den deutschen Dok toren sich Doctor romanus schreiben müßten? Man hat doch auch sonst, z. B. hinsichtlich des in Amerika erworbenen zahnärzlichen Doktortitels, scharfe staat liche Abwehrbestimmungen erlassen. Die neueste Kölner päpstliche Doktordekretierung biete den zu ständigen Behörden Anlaß, sich den römischen Doktor titel etwas genauer anzusehen I Aus unseren Aokonien. Die „Cousine" des Herrn von Puttkamer. Der Prozeß gegen den früheren Gouverneur von Kamerun, Jesco v. Puttkamer, wird noch ein gerichtliches Nachspiel haben. Frau von Germain geb. Eck, die einst die Rolle der „Cou- sine" deS ExgouverneurS mit soviel „Anstand" und Würde zu spielen verstand, hat gegen Kammerge richtsrat Kleine wegen der Anschuldigungen, die er als öffentlicher Ankläger im Disziplinarverfahren wider Gouverneur v. Puttkamer in seinem Plaidoyer gegen sie erhoben hat, die Beleidigungsklage einreichen kaffen. Den Behauptungen des Herrn v. Puttkamer selbst über ihre Person und seine Be ziehungen zu ihr tritt sie in einer geharnischten Er klärung entgegen, die gestern im Reichstage zur Sprache kam. «Ult gestellt. Der frühere Gouverneur von Togo, Horn, ist am Montag nach sechsstündiger Ver- Handlung von der kaiserlichen Disziplinarkammer für die Schutzgebiete zur Strafe der Dienstent- lassung mit zwei Drittel Pension verurteilt wor den. Den Anlaß zu dem Verfahren gab ein Vor gang der sich 1903 abgespielt hat und aus wieder- holten Debatten im Reichstag bekannt ist. Gouver neur Horn hatte 1903 mit etwa 200 Mann eine Dienstreise im Schutzgebiete unternommen. Während eines TanzfesteS in Sobode erbrach ein junger Neger, Zebu, die amtliche Kaffe und stahl 750 Mk. Mit großer Mühe gelang es, Zebu zu bewegen, den Versteck von 250 Mk. anzugeben. Den Verbleib von 500 Mk. gab er aber nicht an. Der Statioas- leiter verurteilte Zebu zu 5 Jahren Kettcnstrafe und zweimal 25 Hieben. Horn bestätigte das Urteil sofort, ließ Zebu 25 Hiebe vecarfolgen und ordnete dann an, daß Zebu an einen Fiuggenmast gebunden wurde. Als Zebu lebhaft schrie, wurde die Fessel ung nach einer halben Stunde etwas gelockert. An dem Mast stand Zebu etwa 24 Stunden gefesselt Bisweilen wurde er von der Fesselung befreit, weil er den Verbleib des Geldes angeben wollte. Er tat dies aber nicht und wurde dann wieder an den Mast gebunden. Am 21. März fiel Horn das matte Aus sehen des Negers auf und erklärte darauf, daß Zebu nach dem Abmarsch der Expedition vom Flaggen mast befreit werden sollte. Bald nach der Ent fesselung starb aber Zebu. Organisation der Polizei in Südwestafrtka. Dem Reichstage ist eine Denkschrift über die Stärke und die Organisation der Schutztruppen und der Landespolizei in Südwestafrika nach Be endigung des Aufstandes zugegangen. Es wird darin nachgewiesen, daß die Schutztruppe frühestens am 1. Oktober d. I. auf die zukünftige Vollstärke von 4000 Mann vermindert werden kann. Da von den jetzt im Schutzgebiete befindlichen Mannschafien nur 1700 in der Schutztruppe weiterdienen wollen müssen im Sommer 5000 Mann heim- und 2000 Mann nach Südwestafrika neu hinausgesandt werden. Vom 1. Oktober ab werden sich im Norden des Schutzgebiets 10 Kompagnien und 16 Geschütze, im Süden 7 Kompagnien und 18 Geschütze befinden, deren Gefechtsstärke 3020 Köpfe beträgt. Der Zweck der einzuführenden Landespolizei in Stärke von 727 Köpfen wird in der Hauptsache sein, den Grenz- und Farmenschutz zu übernehmen. Die Einrichtung der Eingeborenen-Polizisten hat sich nicht bewährt; in Zukunft sollen nur Eingeborenen-Polizeidiener (100) angestellt werden, die den Boten- und Führer dienst bei Patrouillenritten, sowie die Beaufsichtigung der Eingeborenen.Gefangenen bei der Arbeit zu über, nehmen haben. Aus dem Anstande. Das franzSsifch japanische Abkommen. Mit den Meldungen über den bevorstehenden Abschluß eines Abkommens zwischen Frankreich und Japan zur Aufrechterhaltung des status quo in Dstasien hat es seine Richtigkeit. Auch das franzö- ische Ministerium des Aeußern bestätigt jetzt, daß n Tokio zwischen Frankreich und Japan bezüg liche Verhandlungen im Gange sind, die für Frank reich von dem französischen Botschafter geführt werden, Die Verhandlungen bezwecken, die speziellen Interessen Frankreichs im fernen Osten von Japan anerkennen zu lassen. Wenn die Verhandlungen auch guten Fortgang nehmen, so werde der Abschluß derselben doch nicht als unmittelbar bevorstehend erachtet. — Etwas näheres erfährt man noch durch eine Ver öffentlichung deS „Temps", dessen Vertreter in einer Interredung mit dem Minister Pichon folgendes in Erfahrung gebracht hat: Die Verhandlungen haben die Unterzeichnung eines Uebereinkommens zum Zweck, das neue Bürgschaften für Aufrechterhaltung des Friedens in Ostasten schaffen soll. Sie seien die logische Fortsetzung der durchaus friedlichen Politik Frankreichs, einer Politik, die kein anderes Ziel habe, als allen Verwickelungen und besonders in jenen Teilen der Welt vorzubeugen, wo Frank reich besondere Interessen hat. Auf Einzelheiten eines Abkommens, dessen Wortlaut noch nicht end gültig festgestellt, wollte der Minister nicht eingehen. — In England verfolgt man die Angelegenheit begreiflicherweise mit schärfster Aufmerksamkeit. Dem „Reuterschen Bureau" wird versichert, daß das französtsch-japanische Uebereinkommen die Form eines Austausches der Ansichten beider Regierungen an nehmen soll bezüglich der Aufrechterhaltung des Status quo in Ostasien. Soweit bekannt, stehe es nicht in unmittelbarer Verbindung mit dem Ver trag, über den zwischen Japan und Rußland Ver handlungen schweben. Soweit der englisch- japanische Bündnisvertrag dieselben Gesichts- punkte zum Gegenstand habe, könne es in diesem Sinne als mit ihm in Beziehung stehend angesehen werden. — Die Pariser Blätter sprechen sich über das geplante Abkommen sehr günstig aus. DaS „Journal des Debats" schreibt, es handle sich um ein Abkommen, das die erworbene Stellung und den Status quo in Ostasten in seiner Gesamtheit verbürgen solle. Japan werde durch sein Abkommen mit Frankreich noch den Vorteil haben, die öffent liche Meinung in Frankreich noch günstiger für sich zu stimmen und deshalb das zu seiner Entwickelung notwendige Kapital leichter zu finden. „TempS" chreibt: „Minister Pichon, dem das Verdienst zu- vmmt, das französisch-japanische Abkommen ercacht und verwirklicht zu haben, hat ein nützliches, wahr haft französisches Werk damit geschaffen. Wir wünschen,daß in allenHauptstädten unsereJntentionen eine gerechte Beurteilung finden, die sie verdienen. Vir bedrohen niemandem; wir wollen also auch bei niemanden Beunruhigung Hervorrufen." Ferner will der „Temps" wissen, daß Rußland und England bereits den Hauptzügcn des künftigen ranzösisch-japanischen Abkommens zugestimmt haben. Die Verhandlungen gehen, wie das Blatt weiter meldet, mit denjenigen Hand in Hand, die im Januar und Februar gelegentlich der künftig in London und Paris aufzulegenden japanischen An leihe geführt wurden. Wirtschaftlicher Stückgang in Frankreich Aussehen erregt ein Bericht des französischen Statistikers und JnstilutsinitgliedS Foville. Zum ersten Male seil nahezu 100 Jahren zeigt sich eine erhebliche Abnahme der für den Landeswohlstand maßgebenden Ziffer der Vermögens über» tragungen durch Schenkungen und Erbschaft. Man war für die Periode 1901 bis 1905 auf acht Milliarden vorbereitet, weil man den unbedeutenden Rückgang der oorangegangenen vierjährigen Periode sür zufällig hielt. Nun zeigr es sich, daß Frankreich in seinem Volkswohlstand ständig zurück- geht. Auswanderung des Kapitals wegen der dem Unrernehmergeist bereiteten Hindernisse und der durch den Bevölkerungsrückgang verursachte Mangel an Arbeitskräften gelten als U:fachen. Japanischer Besuch in London. Prinz Fushimi traf zur Erwiderung deS Besuches, den der Herzog von Connaught bei dem Mikado gemacht hat, gestern in London ein. Der Prinz fuhr direkt nach dem Buckinghampalast, wo chn der König empfing. Dieser erwiderte den Besuch am Abend und überreichte dem Prinzen eine Ordens ouszeichnung. Hafenarbeiterstreik in Newyork. Die Zahl der ausständigen Hafenarbeiter in Newyock beträgt jetzt insgesamt 8000, nachdem sich gestern noch den Ausständigen 400 Mann angeschlossen haben, die bisher bei den deutschen und skandinavi schen Dampferlinien gearbeitet haben. Es geht los! Nach einer dem Staatsdepartement in Was hington zugegangcnen Meldung sind die diplomati schen Beziehungen zwischen Mexiko und Guate mala abgebrochen. Das Kriegsbeil ist also aus gegraben. Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 7. Mai 1907. Wettervoraussago des Kgl. Gächs. Meteorologische! Instituts zu Dresden. Kür Mittwoch: Mäßige nördliche Winde, viel fach heiter, trocken, etwas kühler. 8. Mai: Tagesmittel -j-10,20, Maximum -s-14,10 Minimum -j-5,3». — Die Eröffnungsvorstellung von Dompteur Charles' zoologischem Zirkus ging gestern abend bei starkem Andrange des Publikums vor sich. Abgesehen von den vordersten Sitzreihen, die allerdings erhebliche Lücken aufwiesen, war das ge räumige Leinwandzelt, dessen Zuschauerraum mehrere Tausende von Personen faßt, dicht besetzt. Die Darbietungen deS Zirkus blieben hinter dem, was die geschäftige Reklame angekündigt hatte, nicht zu rück. Wie wir schon vor einigen Tagen erwähnten und wie auch der Name des Unternehmens schon besagt, sind es nicht Zirkuskünste im gewöhn lichen Sinne, die hier geboten iverden. Die zirzen sische Reitkunst in ihren versch'edenfachen Abwand- lungen ist ausgeschaltet, an die Stelle der artistischen Kräfte treten die dressierten Vierfüßler, die sich aus den verschiedensten Tierarten rekrutieren und in den variabelsten G^ößenverhältnissen vertreten sind, vom indischen Riesenclefanten „Dick", der bequem auS der Dachrinne eines einstöckigen HauseS frühstücken könnte, bis herab zu dem niedlichen Seidenpudel „Cocco", der, dem unbewaffneten Auge in dem großen Zirknsraume nur schwer erkennbar, seine drolligen Tauzevolutronen vollführt. Das Haupt interesse der Zuschauer richtet sich natürlich auf die o a u b ti e r d r e ssu r e n, die sich in der durch Er richtung einer hohen eisernen Umzäunung in einen Zwinger umgewandelten Manege vollziehen. Die effektvollste Nummer ist die Vorführung von 12 männlichen Berberlöwen und einer Tiger- Dogge durch Frau Direktor Charles, die mehr durch Blick und Geberde als durch die Peitsche ihre grim migen Zöglinge im Zaume hält, während diese oft genug durch Knurren und Zähnefletschen bekunden, daß sie nur widerwillig sich der Autorität der kühnen Bändigerin fügen. „Da mecht' ich meine Alte emal nein lassen!" hörte Schreiber dieses einen Gemüts menschen im Zuschauerraum sich äußern; zweifellos meinte er, daß die Löwen dadurch an guten Ma- vieren profitieren würden. — Zum Schluffe führte einer der depoffedierten „Wüstenkönige" namens Othello einen Löwenritt a la Freiligrath ans; nur benahm er sich, der Not gehorchend, weit manier- licher als sein Kollege im Freiligrathschen Gedicht, auch nahm er, in Ermangelung einer Giraffe, mit einem mit dem Panueau gesattelten Schimmel vor lieb, was auch seiner Eigenschaft als Zirkuskünstler besser angepaßt war. — Sehr fesselnd gestaltete sich ferner die Vorführung einer dressierten EiSbären- Gruppe, die im Springen und Klettern vorzüg liches leistete und als Haupttric auf einer schiefen Ebene einen „TodeSrutsch" vollzog, ohne daß jedoch, wie wir zur Beruhigung mitteilen können, diese Evolution für irgend einen der Beteiligten von töd lichen Folgen begleitet gewesen wäre. Doch war das ja auch nicht der Zweck der Uebung. — Hunde, Affen, Pferde, ein Zebra und zwei Elefanten — ein ganz großerZund einhanz kleiner — bildenten die üb- rige Schaar der Zirkuskünstler, die, zu den verschieden- artigsten, meist recht drollig wirkenden Kunststückchen abgerichtet, das Publikum aufs beste unterhielten. Der Clown Benno und der „August" Jeany sorgten für Belustigung des Publikums in den kurzen Pausen zwischen den einzelnen Nummern des Programms, das sich im übrigen ohne Unterbrechung in 2'/, Stunden abwickelte. Heute abend findet bereits die Abschiedsvorstellung statt, die nochmals zum Besuche empfohlen sei. —i Eine Turnfahrt nach Zschopau unternahm am vergangenen Sonntag der Kaufmännische Turnklub. Die Zahl der Teilnehmer betrug un gefähr 25. Die Turnfahrt nahm einen recht guten Verlauf und alle Teilnehmer kehrten hochbefriedigr zurück. — Am ersten Ziehungstage der Völkerschlacht Denkmal-Lotterie wurden folgende Hauptgewinne gezogen: 1000 Mark: Nr. 108979; 500 Mark: Nr. 194841; 300 Mark: Nr. 76824, 175 037; 200 Mart: 18007, 193506; 100 Mark: Nr. 5952, 12415, 13839, 57173, 64675, 67084, 69861, 70064, 83306 141899, 166656, 166723. — Reichenbach b. H., 6. Mai. In körper, licher und geistiger Frische beging gestern unter An- teilnahme des Militär» und Schützenvereins Herr GutSauSzügler Ernst Helbig mit seiner Ehefrau im Kreise zahlreicher Kinder und Enkelkinder das seltene Fest der goldenen Hochzeit. In der Kirche empfing das Jubelpaar durch Herrn Pfarrer Lehmann den Segen. Außer den Angehörigen begleiteten das Jubelpaar beide oben genannte Vereine, deren lang- 'jähriges Mitglied der Jubelbräutigam ist, und viele Freunde zum GotteShause. Die Ansprache, die der Geistliche an das Jubelpaar hielt, gipfelte in den Mahnworten: „DeS Herrn Wunder zu ver kündigen, dazu ist Eure goldne Hochzeitsfeier da." Das königliche Landeskonsistorium ließ dem Jubel bräutigam durch den Ortsgeistlichen eine Bibel in Goldschnitt überreichen. Bereits im vorigen Jahre feierte Herr Helbig seine 50 jährige Zugehörigkeit zum Militärverein Reichenbach. Mözen dem be- liebten Jubelpaare noch viele glückliche Tage be» schieden sein! — Lugau, 6. Mai. Für die durch den Tod des Herrn Gemeindevorstandes Wünsch zur Er ledigung gekommene Gemcindevorstandsstelle in hiesigem Orte wurde aus der Reihe der zahlreichen Bewerber Herr Gemeinde- und Sparkassenkassierer Reiche aus Schedewitz gewählt, der vor Jahren ein mal als Expedient in unserer Gemeindeverwaltung tätig gewesen ist — Vermißt wird seit dem 26. April d. I. der bis dahin in der hiesigen Mühls als Bäckergeselle beschäftigte Carl Adolf Seliger von hier. Da keinerlei Grund zu seiner Entfernung vorliegt, hält man einen Unfall nicht für ausge- chlossen. Seliger ist 18 Jahre alt, 170 Zentimeter groß und kräftig, Hai blasses Gesicht und dunkel blondes gescheitestes Haar und trägt hellgrauen Jackettanzug und schwarzen weichen Filzhut. Etwaige Wahrnehmungen wolle man der Gendarmerie oder dem Gemeindeamte Lugau übermitteln. — Bernsdorf, 6. Mai. Die Sperrung des hiesigen Dorfweges ist durch Verfügung dcr Königl. Amtshauptmannschaft Glauchau vom heutigen Tage wieder aufgehoben. — Niederlungwitz, 6. April. Mit dem der elektrischen Leitung in unserem Orte wird demnächst begonnen werden. Die Strecke ist bereits abgesteckt und es sind auch die Masten zum großen Teil schon angefahren. Jie Klugen Uh die Schlauen. Roman von Arthur Zapp. 25. Forts. (Nachdruck verboten.) Der Oberst heftete einen Blick auf den Prokuristen seines früheren Brodherrn, der nicht gerade Ver- trauen ausdrückte. „Ich komme nämlich mit einem größeren Posten Gewehre," erklärte Mr. Cunningham, „die ich Ihnen eventuell . . ." Herr von Galis sprang lebhaft auf — man befand sich in dem Zelt des Obersten und saß auf Feldstühlen — und rief, während seine Augen voll Interesse blitzten: „Warum sagen Sie denn daS nicht gleich! Da erscheinen Sie mir ja als ein Bote deS Himmels, Sir! Unsere Gewehre sind unter aller Kritik und ich zittere bei dem Gedanken, meine tapferen Jungens mit den miserablen Schießprügeln noch einmal in die Schlacht führen zu müssen." Oberst von GaliS fuhr mit Mr. Cunningham nach der Stadt. Der Oberst nahm die Gewehre mit der Gründlichkeit und dem Sachverständnis des erfahrenen Fachmannes in Augenschein. Dabei ver finsterte sich sein Gesicht mehr und mehr. Das Modell war zwar gut, aber die Arbeit und das Material waren nichts weniger als einwandsfrei. An zahl» reichen Gewehren war das Visir vei bogen und dieses selbst auf dem Lauf so schlecht befestigt, daß es nach mehrmaligen Aufklappen abbrach. Daneben waren die Hähne überall von so schlechtem Material, daß sie rach wiederholter Benutzung ebenfalls vielfach absplitterten. „Schade, um die Transportkosten," sagte der Oberst trocken, als ihn der Prokurist jetzt um sein Urteil befragte. „Mit der Fabrikation von Ge wehren wird die Firma George C. Bradley vor läufig keine Seide spinnen." Der Prokurist lächelte gezwungen. Daß er den Oberst über den wahren Wert der Gewehre nicht täuschen konnte, sah er vollständig ein. „Ich gebe ja zu," räumte er nachgiebig ein, „daß noch einige Mängel vorhanden sind. Es ist eben unser erster Versuch auf diesem Gebiete. Aber mein Gott, für die Ewigkeit sind die Dinger ja auch nicht berechnet. Wie lange wird der Krieg noch dauern? Noch zwei, drei Schlachten, und die ganze Geschichte ist vorbei. So lange werden unsere Gewehre schon aushalten." Dem heißblütigen Offizier schwoll die Zornes- aber. „ES wäre ein Verbrechen," erklärte er mit un umwundener Offenheit, „die Soldaten auch nur für einen Tag mit dem Zeug da zu bewaffnen." Aber der Prokurist ließ sich nicht beirren. Immer sein vertrauliches, überlegenes Lächeln um die Lippen, daS den Offizier schon an und für sich ärgerte, beugte er sich zu Herrn von GaliS hinüber und wisperte ihm mit einschmeichelnder Stimme zu: „Die Firma ist selbstverständlich bereit, Sie sür Ihre Mühe zu entschädigen, Oberst. Wir bieten Ihnen drei, sagen wir vier Dollar für jedes Gewehr, da? wir durch Ihre Vermittlung absetzen." Durch die hohe, kräftige Gestalt des Offiziers ging ein sichtbarer Ruck. Seine Augen öffneten sich weit und blickten in starrem Staunen den ihm Gegenüberstehenden an. Sein Gesicht verfärbte sich jäh. „Nun, was sagen Sie zu meinem Vorschlag, Oberst?" Das Blut schoß wieder dunkel in das Antlitz des Offiziers zurück. Seine Hände ballten sich, seine Augen blitzten, während er an den unwillkürlich zurückweichenden Prokuristen herantrat. »Ich sage," erwiderte er zornbebend, „daß ich Ihnen alle Knochen Ihrer Jammergestalt zerbrechen werde, wenn Sie eS wagen, mir noch einmal mit einem so unverschämten Vorschlag zu kommen. Haben Sie verstanden, Mister Cunningham?" Die Reihe des Staunens war nun an Joshua Cunningham. DaS Aussehen deS Offiziers bewies ihm, daß eS sich bei ihm um keine Komödie handelte, um kein Zwangsmittel, den Gewinnanteil noch höher hinaufzuschrauben, sondern daß eS dem Zornigen voller Ernst mit seiner Drohung war. „Ich — ich wollte Sie doch nicht beleidigen, Oberst," stammelte er erschrocken. „WaS ich Ihnen vorschlage, ist doch — doch einfach ein Geschäft. Ich begreife Sie nicht. Bedenken Sie doch, Oberst, der Krieg wird nicht immer dauern und dann — bei unS zahlt der Staat keine Pension. WaS soll denn aus Ihnen werden, wenn Sie sich nicht bei Zeiten ein wenig versorgen?" „Was aus mir nach dem Kriege werden wird," entgegnete der Oberst und maß den ihm bleich vor Furcht Gegenüberstchenden verächtlich vom Kopf bis zu den Füßen, „das weiß ich noch nicht, und eS soll mich auch vor der Hand wenig kümmern. DaS weiß ich allerdings schon heute, daß ich zu der ehrenwerten Firma George L. Bradley nicht mehr zurückkehren werde, denn so schuftigen Kreaturen wie Ihr dreht ein Halbwegs anständiger Mensch am besten ein für alle Mal den Rücken." Damit drehte sich der Oberst energisch auf dem Absatz herum und ging mit großen Schritten da- von, ohne den Zurückbleibenden eines weiteren Blickes zu würdigen. Joshua Cunningham aber atmete erleichtert auf. Und dann zuckte er mit den Achseln und sein Gemütszustand machte sich in dem halblauten Aus ruf Luft: „Dummer Deutscher!" Unglaublich, eS gab wirklich solche Menschen, die ihren Vorteil nicht verstanden, die sich einen leicht zu ergatternden Gewinn aus Dummheit oder wer weiß welchen Gründen entgehen ließen, die nicht wußten, daß sich das ganze menschliche Leben und Streben doch nur um das eine Ziel drehte: Geld zu verdienen I Und wer versäumte und nicht verstand, Geld einzuheimsen, so viel wie irgend möglich, der war einfach ein Dummkopf. Der Kluge aber nahm jede Gelegenheit wahr, sich zu bereichern. DaS war immer Joshua Cunninghams LebcuS- prinzip gewesen seit seiner frühesten Jugend an, und auch in seinen Mußestunden, die nicht dem Ge schäft gehörten, sann und arbeitete er unablässig darauf, Geld zu verdienen. Manche geheime Prioat- spckulation, die er abseits der Firma auf eigene Ge fahr und zu eigenem Vorteil unternommen, ver- lankte er seinem rastlos neuen Geldquellen nach- pürenden Geiste. Fortsetzung folgt.
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