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304 BSrk-nllatt s. d. DIsch». Buchh-M-I. Nichtamtlicher Teil. „4? 6, 9. Januar 1912 Schaufenster mit ihrem Schmuck recht zur Geltung kommen, in ein besonderes Licht gestellt. Man sucht selbst in Paris in dieser Beziehung vergebens ihresgleichen. Nunwohl, zu Weih nachten verdoppeln sich naturgemäß die Anstrengungen der Geschäftswelt, die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich zu lenken und hierin leisten jetzt unsere Buchhandlungen — und nicht allein aus der Hohen Straße — Bemerkenswertes, beson ders wenn sie das Kunstgeschäft mit in ihren Bereich gezogen haben. Es war wirklich eine Lust, an den Abenden die Auslagen zu bestaunen, was freilich für uns Gatten und Väter ein nicht ungestraftes Wandeln unter Palmen bedeutete. Obschon ein eigentlicher buchhändlerischer Schlager diesmal fehlte und das Wetter sich sehr ungünstig gestaltete, ist man doch hier mit dem Ergebnis des Weihnachtsgeschäfts dank der unver kennbaren Besserung der wirtschaftlichen Lage, besonders des Aufschwungs der Montanindustrie — der allerdings die un günstige Lage der Baumwollindustrie gegenübersteht — nicht gerade unzufrieden, und das will ja in der heutigen Zeit des Pessimismus schon etwas besagen. Freilich zählt Köln ja auch zu den reichen Städten. Unter den 520 500 Einwohnern gibt es nach einer, in dem soeben erschienenen Adreßbuch für 1912 zum erstenmal veröffent lichten Statistik 346 Millionäre. 486 müssen mit einem Ver mögen zwischen einer halben und einer ganzen Million auszu kommen suchen, 3787 haben über 100 000K bis 500 000 K, 3236 besitzen über 52 000 bis 100 000 A, 6426 über 20 000 bis 52 000 und 8118 über 6000 bis 20 000 Das Gesamtver mögen der Bürger beträgt annähernd drei Milliarden (in ganz Preußen annähernd 92, in Deutschland 350 Milliarden) und das Gesamtjahreseinkommen 216 MM. It. In seinem letzten Berliner Brief tadelt Herr vr. Leder mann den späten Geschästsschluß am sog. Goldenen Sonntag in Berlin um 6 Uhr. Hier hatte man 9 Uhr abends als Ende der Verkaufszeit für angemessen gehalten! Vom 8. bis 20. Dezember lud eine »Cölner Weihnachts bücherausstellung« zu allgemeinem Besuche ein, die in erster Linie den Zweck hatte, dem Publikum eine Auswahl empfehlens werter Jugend- und Volksschriften zur Ansicht vorzulegen. Zur Veranstaltung der Ausstellung hatte sich unter dem Protektorat des Kardinals Erzbischofs vr. Ant. Fischer ein Komitee gebildet, das aus drei Oberlehrern (davon zwei Geistliche), einem geist lichen Rektor, einem Mittelschullehrer und noch sieben Geist lichen und drei Buchhändlern bestand. Stark bevorzugt waren infolge dieser Zusammensetzung die katholische Literatur oder, da die Jugendschriften und Bilderbücher noch nicht nach Kon fessionen abgeteilt zu werden pflegen, die katholischen Verleger. Gleichwohl füllte die Ausstellung eine Gymnasialaula und zeigte neben Büchern für Erwachsene auch Bild- und Zimmerschmuck. Der Besuch war stets recht befriedigend; kostenlos wurde ein 29 Seiten starkes Verzeichnis empfehlenswerter Jugend- und Volkslektüre ausgegeben. Die Presse unterstützte das Unter nehmen bereitwilligst und zwar in d e r Weise, daß sie aus den Bezug durch den Buchhandel nachdrücklich hinwies. Da die Nachahmung sich in anderen Städten empfehlen dürfte, möchte ich aus die betr. Notiz besonders Hinweisen. Nachdem darin angeführt war, daß das Buch das beste Weihnachtsgeschenk sei, hieß es: »An einem nur fehlt es oft. Der gewissenhafte, buch- händlerisch vorgebildete Kaufmann wird sich auch mit den Bestrebungen aus dem Gebiete der Jugendliteratur vertraut machen und in der Regel auch über den Inhalt und die Güte der von ihm feilgebotenen Bücher Auskunft geben können. Leider besaßen sich mit dem Weihnachtsbücherhandel aber auch so manche Geschäfte, denen es nur um das möglichst gute Ge schäft zu tun ist, und denen es gleichgültig ist, was sie ver kaufen. Zu solchen Geschäften sollte man nicht hingehen, son dern nur zum wirklichen Buchhändler.« Das konnte auch auf die Warenhäuser bezogen werden. Gleichwohl zeigte der Besuch in den Abteilungen für Buchhandel, daß noch viele Leute sich diesem Standpunkt nicht unpassen, vielmehr glauben, auch für ihren Bücherbedarf den billigen Mann aufsuchen zu müssen. Übrigens steht,'(in Köln das ganze Jahr hindurch dem Publikum eine Pädagogische Beratungsstelle unentgeltlich zur Verfügung, die sich neben der Beratung der Eltern bei der Berufswahl der Kinder, neben der Auskunsts erteilung über Schul- und Erziehungsfragen, auch mit der Unter stützung der Eltern bei der Auswahl der Lektüre sür die Jugend besaßt. In diesem Zusammenhang möchte ich noch auf ein neues Unternehmen aufmerksam machen, das bisher nur in sehr wenig Städten ins Leben getreten ist und doch als eine wesentliche Unterstützung der Propaganda für den Bücherkauf erscheint. Am 9. Dezember erösfnete I. L W. Boisserse's Buch- und Kunsthandlung (Inhaber H. Schilling) in Köln die ersten, mit einem Sortiment verbundenen besonderen Lese räume. Eine Wendeltreppe führt uns aus dem Verkaufsraum, in dem natürlich große Schilder auf die Zimmer ausmerksam machen, in das erste Stockwerk. Durch einen Vorraum, dessen Wände mit gefüllten Büchergestellen und gerahmten Bildern bedeckt sind, gelangen wir in das erste Zimmerchen, dem sich die beiden größeren Haupträume anschließen. Hier laufen an den unteren Teilen der Wände niedrige Büchergestelle entlang, auf deren in passender Höhe angebrachten oberen Platten zur Be sichtigung die neuesten Bücher ausgebreitet liegen: eins neben dem andern, keines auf dem anderen, so daß sie im Vorbeigehen sämtlich in die Augen fallen; zur Weihnachtszeit waren es ge bundene Bücher und Weihnachtsliteratur. Auffallend ange brachte Aufschriften zeigten an, wo die Literatur sür die Jugend in den verschiedenen Altern gefunden wurde und wo die ver schiedenen Wissenschaften zu suchen waren. Kleinere mehreckige Tische an den Fenstern mit Stühlen und ein großer Tisch im letzten Raum sind für die Käufer bestimmt, die sich ungestört und mit Ruhe bestimmte Bücher ansehen wollen. Höher sind sämtliche Wände mit gerahmten Bildern behängt, im letzten Hauptraum präsentieren sich in Soennecken-Schränken, deren Kauf natürlich auch vermittelt wird, gebundene Bücher, beson ders feine Klassiker- und Luxusausgaben. Orientierende Schil der ermöglichen überall das Zurechtfinden, so daß ein Fragen kaum nötig ist und sich jeder selbst bedienen kann. Eine Aufsicht ist natürlich nötig. Außer einem riesigen Bilderschrauk sür Stiche bemerken wir in einer Ecke zur Vorführung kleinerer gerahmter bunter Bilder eine Vorrichtung, wie sie Herr Schilling »ach eigener Idee hat ausführen lassen. In bekannter Weise ist die Türenform in Anwendung gekommen, das Originelle ist die Möglichkeit, die Bilder an jeder Stelle anzubringen. Das wird dadurch erreicht, daß die »Türen« aus schwarz gestrichenen dop pelten, gelochten Blechen bestehen, in deren Löcher kleine Häkchen mit den Bildern gehängt werden. Damit ein dunkler, wirksamer Hintergrund erzielt wird, ist zwischen den beiden Blechen ein schwarzes Tuch durchgeführt. Oben und unten sind an den Türen, die vorn mit 1-Eiseu abschließen, runde Holz klötzchen angebracht, so daß die Bilder nicht aneinander stoßen können. Aus diese Weise ist es ermöglicht, Hunderte von Bildern aus kleinem Raum vorzuführen. Die Verbindung von Literatur und Kunst regt natürlich den Bücherkäuser auch zur Erwerbung eines hübschen Bildes an, das er gleichzeitig sieht, und umge kehrt nimmt der Kunstfreund auch gelegentlich ein ihn inter essierendes Buch mit. Und das ist doch die Hauptkunst des Ver käufers, das Publikum, das einmal in seinem Geschäfte drin ist, zum Kauf zu animieren. Die Überredungskunst des Verkäufers wird hier ersetzt durch die geschmackvolle Ausstellung und be queme Übersicht, und diese Art von Überredung wirkt viel sicherer auch bei denen, die sonst mündlicher Kunst nicht zugänglich sind. Ein großer Plan zur Hebung des Verkehrs oder vielmehr zur Bewältigung des Verkehrs, dem sich die Staatsregierung