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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 10.02.1903
- Erscheinungsdatum
- 1903-02-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190302104
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19030210
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19030210
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-02
- Tag 1903-02-10
-
Monat
1903-02
-
Jahr
1903
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 10.02.1903
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Streitpunkte in Washington erledigt werden. Die Blockade bleibt vorläufig bestehen, bis völlige Klar heit herrscht. London, 7. Februar. Nach Telegrammen au« Washington gab der englische Botschafter Herbert in dem Konflikt mit Bowen nach, da Präsident Roose velt zu verstehen gab, daß er nicht daran denke, über BowenS Kopf hinweg zu verhandeln. Herbert bat Bowen, ihn zu besuchen, da er seit mehreren Tagen an Influenza leide und deshalb nicht zu ihm gehen könnte. Baron Speck von Sternburg dagegen besuchte Bowen selber. Die Verbündeten haben Bowm zwei Protokolle zur Zeichnung vorgelegt, das erste über die Verweisung der separaten Behandlungsfrage an den Haag unter Aushebung der Blockade bei Unterzeichnung dieses Protokolls, das zweite über die Befriedigung der verschiedenen Gläubiger und Verwaltung der Zoll einnahmen. Wovon Dresden spricht. —vd Dresden, 8. Februar 1903. Das Reden und Debattieren über die Ehescheidung des sächsischen KrovprinzcnpaareS will noch immer kein Ende nehmen. Augenscheinlich nimmt die Angelegen heit nun eine tragische Wendung für das ungleiche Paar. Die Behörden verlangen AuSweiSpapierc und die wie zwei Vögel in der Luft in die weite Welt ge flogenen Leutchen haben keine Darum wurden sie setzt aus Mentooc hinauSkomplimentiert — von Polizei wegen. Das ist bitter und kränkend für eine Dame so hoher und vornehmer Abkunft, wie die ehemalige sächsische Kronprinzessin, aber sie wollte ja mit aller Gewalt hinunter in die Tiefe, aber da unten ist's oft mals recht sehr traurig und qualvoll, wenn man von der Polizei gesucht und nach Befinden auch chikaniert wird. Luise von Toskana wird noch manche bittere Erfahrung kosten müssen für ihr maßlos leichtfertiges Beginnen- Die Arme und die Mittel des KaiferS von Oesterreich, des Königs von Sachfen reichen doch wohl noch ein wenig weiter, als die kapriziösen Einfälle und Wünsche der verwöhnten und übersättigten Frau Ihr Bruder, der Leopold Wölfling, prangt bereits in der „Woche" in Bauerutracht und daneben feine HerzenS- königin, die Adamowicz, in kecker Straßentoilette; die Herrschaften, denen es weder an Geld, noch au Lebens mut und Uebermut fehlt, scheinen ihre Freveltat, welche sie gegen Heimat und Elternhaus in Szene fetzten, wie eine Art FafchiugSstreich aufzufassen. Und diese zwei leichten Köpfe und seichten Herzen sind der unseligen Frau, deren Haupt dereinst eine Königskrone schmücken sollte, auf ihrer hinunter führenden Bahn, die sie eingeschlagcn, Helfer. Wegweiser und Berater gewesen.... Während die pflichtvergessene Mutter wie eine Zigeunerin und ZirkuSdame mit ihrem jungen Galan in der Fremde herumzieht, rief im hiesigen Taschen- bergpalaiS der schwererkrankte Sohn dieser Frau, Prinz Friedrich Christian, in Fieberhitze nach der Matter, die fortgegaugen war ohne Abschied Er rief aber vergeben- und nur die von weißen Hauben umgebenen stillen Gesichter zweier an seinem Krankenlager die Wache haltenden grauer Schwestern neigten sich aui das Rufen zu dem armen kranken verlassenen Prinzen ... Wie traurig l ... Die Mutter aber saß inzwischen in weiter Ferne unter Leuten zweifelhaften Rufes am Roulette-Tisch zu Monte Carlo und hielt ihrem Begleiter und Entführer den Hut, bis das Pub- likum das Welt—bekannte Paar erkannte und durch seine zudringliche Neugier vom Spieltisch verjagte. Die Polizei mußte ihm den Rücken decken ... Bei der Abreise von Mentone nach Genf soll die als Prinzessin geböitUe, nu» -ber yyu ihrer Familie verstoßene Frau in ihrem Bahnabt.il bitter geweint haben. DaS ist wohl möglich und erklärlich! Nun will sie nach Salz bürg reisen, in die Heimat, zu de» Angehörigen, über die sie so großes Herzeleid gebracht durch ihr skanda löses Verhalten. Ja, i», Heimat und W lt ist zweierlei und dar Leben auf der Höhe der Menschheit rst schon erträglicher, als in der Tiefe, wo keiner mehr gilt als der andere und Rot und Sorge zum Fenster herein- schauen Dort hat man zu solchen „Geniestreichen" keine Zeit und Lust, denn die Pflicht dort ist härter und kraftraubender als oben, wo Ueberfluß und Pracht die Leute oft übermütig machen. Trägt die ehemalige Gattin des sächsischen Thron- folger- schon jetzt schwer genug au den langsam zum Vorschein kommenden Ecken und Kanten des im Ucber- mut sich selbst geschnitzten Kreuzes, so wird die eigent liche Katastrophe doch erst eintrcten, wenn ihre Ent bindung vorüber sein und entschieden werden wird über da- in- Leben eiogetretcne Kind. Es gilt als ehelich und wird vom sächsischen König-Hause gefordert — da- arme Kind kann man wohl sagen, wenn man be denkt, unter welchen Umständen eS ins Leben tritt und mit welchen Augen r» Zeit seines Daseins von den klatschsüchtigen Hoflcuten angesehen werden wird. Wie seltsam sind doch die Schicksale der Menschen, sie mögen nun aus Purpur geboren werden oder am Zaune auf der Landstraße! Möglicherweise kommt er in der tieftragischen Geschichte der ehemali ev Kron prinzessin noch zu ganz traurigen Ereignissen — wer kann da- wissen, aber alle Welt ist wohl einig darin, daß vor allem zu wünschen wäre, der Oberwindbeutel Giron erhielte feinen wohlverdienten Lohn für seine Gewissenlofigkeet und Frechheit. Ein netter Haus- und Sprachlehrer, dieser Fant und Geck nach modern stem Geschmack. Er hat die von ihm betörte Frau in Genf nach empörenden Szenen verlaffen, «eil die Sehnsucht nach ihren Kindern ihr keine Rahe mehr ließ: ein Ereignis, das im Jutereffe der beklagens werten Frau allgemein mit Genugtuung begrüßt wird. Apropos Hauslehrer! Die Zeitungen tcilten dieser Lage mit. daß zum Geschichtsunterricht de- Prinzen Georg, des ältesten Sohne- vom Kronprinzen ei» begabter Philologe von einem Gymnasium in der Lausitz ausgesucht worden sei. Er «erde nach Dresden a« ein Gymnasium versetzt und dem genannten Prinzen Privatgeschichtsunterricht geben. Diese von Alter- her nicht allein am sächsischen Regentcnhause geübte Art, Jürsteosöhne zu unterrichten, hat gewiß ihre Vorteile; die seitens der preußischen KönigSfamilic geübte Praxis, die Prinzen in- Gymnasium zu schicker, wo zugleich auch die Söhne anderer Familien ihren Unterricht er halten, würde, wenn sie in Sachsen auch einmal zur Anwendung käme, mit Hellem Jubel begrüßt werden die Prinzen aber schon frühzeitig mit der Tatsache be kannt machen, daß die Welt nicht nur dar Hoflebcv umfaßt, sondern ein König und Herrscher noch recht feinem! sagt« der Minister, »geht dahin, die Kronprinzessin be- Vater- ginnt tiefe Reue zu fühlen; sie erkennt allmählich die ß. I ' wahre Natur GironS und will ihn los sein." Aus die'Bemerkung daß eS zur Trennung von Giron nicht der Anwalts bedurft hätte, erwiderte der Mi nister, sie fürchtete vielleicht den Einfluß GironS und wählte die Anwesenheit der Anwalts zur entscheiden den Aussprache mit Giron, um nicht ohne männlichen Schutz zu sein; für den Hof und für die Beurteilung des Geschehenen sei die neueste Wendung vollkommen «»fische« Zur Dresdner Angelegenheit Die Ablehnung der Bitte der Prin zessin Luise, zu einem Besuch ihres schwer erkrankten Sohnes Friedrich Christian in Dresden eintreffen zu dürfen, haben wir schon in letzter Nummer mitge- teilt. Der Wortlaut des abweisenden Bescheides an die Anwälte der Prinzessin in Gens ist folgender: „Seine Königliche Hoheit schlägt die Erfüllung der gestellten Bitte definitiv und unter allen Umständen ab. Körner." Hierzu wird noch gemeldet: Wien, 7. Februar. Dem Wiener Fremdenblatt werden aus Dresden von zuständiger Seite folgende Gründe für die Ablehnung der Ansuchens der Kron- Prinzessin mitgeteilt: Justizrat Körner legte Vormittags dem Kronprinzen die Depesche von Lachenal und Dr. Zehme war. Nach kurzer Konferenz mit Justizrat Körner begab sich der Kronprinz zum König. Dieser beschied den Minister des Aeußeren von Metzsch und den Minister des Königl. Hauses von Seydewitz zu sich, mit denen er eine Stunde über den von der Kronprinzessin geäußerten Wunsch konferierte. Die Konferenz war sich von Anfang an darüber klar, daß der Bitte der Kronprinzessin unter keinen Umständen gewillfahrt werden könne. Die Rücksicht auf die Au- lorilät des Königlichen Hauses gebiete in erster Linie ein solches ablehnendes Verhalten. Ueberdies dürfe man aber auch einer augenblicklichen, durch die einge- tretenen Verhältnisse herbeigeführten Gefühlsaufwallung auf Kosten der höheren Gesichtspunkte nicht nachgeben. Schließlich war bei der ablehnenden Haltung auch die Erwägung maßgebend, daß man bei Hofe Szenen ver- meiden wollte, die sich zweifellos bei Erscheinen der Kronprinzessin in Dresden ereignet hätten und nicht zu vermeiden gewesen wären. Auch sei für das Ver sprechen der Kronprinzessin, Dresden sofort wieder zu verlassen, keine Garantie gegeben, da sie ja durch das Gesetz nicht zum Verlassen des Landes veranlaßt werden könnte. Dazu sei der Zustand des erkrankten Prinzen so bedenklich, daß jede Aufregung von ihm abzuwenden Pflicht sei. Aus allen diesen Gründer, wurde nach einstündiger Beratung auf Ablehnung des Ansuchens erkannt. Trotz dieser bestimmten und deutlichen Absage will die Prinzessin nochmals Anstrengungen machen, um eine Erfüllung ihres sehnlichsten Wunsches herbei- zusühren. ES wird darüber gemeldet: Genf, 7. Februar. Prinzessin Luise war sehr niedergeschlagen, als sie aus Dresden die Nachricht er hielt, daß ihre Bitte nicht erhört worden sei. Sie betraute ihre Anwälte damit, neue Schritte zu unter nehmen, nm eine Reise zu ihrem Sohu doch noch zu ermöglichen. Ganz anders freilich liest sich eine Meldung, die wir im heutigen „Berl. Lokal-Anz." finden. Darnach hegt der toskanische Hof erhebliche Zweifel an der Ehr lichkeit der Trennung der Prinzessin Luise von Giron. Man vermutet ein geschicktes Manöver, da bisher weder der Dresdener noch der Salzburger Hof davon offiziell verständigt worden fei. Giron selbst gibt, wir SUs dem folgenden Telegramm hervorgeht, zu, daß die Trennung Kme eodgülnge fei: Brüssel, 7. Februar. Giron ist heute via Paris hier eingetroffen. Er machte seinen intimen Freunden die Mitteilung, daß die Trennung von der Prinzessin nur eine augenblickliche sei, hervorgegangeu aus siiaem Wunsche, die Prinzessin aus ihrer zweifel haften Lage so schnell wir möglich befreit zu sehen. WaS die Prinzessin für die Zukunft beschließe, stehr ihr allein anheim, er werde sich ihren Wünschen willenlos unterordnen. Giron beteuert, daß der Kron- priuz bereits die Scheidung beantragt habe, daß die Prinzessin niemals ihrem Vater den bewußten Brief geschrieben habe, und daß die Großherzogin in viel- jagender Weise einfach Bulletins über die Krankheit des KindsS täglich an die Tochter schickte, ohne Br- merkungen daran zu knüpfen. Schließlich sei es auch unwahr, daß die Prinzessin Anfälle von Ohnmacht ge habt habe. Die Prinzessin fei eine Natur, welche keinerlei Schwäche anwandle. Wie», 7 Februar. Das „Fremdenblatt" ver öffentlicht eine Unterredung seines Spezialkorrespondenten in Dresden mit dem sächsischen Minister des Königlichen Hauses v. Seydewitz. Der Minister erklärte, der Hof und das Ministerium seien von der Nachricht der Trennung der Kronprinzessin von Giron ebenso überrascht wie das Publikum, umsomehr, als sie nur aus den Zeitungen über diese neue Phase der Angelegenheit informiert seien. Weder der Hof noch das Ministerium, noch der prozeßbevollmäch- tigte Anwalt des Hofes haben bis heute mittag eine offi zielle Mitteilung von Dr. Zehme über den Abbruch der Beziehungen und die Abreise GironS aus Genf erhalten. Allerdings sei es richtig, daß der Prozeßanwalt der Prin zessin Dr Zehme wiederholt bei seiner Klientin in Genf weilte, um fernen Einfluß für die Lösung der Beziehungen geltend zu machen und der Prinzessin die Forderungen des sächsischen Hofes bekannt zu geben. Auch mit Giron habe Dr. Zehme wiederholt Unterredungen in diesem Sinne gehabt, doch nie im Auftrage des sächsischen Hofe«, als dessen Bertreter nur der Justizrat Körner fungiere Vor drei Tagen reiste Dr. Zehme nach Genf ab, um mit dem Paare vor dem letzten Ehetrennungstermin am 11. Februar eine letzte Unterredung zu pflegen. Doch hatte er auch diesmal kein Mandat von Seiten des Hofe-- Der Minister bezeichnet die Behauptung, der sächsische Hof habe Giron durch eine namhafte Summe zum Abbruch der Beziehungen zurPrinzessin bewogen, als vollständig unrichtig Der sächsische Hof habe niemals mit Giron verhandelt, sondern stets nur mit der Kronprinzessin, und von ihr den Abbruch der Beziehungen verlangt, niemals von Giron. Am allerwenigsten sei eS dem sächsischen Hofe eingefallen, Giron selbst zu bitten. Daraus ergebe sich auch die Antwort auf die Frage, ob die erste Ehe- trennungS - Verhandlung aus dem Grunde vertagt wurde, um die Höhe der finanziellen Entschädigung GironS festzustellen. „Meine subjektive Auffassung," belanglos, denn der Hof stehe nicht auf dem Stand punkt, es sei jetzt alles gut, nachdem die Prinzessin mit Giron gebrochen habe; das Gerichtsverfahren werde seinen ordnungsmäßigen Weg nehmen. Der letzte Termin findet unwiderruflich am 11. Februar statt. DaS Gericht wird sich jedoch nur mit der Frage be schäftigen, ob das vorliegende Beweismaterial genügt, um auf Trennung der Ehe zu erkennen, keinesfalls aber, wie behauptet, mit der Festsetzung der Höhe der jährlichen Apanage der Kronprinzessin. Hierüber ent- scheiden allein die Höfe in Dresden und Salzburg. Von unterrichteter Seite erfährt der mit dem tos konischen Hofe in Fühlung stehende „Fränk. Cour." über die angebliche Reise der ehemaligen Kronprinzessin nach Salzburg und ihre plötzliche Abreise von Mentonc nach Genf folgendes: „In Genf darf die ehemalige Kronprinzessin diesmal nicht länger als drei Wochen bleiben — es sei denn, daß sie Ausweispapiere vor zeigt. Daß die Kronprinzessin, um nach Salzburg zu reisen, um freies Geleit nachgefucht habe, ist unwah . Erstens ist der Kronprinzessin das Betreten des Vater- Mses, so lange sie ihre Beziehungen zu Girov. unter- M, verboten. Zweitens hat die Kronprinzessin nur iei der Großherzogin von Toskana angefragt, ob si- in schwerer Stunde der Mutter nahe sein kann. Di? Antwort fiel, wie wir erfahren, so aus, daß di? Kron- irinzefsin daraus entnehmen darf, daß sie ihr Heim >a findet, wo die Mutter ist, nur möge sie der Ver- nunst Gehör schenken. Eines GeleitSbriefeS bedarf die Kronprinzessin nie, denn ihr ist nur das Betreten des ächsischen HofeS verboten. Im übrigen besitzt die kronpriuzessin das Versprechen, daß, so lange sie allein reist, ein Strafantrag wegen Ehebruchs nicht gestellt werden wird. Kein Mensch wird sie eventuell hindern allein nach Salzburg zu ihren Eltern zu reifen, und wenn man den Versicherungen glauben darf, so gibt s, namentlich in letzter Zeit, Stunden, in welchen die Kronprinzessin bitter ihre Tat bereut und am Mutter- -erzen am Salzburger Hose gern Zuflucht suchen möchte Die Briefe der Kronpriuzessin sollen gegen früher eine auffallende Veränderung zeigen und einer tiefen Nieder geschlagenheit Raum geben, da die Ehescheidung nicht erfolgt, dem Uebertritt zum evangelischen Glauben nicht nur die größten Hindernisse, sondern auch Ge- wissensskrupel der Kronprinzessin entgegenstehen und — GironS Bild als Mann bei längerem Verkehr vielleicht doch schon im Erblassen ist, was aus kleinen aber deutliche» Anzeichen und nicht, wie ausdrücklich betont werden soll, aus den Briefen hervorgeht. Wes halb Kaiser Franz Joseph nur eine Suspendierung aller der sächsischen Kronprinzessin als einer geborenen Erzherzogin zustehenden Rechte, Ehren und Vorzüge eiutreten, also die Möglichkeit bestehen läßt, daß ih> einmal diese Rechte, Ehren und Vorzüge wieder ein geräumt werden, während die Verordnung des König» Georg vom 14. Dezember den freiwilligen Verzichi der ehemaligen Kronprinzessin auf alle in ihrer Zu gehörigkeit zum sächsischen Königshause begründeter Rechte, Trtel und Würden genehmigt und zu einer unwiderruflichen Tatsache macht, das hat folgende B - wandnis: Der Kaiser hat die Kronprinzessin durch den Großherzog von Totkana resp. Erzherzog Joseph wissen lassen, daß, sobald st? dem Verhältnis mit dem Abenteurer Giron entsag?, wenn sie keinen Glaubenl- wechsel vornehme und in Oesterreich — außer Wirr — ungehindert leben wolle, ihr in späterer Zeit du Titel und Rechte einer österreichischen Herzogin wvh wieder zufallen dürften, während König Georg nw nach dem strikten Wortlaut des Gesetzks handelte; der Kronprinz wollte seiner Frau eine Rente aussetzen, wenn sie aus die sächsische Staatsangehörigkeit ver zichte, welche sie durch die Ehe erworben und die ihr gesetzlich nicht genommen werden könnte, weshalb st auch berechtigt sein würde, nach ihrem Belieben zu einem Aufenthalt nach Sachsen, also auch nach Dres- den, dem Sitze der königlichen Familie und ihrer Kin der, zurückzuk hren. Die ehemalige Kronprinzessin har dann den Vorschlag angenommen und auf die sächsische ScaatSangehörigkeit gegen eine Rente verzichtet." — Der „Franks. Ztg." wird aus Gens geschrieben: „Die Reise der Prinzessin Luise nach Genf war veranlaßt durch den Wunsch deS Anwalts Lachenal, ihr über den Verlauf der Verhandlung vom 28. Januar und das Plaidoyer Dr. ZehmeS mündlich zu berichten, da er eS für unzweckmäßig hielt, dies schriftlich zu tun. Den schon früher gefaßten Entschluß der Prinzessin, nach Salzburg zu reisen, um durch direkte Fühlung nahme mit ihrer Familie eine rasche und befriedigende Lösung ihrer Angelegenheit zu erzielen, billigt ihr An- Walt nicht. Er erhofft von diesem Schritte wenig prattischen Erfolg, und befürchtet eine gesundheitlich- Schädigung der Prinzessin. — Genfer Korrefpondentev italienischer Blätter erfahren, daß Lachenal der ehe- maligen Kronprinzessin den Rat gegeben habe, sich von Giron zurückzuziehen, denn nur dann bestehe die Mög lichkeit einer Ordnung der Angelegenheit in ange messener Form. Er, Lachenal selbst, müsse im Falle des ferneren Zusammenlebens der Kronprinzessin mi> Giron auf Kollisionen gefaßt fein. ES wird ferne, behauptet, daß Giron die Kronprinzessin gewaltsam zurückhaltev wollte. ES sollen sich sehr heftige Szenen abgespielt haben und Giron roh gegen die Kronprin- zefsin gewesen sein. Wie die „Boh" aus Genf «iährt, hatte die Prin zessin am Donner-tag einen heftigen W-inkrampf bekom men. Ihre Kammerzofe, die sie in Genf ausgenommen hatte, mußte fortwährend zur Porliersloge schauen, ob nicht Nachrichten aus Dresden da seien- Gaon war, als er das Hotel verließ, sehr blaß, trug aber eine gekünstelte Miene zur Schau und kaufte sich vor dem Bahnhofe bei einem Blumenmädchen einen Beilchenstrauß, den er affek tiert ins Knopfloch steckte. In der letzten Zeit kamen den. Paar« sehr viele Echmähbriefe zu, so laß sich das Hotel personal genötigt sah, offene Karten, die an die beider gerichtet waren, dem Paare gar nicht zu übergeben. Nach einer Münchener Meldung desselben Blatte- wandle sich sehr viel andere Leute und Stäube unter ' Szepter zu harmouischer gemeinsamer Arbeit für! lavb und Volk zu vereiuigeu verstehen muß. I früher er selbst die verschiedenen Kreise au» eigener Anschauung kenne» lernt, um so besser für ihn, wie für sein Laud und Volk- Ist der jetzige deutsche Kaiser, der in Kassel dar Gymnasium besuchte, nicht ein sprechender Beweis dafür?!... die Prinzessin Luise in den letzten Tage» brieflich an ihre Mutter, sie möge zu ihren Gunsten intervenieren und vor allem bewirken, daß man ihr Legitimation-papiere aus« folge, ohne die sie in keinem Staate Aufnahme finden könne. ES bleibe ihr nichts übrig, al- nach Amerika auSzuwandern, und auch da- werde man ihr durch Be wachung feiten- der sächsischen Regierung unmöglich machen. Die Prinzessin erhielt darauf von ihrer Mutter nachfolgende Antwort: „Wenn Du die Bedingungen, die Dir in Genf gestellt werden, annimmst, ist Deine Rückkehr nach Oesterreich vielleicht möglich. Die Absendung von Legitimation-papieren an Dich ist jedoch unmöglich." Vrityrlst« Luise ist erkrankt r Genf, 9. Februar. (Meldung der Schweizerischen Depeschen-Agen- tur.) Von den Vertretern der Prinzessin Luise wird folgende Mit teilung gemacht: Nach den Er eignissen der letzten Wochen, na mentlich dem Ausschluß aus dem väterlichen Hause und der Erkran kung ihres Sohnes ist bei der Prin zessin eine tiefe Erschütterung und körperliche Depression zu Tage ge treten. In deren Verfolg und mit Rück sicht auf die besonderen Umstünde, in welchen sie sich befindet, entschloß sich die Prinzessin znr Erlangung der für sie dringend notwendigen Ruhe und Wiederherstellung ihrer Gesund heit ärztlichen Beistand in Anspruch zu nehmen. Sie hat gestern in dem bei Nyon gelegenen Sanatorium La Metaivie Aufnahme gesucht und ge funden. Memioie liegt an der Straße von Lausanne nach Genf beim sogenannten Bois Baugh, nicht weit vom See bei der kleinen Stadt Nyon. Es ist eine große, einer Aktiengesellschaft gehörende, sehr bekannte Anstalt und steht unter Leitung eines ausgezeichneten Spezialisten Dr. Martin, enthält eine Abteilung für Geisteskranke und eine Abteilung für Behandlung von Nervenkrank heiten. Der O t ift sehr geeignet für Personen, welche, wie sie Prinzessin Laife, der Rahe bedürfen, hat aber keineswegs den Charakter eines gewöhnlichen Irren» Haufes. Die Gebäude liegen verteilt in einem schönen jchattigen Garten. D?. Zehme, der seine Mission als beendet be trachtet, ist 12 Uhr 50 Minuten nachts nach Leipzig zurückgercist. Dies? letzter? Meldung iäßr vermuten, daß die Prinzessin den Weg in die Nervenheilanstalt aus direkte Beianlessung des Herrn Dr. Zehme gegangen ist; senn, wie ans einem T il der nachfolgenden Meldungen heevorgeht, muß der Entschluß seilens der Prinzessin rasch gefaßt worden fein, da sie bis zuletzt noch die Absicht geäußert Hal, allem zu trotzen und aus jede Gefahr hin nach Dresden zu reisen. * * Preffstimme« r Berlin, 7. Februar. Zum sächsischen Hosorama schreibt die „Post": Jäh und überraschend ist die reueste Wendung in d.m höchst abstoßenden LiebeS« Verhältnis erfolgt, das za der unerhörtesten Skandal geschichte führte, die je an einem Köaigshofe sich er eignet hat. Zweifellos Hai die ernste Erkrankung ihre» Lohnes in Dresden die letzten Reste gesunden und natürlichen Empfindens im Herzen Ser ehemaligen sächsischen Kronprinzessin io stark konzentriert, daß daS Gefühl kräftig genug wurde, um sie das Entwürdigende ihrer gegenwärtigen Lage klar erkennen zu lassen. Schon daS demonstrative Verhalten d.L Publikums m Mento.ie, das im SpiOsaaie wie auf der Siraße ins seinen Gesühlen gegenüber der ehr- und Pflicht- vergessenen Gattin und Mutter lein Hehl machte, mag sie belehrt haben, daß es ein Irrtum war, wenn sie meinte, es koste nichts, als einen energischen Entschluß für sie, um in die Reihen des einfachen Bürgertums einzutreten. Mit dem Verlust von Titeln und Wür den konnte sie nur in die Reihe der Deklassierten, nicht aber in die Kreise des ehrenhaften BürgermmS treten. Die Art, wie ihr daS auch die einfachsten Bürgerkrcife zu verstehen gaben, wird sie belehrt haben, in welchem Jrrtume sie sich befand. Ob vielleicht auch materielle Gesichtspunkte mit von Einfluß gewesen sind, den Augenblick des schrecklichen Erwachens auS dem verhängnisvollen Wahne vorzubereiten, entzieht sich vorläufig der Kenntnis. Jedenfalls hat die Nach richt von der Erkrankung ihres zweiten Sohnes den Sieg der natürlichen Empfindungen über das von ver» schrovenen Vorstellungen irregeleitete Gemüt der ehe- miligen Kronprinzrfsin vollendet. — Die „Deutsche Tagcsznlung" sagt: Luise von ToSkana, die ehemalige Kronprinzessin von Sachsen, scheint schon jetzt aus dem schwülen, krankhaften Traume erwacht zu sein, in de« sie befangen war. Die Nachricht über ihre, wie eS scheint, endgültige Trennung von Giron konnte den nicht überraschen, der die krankhafte Eigenart ihrer Verirrung richtig erkannt hatte. ES war vorauSzu- sehen, daß dem wüsten Traume ein jähes, unheimliches Erwachen folgen maßte. Wie sich nun die Verhält nisse entwickeln werden, darüber läßt sich heute noch nicht daS mindeste sa^en. Selbstverständlich bleiben oft Brücken zum Dresdener Hofe abgebrochen. Solche ehrbrecherischen Verirrungen können äußerlich niemals gesühnt werden. Dar ist so klar und so selbstver ständlich, daß darüber kein Wort zu verlieren ist. Einer Betrachtung des „L. T." fei noch ent- nommen: Seit Prinz Friedrich Christian erkrankt ist, beschäftigt die Bevölkerung der Residenz nur die eine Frage: „Wird die Prinzessin Luise an daS Kranker» bett ihres Kindes kommen?" Es liegt eine surchtbare Tragik in der Siluation, rn welche die Prinzessin sich
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