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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 20.12.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-12-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190612208
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19061220
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19061220
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-12
- Tag 1906-12-20
-
Monat
1906-12
-
Jahr
1906
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 20.12.1906
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n eS, Herren Gutsbesitzer Karl Schreiter, GartengutSbe- Abend ^/,11 Uhr brannte hier das Herrn Maurer Hermann Fritzsche gehörige Wohnhaus nieder. Der am die erhängt hat sich heute früh in seiner Wohnung der aus Lampertsdorf gebürtige Schneidergeselle Ebert. der auf O bst b ä u m en ist vielfacher Schaden eingetreten und haben besonders jüngere Bäume durch Abbrechen von Asten sehr gelitten. Ebenso dürfte in unseren Waldungen durch den Rauhreif Schaden ent standen sein. dem Theaterplatze zu. Ein achtjähriges Mädchen wollte dem entgegenkommenden Wagenoerkehr auS- weichen, stürzte aber hin. Dabei hat sich daS Kind eine in der Rocktasche steckende spitze Häkelnadel in den Unterleib gestochen, die natürlich nur unter heftigen Schmerzen entfernt werden konnte. I. zu geben. — Callenberg, 18. Dezember Am Sonntag icu gebildeten Freiwilligen Feuerwehr gelang das Feuer auf seinen Herd zu beschränken. — Niederwtnkel, 18. Dezember. Bei der Montag erfolgten GemeinderatSwahl wurden un> sind Der Lebensmüde war erst 27 Jahre alt und verheiratet. Die Gründe seines Selbstmordes nicht bekannt. — Löbau, 17. Dezember. Ein Unfall, zur Vorsicht mahnt, trug sich dieser Tage hier , ganzen Warenlager bedeckt, Beweismittel für un gezählte Vergehen. Friedrich Schönfeld, der Räuber- Hauptmann, ist erst 29 Jahre alt. An der Arbeit hatte er — er ist von Beruf Schlosser —. wie er selbst sagte, nie Freude, auf die Bahn deS Verbrechens will er durch seinen Freund und Unterbefehlshaber, den 34jähr Spinner Mai aus Waldkirchen, gebracht worden sein. Nach dem Eröffnungsbeschluß werden zunächst dem Schönfeld und Mai 58 selbständige Diebstähle, darunter 47 Einbrüche zugeschrieben, bei nahe dieselbe Zahl dürfte Schönfeld in Gemeinschaft mit seinen anderen Mitangeklagten begangen haben. Die übrigen Angeklagten waren teils an den Räubereien beteiligt, teils haben sie sich wegen Hehlerei zu verantworten. Die Angeklagten stahlen o ziemlich alles, was sie je zu Gesicht bekamen. Line Unmenge von Bekleidungs- und Schmuckgegen- tänden, Fahrräder, Nahrungs- und Genußmitttl aubte das lichtscheue Gesindel an allen Ecken und mden zusammen; Gänseställe wurden geplündert, in Ottendorf ließe-, sie eines Nachts einen Teich sttzer Karl Eichler und Hausbesitzer Ernst Dörr ge- wählt. — Buchhol-, 18. Dezember. Die Gattin deS Besitzers der vorderen Mühle war am Sonntag abend mit dem Reinigen des Backofen« beschäftigt. völlig ab und stahlen seinen gesamten Fischinhalt, ca. 25 Pfund Karpfen. Bei Tag und Nacht öffneten ie Türen, Fenster, Gelasse aller Art durch Nad chlüssel oder mit Brechwerkzeug; bewaffnet waren e mit zerlegbaren Flinten, Doppelflinten, Stock- linten, Teschings und Revolvern. Ohne Rücksicht auf die Schonzeit schossen sie in den Wäldern nieder, ivas ihnen unter die Büchse kam, Fasanen, Rehböcke, Plötzlich glitt sie ab und stürzte mit so furchtbare Wucht auf eine in der Nähe stehende Tetgteil Maschine, daß sie sich eine lebensgefährliche Kopfver letzung zuzog. Die Bedauernswerte ist heute nach mittag im Krankenhaus an den Folgen der furcht baren Wunde gestorben. — Leipzig, 18. Dezember. Zu dem Raub anfall an dem Geldbriefträger Rübner ist noch er- mittelt worden, daß dem Räuber unter dem geraubten Gelde auch ein Eintausendmarkschein in die Hände gefallen ist, welchen er an den Mann zu bringen suchen wird. Der unbekannte Räuber ist kurz vor der Tat von einer im Hause Ntkolaistraße 11/13 in der dritten Etage wohnhaften Frau Fraatz gesehen worden, der besonders der stechende Blick des Räu bers ausgefallen ist. Der jetzige Zustand deS über fallenen Rübner ist den Umständen entsprechend als ein guter zu bezeichnen. — Ein verwegener Ein bruchsdiebstahl ist während der Nachtzeit in einem Geschäftslokal am Brühl verübt worden. An dem gedachten G undstücke werden zur Zeit Reparatur arbeiten verrichtet und es haben die Einbrecher von der Straße aus das Mauerwerk deS Haus S in der Größe von 80 Zentimetern durchschlage» und sind 1 dann durch die Oeffnung eingestiegen. Sie haben ! eine große Menge Kisten mit Zigarren gestohlen, i — Oschoh, 18. Dezember. An der Türklinke und angesehenen Gutsbesitzer Starke-Frankenau, den Sohn des bekannten früheren fortschrittlichen LandtagSaageordneten Starke, aufgestellt haben. Für den Wahlkreis Borna haben die Konser vativen usw. sich auf General v. Liebert ge einigt, während die Reformer Curt Fritzsche- Leipzig aufstellen. Die Sozialdemokraten haben, wie tchon erwähnt, Redakteur Schöpflin -Leipzig wieder als ihren Kandidaten bezeichnet. In einer Montag abend in Dresden abge- Haltenen Versammlung katholischer Wähler der drei Wahlkreise DreSden°A., Dresden°N. und Dresden-Land wurde einstimmig beschlossen, für diese drei Wahlkreise den bisherigen ReichStagsabgeordeten Matthias Erzberger als Kandidaten aufzustellen und den Katholiken sämtlicher Wahlkreise Sachsens die Kandidatur in Vorschlag zu bringen. Zugleich wurde die Konstituierung eines Zentrumswahlvereins vorgenommen. Im Wahlkreise Pirna hat man den Grafen Rex-Zehista als den gemeinsamen Kandidaten der Ordnungsparteien auSersehen, und wenn einer imstande ist, dem Sozialdemokraten Fräßdorf erfolg reich gegenüberzulreten, dann ist es eben Graf Rex. der im ganzen Wahlkreise bekannt und wegen seiner Hilfsbereitschaft und Menschenfreundlichkeit den popu lärsten Namen besitzt. storbenen Monsignore Adami, Erzbischof von Cesarea, zum Erben seines gesamten Vermögens im Betrage von 4 Millionen Lire eingesetzt. f Das rätselhafte Verschwinden einer LandSttichtsratsgatti«, die erst seit kurzem verheiratet war, erregt gegenwärtig in Würzburg großes Aufsehen; eS handelt sich um die 35jährige Ehefrau des Untersuchungsrichters am dortigen Königlichen Landgericht Landgerichtsrat Sauer. Sie hat sich am 11. d. M. in der Absicht aus der ge meinsamen Wohnung entfernt, um Einkäufe zu machen, und ist seitdem nicht wieder nach Hause zurückgckehrt. Alle Nachforschungen nach ihrem Ver- bleib sind bis jetzt resultatlos verlaufen. Auf die Ermittlung der Vermißten hat der Ehemann laut ffentlichen Plakatanschlags eine Belohnung von 200 Mk. ausgesetzt. s Zur Havarie des Emdener Schul- sie eS ins Schlepptau und konnten e« nach unendlicher Mühe nach Umutden bringen. Die Schlepptroffen rissen mehrfach, und der Rest deS Takelwerks sauste bei schwerem Sturmwind herunter. Auf dem Verdeck wurden große Verheerungen an gerichtet. ES war ein Wunder, daß das nieder brechende Rundholz und Takelwerk im Dunkel nie mand verwundete. Stücke Holz von 20 bis 30 Zrm. Stärke brachen wie Zündhölzchen, zwei Rettungs boote wurden zersplittert. Die Schiffsjungen ver- hielten sich wie alte Wasserratten; sie kletterten wie Katzen in die Wanten, um gerissenes Takelwerk, das für die Besatzung gefährlich war, abzuhauen und zu bergen. Sie waren ununterbrochen an der Arbeit. Die Amuidener Schiffer, die den „Fürst Bülow sicher in den Hafen brachten, zeigten indes auch keine geringe Seemannskunst und rechnen auf gute Belohnung. Damit ihnen jene aber nicht entgehen kann, ließen sie das Schiff von einem Gerichtsvoll zieher wegen Forderung von 50 000 Gulden mit Beschlag belegen. Wieviel ihnen von jener Summe zugesprochen wird, muß wahrscheinlich gerichtlich oder schiedsgerichtlich ausgemacht werden. Vorläufig bleibt das Schiff an der Kette. — In einer hiesigen Maschinenfabrik per««» glüffte heute vormittag ein dort beschäftigter etwa 19 Jahre alter j««ger Ma«» dadurch, daß er in die im Gange befindliche Hobelmaschine geriet. Er hat Berletzungen am Bein erlitten und mußte sofort in seine in der Altstadt gelegene Wohnung gebracht werden. — Lhem«ttz, 18. Dez. Vor dem hiesigen Landgericht begann, wie schon kurz mitgeteilt, gestern der Prozeß gegen den berüchtigen Wildschützen und Einbrecher Friedrich Schönfeld und seine 21 Köpfe starke Bande, die an 100 Einbrüche, Diebstähle, Wilddiebereien u dergl. auf dem Kerbholze hat und lange Zeit den Schrecken der näheren und weiteren Umgebung von Chemnitz bildete, bis sie endlich nach wiederholten vergeblichen Bemühungen der Polizei, nach einer Tätigkeit von 22 Monaten aufgehoben wurde. Die Angeklagten mußten im Schwurgerichts- saal des Chemnitzer Landgerichts auf Stühlen plaziert werden, denn die Anklagebank reicht nicht aus. Die Schwurgerichtstische sind mit einem waren erstickt. Alle drei Leichen hatten Brand wunden. Aus dem vierten Stock wurde Fräulein Smith sofort ins Freie gebracht. Wiederbelebungs versuche mit Sauerstoff hatten bei ihr Erfolg. Man hofft, sie am Leben zu erhalten. Die Kinder der im Hause befindlichen Familien waren entweder ; zu dem Unfall gemeldet: Vermutlich wird der i Dampfer „Prinzessin Victoria Luise" ganz verloren sein. Das Schiff liegt so dicht am Strande, daß man beinahe direkt an Bord gehen kann, und es hat sich so weit nach der Steuerbordseite übergelegt, daß man den stark beschädigten Schiffsboden sieht. Auch die Maschinen und Kessel sind schwer beschä digt. Der deutsche Kreuzer „Bremen" liegt noch immer in Nähe der Unfallstelle. Der Dampfer Virginia", der gestern morgen zur Hilfeleistung ankam, ist angesichts der Lage wieder umgekehrt. Wellenspritzer gehen über das gestrandete Schiff hinweg, doch bietet das Verbleiben der Mannschaft an Bord vorläufig keine Gefahr. Gleich nach der Strandung hat das Schiff Raketen steigen lassen, die aber augenscheinlich niemand an Land bemerkte, sodaß die Nachricht von dem Unfall erst durch zu fällig vorbeikommende Segelboote nach Kingston gelangte. 's Ein entsetzliche- Brandnnglü«, bei dem vier Menschen ihren Tod fanden, hat sich gestern rüh im Norden von Berlin ereignet. Gegen 4 Uhr ttach ein Wohnungsbrand im Hause Reinickendorfer Straße 23, Quergebäude ersten Stock aus. Das Feuer wurde erst bemerkt, als die Flammen aus dim Fenster schlugen und das vierstöckige Gebäude, in dem eine Menge Mieter wohnen, bereits völlig verqualmt war. Als die Feuerwehr erschien, herrschte ein unbeschreibliches Entsetzen. Frauen, Kinder und Männer schrien um Hilfe. Die Mannschaften drangen sofort in das Quergebäude ein und fanden dort in ihrer brennenden Wohnung die Witwe Babö schwer verbrannt auf dem Fußboden. Im 2. Stock lagen ot auf dem Treppenabsatz die beiden Schwestern Kordnau und die Frau des Arbeiters Völskow. Sie schrötige Mann mit dem frischen Gesicht, das ein rötlicher Vollbart umrahmte, war in Schiffahrts kreisen wegen seiner nautischen Kenntnisse eine außerordentlich bekannte und geschätzte Persönlichkeit. Er war Herausgeber mehrerer Werke über Dimen- sionsbecechnungen und wurde wegen seiner Verdienste mehrfach durch preußische und ausländische Orden ausgezeichnet. In die Hamburg-Amerika-Linie trat er von der Kaiserlichen Marine am 26. April 1890 als Offizier ein und wurde am 25. Januar 1901 zum Kapitän ernannt. Seit zwei Jahren führte er en Vergnügungsdampfer „Prinzessin Viktoria Luise". Kapitän Brunswig war erster Offizier auf der .Valdivia" bei der deutschen Tiefsee-Expedition. Bei einem Uebertritt zur Hamburg-Amerika-Linie leitete er zunächst das Turbinenschiff „Kaiser" und den Touristendampfer „Meteor". — Weiter wird noch auch schon die Prognose Helles Wetter voraussagt, die neblige Witterung an und eS erscheint vorläufig völlig ausgeschloffen, zu bestimmen, wann unsere Leitung wieder benutzbar wird. Daß die Schäden viele Unannehmlichkeiten und Geschäftsstörungen im Gefolge haben, liegt auf der Hand. — § Durch den in den letzten Tagen hier und in der Umgegend eingetretenen ftarike« Rauhreif sind auch die Leitungsdrähte des Oberlungwitzer Elektrizitätswerkes sehr in Mitleidenschaft gezogen worden. So zerrissen gestern abend zwei Drähte auf der Chemnitzerstraße und der Fiskalischen Straße, wodurch in einem großen Teile unserer Stadt Be- triebsstörungen auf mehrere Stunden eintraten Die Leitung mußte gegen 6 Uhr abgestellt werden und erst nach 10 Uhr waren die Defekte durch Beamte und Arbeiter vom Werk beseitigt. Auch an den f Selbstmord de- Kapitän- der „Vik toria Luise". Kapitän H. Brunswig, der auf so tragische Weise geendet hat, ist ein Opfer seines übertriebenen Ehrgefühls geworden. Er war ein ge borener Holsteiner und hat nur ein Alter von 38 Jahren erreicht. Kapitän Brunswig war Jung- geselle. Noch vor 6 Wochen weilte er in Berlin ;u Besuch bei Bekannten. Der untersetzte, oier- —* Unser Ort-Fernfprechnetz ist seit gestern vollkommen außer Betrieb gesetzt. Durch den Rauhreif, den wiederum der nässende Nebel erzeugt, sind unzählige Drähte zerrissen, Ständer herabgestürzt und Stützen umgebrochen worden, sodaß es langer, unausgesetzter Arbeit be dürfen wird, um unsere Fernsprechanlage wieder betriebsfähig zu machen. Inzwischen hält, so oft schiffe- „Fürst Bülow". Das in Ymuiden, wie kurz gemeldet, durch zwei Fischdampfer einge schleppte Schulschiff „Fürst Bülow" war, mit Ballast beladen, von Nantes nach Emden bestimmt und hatte u. a. 24 Schiffsjungen an Bord. DaS Schiff hielt sich auf der Reise um Kap Horn nach Süd west-Amerika und zurück vorzüglich, aber schon in der Nähe der Heimat in der Nordsee wurde eS durch Wind und Wellen übel zugerichtet. Zuerst verlor es nördlich von der Insel Terschelling das Gestänge, später viele Segel, dann zerbrachen die aaen und sonstiges Rundholz. Als die Fisch dampfer es auf hoher See trafen, nahmen (Neuestes vom Tage. -j- El« schrecklicher Mord ist unter ganz besonderen Umständen im rheinischen Orte Macken begangen worden. Während die Gemeinde zum Gottesdienst versammelt war, wurde eiu Mädchen am Dorfbrunnen ermordet und mit durchschnittenem Halse aufgefunden; sie befand sich in gesegneten Umständen. Der Tat verdächtig sind der Bruder der Toten und deren Liebhaber, die beide flüchtig sind. -j- Eine Millionenerbschast sür de« Papst. Der Papst wurde von dem jüngst oer- Kandidatur geben, so daß -um mindesten den bürgerlichen Parteien ein erfreulicher AchtungSerso! beschieden ist. Die sozialdemokratische Partei wird so viel bis jetzt feststeht, ihren bisherigen Vertreter, Redakteur NoSke von der Chemnitzer „Volksstimme" wieder als Kandidaten aufstellen. Aus Zwickau wird uns berichtet: Die Frei sinnige Volkspartei im Wahlkreise Zwickau- Werdau-Crimmitschau wird bei der Wahl selbständig vorgehen und hat als Kandidaten den Landtags abgeordneten B ä r in Aussicht genommen. GS ist nicht unwahrscheinlich, daß die Nationalliberalen diese Kandidatur unterstützen werden; bereits sind die Vorstände der beiden Parteien wegen dieser Frage mit einander in Fühlung getreten. Ob auch die Konservativen sür die Kandidatur Bär eintreten wer- den, steht noch dahin. Im Wahlkreise Mittweida BurgftLdt ist eS mit besonderer Genugtuung ausgenommen worden, daß die Konservativen, MittelstandSoereinler und Bund der Landwirte den im Kreise sehr bekannten Hasen, Ricken ... So gings über 20 Monate lang, bis einige von der Bande Ende 1905 abgefaßt wurden, darunter die beiden „Hauptleute" Schönfeld und Mai. Schönfeld kam indes sofort wieder frel er floh und trieb sich noch ein halbes Jahr in den Wäldern von Chemnitz umher, bis man ihn wieder festnahm. Leichter ging es mit Mai. Der Unter führer Schönfelds lag, als die Polizei die Wohnung der „Quartiergeberin" der Räuber besetzte, im Betle. Sein Zimmer war nach echter Wildschützenart mit Flinten und Jagdtrophäen reich ausgeschmückt. Uebrigens waren Schön seid und Mai in Verbrecher kreisen gut bekannt. In ihrer „Stammkneipe", einer Stehbierhalle der Oststraße in Chemnitz, waren sie unter dem hübschen „Spitznamen": „Die Wald menschen" wohlbekannt Die Verhandlung wird, wie schon mitgeteilt, etwa 5 Tage in Anspruch nehmen. Schönfeld gesteht seine Schandtaten in vollem Umfang ein, Mai ist ein hartgesottener Sünder und leugnet ebenso wie bei allen seineu früheren Bestrafungen. — Glauchau, 18. Dezember. Die Färberei- und Appreturarbeiter beabsichtigen in eine neue Lohn bewegung einzutreten. In einer gestern abgehaltenen Versammlung wurde beschlossen, der sächsisch-thüringi schen Färberei-Konvention folgende Lohnforderungen zu unterbreiten: Mindestlohn für Arbeiter 17 Mk., ür Arbeiterinnen 10,50 Mk., zehnstündige Arbeits zeit und 1>/zstündige Mittagspause, außerdem 15 jroz. Zuschlag bei Ueberstunden. Die Konvention oll ersucht werden, ihre Antwort bis 15. Januar Sächsisches. H-He«stetu-Er«stthal, 19. Dezember 1906. Wettervorau-fage deS Kgl.Sächs. Meteora logischen Instituts zu Dresden. Für Douner-tag r Mäßige östliche Winde, teils heiter, teils neblig, meist trocken, kühler. LS. Dezember: Tagesmittel —1,0°, Maximum -s-0,2°, Minimum —3,8°. Die Göttin des Glücks. Roman von Reinhold Ortmann. 27. Forts. Nachdruck verboten. „Unter deS Oheims nachgelassenen Papieren, sagst du? Unter denen, die ich durchgesehen und geordnet habe?" „Freilich! In diesem Bündel hier —" und er warf das ganze Päckchen auf den Schreibtisch. „Du hattest ihn eben übersehen. Und das ist wahrhaftig nicht so verwunderlich, wenn man eS mit einem solchen Wust durcheinander geworfener Skripturen zu tun Hot. Hoffentlich wirst du dir nicht nach träglich Vorwürfe darüber machen." „In diesem Bündel? Aber das ist unmöglich. Hanna muß sich täuschen. Sie kann ihn auch an einer anderen Stelle gefunden haben, nicht wahr? — an einer ganz anderen Stelle?" „An einer ganz anderen Stelle? Ich verstehe nicht, liebes Herz, was du damit meinst?" „Ich meine: nicht unter den Papieren, die durch meine Hände gegangeu waren." „Aber natürlich mar er unter diesen. Alles andere hat ja dein Vater als völlig wertlos zurück behalten." Unverwandt blickte sie mit großen, starren Augen auf daS Blatt nieder, und Bernhard gewahrte mit wachsendem B fremden daß die zarten, frischen Farben ihrer Wangen einer erschreckenden Blässe gewichen waren. „So sage mir um deS Himmels willen, Inge," drängte er, „was dich so bestürzt macht. Du stehst ja auS, als wäre eS dein eigenes Todesurteil, das ich dir in die Hand gegeben habe." Aber sie schenkte seiner Frage gar keine Be achtung. „Sagte dir Hanna selbst, daß sie ihn da ge funden? Du kannst dich gewiß nicht darüber täuschen?" „Nein, gewiß nicht. Und im übrigen kannst du es dir ja von ihr bestätigen lassen, wenn es von so großer Bedeutung scheint. Mir ist es, offen ge standen, höchst gleichgültig, ob sich der Brief in diesem oder in einem anderen Päckchen befunden hat. Die Hauptsache ist, daß wir ihn haben, und daß wir mit seiner Hilfe die Berechtigung des von deinem Vater erhobenen Anspruches beweisen werden." „Du denkst doch nicht daran, ihn dem Gericht oorzulegen?" „Natürlich denke ich daran, du närrisches Lieb WaS sollte er uns denn nützen, wenn ich es nicht tun wollte?" „Aber das kann nicht sein. Es ist unmöglich. Es darf nicht geschehen, Bernhard!" „Ich begreife dich immer weniger. Warum ist es unmöglich? Warum darf eS nicht geschehen?" „Weil — weil es uns alle ins Unglück bringen würde." „Ab, jetzt fange ich an zu verstehen. Du furcht st, daß das Geld deinem Vater nicht zum Se- gen gereichen, daß s ihn erst recht zum Verschwender machen wird." „Nein, nein, das ist es nicht. Oder doch — wenn du glaubst, daß eS dies ist, so will ich dir nicht widersprechen. Jedenfalls darfst du keinen Ge brauch von dem Briefe machen! Verbirg ihn, zerreiße, verbrenne ihn — tu mit ihm, was du willst! Nur sorge, daß mein Vater niemals etwas von seinem Vorhandensein erfährt." „Die Bitte käme zu spät, liebe Inge, auch wenn ich überhaupt daran denken dürfte, sie zu er füllen. Die briefliche Mitteilung, daß in unserer Prozeßangelegenheit eine äußerst wichtige, ja ent- scheidende Wendung eingetreten sei und daß ich ihn zu näherer Besprechung heute Nachmittag erwarte, muß sich jetzt bereits in den Händen deines Vaters befinden." „O mein Gott! Und er wird sich natürlich des Briefes bedienen wollen; er wird sich mcht b-wegen lassen, ihn zu vernichten." „Nein, für so unverantwortlich töricht Halle ich ihn allerdings nicht. Was in aller Welt sollte ihn denn auch veranlassen, ein Dokument zu vernichten, das ihm unter Umständen eine Million eintragen kann?" „Es wird ihm nichts eintragen — glaube mir doch, Bernhard — nicht einen Pfennig! Und wenn es ihm etwas einbrächte, so wäre es um so schreck licher. Es könnte ja kein Segen sein an solchem Gelde." „Darüber wollen wir uns noch keine Sorgen machen, liebster Schatz! Jedenfalls wirst du doch zugeben, daß es schon um deiner armen kranken Mutter willen sehr erfreulich wäre, wenn die Ver- mögenSoerhältnisse deines Vaters eine Wendung um Besseren nähmen — um von dir und von hm selbst garnicht zu reden." Inge schwieg; aber ihre Wangen waren noch immer totenbleich und der Ausdruck von Angst un Zerstörtheit war noch immer in ihren Augen. Nach einer kleinen Weile fragte sie mit gepreßter Stimme: „Wann willst du dem Gericht diesen Brief oorlegen, Bernhard?" „DaS wird zunächst von dem Ergebnis der heutigen Besprechung mit deinem Vater und sodann noch von mancherlei anderen Umständen abhängen. Vielleicht werden wir dazu überhaupt nicht genötigt sein, denn eS scheint mir keineswegs undenkbar, daß der Regierungs-Assessor Wedeking eine gütliche Einigung anstreben wird, nachdem er sich von der Gerechtigkeit unserer Forderung überzeugt hat." Es war, als fühlte sich Inge durch die Aus sicht, die er ihr da eröffnete, ein wenig erleichtert. „DaS Papier wird also vorläufig noch in deinen Händen bleiben? Ls wird zunächst nichts damit geschehen?" „Ich werde eS jedenfalls zurllckhalten, bis die Antwort des gegnerischen Anwalts eingelaufen ist, an den ich noch heute schreibe." „Und wieviel Zeit kann darüber vergehen — ich meine, bis zum Eintreffen jener Antwort?" „Das weiß ich natürlich nicht. Mindestens aber werden eS doch drei oder vier Tage sein. Wenn ich nur endlich begriffe " Inge ließ ihn nicht aussprechen. Sie war auf- gestanden, und es schien, daß sie es plötzlich überaus eilig hatte. Es war eine seltsame Hast und Unruhe in ihrem Wese», wie Bernhard sie nie zuvor be merkt hatte. (Fortsetzung folgt.)
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