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HWAKiMl WM Anzeiger 56. Jahrgang. Freitag, den 26. Oktober 1906 Nr. 249 Bewegung: „Wie wir erfahren, deckt die Ansicht der Bergbehörden über die Lohnforderungen der Ruhrbergleute auf Grund der von ihr angestellten Erhebungen sich durchweg mit den Ausführungen des inzwischen als nichtamtlich inspiriert bezeichneten Artikels der „Nordd. Allg. Ztg." Insbesondere ver tritt auch die Bergbehörde die Ansicht, daß die Löhne beim Ruhrkohlenbergbau nicht in dem gleichen Maße gestiegen sind wie die Lebensmittelpreise. ES ist dem Berg baulichen Vereine von der Bergbehörde deshalb aach nahegelegt worden, daß eS im Interesse des sozialen Friedens im Ruhrkohlenreoier sehr zu empfehlen sei, den Grubenarbeitern in der Lohnfrage möglichst ent gegenzukommen und die Arbeitersperre, wo sie be steht, aufzuheben, da sie einer der gesetzlichen Be schränkung der Freizügigkeit der Arbeiter gleich komme." — Wie das „Wölfische Bur." hierzu von gutunterrichteter Seite erfährt, ist die von der „Köln. Volksztg." aufgestellte Behauptung, daß die in dem seinerzeit als nicht aus amtlicher Quelle stammend bezeichneten Artikel der „Nordd. Allg. Ztg." ausge sprochenen Ansichten sich mit denen der Bergbehörde decken sollen, unzutreffend; denselben dürfte vielmehr eher im allgemeinen die in demselben Blatte in dem unterm 25. Oktober veröffentlichten Artikel über die Bergarbeilerbewegung gemachte Dar- legung entsprechen. dem Lande entgegen, auch bl Expeditionen solch« zu Terotz der Personenwechsels werde der Kurs der auswärtigen Politik keine neue Richtung einschlagen. Der Dreibund werde auch sernerhiu die tragende Säule der auswärtige« Politik bleiben. Eine allgemeine Ueberraschung für alle Wiener politischen Kreise war ferner gestern die Demission des «riegsminifters v. Pttreich. Die un garische Regierung trägt, so heißt eS, an dieser Demission die Schuld. Herr v. Pitreich tritt zurück, weil er bei der ungarischen Regierung die von ihm verlangte Erhöhung des Rekruten- kontingentS nicht durchzusetzen vermochte. Die Rekrutenoermehrung war nach der Auffassung des KriegSministerS durch die Vermehrung der Artillerie notwendig geworden. DaS offizielle Wiener Korrespondenzbureau leugnet freilich diese Annahme, da die Verhandlungen über die Rekruten frage noch gar nicht abgeschlossen seien. General o. Pitreich hat nur vier Jahre an der Spitze des Kriegsministeriums gestanden. Sein Nachfolger, der bisherige österreichische Landesverteidigungsminister der Berggesetznovelle von 1905 gestellt hat, durch die nach Absicht der Staatsregierung eine gesetzliche Vertretung der Bergarbeiter geschaffen wurde, ist gegen die Lage im Frühjahr 1905 insofern eine wesentliche Aenderung eingetreten, als der Bergbau liche Verein sich nun gegen die Behandlung von Fragen, die daS Arbeitsverhältnis einschließlich der Lohnbedingungen betreffen, in Gemeinschaft mit den berufenen Arbeiterorganisationen nicht mehr ab lehnend verhält. Zu wünschen ist, daß von feiten der Arbeitgeber die Forderungen der Arbeiter mit Wohlwollen geprüft und, soweit sie berechtigt und durchführbar erscheinen, erfüllt werden, und daß anderrrseitS die Arbeiter bei der Vertretung ihrerer Interessen den tatsächlichen Ver hältnissen Rechnung tragen," Die „Köln. VolkSz t g." schreibt zu der Äue dem «Auekande. Alldeutsche und Magyar-«. In der gestrigen Sitzung der ungarischen Abgeordnetenhauses interpellierte der Kossuthist MarkoS die Regierung bezüglich de« Alldeutschen Verbandes, der zahlreiche deutsche Staat«, männer und Würdenträger zu seinen Mitgliedern zähle, und der angeblich die Einverleibung Oester- reichS und Ungarns anstrebe. Redner frug, ob diese Agitation mit der Erneuerung des Drei bundes vereinbar sei, und ob nicht Abhilfe ge schafft werden könne. — Herr Wekerle hat bisher die Interpellation nicht beantwortet. Wahrscheinlich meint er aleich uns, daß e? bei Herrn MarkoS nicht ganz richtig im Oberstübchen ist. 8. Evangelisch-lutherische Kandessynode. 18. öffentliche Sitzung. Dresden, 24. Oktober. Dir Lage in Vutzkand. Die großen Sensationen scheinen vorüber zu sein, hin und wieder wird noch g e- mordet und geraubt, aber die Strenge der Feldgerichte, die mit Todesurteilen nicht sparsam umgehen, scheint auf die Revolutionäre und ihre Werkzeuge, meist junge Burschen und Weiber von kaum 20 Jahren, doch einschüchternd gewirkt zu haben. Ueber einige neue Untaten liegen heute folgende Meldungen vor: Die Güterstation inWerchneudinSk wurde nacht« von 20 Räubern überfallen, doch schlugen Soldaten von einem bei der Station halten den Militärzüge die Räuber in die Flucht und nahmen sechs von ihnen fest. Ein von Kars kommender P o st w a g e n ist von 10 Räubern über fallen und um 29000 Rubel beraubt worden. Die Grenzwache verfolgt sie Räuber, DaS berühmte Mönchskloster PawlogradSt wurde von räuberischen Revolutionären nachtS überfaIlen. Mehrere Mönche wurden auf grau- ame Weise ermordet und Geld und Wertsachen zeraubt. seinen lebhaftesten Dank «uSzusprechen, und sendet Ihnen seinen brüderlichen Gruß." Wie viel Leid hätte mit den 25 000 Frks., welche die deutsche Sozialdemokratie einem unheilbar verkrachten Unternehmen geopfert hat, in deutschen Landen gelindert werden können! E«dUch doch! An Stelle des katholischen Pfarrers Gaisert, der bekanntlich trotz seiner Verurteilung bis jetzt immer noch die Seelsorge ansübte, schickt die Kirchen behörde nach einer Freiburger Drahtung der „Voss. Ztg." jetzt einen Vikar nach Gündelwangen. Streik-«-- P-lt««-«. Auch die polnischen Backfische fangen n zu streiken. Als dieser Tage auf der höheren Hohenstein Ernstthal, OberlnuAWitz, Gersdorf, Kugau, Hermsdorf, Zernsdorf, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rußdorf, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Erlbach, Kirchberg, Pleißa, Reichenbach, Callenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, Grmnbach, St. Egydien, Hüttengrnnd u. f. w. Erscheint jede« Wochentag abends für den folgenden Ta- »od kostet durch die Austräger pro Quartal Mk. 1Hb durch die Post Mk. i yg hei in'- HauS. Der Dank der französisch-« „G-«oss-«" für die 25000 Frank-Spende der deutschen Sozialdemokratie an Jaurös Blatt „Humanitö" wird im „Vorwärts" in Form folgenden Schreibens an Bebel veröffentlicht: „Genosse JaurLs hat dem ständigen Verwaltungsaus schusse der sozialistischen Partei französische Sektion der Ar- beiter-Jnternattona e) den Brief mit letetlt, durch den der leitende Ausschuß der deutschen Sozialdemokratie der „HumanitS" eine Summe von 25,000 Franks zur Verfügung stellt. Der Aus schuß ist tief gerührt von diesem Schritt internationaler Solidarität, die über die Grenze hinweg einem Blatte zu Hülfe eilt, das, unter der politischen Kontrolle der Partei stehend, kräftig an dem Emanzipieru»gskampfe der Arbeiterklasse gegen die Bourgeoisie tetlgenommen hat. Die Proletarier Frankreichs werten sich dadurch um so mehr ermutigt fühlen, selbst ihre Pflicht bis zum äußersten zu tun. Der Ausschuß bittet Sie, in seinem Namen und in dem der ganzen Partei dem leiten- >en Ausschüsse unserer Bruderpartet Deutschlands s « LI«».- macht, antworteten sie: „! sei, dem Haufe di- Ursache von GoluchowSkis Rück-1 »-rgarv-tt-r-B-w-gU«g .können wir nicht siegen, und wir müssen^ siegen! tritt bekanntzugeben. Die deutschen Parte te n schreibt die „Nordd. Allg. Ztg.": „Indem derlOb die preußische Regierung mit ! ' brachten ebenfalls eine Interpellation ein, in der «Bergbauliche Verein sich nunmehr auf den Boden'fertig werden wird? E I.die Regierung angesichts des Verlaufes der Krise im Ministerium des Aeußeren gefragt wird, ob sie in der Lage gewesen sei, sich über den Wechsel im Ministerium des Auswärtigen rechtzeitig mit dem r, , nötigen Nachdruck zu äußern und ob sie entschlossen rst ernannt. Wie eine Depesche aus Wien Verlaufe der Krise den österreichischen Ein est F ° in der gleichen Weise zur Geltung zu bringen, gestern statt^ bezüglich des ungarischen Einflusses von Josef das rhm angebotene Portefeuille des Ministers der ungarischen Regierung geschehen sei, und » Ä'" y"i? » A - d.... ti ° d-r °st.°„i«ch.n R-ich«. der derzeitige österreichisch-ungarische Botschafter in Peters- hülste unter allen Umständen voll zu wahren. In bürg, entstammt einer hochangesehenen Familie des der- Beantwortung der Interpellationen erklärte Mimster- fassungstreuen Großgrundbesitzes in Böhmen. Er absol-Präsident Frhr. v. Beck, Graf GoluchowSki habe vierte seine Studie» an den Universitäten m Prag und 7.' D-miMnn in sreier EntsMiekuna oeaeben- in Bonn, trat dann in die diplomatische Laufbahn ein und 'fwe Demission m ft erer Entschließung gegE wurde nach einigen Jahren Präsidialist des Grafen Kal- einer dem Gebiete der gemeinsamen Angelegenheiten an no^. Von diesem Posten aus wurde Baron Aehrenthal gehörigen Frage sei keine Meinungsverschiedenheit zwischen den beiden Regierungen im Spiele gewesen. Aintsblcrtt für das Königliche Amtsgericht und den Stadttat zu Hohenstein Ernstthal: acllsr? GetneinöEsVerttValtrrngen Kes unrliegsnösrr Ortschaften. Töchterschule in Krotoschin ein Lehrer den Religions- treffend, unterricht erteilen wollte, weigerten sich die „höheren!§ Achter" deutsch zu beten, beteten vielmehr polnisch. st^„llehrcr und sonstigen Kirchendiener die Kosten einer Auf die Folgen ihre« Verhaltens aufmerksam gr-notwendig werdenden Stellvertretung im Kirchenamte aus - Wenn wir nicht kämpfen/ihrem Amtseinkommcn zu bestreiten. Das ist vielfach als und wir müllen siegen I".sm schwerer Mißstand empfunden worden, obwohl da- . diesen Rackllscksn ^""b^konsistormm bisher schon nach Kräften bemüht war, t diesen Backfischen x,,tspreckenden Mitteln helfend einn,greifen. Der I vorliegende Gesetzentwurf soll nun jene Mißstände durch In der heutigen Sitzung wurde zunächst die erste Be ratung über den Antrag des Verfassungsausschusses zu Erlaß Nr. 14 und zur Petition der sächsischen evangelisch sozialen Vereinigung nebst Anschlußpetitionen, dir Ab- iindrrung der Kirchrnvorstauds- und Kqnodal- ordvuvg betreffend, ausgenommen. Der Ausschußbcricht- erstatter Geh. Regierungsrat Prof. vr. Häpe-Leipzig wies auf die Notwendigkeit der Abänderung hin, um namentlich den Kirchenvorständen größere Bewegungsfrei heit zu gewähren, und vertrat die Abänderungsvorschläge des Ausschusses, die in ziemlich umfangreicher Weise vor liegen. Zu einer Abänderung des Artikels hinsichtlich des Zusammengehens von mehreren Kirchenvorständen zu Ver bänden nahm Staatsminister Dr. Rüger das Wort. Er wies darauf hin, daß die meisten Abänderungen redaktionellerArt seien, wasSache des Geschmacks wäre Doch gegen die Änderungen, die sich auf die materielle Seite der Sache beziehen, müsse er Äedenkxn äußern. Die evangelischen Minister könnten diesen Änderungen des willen nicht beitreten, weil sie der bevorstehenden Regelung des Gemeindesteuerwesens vorgreifen würden. Pfarrer Kröber -Waldheim wünschte endliche Beseitigung der ungleichen Besteuerung in den verschiedenen Kirch gemeinden, wodurch die Agitation zum Austritte aus der Landeskirche nur weitere Nahrung erhalte. Der bezügliche Passus wurde nach längerer Debatte aber gestrichen, da man bei der Haltung der Staatsregierung sonst ein Scheitern der ganzen Vorlage befürchtet. Eine längere Debatte veranlaßten ferner die Bestimmungen über die Archenvorstandswahlen. Endlich wurde das ganze Gesetz einstimmig angenommen. Es folgte die erste Beratung des Entwurfes eines Kirchengesetzes über den Aufmand für die Kt,U- verttvtnng »er Geistlich«» «n» Kirchendiener be treffend. Namens des Ausschusses erstattete Pastor h a a r - Breitenborn Bericht. Nach dem Kirchenrechte haben die Geistlichen, Kirch- d sonstigen Kirchendiener die Kosten einer im Jahre 1888 zum Botschaftsrat in Petersburg ernannt, ü. Schönaich, erstellt sich großer Popularität; er Er vertauschte diese Stellung im Jahre 1895 gegen die war langjähriger Generaladjutant des Erzherzog- Anes Gesandten in Bukarest Die Anknüpfung engerer Albrecht und dürfte den Ungarn gegenüber weniger Beziehungen zwischen Rumänien und der österreichisch- ungarischen Monarchie, deren Abschluß die Reise deS ""^»ebig sein als Herr o Pitreich Herr v. Schöna^ Kaisers nach Rumänien bildete, ist hauptsächlich sein Werk hat rn der Zeit des Sprachenkonflikts in Ungarn ein gewesen, wie er es auch später verstand, infolge des Ver- Interview veröffentlichen lassen, in dem er mit auf- dA er in hohem Maße genoß,stellender Schärfe sich gegen die ungarische Kommando- die Beziehungen der beiden Staaten zueinander auf das... beste zu gestalten. Von Bukarest aus wurde Baron wendet. Dies ist ihm in Ungarn nicht ver- Aehrenthal wieder nach Petersburg berufen, diesmal als gissen worden. Botschafter. Seit dem Jahre 1896 ist Baron Aehrenthal «m russischen Hofe akkreditiert. Freiherr von Aehrenthal bekannte sich immer zu den Anschauungen seines Vaters und seiner Familie und gilt als ein zuverlässiger Sl-gi-r««g U«d Al-ischt-tt-r««g. F» n deutsch - öster r e i ch ij,che n Das Andauern der Fleischteuerung hat die ^Eben hat er sich auch als ststejchgregjerulP zu einer erneuten Prüfung dieser werktätiger Förderer der dUrstechterhaltung und Angelegenheit veranlaßt. W e auf Erkundigung an Pflege ^iter Beziehungen zu Rußland erwiesen, Berliner zuständiger Stelle einem Mitarbeiter der mtt welchem Re^e speziell wirtschaftliche Bezwhu^ wurde, könne von irgend- anzubahnen und zu pflegen, er stets als seme Auf- bestimmten Beschlüssen betreffs einer Milde- gabe betrachtet hat. Aehrenthal repräsentiert, sostung der Grenzabsperrung oder sonstigen di?s r noch keine Rede sein; die Dinge D der österreich,^ °ber ^r Zeit doch so ernst, daß man erneute bas besondere Vertrauen unter den Bundesregierungen über « ihn durch letztwillige Ver-stj, Fleischverteuerungs- und FleischoersorgungSfrage Ebnung semes schriftlichen M unabweisbar gehalten Hobe. Diese seien einge- KnndidMen «tr rss'A leitet, ihr Ergebnis aber noch nicht vorherzusagen. Mmisterprästdentschaft m Sozialdemokraten werden sofort Oesterreich bezeichnet. Als die Krise uuter den heim Wiederzusammentritt des Reichstags eine H beS Interpellation über die Fleischteuerung ein- Grafen Franz Thun sich befände^ verschärfte, hat ^gen. Hierzu bemerkt die „Deutsche Tagesztg.": Freiherr von Aehrenthal auf Grund persönlicher voraussichtlich wird der preußische Landwirtschafts- Aebren^ Minister 'M Namen des Reichskanzlers die Inter- Artige Steilungen gemacht Aehrenthal beantworten, fall« eS sein GesundheitSzu- 52. Lebensjahre. Er ist seit vier Jahren mit Pauline 7 ° Gräfin Szechenyi vermählt, einer Tochter des früheren Ministers s latere, welcher Ehe zwei Kinder D-r «-«- badisch- At«a«zmi«ist-r. entsprossen sind. Am DienStag ist die Versetzung deS badischen Im Abgeordnetenhause interpellierte der FinanzmtnisterS Becker in den Ruhestand und die christlich-soziale Abgeordnete^ Geßmann gestern Ernennung deS Direktors des Wasser- und Straßen- die Regierung über den Rücktritt des Grafen Go- baueS Honsell zum Präsidenten des badischen luchowski und seine vermutlichen Folgen. Unters Finanzministerium« offiziös veröffentlicht worden. Hinweis darauf, daß der Rücktritt GoluchowSkis in Damit ist zum ersten Male in Baden ein Techn i ker letzter Linie deshalb erfolgt sei, weil die Mehrheit auf den Posten eines verantwortlichen Ministers be- deS ungarischen Reichstages seine Demission ver- stufen worden. langte, frug Redrzer die Regierung, ob sie geneigt