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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 27.06.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-06-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190606270
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19060627
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19060627
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-06
- Tag 1906-06-27
-
Monat
1906-06
-
Jahr
1906
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 27.06.1906
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eins stimmungen ein Vergleich unter allen Umständen Dienstmagd meuchlings, tötete durch einen zweiten ums seit gewesen war, erzählte zur Tat selbst, daß sie ihrem Mann von Leipzig nachgereist sei und in der Gast stube des Hotels dessen Geliebte getroffen habe, die sie höhnisch auslachte, wie sie es schon zuvor immer in Leipzig getan hatte. Darüber sei sie furchtbar erregt geworden und habe dann im Nebenzimmer des Hotels ihrem unmittelbar vor ihr stehenden Ehemann den geladenen Revolver auf die Brust gesetzt, um ihn durch einen Schuß zu verletzen. Der Revolver habe jedoch versagt — die Angeklagte be- jauptet nachträglich, sie habe gar nicht abgedrückt —, mrauf sei ihr Mann einen Schritt zurückgetreten, >abe die eine Hand auf die Brust gelegt und mit der andern nach dem Revolver gegriffen. Hierbei Dezember 1905 das Dresdner Landgericht und Ober landesgericht beschäftigte, hat nunmehr am letzten Sonnabend durch Annahme eines vom Königlichen Oberlandesgertcht den klagenden und beklagten Parteien vorgeschlagenen Vergleiches sein Ende er reicht. Der StaatsfiskuS legte von vornherein Ge- wicht darauf, daß zwischen den Parte en eine güt liche Regelung zustande kam, und der am letzten Sonnabend von dem OberlandeSgerichtSrat Dr. Otto zwischen den Parteien unternommene Sühneversuch war von Erfolg. Der Richter wies die Gewinnerin auf die moralische Verpflichtung gegenüber den Mit spielern zur Zahlung eines Teiles des Großen Loses hin, machte andererseits aber auch die Mitspieler darauf aufmerksam, daß die Sache sehr auf der Spitze stehe und daß nach den gesetzlichen Be- — Zittau, 25. Juni. Ein Unglücksfall mit tödlichem Ausgange ereignete sich am Sonnabend nachmittag in der hiesigen Schmittschen Spinnerei. Dort war der 15jährige Arbeiter Max PleSky mit dem Putzen einer stillstehenden Maschine beschäftigt. Als die Maschine plötzlich wieder in Gang gesetzt wurde, kam PleSky mit dem Kopf in die Maschine, wobei ihm der Hinterkopf förmlich eingedrückt wurde. Der unglückliche junge Mann gab einige Stunden nach dem Vorfall seinen Geist auf. — Chemnitz, 25. Juni. Vor dem Schwur gericht stand heute die Koufmannsehefrau Johanne Marie Schießl aus Leipzig, der, wie s. Z. auSfllhr- lich berichtet, zur Last gelegt wurde, ain 20. Februar d. I. im „Wettiner Hof" zu Oelsnitz i. E. ihren Mann zu erschießen versucht zu haben. Die Ver handlung, die teilweise unter Ausschluß der Oeffent- lichkeit geführt wurde, ergab ein überaus trübes eheliches Bild. Die Angeklagte, die früher Kellnerin hinab und konnten erst am Bahnübergangs, wo der Tiere gestürzt war, aufgehalten werden. — Dresden, 25. Juni. Der Kampf Große Los der sächsischen StaatSlotterie, der für die betreffenden Saaten zum Teil zu naß, sodaß sie dort anfangen gelb zu werden. Im Hafer kommt in zahlreichen Bezirken sehr viel Unkraut, besonders Hederich, vor. Die Kartoffeln sind meist sehr gut aufgegangen. Hier und da gibt es lückenhafte Bestände. Die Ursache hierfür führt man teilweise auf ungenügend ausgereifte Saatknollen, zum Teil auf zu große Nässe zurück. Die Bearbeitung der Kartoffelfelder war sehr erschwert, sie mußte einige Zeit ganz ruhen. Für das Pflanzen der Runkel rüben und des Krautes war die Witterung günstig, die Bestellung der genannten Früchte konnte deshalb fast überall beendet werden. Die Zucker- rüden sind infolge der kalten Wetters nicht überall oorzuziehen sei. Daraufhin einigten sich die Parteien in der Weise, daß die Gewinnerin des Großen Loses an den Bäckergesellen Weißbach 10625 Mk., an die GastwirtSehefrau Schütze 5312,50 Mk., daS ist die Hälfte des verlangten Anteiles, zu zahlen hat. Die SerichtSkosten werden von den Parteien je zur Hälfte getragen, während die AnwaltSkosten gegen einander aufgehoben werden. — Dresden, 25. Juni. In der Johannstadt hat sich am Sonnabend eine schon längere Zeit nervenkranke, 58 Jahre alte SchlosserSwitwe in einem Anfalle von Schwermut erhängt. — In der Nacht zum Sonnabend erhängte sich an einer Bar- riere im Großen Ostragehege ein 52 Jahre alter Metallarbeiter aus Vorstadt Pieschen. Da die Kleider vollständig durchnäßt waren, so ist anzu nehmen, daß er vorher den Tod vergeblich in der Elbe gesucht hat. — Am Sonntag früh wurde in der Nähe der Dampfschiff-Haltestelle DreSden-Uebigau durch einen Angler ein weiblicher Leichnam gelandet. Die Tote wurde später als eine im Versorghause untergcbracht gewesene, 69 Jahre alte SchuhmacherS- witwe rekognosziert, die zweifellos aus Schwermut den Tod am Sonnabend abend freiwillig gesucht hat. — Leipzig, 25. Juni. Der Verein Leipziger Gastwirte hat beschlossen, einmütig eine Erhöhung der Bierpreise in seinen Lokalen vorzunehmen, sobald von feiten der Brauereien eine Erhöhung der Preise geschieht. Diese ist aber so gut wie gewiß. In einer Besprechung der hiesigen GastwirtSoereine mit Ver tretern des Brauereivereins haben die letzteren er klärt, daß eine Erhöhung des Hektoliter Lagerbieres um 2 Mk. bestimmt erfolgen und daß der nächste VerbandStag der Brauereien die näheren Beschlüsse darüber fassen werde. In der Versammlung der Leipziger Gastwirte wurde auch angeregt, dahin zu wirken, daß die Preise für Flaschenbier um mehr als 1 Pfg. für die Flasche erhöht würden, weil sonst eine gefährliche Konkurrenz des Flaschenbierhandels für die Gastwirte entstehen würde. — Leipzig, 25. Juni. Vergangene Nacht sind aus einem Kontor der Ferdinand Rothe-Straße 6000 Mark unter erschwerenden Umständen ge stohlen worden. In Verdacht kommt ein unbe kannter Mensch, der sich als ein Expedient Köhler, 25 Jahre alt, ausgegeben, und in dem Kontor für kurze Zeit Stellung genommen hatte. — Grimma, 25. Juni. Sonnabend abend in der 6. Stunde ereignete sich am Muldenwehr bei Pauschwitz ein aufregender Unglücksfall, bei dem mehrere Menschenleben in größter Gefahr waren. Ein Boot mit 4 Insassen (3 Herren und 1 Dame), die auf der Elbe ruderten, war dem Wehr zu nahe gekommen und wurde mit der Strömung über das- selbe getrieben. Im nächsten Augenblick kämpften die Herausgeschleuderten mit den Wellen. Ein Herr konnte sich durch Schwimmen retten, während ein anderer soviel Geistesgegenwart und Kraft besaß, die Dame und den des Schwimmens unkundigen dritten Herrn über Wasser zu halten. Glücklicher weise war Hilfe nicht weit. Augenzeugen des Un glücks eilten mit einem Kahn den Bedrohten zu Hilfe. Trotzdem ihr Fahrzeug bedeutend Wasser in dem Strudel schöpfte, gelang das Rettungswerk. Die drei Verunglückten klammerten sich an den Kahn und wurden von ihren Rettern in erschöpftem Zustande an das Ufer gerudert. — VudWets, 24. Juni. Ein schreckliches Drama hat sich gestern in Hohenmauih abgespielt. Der 60 Jahre alte Gastwirt Wenzel Soukub, der mit seiner 39 Jahre alten Gattin in zweiter Ehe lebte, unterhielt mit seiner Dienstmagd Therese Koubek ein sträfliches Liebesverhältnis, das nicht ohne Folgen blieb. Dies war die Ursache häuslicher Zwistigkeiten und Zerwürfnisse. Gestern früh erklärte Soukub seiner Frau, er werde heute dem Verhält nisse mit der Dienstmagd ein Ende machen. Dann ging er in den Garten, erschoß die dort beschäftigte sei der Schuß loSgegangen und habe ihn an der Hand verletzt. Die Zeugenvernehmung fiel durch weg zu Gunsten der Angeklagten au» und so sprachen die Geschworenen sie frei. — Werdau, 26. Juni. Anläßlich der hier stattgefundenen 3. Bezirks turn festes der 6. Bezirkes der Arbeiterbunder weilten auch am Montag noch auswärtige Turner hier. Auf dem Bergkellerweg hat nun am Nachmittag ein noch unbekannter Turner den fünf Jahre alten Knaben Schumann, dessen Eltern erst vor 14 Tagen hierher aus Bayern verzogen sind, jedenfalls im Uebermut, an der Brust gepackt und frei in die Höhe gehoben. Dabet hat er aber den Knaben so unglück lich auf die Erde fallen lassen, daß derselbe so schwere Kopfkontusionen erlitt, daß der arme Junge bewußt los in ein nahes Haus gebracht werden mußte. Von da wurde er mittel- Krankenwagen- nach der elter lichen Wohnung gebracht. Nach ärztlicher Aussprache ist wenig Hoffnung auf Erhaltung der Lebens vor handen. Der unbekannte Turner hat sofort die Flucht ergriffen. — Plaue« i. B., 25. Juni. Der auf dem Bahnhofe Weischlitz in Arbeit stehende und aushilfs weise zum Zugsdienste verwendete Weichenwärter Zollfrank fiel heute früh gegen 8 Uhr während der Fahrt vom Weischlitz—Zwötzener Güterzug. Der Bedauernswerte wurde in der Nähe der Station Neumühle mit schweren Verletzungen aufgefunden, sodaß sich seine Ueberführung in das Krankenhaus zu Greiz notwendig machte. — Freiberg, 25. Juni. Bei einem Gewitter am Sonnabend wurde der Gutsbesitzer H. Zeller, als er im Begriff war, mit der Sense auf dem Rücken den Heimweg anzutreten, vom Blitz getroffen und getötet. — Riesa, 25. Juni. Einen grauenhaften Anblick, so erzählt ein Augenzeuge, gewährte das Unglück auf dem Artillerie-Schießplatze Zeithain. Von dem Pferde, an dem das Geschoß auftraf und explodierte, blieben nur noch Kopf und Beine übrig, alle übrigen Körperteile wurden in Stücke zerrissen. Alles, waS in der Nähe sich befand, war über und über mit Blutspritzern und Fleischteilchen bedeckt. Der Geschützführer, zur Zeit des Ereignisses ein Einjährig- Freiwilliger, flog ein beträchtliches Stück weg und kam mit dem Schreck davon, während sein Pferd getötet werden mußte. Dem seinen Verletzungen erlegenen Soldaten war der Unterleib aufgerissen, sodaß die Eingeweide heraustraten. Dem Unglück ist noch ein drittes Pferd, daS verletzt worden war, zum Opfer gefallen. Nach einer allerdings unver bürgten Mitteilung soll ein BedienungSmann mit Staubabwischen an dem Geschütz beschäftigt gewesen sein. In dem Augenblick, wo er hierbei die Siche rung außer Funktion gesetzt, habe ein Pferd ausge schlagen und daS Geschütz getroffen, worauf durch die Erschütterung daS Geschoß aus dem Rohr ge gangen sei. Die genaue Feststellung muß natürlich der Untersuchung vorbehalten bleiben. — Potschappel, 25. Juni. Gestern nachmittag verunglückte ein Kutscher des Fuhrwerksbesitzers Koch hier tödlich. Er fuhr mit einem zweispännigen Last wagen die Straße vom Sauberge herab und war eben im Begriff, die Bremse anzuziehen, als eins der Pferde ausschlug und ihn so unglücklich an den Kopf traf, daß er besinnungslos vom Wagen stürzte und Heblich zerrissen worden. Der Winterweizen hat sich im allgemeinen normal entwickelt, nur ver einzelt kommen dünne und mangelhafte Bestände vor. Der Winterroggen dagegen hat sich in folge der starken Regengüsse vielfach bereits vor der Blüte gelagert. Auch ist die Blüte durch die naß kalte Witterung sehr verzögert und ungünstig beein flußt worden, sodaß der Körneransatz zu wünschen übrig läßt. Die Sommersaaten haben sich in folge der reichlichen Feuchtigkeit von den durch die Trockenheit Anfang Mai eingetretenen Schäden gut erholt. Auf schwereren und nassen Böden war es bald darauf starb. Die Pferde rasten mit dem Wagen, der vollständig zerbrochen wurde, den Berg gut aufgegangen; die Bestände zeigen vielfach Lücken, ! auch die Entwicklung war nicht allenthalben eine normale, und di« Beseitigung de- reichlich wach- senden Unkrautes konnte bei der Nässe nicht in der wünschenswerten Weise erfolgen. Für i die Futtergewächse war daS Wetter eben- fall« vorteilhaft. Da« WiesengraS wie der Klee geben im allgemeinen guten Ertrag. Der zweite Klee hat sich indessen wegen der kühlen Temperatur nur langsam entwickeln können, hier und da sind die Schläge umgepflügt und mit Ge menge neu bestellt worden. Die Heuernte hat begonnen: bis Mitte Juni konnte jedoch wenig oder gar nichts eingebracht werden. Von Pflanzen- schädlingen werden der Drahtwurm und die Engerlinge erwähnt. Ferner wird über das Vor kommen von Rost im Getreide geklagt. — Gersdorf, 26. Juni. Durch den NahrungS- Mittelchemiker im Glauchauer Bezirk, Herrn Dr. Scheitz in Meerane, wurden im verflossenen Monat in mehreren hiesigen Läden bez. Verkaufsstellen ver schiedene Nahrungsmittelproben zur Untersuchung entnommen. Nach dem Untersuchungsergebnis waren 1 Esstgprobe, die weniger als 3"/g Essigsäure ent hielt, 1 Safranprobe, die nur aus Saflorblüten so wie anderen Kompositenblüten bestand, 3 Proben GrieS, ferner 2 Proben Graupen als milbenhaltig und 2 Proben Pflaumen gleichfalls als milbenhaltig beanstandet worden. Schließlich waren die Abzieh bilder aus einem Geschäftsladen als stark bleihaltig befunden worden und der Weiterverkauf deshalb untersagt. — Glauchau, 25. Juni. Der rezeßherr schaftliche schönburgische Zweigverein der Gustav Adolf-Stiftung, der gestern in Thurm seine Jahres versammlung abhielt, bewilligte 300 Mark für die Gemeinde Riesdorf (Ungarn), 300 Mark für den Luther-Verein in Aussig zur Unterhaltung eoange- lischer Schulen in Oesterreich und die Festkollekte von 132,15 Mark für die evangelische Gemeinde in Edmond (Steiermark). — Chemnitz, 25. Juni Ziemlich weit vor geschritten sind nunmehr die umfangreichen Chemnitzer Bahnbauten, die seit einer Reihe von Jahren in Arbeft sind. Wesentlich erschwert und schwierig ge stalten sich die Arbeiten, weil durch die Bauten der Bahnbetrieb keine Störung erleiden darf. Auf nahezu 24 Millionen Mark sind die Arbeiten einschließlich nachträglicher Forderungen veranschlagt, wozu die Stadt Chemnitz zirka 1'/z Millionen Mark beizu steuern hat. Neben der Höher- bez. Tieferlegung der durch die Stadt führenden Schienenstränge, dem Erweiterungs- bez. gänzlichen Neubau des Nikolai- bahnhofes und Südbahnhofes, nimmt der Erweite rungs- und Umbau des Hauptbahnhofes das allge- meine Interesse in Anspruch. So bedeutende Kosten die Bauten auch verschlingen, so waren sie aber doch im Interesse der Betriebssicherheit mehr als dringend erforderlich, denn mit dem rapiden Wachstum der Stadt ist der Verkehr auf den Chemnitzer Stationen in den letzten Jahren erstaunlich gestiegen, der Per sonenverkehr sowohl als der Güterverkehr. Immer hin wcrden aber noch Jahre vergehen, ehe die hie sigen Bauten entgültig zum Abschluß kommen. Die Straßenbilder an und in der Nähe der neuen Bahn anlagen erfahren natürlich ebenfalls eine gänzliche Umgestaltung. Gemüt zu viel. Die Vortragsweise der Ulanen war di« bekannte schneidige und temperamentvolle, sodaß da- Konzert viel Beifall wrckte. Den Schluß bil deten di« obligaten Parademärsche für Feldtrom peten, die in ihrem Trabtempo an die Au-führen den groß« Ansprüche stellten. An daS Konzert schloß sich ein Tänzchen, dem namentlich die junge Welt recht fleißig huldigte. — Die Generaldirektion der König!. Sächs. StaatSbahnen hat genehmigt, daß die Ksmbat» taute« de- Feldzuges do» 1866 die anläß lich der 40jährigen Wiederkehr der Schlachtentage die Schlachtfelder von Königgrätz und Gitschin zu besuchen gedenken, auf der Hin- und Rückfahrt in Personenzügen zum Mili- tärp reise befördert werden, wenn sie sich am Fahrkartenschalter durch die Feldzugsnotiz im Mili tärpaß oder durch eine Bescheinigung des Bezirks» kommandoS auSweisen. Die Benutzung von Schnell zügen, auch bei Lösung von Zuschlagskarten, ist aus geschlossen. — Die Lehrerschaften der sächsischen Taub stummenanstalten haben im Oktober vorigen Jahres einen Fürsorgeverei« für Taubstumme im Königreich Sachsen ins Leben gerufen. Der Verein hat sich zur Aufgabe gestellt, für bedürftige Taub stumme auf sittlichem, geistigem und wirtschaftlichem Gebiete zu sorgen, sodann Taubstummenheime zu errichten und zu unterhalten und die zur Erreichung der genannten Zwecke erforderlichen Kapitalien an zusammeln. Zur Erfüllung dieser schwierigen Auf gaben erbittet man ebenso herzlich als dringend die tatkräftige Hilfe aller Menschenfreunde. Mitglied deS Vereins kann jede volljährige Person werden, die alljährlich mindestens 50 Pfg. Beitrag oder eine einmalige Summe von 50 M. leistet. Anmeldungeu und Beiträge nimmt in unserer Stadt dieHohen - stein-Ernstthaler Bank entgegen. — Ueber den Saate«sta«d in Sachsen um die Mitte des Juni hat der Landeskulturrat folgende allgemeine Uebersicht zusammenge stellt : Die zu Ende der vorigen Berichtszeit dringend erwünschten Niederschläge sind von Mitte Mai bis Mitte Juni in überreichem Maße eingetreten. Während der ganzen Dauer der Berichtszeit waren nur der 24. Mai und die Tage vom 6. bis 8. Juni im ganzen Lande regenfrei und warm. An allen übrigen Tagen hat eS geregnet. Die Niederschläge waren meist sehr ergiebig, besonders am 19. und 20. Mai und am 10. bis 12. Juni. Dabei war es, besonders Anfang Juni, sehr kühl. Im Gebirge fiel das Thermometer in der Nacht vom 6. bis 7. Juni bis auf den Gefrierpunkt. Am 19. und 20. Mai sind in verschiedenen Landesteilen schwere Gewitter, begleitet von Hagel und sehr starken Regengüssen, aufge treten. Namentlich sind Teile der Amtshauptmann schaft Meißen, Döbeln, Oschatz, Pirna, Annaberg, Flöha, Schwarzenberg und Zwickau betroffen worden. In den Bezirken 42 (Sebnitz, Schandau), und 68 (Amtsgerichtsbezirk Mügeln, Bezirk Leipzig) kam eS zu Wolkenbrüchen. Die Wassermassen haben durch Verschlämmen der Felder und Wiesen viel Schaden angerichtet. Auch in anderen Landesteilen sind die Felder infolge der starken Regengüsse zum Teil er- Hruichilde Isenburg. Roman von Erich Friesen. 13. Forts. (Nachdruck verboten.) Dolores zieht ihr Schmollmündchen, mit dem sie so gern irgend eine kleine Bosheit heraussprudelt. Ihre großen schwarzen Augen tanzen vor Übermut. Schon öffnet sie die Lippen zu einer Entgeg nung; doch ein bittender Blick Günters hält sie zurück. Achselzuckend setzte sie sich neben ihr,' Koustne und beginnt ein Gespräch mit ihr. „Na, wie geht's Marietta? Wo hast Du denn Ninella gelassen? Ich muß gestehen, ich hab' fürch- terliche Sehnsucht nach meiner teuren Koustne. Kann kaum mehr die Zeit abwarten, bis ich sie wieder mal ein bischen quälen kann .... Brauchst nicht gleich rot vor Zorn zu werden, Marietta — Dich mein' ich nicht. Du bist ein kleines dummes Schaf. Deine Schwester mein ich, die Ninella mit ihrer bösen Zunge und mit ihrem gelbgalligem Teint... O, wie mir dies alles zuwider ist —" unterbricht sie sich plötzlich, indem sie emporspringt und die Hände abwehrend ausstreckt, als sehe sie em Gespenst. „Wie froh bin ich, daß ich mich nach Deutschlai d verheirate, daß ich nicht genötigt bin, in Italien zu bleiben — in Rom, wo ich dieselbe Luft mit Euch atmen müßte!" Bernardo Rosso ist bis in die Lippen hinein erblaßt. ES zuckt ihm in den Fingern, al- müsse er hinstllrzen zu dem schönen braunen Mädchen und eS auf den losen Mund schlagen .... Doch wieder beherrscht er sich. „Liebe Dolores, Du redest Unsinn!" lächelt er in sanft verweisendem Tone. „Was soll Herr Horst von dir denken! . . . Und nun laßt uns etwas essen! Ich meine wir werden alle Hunger haben." Die Abendstunden verfliegen in der angenehm sten Weise. Jeder scheint sich Mühe zu geben, seine günstigste Seite herauszukehren. DoloreS strahlt von Glück und Übermut. Im Gegensatz zu ihren sonstigen Bewegungen ist heute alles an ihr Leben und Verve. Auch Bernardo Rosso kehrt seine liebenswür- digste Seite hervor. Er ist ein Weltmann durch und durch, und wenn er will, kann er unwider stehlich sein. Nach dem Essen begibt sich die kleine Gesell schaft auf die Terrasse. Die volle Scheibe deS MondeS ist hinter dem Vesuv emporgestiegen, die sanft aufsteigende Wellenlinie deS alten Feuerkopfes in scharfen Konturen tiefschwarz an daS leuchtende Firmament zeichnend. Eine leichte Brise weht vom Meer herüber. Drunten am Gestein plätschern leise die auf- und abspühlenden Wellen. Bernardo Rosso behandelt Günter Horst voll- tändig wie zur Familie gehörend. Keine Frage rgend welcher Art. Er scheint für ihn einfach Günter Horst zu sein, der Bräutigam seiner Nichte. Günter fühlt sich überaus glücklich. Er begreift gar nicht, weshalb DoloreS ihren Onkel in solch chwarzen Farben geschildert hat. Natürlich — es tbertrieb, wie stets, daS exaltterente liebe Kind! Als Bernardo Rosa gegen zehn Uhr die beiden jungen Mädchen mahnt, sich in ihre Schlafzimmer zurückzuziehen, steht Dolores merkwürdigerweise so fort gehorsam auf. „Gute Nacht, lieber Günter! Auf Wieder sehen morgen!" „Gute Nacht, mein Lieb! Schlaf süß und träume von mir! Innig drückte er die schlanken Finger an seine Lippen. Dann blickt er mit leuchtenden Augen der zier lichen, geschmeidigen Gestalt nach, wie sie geräusch los neben der massiv gebauten Marietta aus dem Zimmer gleitet. Miß Smith hat sich schon längst zurückgezogen. Die beiden Männer sind allein. „Mein Herr", beginnt Günter, lebhaft auf Bernardo Rosso zutreten, der sich gerade eine Zigarre anzündet, „ich danke Ihnen für Ihr freundliches Entgegenkommen. Wenn Sie irgend welche Aus kunft über meine Verhältnisse wünschen —" Wieder jene kühle, abwehrende Handbewegung. „Nicht heute. Ein andermal! Gute Nacht, Herr Horst. Ich will noch ein wenig hinunter an den Qui gehen. Auf Wiedersehen morgen!" Damit verläßt er die Terrasse, und auch Günter begibt sich auf sein Zimmer. Tine ganze Stunde noch sitzt er am Schreib- tisch und schreibt lange Briefe an seine Eltern und an Koustne Brunhilde — Briese, in denen er in den rosigsten Farben DoloreS' Vorzüge schildert und von seinem namenlosen Glück spricht, ein solch ent zückendes Mädchen sein eigen nennen zu dürfen. Zwar wird ihm etwa- unbehaglich bei dem Gedanken, wie die schlichte Mutter da- exzentrische Wesen seiner Braut beurteilen, was für Augen wohl Brunhilde zu den Grimassen der kleinen Kreolin machen wird. Doch beunruhigt ihn dies nicht ernstlich. Er ist zu froh, zu glücklich, um sich mit Zweifeln zu beschäftigen. Bald umfängt ihn ein tiefer, traumloser Schlaf, aus dem er erst spät am Morgen erwacht. Aergerlich, die kostbare Zeit verschlafen zu haben, macht er rasch Toilette. Gewiß wartet DoloreS drunten am Frühstückstisch schon sehnsüchtig aufihn... Als er den Speisesaal betritt, ist er bereits vollkommen leer. Nur ein Kellner ist mit dem Abräumen deS Kaffeegeschirrs beschäftigt. „Wie schade, daß sie weg sind, nicht wahr, mein Herr ?" fragt er mit unverschämt pfiffigem Schmunzeln, Günter eine Tasse Tee präsentierend. „Weg? . . . Wer?" „Nun — die hübsche junge Dame. Und ihre Verwandten, die gestern angekommen waren!" „Wa—aS?« Günter läßt beinahe die Teetasse fallen vor Schreck. „Hier ist ein Briefchen für Sie von dem Onkel der jungen Dame." „Danke! Sie können gehen. Ich frühstücke nicht mehr." Mit bebenden Fingern öffnet Günter das Billet. Es lautet: „Monsieur! Selbstverständlich ist eine Verbin dung zwischen Ihnen und meiner Nichte eine Un möglichkeit. Sie werden dies selbst einsehen und nicht versuchen, meine Nichte wiederzusehen oder gar umzustimmen. Wir reisen heute mit dem Frühzug. Bernardo Rosso." (Fortsetzung folgt.)
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