Volltext Seite (XML)
^ 182, 9. August 1909. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dlschn. Buchhandel. 9107 haben solle, Nichtmitglieder als Nichtbuchhändler zu kennzeichnen und ihnen jeden Buchhändlerrabatt abzuschneiden; die dritten end lich, die die Umgestaltung des Börsenvereins zu einer Innung für unmöglich halten, aber meinen, daß man recht wohl durch praktisch ausführbare Statutenbestimmungen, und unterstützt durch freiwillige Vereinbarungen zwischen Verlegern und Sortimentern, einen Zustand schaffen könne, »welcher dem soliden Sortimente in seinem Kampfe gegen die Schleuderei eine wirksame Unter stützung biete, so daß — wenn auch nicht eine völlige Beseitigung — doch mindestens eine wesentliche Eindämmung derselben und damit die Erhaltung unserer altbewährten buchhändlerischen Organisation in ihren guten Seiten zu erhoffen sei.« Dieses Programm vertrete er seit zehn Jahren und so auch wieder iu seinen neulichen Vorschlägen. Der klare und alles kurz aber genügend berührende Vor trag, dessen Lektüre auch heute noch ein wirklicher Genuß ist, wurde allseitig mit Beifall ausgenommen: der Antrag des Vor standes wird angenommen, die Wahl des Ausschusses dem Vor stande überlassen. Der außerordentliche Ausschuß für die Revision des Statuts tagte am 30. Juni, 1. und 2. Juli 1887 unter dem Vorsitz von Adolf Krön er. Die Verhandlungen umfassen über 200 Seiten und erschöpfen das Thema so gründlich, daß jede neue Satzungs revision auf diese Verhandlungen wird zurückgreifen müssen. Ich hatte gewünscht, auch hier ein Resümee des Wichtigsten zu geben, es war dies aber nicht zu machen und so kann ich nur auf den Bericht selbst verweisen, dessen Studium in der Tat lohnend ist. Die Veröffentlichung im Börsenblatt zeitigte einige Abände rungsvorschläge, aber auch Proteste. Namentlich Berlin glaubte einigen Bestimmungen, hauptsächlich der, daß nach einem andern Gebiet nur mit dem dort gestatteten Rabatt geliefert werden dürfe, nicht Nachkommen zu können. Interessant sind auch einige Briefe, die zum Teil die Lage sehr schwarz ansehen und eine Ablehnung der Vorlage des Börsenvereinsvorstandes prophezeien. So schreibt Emil Strauß in Bonn an Bernhard Hartmann in Elberfeld: »Beifolgend das Resultat der Berliner Versammlung. Was nun? Ich bin vorläufig ratlos! « Die Folgezeit hat gezeigt, daß die Schwarzseher nicht recht behalten haben; die neue Satzung wurde angenommen, und auch Berlin hat sich über zeugt, daß unter dem neuen Regime sich leben läßt und daß die unleugbaren Schäden, die Berlin zugefügt wurden, durch die Ein dämmung der Schlenderei wettgemacht worden sind. Am 24. September fand die außerordentliche Delegierten- Versammlung in Frankfurt a. M. statt. Es war eine stattliche Versammlung. Alle Vereine im Deutschen Buchhandel hatten das ihrige getan, so viel Mitglieder als nur irgend möglich auf die Beine zu bringen. Da es sich um eine Statutenrevision handelte, so war in der bevorstehenden Hauptversammlung des Börsenvereins Stimmvertretung unzulässig, nur Anwesende konnten abftimmen. Da galt es also: alle Mann an Bord! In der Delegiertenversammlung wurde der Entwurf para graphenweise durchberaten. Natürlich kamen hier die Meinungs verschiedenheiten zwischen Berlin, Leipzig und der Provinz noch einmal zur Geltung, und die Gegensätze platzten gehörig auf einander; doch wurde schließlich die Vorlage mit geringen Ände rungen angenommen. Am 25. September 1887 folgte die Außerordentliche Haupt versammlung des Börsenvereins, die über die Annahme oder Ab lehnung der neuen Satzungen endgültig entscheiden sollte. Die Debatte leitete der erste Vorsteher Adolf Kröner ein, indem er die Grundsätze, die den Vorstand und den Ausschuß bei ihrer Arbeit geleitet hatten, darlegte. Nachdem am vorigen Tage in der Delegiertenversammlung das pro und contra weitläufig erörtert war, hielt sich die Diskussion in engen Grenzen. Die Berliner legten ihren Standpunkt dar, versuchten wenigstens die Bestimmung, betreffend die Lieferungen nach auswärts, aus den Satzungen zu entfernen, erklärten aber durch den Mund von! Leonhard Simion, daß sie, wenn das Statut Gesetz ist, »diejenigen sein werden, die mit aller Kraft dahin arbeiten werden, das, was einmal beschlossen ist, auch durchzusühren«. So endete die außerordentliche Hauptversammlung um */z1 Uhr mit der Annahme der neuen Satzung; von 395 Anwesenden stimmten 27 gegen die Vorlage, 7 enthielten sich der Abstimmung: es hatten somit 361 für die Annahme der Satzung gestimmt. Damit schließt der Band und damit die Berichterstattung über einen der denkwürdigsten Abschnitte der Geschichte des Deut schen Buchhandels. Haben auch nicht alle Erwartungen sich erfüllt, die man an die Wirksamkeit der neuen Satzungen geknüpft hatte, so noch weniger die Befürchtungen, obgleich, wie nicht zu ver wundern ist, namentlich Berlin, aber auch Leipzig nicht ohne Wunden aus diesem Kampfe hervorgegangen sind. Mein Referat ist etwas länger geworden, als ich es erwartet habe; ich glaubte aber mit einer gewissen Ausführlichkeit denen einen Dienst zu leisten, denen ihre Zeit nicht erlaubt, den ganzen Band von über 600 Seiten durchzulesen, diejenigen aber, die die Zeit haben, zum Studium anzuregen. Dem Vorstande des Börscn- vereins ist der Buchhandel für die Veröffentlichung großen Dank schuldig. Kleine Mitteilungen. Vom Reichsgericht. Haltbarmachung des Rechts anwalts wegen unterlassener Benachrichtigung. (Nach druck verboten.) — Nach § 1166 des Bürgerlichen Gesetzbuchs hat der die Zwangsvollstreckung eines Grundstücks betreibende Gläubiger den persönlichen Schuldner unverzüglich zu benach richtigen, wenn er ihn wegen eines Ausfalles bei der Zwangs vollstreckung in Anspruch nehmen will. Der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit war bei der Zwangs versteigerung eines hypothekarisch belasteten Grundstücks mit 3465 94 H ausgefallen und suchte nun den persönlichen Schuldner für diese Ausfälle haftbar zu machen. Dieser lehnte jede Inanspruchnahme ab, weil er nicht gemäß § 1166 B. G.-B. von der Zwangsvollstreckung in Kenntnis gesetzt worden war. Der Kläger nahm deshalb den Rechtsanwalt B., den er mit der Zwangsversteigerung beauftragt hatte, in Anspruch, da durch dessen Fahrlässigkeit der Schaden entstanden sei. Beide Vor instanzen haben der Klage stattgegeben. Sie nehmen an, daß es zu den Pflichten eines sorgfältigen Anwalts gehört habe, schon nach dem, was Beklagter selbst über seine Vertrags beziehungen zu dem Kläger zugibt, die Benachrichtigung von der Zwangsversteigerung dem G. zugehen zu lassen. Durch diese Nichtbenachrichtigung sei aber dem Kläger, selbst dann, wenn G. mittellos sein sollte, ein Schaden entstanden, weil, wie schon im Vorprozeß und auch jetzt wieder für erwiesen angenommen werden müsse, G. andernfalls mit Mitteln seiner Frau das Grund stück erworben, bzw. so hoch mitgesteigert haben würde, daß ein Ausfall der klägerischen Forderung überhaupt vermieden und damit für Kläger ein Schaden überhaupt nicht entstanden sein würde. Gegen diese Ausführungen der Vorderrichter hatte der be klagte Rechtsanwalt Revision beim Reichsgericht eingelegt, die jedoch keinen Erfolg hatte und vom III. Zivilsenat des höchsten Gerichtshofs zurückgewiesen wurde. Der erkennende Senat legt hierzu noch folgendes dar: »Hinsichtlich der bestrittenen Fahr lässigkeit des Beklagten liegt doch auf der Hand, daß ein Anwalt, der, wie das hier nach der Sachlage feststeht, weiß, daß neben dem Hypothekenschuldner ein persönlicher Schuldner haftet und eventuell gleichfalls in Anspruch genommen werden soll, dann wenn er zunächst gegen den Hypothekenschuldner mit der Zwangs versteigerung vorgeht, sich so verhalten muß, daß nicht die Rechte gegen den persönlichen Schuldner verloren gehen, was durch die Beachtung des § 1166 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ohne weiteres erreicht worden wäre.« (25. Juni 1909. III. 433/08.) K Mißlack. * Peter Ganter und kein Ende. — Der in München vom dortigen Landgericht soeben zu überraschend gelinder Strafe ver urteilte Peter Ganter will schon wieder die Öffentlichkeit für sich in Anspruch nehmen. Wie das Altonaer Tageblatt meldet, 1183*