Volltext Seite (XML)
9106 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Nichtamtlicher Teil. ^ 182, 9. August 1909. Auch die Stammrolle bildete wiederum einen Gegenstand des Jahresberichts. Es wurde erwähnt, das; die Fertigstellung der Stammrolle sich länger verzögert habe, als wünschenswert gewesen wäre, und daß erst jetzt die ersten Exemplare vorgelegt werden könnten. Der Nheinisch-Westsälische Kreisverein hatte den Antrag ge stellt, das; Firmen, welche von dem Vorstande des Börsenvereins als Schleuderer bezeichnet worden sind, die Kommissionsplätze Leipzig, Berlin, Stuttgart gesperrt werden sollten, daß die Kom missionäre die Kommission niederlegen und daß die Beischlüsse und Geschäftspapiere von der Beförderung ausgeschlossen werden sollten. Dieser Vorschlag erregte eine größere Debatte und wurde namentlich von Voigtländer-Krenznach befürwortet, welcher bat, diesen Antrag in die Hände des Börsenvereins-VorstandeS nieder- znlegen, der dann Mittel zur Durchführung höchst wahrscheinlich in ein bis zwei Jahren finden werde. Schließlich konnte sich aber die Versammlung doch den Bedenken nicht verschließen, daß der Antrag des Rheinisch-Westfälischen Kreisvereins kaum durchführbar sei, worauf Herr Voigtländer den Antrag zurückzog. Einen weiteren Gegenstand der Tagesordnung bildeten die Mischkataloge. Auch hier die alten Klagen und die alten Palliativ mittel. Daß ein Verbot der Mischkataloge unmöglich sei, wurde allgemein anerkannt, ebenso überzeugte man sich, daß die kleinen Mittel nur Nadelstiche seien, die gewöhnlich den Unrechten treffen, niemals aber imstande sein würden, das Übel, das man treffen wolle, anszurotten. In der Hauptversammlung des Börsenvereins am 23. Mai 1886 wurde der Antrag Voigtländer gelegentlich des Vorstands antrages, welcher dahin ging, »Anzeigen solcher Firmen, welche nach Ausspruch der Siebener-Kommission und des Vorstandes gegen die in Z 2 der Geschäftsordnung der Siebener-Kommission erwähnten, den Verkehr des Sortimenters mit dem Publikum betreffenden Grundsätze verstoßen haben«, von der Aufnahme im Börsenblatt auszuschließen, noch einmal gestreift, sodann machte der Vorsitzende Krön er die Mitteilung, daß der Vorstand sich end gültig schlissig gemacht habe, die Statntenrevision in Angriff zu nehmen. Damit waren die Würfel gefallen. Der Vorstand des Börsenvereins hatte alle Bedenken fallen lassen, die einer Satzungs änderung im Wege stehen konnten; er hatte damit aber auch zu gleich zu verstehen gegeben, daß die Änderung der Satzung dem Vorstande die Mittel an die Hand geben sollte, kräftiger und wirksamer als bisher die Schlenderei zu bekämpfen. Einig war man in dem Wunsche, diese Machtmittel dem Börsenvereins- vorstande zu gewähren, wenn auch über das, was Schleuderei sei, nicht vollkommene Übereinstimmung erzielt war. Um diese Über einstimmung zu erzielen, bedurfte es neben der Änderung der Satzungen noch erbitterter Kämpfe, die sich fast bis in die Gegen wart hineinziehen und auch noch heute nicht abgeschlossen sind. Während der Vorstand des Börsenvereins die durch die Satzungen für ihre Änderung geforderten Schritte vorbereitete, waren auch die einzelnen Vereine nicht müßig, der Abschaffung der Schleuderei in ihren Vereinen die Wege zu bahnen. Nament lich der Rheinisch-Westfälische Verband war ungemein rührig, eine Einigung und Zusammenfassung in seinem Bezirk zu erzielen und einen Diskont von 5 Proz. zur Durchführung zu bringen. Aber auch die andern Verbände waren nicht müßig, wie aus den in dem Bande abgedruckten Schriftstücken hervorgeht. Am 25. und 26. März 1887 fanden die Verhandlungen des Vorstandes des Börseuvereins über die Statutenrevision statt. Es wurde beschlossen, bei der nächsten Hauptversammlung den Antrag zu stellen: »Die Hauptversammlung wolle die Revision des Statuts beschließen und dem gemäß § 66 des Statuts zu wäh lenden Statuten-Revisionsausschusse die untenstehend for mulierten Abänderungsvorschläge des Vorstandes als Grund lage für deren Beratung überweisen.« In dieser Vorstandssitzung hatten sich zwischen dein ersten Vorsteher Adolf Kröner und einigen Mitgliedern Meinungs verschiedenheiten gezeigt, die beinahe zu einer Amtsniederlegung des ersten Vorstehers geführt hätten. Paul Parey hatte zu § 3 Abs. 5 einen Abänderungsantrag gestellt, dahin lautend: »durch Hauptversammlungsbeschluß ausgeschlossenen Mit gliedern nichts mehr, weder in Rechnung noch gegen bar zu liefern«. Ferner war vorgeschlagen, Abs. 2 und 3 des § 18 zu streichen und an deren Stelle zu setzen: »Mitglieder eines von dem Börsenverein anerkannten Ver eins können sich durch Mitglieder des betreffenden Vereins bei den Wahlen der Hauptversammlung vertreten lassen. Persönlich in Leipzig anwesende Mitglieder können nur in Krankheitsfällen durch Stellvertreter wählen.« Herr Kröner hatte sich gegen beide Vorschläge, namentlich auch gegen diese Einschränkung der Stellvertretung energisch aus gesprochen, trotzdem wurde sie von sämtlichen Mitgliedern, mit Ausnahme des ersten Vorstehers angenommen. Dies veranlaßte einen lebhaften Briefwechsel zwischen Kröner und Parey, da Kröner entschieden erklärte, diese Anträge nicht vertreten zu können. Mit Einverständnis Kröners wurde noch eine Vorstandssitzung in Berlin am 5. April 1887 abgehalteu, in der der oben erwähnte Antrag des Vorstandes wie folgt geändert wurde. »Die Hauptversammlung wolle eine Revision des Statuts beschließen und den durch § 66 vorgesehenen außerordent lichen Ausschuß niedersetzen.« Dem ersten Vorsteher sollte es überlassen bleiben, seine Ab änderungsvorschläge zum Statut zu veröffentlichen, und der Vor stand beschließt, ihren Abdruck im Börsenblatt zu bewirken alsbald nach Veröffentlichung der Tagesordnung. Hierdurch wurde die Meinungsverschiedenheit innerhalb des Vorstandes vorläufig bei gelegt: Herr Kröner blieb. Den Vorstandsmitgliedern wurde es überlassen, ihre Meinung in dem zu wählenden außerordentlichen Ausschuß zur Geltung zu bringen. Der Abdruck der »Abänderungsvorschläge des Vor stehers Adolf Kröner zu dem Vereinsstatut« erfolgte im Börsenblatt Nr. 82 vom 12. April 1887. In den Beratungen der 9. Delegierten-Versammlung 1887 nahm die Statutenrevision einen hervorragenden Raum ein. Namentlich wurden die Direktiven besprochen, die den: zu wählenden Ausschüsse zu geben seien. Auch der Antrag des Börsenvereins vorstandes auf Aufstellung einer Grundordnung wurde zustimmend beraten. Die Mischkataloge und der Antrag Theodor Acker mann-München auf Erlaß des Verbots, in Mischkatalogen Bücher, die noch beim Verleger zu haben seien, höher als zu dem niedrigsten Preise, zu dem sie zu beziehen seien, anzusetzen, erfuhr Be sprechung, wenn auch nicht Ännahme. In der am 8. Mai stattgehabten Hauptversammlung des Börsenvereins referierte der erste Vorsteher Adolf Kröner über den Vorstandsantrag betr. die Statutenrevision. Der Redner gab einen geschichtlichen Rückblick über die bisherigen Versuche, die Schleuderei einzudämmen, von der Weimarer Konferenz imJahre 1878 bis zum Tage der Haupversammlung. Er schildert die Versuche, die bisher gemacht seien, die Machtmittel des Börsenvereins zu stärken und die Ursachen, die dies bisher vereitelt hätten. In ungemein klarer und geradezu faszinierender Art weiß der Vortragende die verschiedenen Richtungen, die sich bekämpfen, die verschiedenen An sichten, wie eine Besserung herbeizusühren sei, zu präzisieren. Er stellt die drei Richtungen gegenüber, die heute um die Führung kämpfen; die ersten, die jegliche Einwirkung auf die Art des Geschäftsbetriebes des einzelnen vermieden wissen wollen und das Heil nur erwarten von einer »organischen Reform von innen heraus« ohne statutarische Beihilfe; die andern, die die Um gestaltung des Börsenvereins zu einer alle deutschen Buchhändler- umfassenden Innung erstreben, in der der Börsenverein die Macht