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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 14.06.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-06-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190606144
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19060614
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19060614
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-06
- Tag 1906-06-14
-
Monat
1906-06
-
Jahr
1906
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 14.06.1906
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au«gerottet, und der Verein Deutscher Eisenbahn- Verwaltungen, Hal diese Ausrottungen, wenn nicht besorgt, so doch gutgeheißen. So hüten Deutsche deutsche Sprachgüter . . . Dte Ueberhandnahme des Judentums tm Haudelsrichterftaud. Bet dem neuen Landgericht III Berlin wurden 16 Kaufleute und Rentiers zu Handels richtern ernannt, darunter befinden sich elf bis zwölf Juden. Die Ernennung erfolgt auf Vorschlag des AeltestenkollegiumS der Kaufmannschaft oder der Berliner Handelskammer. In beiden Körperschaften besitzen die Juden eine über- wiegende Mehrheit. Hierzu schreibt die „Kreuzzeitung": „Bei der Ernennung von Handelsrichtern wird sich die zuständige Behörde nicht ohne weiteres an die Vor schlagsliste gewählter Körperschaften binden dürfen, sondern unter Umständen in eine nähere Prüfung eintreten müssen, ob Anzeichen dafür vorliegen, daß bei Aufstellung der Liste einseitige Interessen maßgebend waren. Die Verjudung des Berliner Handels standes hat ohne Zweifel bedenkliche Fortschritte gemacht, aber doch nicht entfernt solche, daß nunmehr an nähernd drei Viertel der Handelsrichter dem Judentume entnommen werden mühten. Im Hinblick auf die tveit gehende Solidarität, die das Judentum stets betätigt, selbst wo es sich um fremde Revolutionäre handelt, wird man jene Vorschlagskollegien nicht von vornherein als gänzlich unbefangen ansehen dürfen. In einem jüdischen Staate wäre es ganz undenkbar, daß von den Handels richtern eines Gerichtshofes drei Viertel dem Christen- tume angehörten." Zumal bei der fanatischen Feindschaft, die der jüdische Kaufmann gegen Andersdenkende, wie z. B. gegen die deutsch-nationalen Handlungsgehilfen, be tätigt, würde eine eingehendere Befassung der Be hörden mit diesen Dingen recht ersprießlich sein. «Aue Östafrißa. Zu den neuen Aufstandsmeldungen aus Deutsch-Ostafrika, wonach in der Land schaft Irak» ein treuer Häuptling verjagt, der Merü Ansiedler Uffert von 500 bis 1000 Aus ständischen aufgehalten und bedroht wurde, so da gegen Jraku von Mpwapwa, von Kilimatinde sowi von Tabora Streitkräfte vorgeschoben werden mußten, erfahren wir: Es handelt sich um das etwa 200 Kilometer südlich des Kilimandscharo belegene Ge biet, in welchem sich die großen B u r e n a n- siedlungen befinden. Man geht daher kaum fehl in der Annahme, daß die Ursachen zu den Un ruhen in Streitigkeiten zwischen den Buren und den Ging borenen zu suchen sind. Eine größere Be deutung dürfte aber den Unruhen kaum bei zumessen sein. «Aue dem «Auekande. Krtedensfchalmeien allüberall. Es ist merkwürdig, daß sich jetzt unsere Staats männer nicht genug tun können in Friedensbeteue rungen. Auf die Erklärungen des Grafen Goluchowsky in der ungerischen Delegation antwortet jetzt der italienische Ministerpräsident Giolitti mit ähnlichen Beteuerungen. In einer Erklärung in der Kammer sagte er: Drei Be dingungen seien für raschen Fortschritt auf dem Reformwege unumgänglich nötig: Friede nach außen hin, Ordnung im Innern und festgefügte Finanzen. Der Friede ist uns, so erklärt Giolitti, glück licherweise durch die Bündnisse ge sichert, denen wir entschlossen treu bleiben werden, sowie durch die herzliche Freundschaft, die uns mit allen Mächten verbindet, insbesondere mit denjenigen, mit denen unsere Be ziehungen häufiger und traditioneller sind. Jin In nern werden wir die Ordnung mit strenger Achtung vor dem Gesetz und allen Volksfreiheiten und mit großer Unparteilichkeit in dem Kampfe zwischen Kapital und Arbeit aufrecht erhalten. Die Finanz lage ist vortrefflich, aber die größte Sorgfalt ist nötig, um das Budget festgefügt zu erhalten und den Staatskredit auf der Höhe zu halten, auf dem wir ihn jetzt sehen. Aus der schon im AuSzuge erwähnten Erklärung des französischen Ministerpräsidenten Sarrien, die er gestern in der Deputiertenkammer verlas, schallt dasselbe Echo. „Dank der auswärtigen Politik der Regierung werden wir daS Bündnis und die Freundschaftsverhältnisse auf ¬ recht erhalten und festigen. Dank ihr werden wir in Zukunft die Gefahr von Störungen und Konflikten verringern. Frankreich hofft, daß, wie es selbst, auch die übrigen Nationen stets weiter Lösungen erstreben werden, die auf der Achtung vor dem Recht begründet sind, und wünscht, daß der Fortschritt der allgemeinen Meinung nach dieser Richtung, zu dem Frankreich auf diese Weise beige- fragen haben wird, es den Nationen gestatten wird, dte Verminderung der militärischen Lasten als möglich anzusehen." Das amerikanische „Bees". Die Enthüllungen über den Fleisch» schwindel in Chicago haben inEngland in einer für Amerika verhängnisvollen Weise gewirkt. Die Nachfrage nach Fleischkonseroen ist in erstaun licher Weise zurückgegangen. Ein Kaufmann teilte mit, daß er in der verflossenen Woche nicht mehr als ein Viertelpfund Büchsenfleisch verkauft habe, während sein gewöhnlicher Absatz 100 Pfund wöchent lich sei. Die Kaufleute und besonders die Groß händler, die ganze Lager von amerikanischem Bllchsen fleisch besitzen, werden durch diesen Boykott der Konserven natürlich schwer getroffen. Die Arbeiter klasse genießt in England zu gewöhnlichen Zeiten kaum etwas anderes als dieses Fleisch. In dem vergangenen Jahre wurde Büchsenfleisch im Werte von 25 Millionen Lstrl. eingeführt, und man kann daraus schließen, wie gewaltig der Schaden sein wird, den die Händler infolge des Boykotts zu erwarten haben. Als am Freitag in dem Lager von Sa lisbury Plain Büchsenfleisch an die Soldaten verausgabt wurde, weigerten sich die Leute, ihre Ra tionen anzunehmen. Als sie dazu gezwungen wur- den, warfen sie das Fleisch auf den Exerzierplatz. Man sah sich sogar genötigt, die Bestände an Büchsen aus dem Lager zu entfernen, da die Soldaten mit einen Angriff auf das Proviantlager drohten. Die Wut der Leute erreichte ihren Höhepunkt, als ein Mann im Lager unter VergiftungSerschei- nungen starb. Die Abneigung gegen Konserven beschränkt sich nicht auf das Fleisch allein; auch die eingemachten Früchte und Gemüse werden boykottiert. In einigen Armenhäusern haben die Insassen gegen Konservenspeisen revoltiert Die Verwaltung des Armenhauses von WandSworth, die wöchentlich etwa 3000 Pfd. Konserven gebrauchte, hat beschlossen, den ganzen vorhandenen Bestand zu vernichten und in Zukunft keinerlei Konserven mehr zu kaufen. Die Empörung, die in den Vereinigten Staaten gegen die Packer von Chicago herrscht, ist zu Hellen Flammen angefacht worden durch die Nachricht von der Hochschule in Wooster in Ohio, daß zehn Schülerinnen nach dem Genuß einer aus Chicago stammenden sogenannten „Hühner- pastete" an Vergiftungserscheinun gen erkrankten. Es gelang den Doktoren, die Mäd- chen zu retten. Es verbreitet sich immer mehr die Ansicht, daß zahlreiche Sterbefälle, die von den Aerzten als Cholerafälle betrachtet wurden, dem Genuß von Büchsenfleisch zuzuschreiben seien. Der Kongreß wird wahrscheinlich höchst drastische Maßnahmen treffen. Die Verluste des Fleischtrusts sollen bereits viele Millionen betragen. Die großen Viehfarmer im Westen der Vereinigten Staaten wer den leider unschuldigerweise mit den schuldigen Pack firmen zu leiden haben. Die Lage in Kußkand Die Zustände im Reiche des Zaren scheinen neuen kritischen Tagen entgegenzutreiben. Der Petersburger Korrespondent der „Times" meldet, die Unzufriedenheit in der Armee sei im steten Wachsen begriffen und mache sich in fast allen Sarnisonen durch Disziplinlosigkeiten aller Arten ühlbar. Die militärischen Gefängnisse in der Haupt- ladt seien mit Soldaten überfüllt, die unter dem verdacht verhaftet wurden, mit der revolutionären Partei Fühlung zu haben. Die militärischen Sicher- eitsmaßregeln seien verdreifacht. Schnellfeuergeschütze eien in der Nähe des Winterpalais, der Paläste der Nroßfürsten, der Ministerien, sowie sonstiger öffent- lcher Gebäude aufgestellt, um einem Angriff der evolutionären Menge energisch die Spitze bieten zu önnen. Gleichzeitig mehren sich in den Provinzen die agrarischen Unruhen in einem erschrecken ¬ den Umfange. Nach einer Meldung des „Daily Telegraph" terrorisierte ein meuterndes Infanterie Regiment die Stadt Poltawa. Die meuternden Soldaten marschierten durch die Straßen der Stadt und schoflen auf die Polizei, sowie auf dte Kosaken, die ihnen entgegengesandt wurden. Auch andre Regimenter hatten bereits beschlossen, sich den Meuterern anzuschließen. Al« eS schließlich gelang, die Ordnung wieder herzustellen, nachdem den Truppen in verschiedenen Punkten, die zu Klagen Anlaß geboten hatten, Genugtuung gegeben war. Von einer Räuberbande wurden in SoS- uowice der Kassierer mit vier Beamten der Flora grube und Casimirgrube der Österreichischen Länder- bank auf offener Straße überfallen, mit Revolvern bedroht und ihnen 25 000 Rubel abgenommen. Die Beamren hatten das Geld zur Lohnzahlung von der SoSnowicer Handelsbank erhoben. Die mas kierten Räuber hatten vorher alle Telegraphendrähte zerschnitten. Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 13. Juni 1906. Wettervoraussage de« Kgl. Sächs. Meteorologischer Institut« zu Dresden. Kür Donnerstag: Regnerisches Wetter bei unternormaler Temperatur und nordwestlichen Winden. Barometer: mittel. 14. Juni: TageSmittel -1-15,0" Maximum-s-18.9", Minimum -s-10,2°. — Das diesjährige Preis- und Königs schießen der Altstädter Schützenkompagnie, verbunden mit dem 50jährigen Platzjubiläum, ver spricht ein recht effektvolles zu werden. Wenigstens liegen bereits so viel Anmeldungen von Schau- stellern vor, daß eS schwer ist dieselben unterzu bringen. Trotzdem noch einige Tage bis zum Feste vergehen, erhebt sich bereits eine kleine Wagenstadt auf dem Schützenplatz. Gestern nachmittag traf auf dem hiesigen Bahnhofe mit 9 Wagen Ernst Barthels großes Hippodrom ein. Hoffentlich hat Jupiter Pluvius ein Einsehen und bescheert uns heitere« Wetter, damit die aufgewandte Mühe und Kosten der Schausteller entschädigt wird. - Eine G-f-llschaftssahrt nach Olbern hau zum Erzgebirgischen Gruppenfest unternimmt der Naturhellverei« am nächsten Sonntag. Die Abfahrt soll mit dem Frühzuge 3 Uhr 44 Minuten vom hiesigen Bahnhofe aus erfolgen. Der Fahr preis beträgt für Hin- und Rückfahrt 2,85 Mk. Die Mitglieder sowie auch Gäste, die jederzeit will kommen sind, werden gebeten sich zahlreich an der Fahrt zu beteiligen und Anmeldungen bis Freitag mittag unter Hinterlegung des Fahrpreises beim Vorsitzenden, Herrn Naturheilkundigen Hüttl, zu bewirken. — In einer gestern abend hier stattgefundenen Verfammluug der Baumeister und Bau Unternehmer von hier und der Umgegend stand die gegenwärtige L oh nbe wegung derMaurer zur Aussprache. Bekanntlich fordern die Maurer einen Stundenlohn von 38 Pfg. und 10stündige Arbeitszeit Wie sich ergab, will man den verlangten Stundenlohn, soweit er nicht schon bezahlt wird, bewilligen, dagegen glaubt man die zehnstündige Arbeitszeit beanstanden zu sollen. Schließlich wurde die Gründung eines Arbeitgeberverbandes beschlossen und eine Kommission von drei Herren gewählt, die mit der Lohnkommission der Arbeiter verhandeln soll. In die Kommission wurden die Herren Bau meister LouiS Richter und Bernhard Werner von hier sowie Schützler-Oberlungwitz gewählt. — Auf einen Theologen. Mangel in Sachsen läßt die Tatsache schließen, daß sich zu der kürzlich stattgehabten theologischen Wahlfähig- keitS-Prüfung nur 15 Kandidaten angemeldet haben, obgleich allein in Leipzig zu Ende des verflossenen Wintersemesters 35 Kandidaten die Abgangsprüfung bestanden. Weiter kommt dazu, daß von den 517 Abiturienten, die diesmal an den sächsischen Gym- nasien das Reifezeugnis erhielten, sich nur 51 gegen 67 im Vorjahre für das Studium der Theologie entschieden. Während vor 20 bis 25 Jahren stets 500 bis 600 Studierende der Theologie an der Universität Leipzig immatrikuliert waren, betrug deren Zahl, trotz der Gesamtzunahme der Studierenden um 30 Prozent, im letzten Winter nur 332. —u. Oberlungwitz, 12. Juni. Der Beamten- oerein Oberlungwitz-HermSdorf hielt Montag abend im Lammsaal einen Vortragsabend mit Lichtbildern ab, in welchem der auf dem Gebiete der Kunst- erziehung wohlunterrichte und tätige Lehrer Herr Otto Günther aus Chemnitz als Vortragenden gewonnen worden war. Sein Thema lautete: „Der künstlerische Wandschmuck im bürgerlichen Heim." Ausgehend vom Wesen der Kunst und der Art und Weise, wie sich daS SchönheitLgefühl beim gewöhnlichen Manne äußert, kam er auf das Wandbild zu sprechen. Al« höchstes Kunstwerk bezeichnet er das von einem Meister unmittelbar auf die Wand gezeichnete Oelgemälde, wie es in Kirchen und StaatSbauten usw. zu finden sei. AuS leicht erklärlichen Gründen kann aber da« Heim nur von wenigen mit einem solchen Originale geschmückt werden. Die nun als Ersatz früher her gestellten Oeldruckbilder seien zu verwerfen, da sie auS Geschästtzspekulation entstanden sind. Auch die Reproduktionen von Meistern genügen höheren An sprüchen nicht; denn durch die Vervielfältigung geht das eigentliche Künstlerische verloren. Da die Farbe meist fehlt, werden die Bilder wesentlich geändert, wird aber Farbe angewendet, so bedeutet dies nur eine Verflachung des Gesamteindruckes. Nur in der Lithographie besitzen wir die Eigenart deS Künstlers; nur in dieser spricht er direkt zu uns. Bei diesem Vervielfältigungsoerfahren entsprechen die Erzeugnisse den Originalgemälden vollwertig; denn bei der Her stellung der Steinzeichnungen ist der Künstler be teiligt und bestimmt sein Werk von vornherein für die Technik des Druckes. Hier haben wir ursprüng liche, farbenfrohe Kunst, die daS Werk des Künstlers unmittelbar wiedergibt und darum auch stark und lebendig wirkt. Maßgebende Pädagogen haben den Wert der Bilder auch erkannt, und sie finden darum rn den Schulen immer mehr Eingang. Im zweiten Teile seines Vortrages führte Herr Günther die Werke der bedeutendsten Meister vor und erntete zum Schluß den Dank der zahlreichen Anwesenden für seinen höchst interessanten, zeitgemäßen Vortrag. Es sei noch erwähnt, daß vom Redner eine kleinere AuS- tellung verschiedener Wandbilder veranstaltet worden war, zu welcher die bestens bekannte Kunsthandlung Gerstenberger, Chemnitz die Bilder in dankenswerter Weise unentgeltlich überlassen hatte. — Chemnitz, 12. Juni. Ein interessanter Fall kam vor dem Landgericht zur Verhandlung. Im Frühjahre 1901 kam der damals 19jährige Uhrmacher Kurt Rudolf Schönherr aus Schönheider hammer auf seiner Wanderschaft nach Metz. Der noch unerfahrene und mittellose Bursche ahnte nichts Schlechtes, als sich ein Mann zu ihm gesellte und ihn tüchtig mit Wein und Essen traktierte. Als Sch. seinen Rausch ausgeschlafen hatte, befand er sich auf französischem Boden in militärischem Ge- wahrsam, und noch am selben Tage ging eS fort nach Algier zur Fremdenlegion. Der unbekannte Wohltäter hatte es verstanden, Sch. in seiner Wein laune für die Fremdenlegion anzuwerben. Auf die im nächsten Jahre von der sächsischen Militärbe hörde erlassene öffentliche Zustellung, die ihm durch seine Eltern vermittelt worden war, meldete sich Sch. sofort und versprach unter Darlegung des Sachver halts, sich nach Ablauf seiner fünfjährigen Dienstzeit in Algier sollet in Deutschland zu stellen. Sch. hielt Wort und stellte sich im Mai 1906 in Chem nitz, seinem früheren Wohnort. Er hatte sich nun vor dem Landgericht Chemnitz wegen Verletzung der Wehrpflicht zu verantworten. Seine Angaben konnten nicht widerlegt werden, weshalb das Gericht auf Freisprechung erkannte. — Plauen i. V., 12. Juni. Trotz War nungen war am Sonnab.md abend der 11jährige Knabe des Ziegeleiarbeiters Dörfler in einen hinter Althaselbrunn gelegenen Teich gegangen, um dort zu baden. Er geriet meine tiefe Stelle und ertrank. — Schwarzenberg, 12. Juni. Das bei )em Zwickauer Landgericht gegen den Malermeister Nagler von hier, der seine Ehefrau im Streite er- tochen hat, schwebende Strafverfahren ist wieder eingestellt worden, nachdem durch ärztliche? Gut achten und längere Beobachtung NaglerS festgestellt worden ist, daß dieser geisteskrank ist und sich auch schon zur Zeit der Tat in einem seine freie Willens bestimmung ausschließenden Zustand befunden hat. — <Atba, 12. Juni. Seit 7. dss. MtS. hat sich die am 20. April 1890 hier geborene Fabrik arbeiterin Helene Ida Kluge auS der elterlichen Wohnung entfernt und ist noch nicht wieder zurück- KrmchUde Isenburg. Roman von Erich Friesen. 3. Forts. (Nachdruck verboten.) „Und Sie, Madame ? Verzeihen Sie die etwas undescheidene Frage, sind Sie eine Verwandte deS jungen Mädchens?" „Nein, nur die Gesellschafterin. Aber ich habe Fräulein Arevalo von Herzen lieb. Sie ist so ein sam, so verlassen! Armes, armes Kind!" Die Hände der kleinen Dame zittern, als sie hastig das Glas zum Munde führt und an dem Rotwein nippt. „Hat Fräulein — wie doch der Name? — ach ja, Fräulein Arevallo — sagten Sie nicht so, Madame? Hat Fräulein Arevallo keine Eltern mehr ?" fragte Günther, dessen Interesse sich immer mehr steigert. „Nein." „Auch keine näheren Verwandten?" „Ja, einen Onkel. Er war mit seiner Nichte und einer Tochter in London, mußte jedoch plötzlich schnell nach Italien zurllckkehren. Und weil Fräu lein Arevallo nach der kaum überstandenen schweren Krankheit noch zu schwach für die lange Eisenbahn fahrt war, ließ er sie in meiner Obhut zurück mit der Weisung, das nächste, nach Italien verkehrende Schiff zu benutzen. Das arme, liebe Kind!" Die brave kleine Dame zog ihr Schnupfttuch auS der Tasche und bedeckt für einige Augenblicke ihr Gesicht. Dann sagt sie leise, bittend: „Sprechen Sie zu Fräulein Arevolla nichts da- on, was ich Ihnen soeben mitgeteilt habe. Sie (Fortsetzung folgt.) daS Do klingt! Und wie poetisch! . .. Dolo—reS! ... lo " Von den Armen der freundlichen kleinen Dame gestützt, schwankt DoloreS Arevallo daher. Kaum, daß die schwachen Füße den leichten Körper zu tragen vermögen. Günther springt empor und eilt den Damen entgegen. „Gnädiges Fräulein — gestatten Sie — kann ich irgendwie nützlich sein?' stammelt er verwirrt in französischer Sprache, die Helle Reisemütze ziehend. „Ja, bittte — bringen Sie mich — zu meinem Stuhl!" haucht die Kranke. „So — danke! Jetzt ist es — gut! Danke, danke! . . . Lassen Sie nur, Miß Smith! Mir ist nicht kalt. Gehen Sie — bitte! Gehen Sie! Ihre Freundlichkeiten — tun mir — weh!" Mit einem leisen Seufzer zieht die kleine Dame sich zurück, während Dolores sich matt im Korbstuhl zurllcklehnt. : Geschöpfes, das mit solch naiver Harmlosigkeit seine , Gesellschaft in Anspruch nimmt. Kaum weiß er, was er sagt. Aber als die brave Miß Smith nach ein« halben Stunde wieder an Deck auftaucht, um mit ängstlichen Blicken nach ihrer Schutzbefohlenen aus zuspähen — da findet sie die beiden jungen Men schenkinder in angeregtester Unterhaltung, die sogar etwa? wie Farbe auf Dolores' bleiche Wangen zauberte. Von nun an sind die beiden unzertrennliche Gefährten. Zwar nimmt Dolores Arevallo nicht an den allgemeinen Mahlzeiten im Speisesaal teil — ihr noch immer überaus reizbarer, krankhafter Zustand entschuldigte dies — aber sobald das Diner vorüber ist, eilt Günther strahlenden Antlitzes mit einem Teller voll ausgewählter Früchte oder Eiscreme hinauf an Deck, wo die Märchenaugen bereits nach hm auSlugen. Und wenn ein leises Lächeln, ein kaum merk ll. Am nächsten Morgen. . . Oben auf dem Vorderdeck des „Barbarossa", auf einem Haufen Taue sitzt Günter Horst und blickt in die Runde. DaS Meer, still, ruhig, glänzend, hypnotisiert ihn förmlich mit seiner zaubervollen Pracht. Drüben die duftverklärte Küste Spaniens, die sich unter den Strahlen der ausgehenden Sonne allmählich rosig färbt. Im Hintergründe die steilaufragende Felsen- Feste Gibraltar. Wohlige Stimmung beschleicht seine Seele. Voll Entzücken starrt er hinein in die Unendlichkeit deS Wassers, hinauf nach der Glanzkuppel deS Himmels gewölbes . . . Plötzlich daherschleichende, müde Schritte. Günter bleibt unschlüssig vor der Kranken stehen. Soll er bleiben? Oder ebenfalls gehen? Da winkt mit leichter Handbewegung da« Mäd- chen ihn zu sich heran. „Setzen Sie sich zu mir! Erzählen Sie mir etwas! Mir wird die Zeit so lang. ES ist alles so eintönig, so langweilig — so gräßlich, gräßlich langweilig!" Gehorsam nimmt Günter neben dem Korbsofa Platz. DoloreS hat die langbewimperten Lider schon wieder gesenkt und scheint mit halb ihm zugewandten Gesicht zu lauschen ... Dem jungen Manne wird ganz wunderlich zu Mute in unmittelbarer Nähe dieses fremdartigen licheS Nicken des feinen Köpfchens ihm dankt, so fühlt Günther sich fast im Paradiese. Das Schiffsleben begünstigt rasch geschlossene Freundschaften. Die gute alte Miß Smith, froh, ^ihrer vorher stets mißmutigen Schützling bei guter Laune zu sehen, überläßt die beiden völlig ihrem augenschein lichen Vergnügen. Auch zeigt das Benehmen deS jungen Mannes eine solche Ehrerbietung, so viel gute Erziehung und Ritterlichkeit, daß sie glaubt, ganz ruhig sein zu können. ist so eigentümlich. Sie liebt nicht, daß man von ihr und ihren Verhältnissen redet. Günther nickt stumm mit dem Kopf, und daS Gespräch gleitet in andere, harmlosere Bahnen. Die ganze Nacht jedoch träumt er von einem bleichen, braunen Antlitz, aus dem ein Paar dunkler Augen gleichfunkelnden Sternen erstrahlen. Und dazwischen raunt ein spöttischer Mädchenmund aus einem frischen, blonden, echt germanischen Gesicht: „Deine Seele schläft noch. Verliebe Dich — rüchtig, leidenschaftlich, bis über die Ohren! Dann wird Deine Seele aufwachen „Wie klug du bist, Brunhilde —" murmelt er, halb im Schlaf. „Mir ist fast, als ob die Zeit ge kommen wäre . .. Dolores Arevallo! ... Wie schön
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