Volltext Seite (XML)
11098 Wrsmilattd. Dtschll. »Itchhcmda. Nichtamtlicher Teil. 224, 27. September 1918. auf die Dauer die Reihen des Gewerbes mehr verwirren, den Gemeinschaftswillen zur Selbsthilfe stärker lähmen, als die wachsende Gewißheit, unter einem drakonischen und un haltbaren Gesetze von einer ohnmächtigen Exekutive regiert zu werden. So schaffe man denn mit entschlossener Hand darüber Klarheit, daß das Instrument des Buchdruckpreistarifs in seiner demnächstigen neuen und stofflich geläuterten Fassung keine Grenzlinie bedeuten soll, deren strenge Einhaltung das Gewerbe von seinen Gliedern fordert, sondern daß es den Verlauf einer Grenzzone anzeigt, die seine Angehörigen, ohne den Verlust der völligen Bewegungsfreiheit, zu respek tieren haben. Einer Grenzzone, deren größere oder kleinere Breite von der Gewerbezugehörigkeit des Auftraggebers abhängig ist und die überdies die Gewährung eines der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen und in das Urteil des Lieferanten gestellten Spielraumes ausdrücklich zuläßt. Ein weiteres vom Vorstande des Deutschen Buchdrucker vereins für den Verlag in Bereitschaft gehaltenes Beruhigungs mittel sind die sogenannten Übergangsbestimmungen«, die es erlauben, daß »die für die alten Arbeiten bisher erhaltenen Preise allmählich auf die tarifmäßige Höhe gebracht werden«. Ein Buchdruckereibesitzer kann aber seinen alten Abnehmern gegenüber die bisherigen Preise, und zwar auch für die alten Arbeiten, auf den Stand des Preistarifs jederzeit erhöhen und genießt dabei vor jeder Unterbietung seiner Kollegen den Schutz der Tarifgemeinschast — »ein anderer Kollege darf ihm nicht in den Rücken fallen«. Es ist hier also klar zu erkennen, daß diese angebliche Gunstbezeigung nicht für den Verleger erdacht ist, sondern lediglich dem einzelnen Drucker den bisherigen Kundenkreis sichern soll. Der Verleger A., dem sein langjähriger Druckerfreund B. anzeigt, daß zwischen ihnen fortan der neue Buchdruckpreistarif gelten müsse, findet, wenn er sich nicht fügen will, nur noch die Geheimtüren anderer Offizinen offen. Wenn B. aber auch von jenem Kündigungsrechte keinen Gebrauch macht, wie lange werden diese »Übergangsbestimmungen- denn überhaupt währen? Niemand weiß es, der Deutsche Buchdruckerveretn wird auch darüber souverän befinden. Und zwar wenn er es an der Zeit findet. Als Hindernis für die Durchführung des Preistarifs im geplanten Umfange betrachten manche Drucker die Lokal zuschläge, die, prozentual abgestuft, den wirklichen Teuerungsverhältnissen der Druckorte angepaßt sind. Be sonders den Buchdruckereibesitzern größerer Städte sind sie lästig geworden, weil sie dadurch vor der Öffentlichkeit als teurere Betriebe abgestempelt werden. Denn der Auftrag geber, der von seinem bisherigen Drucker die Ankündigung erhält, daß er dem Buchdruckpreistarif zufolge ihm für die Zukunft höhere Preise berechnen müsse, wird sich in seiner Notlage oder in seiner Verstimmung williger als früher von der Gelegenheit locken lasten, in der Offizin eines kleineren Ortes wenigstens für die Herstellung des Satzes billigere Preise zu finden. Und der bisherige Drucker wird aus solcher Erwägung leichter geneigt sein, den durch die »Über gangsbestimmungen« in sein Ermessen gestellten Termin der Preiserhöhung, soweit es wenigstens den Satz betrifft, mög lichst lange hinauszuschieben. Nach Äußerungen von autoritativer Seile besteht die Absicht, eine Nivellierung dieser Lokalzuschläge eintreten zu lassen, und die schon im Jahre 1906 stattgefundenen Erhöhungen derselben liefern den Beweis, daß der Tarifausschuß nach diesem Grundsatz verfährt. Schon bei den Tarifverhandlungen des Jahres 1911 wird das Prinzip der Weiterentwickelung in dieser Richtung festgesetzt und damit auch für die Interessen des Verlags buchhandels eine überaus wichtige Entscheidung gefällt werden. Jeder einsichtige Verleger weiß es so gut wie der ein sichtige Buchdrucker, daß die Schleuderei, die wirklich diesen Namen verdient, sie entstamme nun der Dummheit oder Bosheit, der Not oder dem Neide, auch den Nachbar gewerben schadet, und daß die unnatürlichen Preisunter bietungen im Buchdruck den Nährstoff abgeben für Verlags- nnternehmungen und Verlagsexistenzen, die nicht nur der Buchhandel, sondern auch die Literatur besser entbehrten. Der Buchdruckerverein wird den Glauben gewinnen müssen, daß die Fehde nur der wirklichen Schleuderei gilt, der auch in den Augen des Verlegers der Makel der Un anständigkeit anhaftet. Dann aber sichere man sich zur Bekämpfung dieser Schleuderet den Verlag als Bundes genossen und akzeptiere dessen angebotene Unterstützung, die in folgender Form vorgeschlagen wird: Der Deutsche Buchdruckerverein gewährt, nach Ein führung des neuen, in seinem Charakter und in seinem Inhalt umgearbeiteten Buchdruckpreistarifs, bei allen richterlichen Sitzungen aller Instanzen, die sich mit Unter suchungen und Entscheidungen zu befassen haben, bei denen Mitglieder des Deutschen Verlegervereins oder des Verbandes der Fachpresse Deutschlands als Besteller beteiligt sind, einem von dem Vorstande des betreffenden Vereins designierten Mitglieds Sitz und Stimme. Mit der Wirkung, daß eine Verurteilung, gegen die dieser Beisitzer sein Veto einlegt, nur und erst dann rechtliche Kraft erlangt, wenn der Vor stand des betreffenden Vereins oder ein von jenem Verein hierzu besonders eingesetztes Kollegium sein Plazet mit dem Urteil ausgesprochen hat. Mit der Verwirklichung dieses Vorschlages müßte frei lich auch hinsichtlich der Druckpreise eine besondere Begünsti gung für den Buch- und Zeitschristenoerlag verbunden sein. Die Bedeutung des Verlages für den Buchdruck rechtfertigt eine derartige Bevorzugung ganz entschieden, eine Bevor zugung, wie sie der Buchdruck seinerseits den Klischeewerk stätten gegenüber energisch vertreten hat, und wie er sie den Kuvertfabriken bereits zugestanden hat. Gleichgültig ist es, ob die Stegreifschätzung, daß der Verlag nur etwa zu einem Neuntel die Druckindustrie be schäftige, zutrifft oder ob ein Viertel oder ein Sechstel der Wahrheit näher steht. Es ist überflüssig, den Beweis zu führen, daß der Verlag in dieser Beziehung nur die Tages- preffe als Rivalen anerkennt und für das Druckgewerbe die jenige Rolle spielt, die mntatis wutauäis den verarbeitenden und veredelnden Gewerben in anderen Industrien zufällt; daß der Verleger, es sei auf eigene Faust, oder geführt oder begleitet vom Autor, auf erfinderischen oder wagemutigen Pfaden immer neue literarische Bedürfnisse aufzuspüren oder zu wecken bestrebt ist. Manchmal gewiß im Übermaß, aber immer der Schnellpresse neue Schichten und neue Gebiete des Absatzes erschließend, jedes Mißlingen allein tragend, von jedem Gelingen dem Drucker mitteilend. Mit der Preispolitik des Deutschen Buchdruckervereins stehen Bestimmungen des Lohntarifs und des Organisations- Vertrages in einem auch sür den Verlag bedeutsamen Zu sammenhang, weil sie die Leistungen des Gewerbes syste matisch verteuern. Diese Bestimmungen, in denen sich das Übergewicht eines einseitig betonten Arbeitnehmerinteresses bekundet, erfordern eine Revision bei der Erneuerung der Urkunden der Tarifgemeinschaft, die im Jahre 1911 statt finden muß. Es handelt sich in der Hauptsache um folgende Punkte: 1. die Lehrlingssrage (Lohntarif Z 13, Organisations vertrag Z 8 und Besondere Beschlüsse rc. Z 2); 2. den Z 4 des Lohntarifs, der es unterläßt, der Fest-