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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 19.04.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-04-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190604193
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19060419
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19060419
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-04
- Tag 1906-04-19
-
Monat
1906-04
-
Jahr
1906
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 19.04.1906
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vortrefflich. Am Abend vereinigten sich der KreiSturn- rat, die Vertreter der sächsischen Turnerschaft und die Glashütte! Turner, sowie die Vertreter von Be hörden -u einem BegrüßungSabend, in dessen Verlauf u. a. ein turnerisches Festspiel zur Aufführung ge langte. Der morgige Tag ist den Beratungen des 20. Kreisturntages reserviert und am Mittwoch soll eine Turnfahrt nach dem „Mückentürmchen" unter nommen werden. — Rolfe«, 17. April. Ein trauriges Ostern war, wie schon gestern kurz gemeldet, der Familie des hiesigen Schuhmachermeisters Weichold beschieden. Am Ostersonnabend abends kurz nach */,10 Uhr wollten sich der etwa fünfzigjährige Vater und der 26jährige einzige Sohn, der als Lehrer in GrögiS bei Meißen angestellt war und nach dem kurz vor- her erfolgten Tode seiner jungen Frau die Ferien bei den Eltern verbrachte, auS dem elterlichen Hause am oberen Markte zu in der Nähe wohnenden Be kannten begeben. Kaum waren sie ein paar Schritte gegangen, so brach von dem nebenan stehenden Kielwagenschen Hause, der „alten Post", das Dach- gesimS in Länge der reichlichen Hälfte des ziemlich großen Gebäudes herab, die niederstürzenden Mauer massen erschlugen beide, Vater und Sohn. Der Vater gab zunächst noch Lebenszeichen von sich, ver- starb aber nach einigen Stunden noch in derselben Nacht. Die Gattin bez. Mutter der Verunglückten lregr, vom Schreck gelähmt, krank darnieder. Der allseitig geachteten Familie wendet sich allgemeine Teilnahme zu. Die Kunde von dem schrecklichen Unglück verbreitete sich sehr schnell in der ganzen Stadt. Die niederstürzenden Steine durchschlugen nämlich auch einen Teil der dicht unter dem Gesims des Kielwagenschen Hauses hinführenden städtischen Leitung des elektrischen Lichtes, sodaß sofort auf fallende Schwankungen bez. auch gänzliche Unter brechung des Stromes eintraten, die natürlich allge meine Aufmerksamkeit erregten und mit der Frage nach der Ursache auch die traurigen Folgen des Vor kommnisses rasch zu aller Kenntnis brachten. — Zittau, 17. April. Ein schreckliches Familiendrama ereignete sich in Oberseifersdorf bei Zittau. Der Maurer Heinrich Engler entfernte sich am ersten Osterfeiertag nachmittag 4 Uhr mit seinem sechsjährigen Knaben und seinem zweijährigen Mädchen von der Wohnung, angeblich um einen Spaziergang zu unternehmen. Er kehrte des Abends nicht zurück und blieb auch des Nachts auS Die Ehefrau, nichts Gutes ahnend, sandte am zweiten Feiertage Männer zum Suchen aus, und diese fanden am Königsholz auf Oderwitzer Flur die Leichen der drei auf. Engler hatte seine beiden Kinder und dann sich selbst erhängt. Sorgen sollen den Mann, der als fleißig und ordentlich geschildert wird, zu der unseligen Tat getrieben haben. Neuestes vom Tagt. ck General Stötzer Der Kommandierende General des XVI. Armeekorps, General der Infanterie Stötzer ist gestern im 65. Lebensjahre in Metz plötz lich verstorben. Der General ist während eines Vortrages im Kreise des Stabes nach Leistung einer Unterschrift unversehens vom Stuhl gesunken. Der Tod infolge eines Herzschlages wurde sofort fest gestellt. Schon vor einigen Tagen verspürte General Stötzer ein leichtes Unwohlsein; aber vorgestern war er wieder dienstlich auf der Feste Friedrich Karl tätig gewesen. 's Ertrunken. Wie Stettiner Blätter melden, sind am Montag auf dem Kamminer Bodden in folge des Kenterns eines Bootes vier Personen er trunken, der Betriebsleiter der Stettin-Gristower Zementfabrik Dr. Seidel, der Buchhalter Riedel von derselben Fabrik und zwei Fährleute. -j- Originell ist ein- Statistik, die fest stellt, was die Berliner an den beiden Osterfeier tagen allein in sechs der größten Berliner Etablisse ments an Fleisch verzehrt haben. Es wurden laut „A. Fl.-Ztg." verspeist 5720 Kilogramm Rindfleisch, 4878 Kilogramm Kalbfleisch, 2047 Kilogramm Schweinefleisch und 1588 Kilogramm Hammelfleisch. Und dabei muß in Betracht gezogen werden, daß an den Feiertagen halb Berlin draußen war. Ferner ist der riesige Verbrauch von Wild, Geflügel und Fischen nicht mitgerechnet. Rast-«kämpf- in den Vereinigte« Staate«. Der Gegensatz zwischen der weißen und der farbigen Bevölkerung der Vereinigten Staaten von Nordamerika, von dessen Vorhandensein von Zeit zu Zeit Meldungen von blutigen Kämpfen zwischen beiden Rassen Kunde geben, hat in der Stadt Springfield im Staate Missourie zu größeren Unruhen geführt, die das Einschreiten von Militär nötig machten. Der „L.-A." meldet darüber. Nach telegraphischen Meldungen droht in Springfield im Staate Missouri ei« Rassenkcieg zwischen Weißen und Negern auszubrechen. Beide Parteien bewaff neten sich, und die Neger sollen im Besitze von Dynamitbomben sein, die sie gegen die Meißen an wenden wollen. Eine Abteilung Miliz mit Maschi nengeschützen wurde nach Springfield abgeschickt. Ein Haufe von dreidausend Weißen erbrach das Gefängnis und ergriff wie bereits gestern gemeldet, zwei Neger und tötete sie. Der rasende Pöbel zer störte hierauf das Bureau des Sheriffs, stürmte dann nach dem Gefängnis zurück und schleppte einen dritten Neger heraus, der ebenso wie die beiden anderen aufgehängt und lebendig verbrannt wurde. Die ersten beiden Neger sollen unschuldig gewesen sein. Der Dritte war wahnsinnig und stand unter Anklage, einen Kaufmann getötet zu haben. Die nach der Sonntagsschule gehenden Kinder durch wühlten die Asche, um Andenken an die grauenhafte Tat zu suchen. Die Weißen haben geschworen, alle Neger zu vertreiben. -j- BomBsfUV liegt heute nur folgendeMeldung vor: Professor Matteucci telegraphiert, daß die Nacht, abgesehen von einigen Stunden, sehr ruhig verlaufen sei. Die Tätigkeit des Vesuv bestehe nur noch in dem verminderten Auswerfen von Sand, der nach der östlichen Seite niederfalle. Die Apparate zeigen weniger Bewegung. Außer einem mit verhältnis mäßiger Dunkelheit verbundenen Aschenregen in den Gemeinden Ottajano und St. Anastasia wird auSl den Vesuoortschaften nichts Bemerkenswertes genannt. -j- Dte Kra« als Sanzelrevnert«. In Kotzenbüll bei Tönning in Schleswig hatte die Gattin des damals erkrankten Pastors Wolff an seiner Stelle während des Sonntagsgottesdienstes eine Predigt in der Kirche zur Verlesung gebracht. Nachdem der ungewöhnliche Vorfall dem zuständigen Konsistorium in Kiel gemeldet worden war, hat nun Pastor Wolff seitens der Oberkirchenbehörde eine Zurechtweisung und Verwarnung wegen dieses völligen „Novums" erhalten. f Grauenhafter Gatte«mord. In Hohen- wilkau, Kreis Namslau, wurde der Gutsknecht Matthäus Bienek von seiner Frau mit einem Dünger haken erschlagen. Die Täterin wurde verhaftet. -j- Ein Grotzfeuer hat den Ort Babitz bei OSwiecim fast völlig eingeäschert. 50 Wohnhäuser und Nebengebäude sind abgebrannt, zwei Frauen, drei Kinder sind in den Flammen umgekommen Es herrscht ein großes Elend, da fast alle Familien obdachlos geworden sind. -j- Ein seltsamer Vorfall hat sich in der Hamburger Irrenanstalt Friedrichsberg ereignet Eine Irrsinnige kam der Gasflamme zu nahe und verbrannte unbemerkt. Erst einige Zeit später wurde der verkohlte Leichnam aufgefunden. Letzte Tekezramme. Berli«, 18. April. Der Kaiser ist gestern abend 11^/, Uhr abgereist. Er gedenkt heute vor mittag in Eisenach einzutreffen, der Wartburg einen kurzen Besuch abzustatten und nachmittags nach Schlitz weiterzureiscn. An den Besuch in Schlitz schließt sich ein Aufenthalt in Homburg a. d. H. an. Ki-l, 18. April. Ein Japaner und ein in London ansässiger Dä«e sind wegen Spionage verdachts verhaftet worden. Trier, 18. April. In der Abteilung II der Grube Duttweiler steht der Saarschacht in Flammen. 8 Bergleute wurden durch Gase be täubt, ferner zwei mit Apparaten zu Hilfe Eilende. Alle sind ins Krankenhaus geschafft. Stratzburg. 18. April. Auf der Grube in Sterkrade bei Dettingen wurden 4 Bergarbeiter verschüttet, Drei davon sind sind tot, der vierte ist schwer verletzt. Warschau, 18. April. Infolge der Schließung der Scheiblerschen Fabrikeil in Lodz erklärte die sozialdemokratische Partei den Boykott ihrer Er zeugnisse und will die Schließung ihrer Magazine im ganzen Reiche erzwingen. Petersburg, 18. April. Fortgesetzt laufen Nachrichten aus den Gouvernements ein über Ber- haftunge« von Wahlmännern und angesehenen Mitgliedern der konstitutionell-demokratischen Partei Petersburg, 18. April. In der hiesigen Baltischen Schiffsbauanstalt wurde von der Polizei eine Bombenniederlage entdeckt Petersburg, 18. April. Die „Handels- und Jndustriezeitung" stellt in ihrem letzten Bericht fest, daß der Saatenstand in Rußland in den süd lichsten Provinzen ein ausnehmend guter sei. In den nördlichen Provinzen hat man mit den Feld arbeiten begonnen. Dieselben nehmen infolge des vorzeitigen Eintretens des Frühlingswetters einen sehr befriedigenden Fortgang, was den FrühlingS- weizen anbetrifft; der Winterweizen hat sich, nach dem er von der Schneedecke befreit ist, als in gutem Zustande befindlich erwiesen. Petersburg, 18. April. Das Osterfest ist in ganz Rußland friedlich verlausen. Charbin, 18. April. Gerüchtweise verlautet, daß die Generale Ma und Nuanschikai ihre Truppen in der südlichen Mandschurei vermehren und in dem Distrikt von Ninguta neue Mann schaften sammeln. Die chinesischen Truppen in der Mandschurei werden angeblich nach Kirin gesandt. 1200 Pferde, welche während der Abrüstung der Russen angekauft wurden, sollen in Tschalantun zusammengezogen sein. In China werden frei willige Milizen gebildet, und Tausende junger Leute haben sich dazu gemeldet, sie versammeln sich zwei Mal in der Woche zu militärischen Uebungen. Paris, 18 April. Aus Gouadeloupe laufen beunruhigende Nachrichten ein. Die Be völkerung wird durch eine raubende und plün dernde Bande in Schrecken versetzt. Die Handels kammer hat in Paris telegraphisch um Schutz nach gesucht. Lens, 18. April. Zu den Unruhen in Lievin wird weiter berichtet: Die Ausständigen veranstalteten gestern abend eine Versammlung, in welcher erregte Ansprachen gehalten wurden. Beim AuSeinandergehen nach der Versammlung stießen die Ausständigen Beschimpfungen gegen die sich ihnen entgegenstellenden Gendarmen aus. Als gegen 7 Uhr abends J»fa«terieverstärkungen eintrafen, wurden diese ebenfalls mit Verwünschungen empfangen; ein wahrer Steinregen ging über die Soldaten nieder, von denen mehrere schwer, einige leichter verletzt wurden. Die Ausständigen begingen auch sonst noch verschiedene Ausschreitungen, so versperrten sie die Eisenbahn, welche von den Angestellten freige- gemacht werden sollte. Lens, 18. April, ftber die heutigen Un ruhe« in Ltevin ivird ausführlicher Folgendes berichtet: Die Frau eines arbeitswilligen Berg arbeiters ivurde von 150 Frauen Streikender an gegriffen. Man zerriß ihr die Kleider und zwang sie, den Weibern eine rote Fahne voranzutragen und zu rufen: „Hoch der Ausstand!" Die Möbel in der Wohnung des Arbeitswilligen wurden zer stört. Als Gendarmerie eingriff, kam es zu einem heftigen Tumult. Der Pöbel zerstörte alles, was ihm in den Weg kam, und umzingelte die Gendar men. Nun erschien Kavallerie, sie wurde von einem Hagel von Steinen und Flaschenscherben empfangen. Der Deputierte Lamendin, der Ruhe predigte, wurde niedergebrüllt und gezwungen, den Ausständigen als Patrouille zu dienen. Der Präfekt wurde mit Rufen „Es lebe die Revolution!" empfangen. Als die verhafteten Ausständigen freigelassen wurden, j trug man sie im Triumph umher. Der Zustand der verletzten Offiziers ist sehr ernst. Zwei andere Offiziere und etwa 15 Gendarmen und Dragoner sind ebenfalls verletzt worden. Um 7 Uhr abends haben die Unruhen in Liövin von neuem angefangen. Die Behörden verlangen Verstärkungen. In Denain zwangen die Ausständigen die Arbeiter der Hütten werke von Cail, die Arbeit einzustellen. In Maries haben die Arbeiter dieses Bergwerksgebietes beschlossen, die Bedingungen der Gesellschaften anzunehmen und die Arbeit wieder aufzunehmen. Malta, 18. April. An Bord des Linienschiffes „Pri«ze of Wales" ereignete sich heute auf See, als eS in voller Geschwindigkeit manövrierte, eine Dampfexplosto«, durch welche 3 Heizer getötet und 4 Mann verletzt wurden. Das Schiff wurde in Malta erwartet. Washington, 18. April. Präsident Roose velt sandte an den Kongreß eine Botschaft, in der er die Bedeutung der gesetzgeberischen Maß nahmen hervorhebt zur Verhütung von Versicherungs skandalen, wie sie in letzter Zeit mehrfach enthüllt worden seien. Newhork, 18. April Die Hartkohlen- grubenbesttzer beschlossen ein Schiedsgericht bezüg lich der Löhne und des Beschwerderechts anzunehmen, alle anderen Forderungen des Arbeiterführers Mitchell aber zurückzuweisen. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, daß die Grubenbesitzer fortfahren werden, neue Ar beiter an Stelle der Streikenden einzustellen. OmuibuS-Berbiuduug Gersdorf-Oberlungwitz» Hoheufteiu-Erustthal. Ab G e r s d s r f: Ab Hohenstein - Er. Ortsgrenze Lugau Bahnhof vorm. 6.00 vorm. 7.50 - 11.30 nachm. 1.26 nachm. 6.15 - 8.15 (Vermischtes. * Sächstsche Volkswörter. Das unschul digste unter den Getränken der Sachsen ist abgesehen von dem noch wenig verbreiteten Kaukau — Kakao, der Latsch. Mit diesem Worte wird aber nicht nur der Kaffee bezeichnet, sondern auch ein Mensch mit schlürfendem Gange, sowie eine bequeme Fußbekleidung, Latschen sind alte, ausgetretene Halbschuhe oder Pantoffeln. Die drei Bedeutungen vereinigen sich in dem Begriffe des dem Latsch zugrunde liegenden Stammes hat, umgelautet let, der schon im 15. Jahrhundert in der Zusammensetzung letfußig, das ist platt- oder schleppfüßig belegt ist: let-isch wäre soviel wie locker, wankend, und unser lätsch(ig) — schlaff, fade, weichlich (vom Geschmack), sowie weich, schlammig oder kotig (vom Boden, besonders wenn Tauwetter eintritt, wenn es uffletschert) hat sich daraus ebenso ergeben wie die Bedeutung des Hauptwortes Latsch — dünner, wässriger Kot (in Siebenbürgen), sowie dünne Flüssigkeit, letzteres in Schlesien, wo auch das Zeitwort latschen — rinnen, fließen üblich ist, vergleiche schwäbisch latschen — regnen, lätscheln — trinken, und obersächsisches latschen — albern, sinnlos reden, gleichbedeutend mit quatschen. Die Bedeutung des Hauptwortes hat sich in Sachsen verengt zu der von Kaffee, dessen dünne Beschaffenheit und unkräftiger Geschmack nicht erst hervorgehoben zu werden braucht. Zu dieser Erklärung des Latsch stimmt auch die sächsische Be zeichnung Schlumpe oder Schlampe für Kaffee be deutet doch schlumpe(r)n ähnlich wie latschen ein zwangloses, mächliches Gehen. Der Wechsel zwischen a und u kommt aber nicht in Betracht bei der Lutsch, wie im östlichen Erzgebirge ein Mädchen heißt, das gern und viel Kaffee trinkt, lutschen hat nichts mit latschen zu tun, sondern ist eine Neben form zu nutschen, dafür sagt man auch mit Ein schieben eines n luntschen: „Frih beim Luntschtopp grein ich net", singt die lustige Klippmad (— Klippelmädchen). Ihr wie allen ihren „Mitschwestern" geht nichts über den Schusterlatsch, das ist ein in besonders gemütlicher Stimmung genoffener Kaffee, so genannt vom Schuster, das heißt Dreierbrötchen, das zum Kaffee gegessen wird; der Sachse trinkt wohl selten barbschen Kaffee, das heißt Kaffee „ohne was drzu"; die kühne Uebertragung von barbS — barfüßig auf den Kaffee wird nur noch durch die Verbindung „in barbsen Koppe" Überboten. Kaffee ohne Milch heißt blinder Hund, während die über der Milch sich bildende Haut, der Schrecken der Kinder, Milchmaus genannt wird. (Zuschriften er beten an den Ausschuß für sächstsche Volkswörter, Dresden-A., Breite Straße 7, I. Obergeschoß.) * Die Besteigung des Ruwenzori. In dem Augenblicke, wo der Herzog der Abruzzen sich anschickt, seine Reise nach Afrika anzutreten, um den Ruwenzori zu besteigen und zu erforschen, dürften einige Nachrichten über diesen Berg, den der Herzog für den höchsten Berg Afrikas hält, willkommen sein. Nach einem jüngst veröffentlichten Bericht des „Afrikan Standard" soll der Ruwenzori am 27. Februar dieses Jahres von dem österreichischen Forschungsreisenden Grauer bestiegen worden sein. Grauer (oder Crauer?) habe festgestellt, daß der Berg 4328 Meter hoch sei; der „König der Wolken", wie der Ruwenzori von den Eingeborenen genannt wird, würde also nach dieser jüngsten Feststellung 1417 Meter niedriger sein als der Kilimandscharo. Zum ersten Male wurde die Ruwenzorikette von Gessi und Mason gesehen; ihre Ausdehnung und ihr Gebirgscharakter wurden dann 1888, als Leut nant StairS bis zu einer Höhe von ungefähr 3500 Meter emporstieg, von Stanley erforscht. Weitere BesteigungSoersuche machten Stuhlmann (1891), Scott-Elliot (1894), Mumm (1900), Sir H. John ston (1900) und Wylde (1901). Ein Mitarbeiter des „Giornaled'Jtalia" hatte in London eine Unter redung mit Harry Johnston. „Ich kann die Höhe des Ruwenzori nicht genau angeben", erwiderte der Afrikaforscher, „ich glaube aber, daß die höchste Spitze — es gibt drei Gipfel — eine Höhe von 5799 Meter hat. Andere glauben aller dings , daß eS nicht mehr als 5486 Meter sind. Nach meinen Berechnungen habe ich etwa 4350 Meter erreicht. Der eine Teil der Besteigung bietet nicht allzugroße Hindernisse und Schwierig ¬ keiten; man hat nur einige Sümpfe zu durchschreiten, in einer gewissen Höhe aber fehlen die Mittel zur Weiterschaffung der Lebensmittel und zum Schutz gegen die Kälte. Ich wurde durch eine unerklimm bare Felswand und durch riesige Gletscher aufge- halten. DaS größte Hindernis aber ist die außer- ordentliche Feuchtigkeit der Lust und des Bodens«; diese Feuchtigleit rief unter unseren Leuten eine Lungenentzündungsepidemie hervor. Die Eingeborenen — abgesehen von zwei oder drei sudanesischen Soldaten — weigerten sich, über die Schneegrenze hinauszugehen. Wir hatten nur ein Zelt, und die Eingeborenen, die ihre Decken unten zurückgelassen hatten, hatten viel durch die Kälte zu leiden, obwohl sie nicht mehr betrug als 29 Grad Fahrenheit. DaS Landschaftsbild ist geradezu prächtig. ES sind Bilder von einer phantastischen und romantischen Schönheit, denn neben weiten Schneefeldern prangt eine üppige tropische Vegetation. Man sieht in demselben Land schaftsbilde Palmen und Eisfelder, und die Farben pracht ist unbeschreiblich. Der Ruwenzori ist aber auch hinsichtlich der eigenartigen Fauna von großem Interesse. Man findet dort Säugetiere, Vögel und Schlangen, die anderswo nicht existieren, darunter seltsame Affen- und Antilopenarten. Wir fanden im Schnee Leopardenspuren bei 3400 Meter, Spuren von Fledermäusen bei 3000 Meter, von Elefanten bei 2500 Meter." * Verheiratet oh«e es zu Wiste«. Daß man eine Frau besitzen kann, ohne davon eine Ahnung zu haben, das hat, wie man dem „B.-T." aus Mailand schreibt, zu seiner großen Überraschung der ehrenwerte Signor Zenone Panarani erfahren. Er verdankt diese Überraschung seinem Bruder Ro bert Panarani, durch dessen jetzt erfolgten Tod sie ans Licht kam. Robert Panarani war längst ver heiratet und Vater von drei Kindern, als er sich in ein hübsches junges Mädchen auS guter Familie, Signoria Poddighe, verliebte. Er gab sich nun ein fach für seinen Bruder Zenone auS, dessen Papiere er sich auf irgend eine Weise beschafft hatte, und auf diesem Wege gelang eS ihm, Herz und Hand der jungen Dame zu gewinnen. Nun ist er plötzlich gestorben und hat sie in dein Zustand, Mutter zu werden, zurückgelassen. Natürlich ist die in Bigamie geschlossene Ehe Robertos Panaranis ungiltig, tat sächlich aber hat ja diese Ehe überhaupt nie bestan den, vielmehr ist sein Bruder Zenone Panarani nach allen Formen rechtens mit dem ehemaligen Fräulein Poddighe verheiratet, und ein legaler Ausweg aus diesem Dilemma für beide gar nicht so leicht zu finden. Allenfalls müßten sich die beiden Gatten, die es in Wirklichkeit nie waren, nun richtig von einander scheiden lassen. Dann wäre übrigens Signoria Poddighe ihre eigene Schwägerin gewesen, was jedenfalls auch ein nicht alltägliches verwandt schaftliches Kurisorium wäre. So peinlich den Betroffenen — und nicht zuletzt der legitimen Frau des phantasireichen Roberto Panarani — begreiflicher weise die Sache ist, so entbehrt sie doch nicht einer gewissen zwingenden Komik und könnte wohl einen Operetten. Librettisten einen dankbaren Stoff bieten. * Ei« geheimnisvolles Duell wurde in einer der letzten Nächte auf der Place d'Enghien in Paris ausgefochten. In rasender Geschwindigkeit kam ein Automobil, in dem sich sechs Personen befanden, angesaust, machte mitten auf dem Platze halt und die Insassen stiegen aus. Zwei pon ihnen nahmen mit gezückten Degen sofort Kampfesstellunq ein, und ein reguläres, höchst erbittertes Duell be- bann. Nach wenigen Minuten bereits erlitt der eine Gegner eine so schwere Verletzung an der Brust, daß er bewußtlos zusammenbrach. Unmittelbar darauf bestiegen die fünf anderen Personen wieder das Automobil und fuhren, ohne sich um den Ver wundeten weiter zu bekümmern, in schnellster Fahrt davon. Ein zufällig des Weges kommend-r Kauf- mann war der einzige Zeuge dieses nächtlichen Duells. Er erstattete sofort Anzeige bei der Polizei, die den Verletzten »in ein Krankenhaus schaffen ließ, wo er bald darauf verstarb, ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu haben. Durch die Nachforschungen der Polizei wurde festgestellt, daß der Getötete ein Ingenieur war und sein Gegner ein Großindustieller. Die beiden betrieben zusammen ein Geschäft, und der Ingenieur soll mit der Frau seines Teilhabers in intimen Beziehungen gestanden haben. * Der parfümierte Einbrecher. Vor einigen Tagen wurde nachtS in Breslau der Schau kasten eines Toilettenartikel-Geschäftes am Rinae er brochen und seines Inhaltes im Werte von etwa 120 Mk. beraubt. Die Kriminalpolizei, welcher der Einbruch bald gemeldet wurde, hat nun nach Art des Einbruches vermutet, daß der Einbrecher unter den in Kaschemmen und Verbrecherlokalen verkehren den Personen zu suchen sei. Diese Vermutung hat sich auch bestätigt; denn schon nach einigen Stunden fand man in einem dieser Lokale einen Mann am Tische schlafend vor, welcher sehr stark nach Parfüm roch. Dem Gerüche folgend, sah man sich diesen Mann näher an und entdeckte, daß seine Brust stark ausgepolstert war. Die weitere Untersuchung ergab, daß er mehrere Kartons mit Broschen unter seiner Weste auf der Brust trug. Außerdem fand man in seinen Taschen die übrigen gestohlenen Gegenstände, von denen nur einige Fläschen Parfüm und einig« Paar Ohrringe fehlten. Ein ganzes Fläschchen hat er für seine nicht sehr salonfähige Garderobe ver wendet, um sich, der lieben Eitelkeit halber, in einen besseren Geruch zu setzen. Der Einbrecher war ein alter, mit Zuchthaus vorbestrafter Spezialist in Schaukasteneinbrüchen. * Die Stratze«schleppe vor Gericht Daß es heute noch Frauen gibt, die sich der Unsauberkeit der Kleiderschleppe auf der Straße nicht bewußt sind, sollte man bei der allgemeinen Aufklärung über Gesundheitspflege kaum glauben. Außerdem ist eS geradezu eine Rücksichtslosigkeit seinen Nebenmensche« gegenüber, ihm den Staub in? Gesicht zu wirbeln. In manchen Badeorten ist daher mit Fug und Recht die Schleppe auf der Straße verboten. Erziehlicher Einfluß mag da nicht durchschlagend genug wirken, und wessen man sich bei persönlichem Eintreten für die gute Sache versehen kann, zeigt folgender Vor fall: Tine in der Frauenbewegung stehende Dame forderte vor einiger Zeit eine andere Dame, die ihr
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