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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 08.03.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-03-08
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190603084
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19060308
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19060308
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-03
- Tag 1906-03-08
-
Monat
1906-03
-
Jahr
1906
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 08.03.1906
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dem Falle, der dem Vorredner zu einer Klage über magyarischen Chauvinismus veranlaßt habe, lediglich nm ein Versehen eines diesseitigen Beamten gehandelt habe. Abg. v. Ghlaporvsk« (Pole) klagt über verschleppte Postbesiellungen in den Ostprovinzen infolge Aenderung von Ortsnamen, sowie über schikanöses Verfahren der Ueberscbungsjtellen, und widerspricht den von Lattmann gewünschten t.stmarken-Zulagen für Postbeamte. Abg. Kern (kons.) äußert seine Gcnngtnung über das Bestreben der Verwaltung, die Arbeitszeit der Beamten zu verkürzen und ihnen eine möglichst vollkommene Sonn tagsruhe zu verschaffen. Ten Wünschen der Unterbeamten, insoweit sie gemäßigt und berechtigt seien, wünschten seine Frennde Erfüllung. Auch mit der Resolution Patzig seien seine Freunde einverstanden. Hieraus folgt Vertagung. — Schluß der Sitzung gegen 6'/z Uhr. Morgen l Uhr: Initiativanträge betreffend Abänderung der Gewerbeordnung nud des Handelsgesetz buchs, Ansprüche von Handlungsgehilfen im Erkrankungs falle uüv. Aus dem Reiche. König Wilhelm von Württemberg in Dresden. Bei herrlichstem Frühlingssonnenschein ist gestern König Wilhelm ll. in die sächsische Residenz eingezogen, nm dem König Friedrich August einen Gegenbesuch abzustatten. Auf dem Hauptbahnhofe fand großer militärischer Empfang statt. König Friedrich August erschien gegen ^11 Uhr in einem einfachen zweispännigen Hofwagen auf dem Haupt- bahnhofe. Der Monarch trug über dem Mantel daS breite rote Band des Hausordens der Württembergs- schen Krone. Gleich darauf erschien Prinz Johann Georg, der denselben Ordensschmuck wie sein könig licher Bruder angelegt hatte. Pünktlich 10 Uhr 26 Minuten fuhr der Königliche Sonderzug in die Bahn hofshalle ein, König Wilhelm entstieg seinem Salon wagen und eilte auf König Friedrich August zu. Die Monarchen schüttelten sich herzlich die Hände und umarmten und küßten sich. Dann begrüßte König Wilhelm auch den Prinzen Johann Georg in herzlichster Weise, woran sich die Vorstellung des gegenseitigen Gefolges schloß. Unter den Hochrufen des Publikums bestiegen König Wilhelm und König Friedrich August nunmehr den bereitstehenden vier spännigen Galawagen, worauf sich der Zug nach dem Residenzschlosse in Bewegung setzte. Im Vestibül des Schlosses wurde der König von den Herren des Königl. großen Dienstes empfangen und nach der 2. Etage geleitet. Hier fand der Empfang durch die Königin-Witwe und die Prinzessin Mathilde statt. Ebenda hatten sich auch die Prinzen-Söhne und Prinzessinnen-Töchter zur Be grüßung eingefunden. Um 12 Uhr fand ein F a - milieü- und Marschallsfrüh st ück statt. Im Laufe des Nachmittags besuchte der König von Württemberg die Königliche Gemäldegalerie, machte eine Wagcnfahrt durch die Stadt, stattete dem Prinzen Johann Georg einen kurzen Besuch ab und begab sich dann nach dem Residenzschloß zurück. Abends 6>/z Uhr fand im Residenzschloß Galatafel zu 48 Gedecken statt. Rechts vom König von Sachsen saß der König ron Württemberg, neben dem Prin zessin Mathilde Platz genommen hatte, links vom König von Sachsen saß Prinz Johann Georg, den Majestäten gegenüber saß Obersthofmarschall Graf Vitzthum vou Eckstädt, Staatsminister von Metzsch und der am sächsischen Hofe beglaubigte württem- bergische Gesandte Freiherr von Varnbüler. Abends 8>/z Uhr fand Hofkonzert statt, das von der Königlichen Kapelle und einigen Solisten der Oper ausgeführr ivurde. Zu dem Konzert, daS General musikdirektor von Schuch leitete, waren 450 Ein ladungen ergangen. Die Reichserbschaftssteuer. Die Befreiung derBundes - und Landes- fürsten und sonstigen fürstlichen Personen von der Erbschaftssteuer wurde gestern von der Steuerkom mission des Reichstags abgelehnt. Die Reichstagskommisfion zur Beratung der Novelle für die Gewerbeordnung beschloß gestern die Emfügung folgender Bestimmungen an die Gewerbeordnung: tz 35». Der Betrieb des Gewerbes d-s Bauunternehmers und Bauleiteis, sowie der Betrieb einzelner Zweige des Baugewerbes ist zu untersagen, wenn Tatsachen vm liegen, die den Mangel an technischer Vorbildung oder die sonstige Unzuverlässigkeit des Gewerbtrerbenden in bezug auf diesen Gewerbebetrieb dartun. Der Untersagung muß nach näherer Bestmrmung der Landes-Zentral ¬ behörden die Aussage von Sachverständigen ooraus- gehen, die allgemein zur Abgabe von Gutachten jeder Art im Voraus von jeder Verwaltungsbehörde ernannt sind. Soweit es sich um die Begutachtung handwerksmäßiger Gewerbebetriebe handelt, erfolgt die Ernennung nach Vernehmen mit der Handwerks kammer deS Bezirks. Die Budgetrommisston des Reichstags beriet gestern das Flottengesetz. Abg. Spahn (Z.) erklärte vor Eintritt in die Tagesordnung, daß seine Partei erst nach Erledigung der Deckungsfrage ihre endgültige Stellung znr Flottenvermehrung fest legen würde. Staatssekretär v. Tirpitz begründete die Vorlage in längeren Ausführungen, namentlich unter Hinweis auf die Bedeutung unseres See handels. Abg. Mülle r-Sagan erkannte die Gründe für eine Flottenvermehrung an, bekämpfte aber die gesetzliche Bindung, während Staatssekretär Tirpitz die Bedenken der Freisinnigen zu zerstreuen suchte. Nach längerer Debatte wurde die Abstimmung über die sechs Auslandskreuzer zurückgestellt und die Be ratung wandte sich der qualitativen Vermehrung der Erhöhung des Deplacements zu. Die Verhandlungen wurden vertraulich geführt. Bei der Abstimmung wurde die Vergrößerung des Deplace ments gegen die Stimmen der Sozialdemokraten bewilligt; das Flottengesetz selbst wurde gegen die Stimmen der freisinnigen Volkspartei und der Sozialdemokraten bei einer Stimmenthaltung a n - genommen. Das Neueste aus Mecklenburg-Schwerin Ein Telegramm meldet uns aus Schwerin, daß der Großherzog gestern seinen Onkel, den Herzog Paul Friedrich, und dessen Gemahlin, eine geborene Prinzessin von Windischgrätz, durch das Staatsministerium unter Kuratel hat stellen lassen. Gründe hierfür wurden in der amtlichen Verlautbarung nicht angegeben, infolgedessen erregt die Nachricht in Schwerin berechtigtes Aufsehen. Herr von Stablewski flüchtet zum Staats anwalt! Der Erzbischof von Gnesen hat gegen den Geschäftsführer des Deutschen Ostmarkenvereins bei der Krefelder Staats anwaltschaft Anzeige erstattet, weil ihn dieser in einem am Schluß des vergangenen Jahres dort gehaltenen Vortrage über die Polengefahr, nach An gabe des Berichterstatters der ultramontanen „Nieder rhein. Volksztg.", den größten polnischen Hetzer genannt haben soll. Die Voruntersuchung ist im Gange. Somit wird sich dem Geschäfts führer des Ostmarkenvereins eine ausgiebige Ge legenheit bieten, das Bild des Posener Erzbischofs in aller Ausführlichkeit vor der Öffentlichkeit zu entrollen! Das Züchtigungsrecht der Lehrer. Das Reichsjustizamt hat vor kurzem eine Petition des deutschen Lehreroereins, eine Aenderung der Bestimmungen über das Züchtigungsrecht in der Strafprozeßordnung herbeizuführen, mit der Be gründung zurückgewiesen, daß es Anregungen dazu nur von den Bundesregierungen entgegennehmen könne. Jetzt hat nun der Vorstand des Säch sischen Lehrervereins eine Petition an die Sächsische StaatSregierung beschlossen, in der diese gebeten wird, beim Reichsjustizamt dahin zu wirken, daß in der Novelle zur Strafprozeßord- nung eine Bestimmung ausgenommen wird, nach der die Staatsanwaltschaft verpflichtet ist, bei Ueber- schreitung des ZUchtigungsrechtes durch Lehrer eine Strafverfolgung abzulehnen, wenn nicht durch einen beamteten Arzt eine Schädigung der Gesundheit des Gezüchtigten festgestellt wird. Das Resultat der Volkszählung. Bei der Volkszählung vom 1. Dezember 1905 im Deutschen Reiche wurden vorläufig folgende Z-ffernfestgestellt: Ostpreußen 2025741, Westpreußen 1641936, Stadt Berlin 2040222, Brandenburg 3529839, Pommern 1684125, Posen 1986 267, Schlesien 4935823, Sachsen 2978679, Schleswig- Holstein 1504339, Hannover 2759699, Westfalen 3618198, Hessen-Nassau 2070076,Rheinland6435778 Hohenzvllern 68098 Seelen. Das Königreich Preußen zählte also insgesamt 37 278 820 Seelen. Bayern zählte 6512824, Sachsen 4502350, Württemberg 2300330, Baden 2009320, Hessen 1210104, Mecklenburg-Schwerin 624881, Sachsen - Weimar 387892, Mecklenburg - 103251, Oldenburg 438 195, Braunschweig 485655 Sachsen-Meiningen 268 859, Sachsen-Altenburg 206500, Sachsen-Koburg-Gotha 242292, Anhalt 328007, Schwarzburg-Sondershausen85177, Schwarz burg Rudolstadt 96830, Waldeck 59 135, Reuß ältere Linie 70 590, Reuß jüngere Linie 144 570, Schaum burg-Lippe 44 992, Lippe 145 610, Lübeck 105,857, Bremen 263 426, Hamburg 875 090, Elsaß-Lothringen 1814 626 Seelen. Das gesamte Deutsche Reich zählte danach rund Wl/z Millionen Seelen. Die Marokko-Konferenz In den nach Paris gelangenden Meldungen aus Algeciras wird jetzt von einem sogenannten „Ferpa-Bloc" gesprochen. Das Wort ist aus de» Anfangsbuchstaben der Namen „France, Espagne, Russie, Portugal, Angleterre" gebildet. Diese Mächte wollen in der nächsten der Polizeifrage gewidmeten Sitzung für die von Rövoil entwickelten Ideen ein- lreten, das heißt, die mit dem Kommando über die marokkanischen Polizeimannschaften zu betrauenden 16 Offiziere und 20 Unteroffiziere sollen Franzosen und Spanier sein. Anderefremde Elemente für die Hafenpolizei zu gewinnen, möge sich der Sultan versagen. Doch soll es ihm ge stattet sein, durch marokkanische Behörden sich von den Fortschritten der neuen Schutztruppen zu über zeugen. Keineswegs will „Ferpa" sich darauf ein lassen, daß ein fremdländischer General, Präfekt oder Inspektor die oberste Behörde für die Schutztruppe werde. „Echo de Paris" will wissen, daß letztere Kombination von Deutschland vorge schlagen wird. „Petit Paristen" erfährt direkt von Cassini und Bacheracht, daß beide die von Rövoil kundgegebenen Anschauungen durchaus billigen und gegen die Teilnahme einer dritten fremden Macht sind. Von größerem Belang ist noch folgende Mel dung aus Algeciras: Im ersten Augenblick schmeichelte man sich im deutschfeindlichen Lager da mit, im Ergebnis der Sonnabend-Sitzung eine Niederlage Deutschlands erblicken zu können. Schließlich mußte aber jeder zugeben, daß die offene Parteinahme mehrerer Mächte uur die Folge einer bereits vorher feststehenden Gruppierung ist. Spanien bei seiner völligen wirtschaftlichen Abhängigkeit von Frankreich tritt natürlich für dieses ein und hat die Quittung für sein Wohlverhalten bereits durch das fortwährende Steigen des Peseta- kurscs in den letzten Wochen erhalten. England erklärte von vornherein, auf dem Boden seines Ab kommens mit Frankreich stehen zu bleiben. In der schwierigsten Lage ist Rußland wegen seiner Geldverlegenheiten, die es nötigen, seinem Geldgeber Frankreich gefällig zu sein. Für Deutschland dürfte die Beschränkung der Wahl des Sultans auf fran zösische und spanische Polizeiinstrukteure nur an nehmbar sein, wenn neue Garantieen für die paritätische Verwendung der Polizei und Bewahrung ihres internationalen Charakters, sei es durch Beteiligung einer dritten Macht, sei es durch neutrale Polizeiinspektion und durch Kontrolle des diplomatischen Korps gegeben werden und wenn gleichzeitig Frankreich auf übertriebene Sonöerforde- rungen in der Bankfrage verzichtet. Die nunmehr eingeleitete gleichzeitige Behandlung der Bank- und der Polizeifrage wird vielleicht dazu dienen, die Ver ständigung von Punkt zu Punkt zu erleichtern. Zur Kage 1« Rußland. In einem gestern veröffentlichten Manifest des Kaisers wird zunächst mitgeteilt, daß die in dem Manifeste vom 30. Oktober angekündigten gesetzgeberischen Arbeiten, betreffend die Reorganisa tion des Reichsrates und betreffend die Abänderung des ReichsdumagesetzeS zum Abschlusse gekommen sind. Danach werden die Duma und der Reichs- rat, der zukünftig zu gleichen Testen aus vom Kaiser ernannten und aus gewählten Mitgliedern gebildet wird, alljährlich durch kaiserlichen Ukas ver tagt. Duma und Reichsrat haben gleiche gesetz geberische Befugnisse und Haven in gleicher Weise das Recht der Initiative bezüglich der Einbringung von Gesetzesvorlagen und ebenso das Recht, Fragen an die Minister zu richten. Jede Gesetzesvorlage muß, ehe sie dem Kaiser zur Sanktion vorgelegt wird, von der Duma und dem Reichsrate ange nommen sein. Gesetzesvorlagen, die von einer der beiden gesetzgebenden Körperschaften abgelehnt sind, werden dem Kaiser nicht zur Sanktion vorgelegt. — Gleichzeitig mit diesem Manifeste sind Ukase veröffentlicht worden, welche die neuen Gesetze ent halten. Die Wahlmitglieder deS Reichsrates werden für 9 Jahre gewählt; alle drei Jahre finden für ein Drittel der Mitglieder Erneuerungswahlen statt. Die Mitglieder des Reichsrates müssen 40 Jahre alt und im Besitze des Abirurientenzeugnisses sein. Der Präsident und der Vizepräsident des Reichsrates werden vom Kaiser ernannt. Die ge wählten Mitglieder des Reichsrates erhalten während der Tagung eine Entschädigung von 25 Rubel pro Tag. Die Sitzungen des Reichsrates wie die der Duma find öffentlich. Weder der Reichsrat noch die Duma haben das Recht, Deputationen zu empfangen oder Bittschriften entgegen zu nehmen. Die Mit glieder beider Körperschaften genießen während der Tagung persönliche Immunität und dürfen ohne vorherige Zustimmung deS Reichsrates bezw. der Duma nicht verhaftet werden, ausgenommen, wenn sie auf frischer Tat ertappt werden oder wegen in Ausübung eines Amtes begangener Vergehen. Der Expriester Gapon ist plötzlich nach Petersburg wieder zurückgekehrt, um dort die schwer angefochtene Ehre seines Namens zu verteidigen. Ein Telegramm des „Berl. Lok.- Anz." meldet aus Petersburg: Der vielgenannte Expope Georg Gapon befindet sich wieder in Peters burg. Ohne von der Polizei belästigt zu werden, präsidierte er einer Arbeiterversammlung, in der es sehr lebhaft zuging, namentlich als das Thema von den verschwundenen 30 000 Rubeln behandelt wurde. Einer der Genossen, namens Tscheremuchin, auf dem der Verdacht ruht, daß er 5000 Rubel dieser Summe erhalten hat, zog plötzlich einen Revolver hervor und erschoß sich. Gapon will ein Gerichtsverfahren gegen sich erzwingen, wie er heute in einem offenen Briefe der Redaktion der „Ruß" mitteilt. Vielleicht erfährt man endlich auf diesem Wege, ob Gapon wirklich in Diensten der Geheimpolizei gestanden hat. Aus dem Auslände. Die Befestigung der amerikanischen Häfen. Präsident Roosevelt richtete mit dem vom Kriegs- und Marinerat über die Küstenverteidigung erstatteten Bericht eine Botschaft an den Kon greß, in der er empfiehlt, die besondere Aufmerk samkeit der Verteidigung der Einfahrt in der Chesa- peake-Bai zuzuwenden. Der Präsident sagt weiter in der Botschaft, die insularen Besitzungen der Ver einigten Staaten dürften nicht länger vernachlässigt werden, wenn die Vereinigten Staaten wirklich die Absicht hätten, sie zu halten. Der Bericht des Kriegs- und Marinerats empfiehlt, die Einfahrt in der M a- n i l a - B a i, ferner in den Häfen von Pearl, Guantanamo, Guam, San Juan und Honolulu, sowie die Zugänge zum Panamakanal in Verteidigungszustand zu setzen. Eben- o wird die verstärkte Befestigung mehrerer Häfen Zer Vereinigten Staaten empfohlen. Die Kosten für diese Arbeiten werden auf 50 Millionen Dollars ver anschlagt. Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 7. März 1906. 8etterNsr«uOfage des Kgl. Sächf. Meteora logst Instituts zu Dresden. Hfür Donnerstag: Trockenes, wenn auch mehr oder weniger stark bewölktes Wetter bei über normaler Temperatur und südwestlichen Winde. Barometer: hoch. !. März: Tagesmittel -i-1,1" Maximum -s-3,8" Minimum —2,2" — Der erste Quatembertag ist heute am 7. März. Der Kalender zählt vier solche Tage und ihr Name stammt ab von der lateinischen Bezeichnung quattuor tempor», das sind die vier Zeiten. Früher waren die Quatembertage Zahltage für Steuern, sowohl für ordentliche als auch außerordentliche. So wurden früher beispielsweise die Kosten der Fürsten bei Beteiligung an Kaiserwahlen oder an Reichstagen, oder der Auswand zu fürstlichen Hoch zeiten durch Quatambersteuern erhoben. Aber auch Haus Tannheim. Erzählung von A. Eruesti. 19. Forti. (Nachdruck verboten.) Statt den ruhigen Verkehr, dem Paul mit festen Vorsätzen ins Auge zu sehen gewillt gewesen war, folgte eine Gemütserschütterung der andern. Es kam ihm vor, als seien sie in alte Zeiten versetzt und würden täglich ungerechter Weise in die Folter kammer geführt, um auf alle von grausamen Men schen erdachten Arten bis zur Besinnungslosigkeit gepeinigt zu werden. Denn das er nicht allein litt, sagte ihm jeder Blick, den er sich in Irmgards wehes, schmerzoerzerrtcs Gesicht gönnte. Welche Erinnerungen wurden jetzt wieder durch die unglückliche Verlobung aufgewühlt in ihren liebenden Herzen, die oft fest und treu für einander schlugen, trotz allem, was zwischen ihnen lag. „Und doch ist es gut, daß er kam," dachte Irmgard, „ich sitze hier still an seiner Seite, ich höre den Klang seiner Stimme, hätte ich jemals auf solche Wonne noch hoffen können? Wenn ich nur den einen Trost hätte, daß die Wunde, die ich ihm schlagen mußte, vernarbt wäre, damit ich allein da ran tragen düifte" Dabei streifte ein schneller Seitenblick sein ernstes, scharfgeschnittenes Profilund sie nahm zum erstenmal einen leichten Silberschein über seinen Schläfen wahr. Er begann zu er grauen mit seinen neunnndzwanzig Jahren. Mit nervöse. Hast zerkrümmelte sie schon das dritte Stückchen Brot auf ihrem Teller. „Gnädiges Fräulein kennen Fräulein v. Stork Ihre Liebenswürdigkeit nicht wahr, Frau Felse- Fortsetzung folgt. jede Einwendung er auf, äußerte verbindliche Worte und ließ gleich darauf prüfend seine Finger über das Instrument gleiten. Bevor er abge- einige begann, sandt er einen scharfen, kurzen Blick zu Irmgard hinüber. Diese hatte sich in der äußersten Ecke des Zimmers in einen großen Lehnstuhl nieder- gelassen und ihr Köpfchen in die Hand gestützt, so daß es ihm nicht gelang, ihr Gesicht zu sehen. Ec spielte — wohl angeregt zu dieser Wahl durch den durch das Nebenzimmer huschenden Mondesstrahl — Beethovens unvergänglich schöne Mondscheinsonate, mit vollendeter Meisterschaft. Da technische Schmierigkeiten für ihn nicht vorhanden waren, gehorchte das Instrument jedem leisesten Impulse seiner musikalisch empfindenden Seele. Das verwandte Fühlen Irmgards reagierte auf diese Tonsprache und fühlte sich mit empor gehoben in leichte, freie Höhen. Sie vergaß ihr allgewaltiges, großes Erdenleid und schöpfte mit hungriger Gier aus diesem Born reinster Freuden. Als Poul geendigt hatte, war es still im Freundeskreise, der Melodienzauber wob weiter. Der Bann, mit der er durch seine Musik die an dächtige Schar der Zuhörer umzogen, wurde von keinem Wort zerrissen. Sein erster Blick suchte, ihm selbst kaum beivußt, abermals die heimlich Ge liebte und traf auf ein paar glänzende, leuchtende Augensterne, die voll Stolz und tiefem Glück sich in die seinigen versenkten, alles andere vergessend. Den ernsten Mann durchschauerte es m t heißer, namensloser Wonne und wahnsinnigem Weh. Er ballte seine Hände zusammen, daß sich die Nägel schmerzhaft ins Fleisch drückten und wandte lang sam sein Haupt weg, uni sich dem Anblick zu ent reißen, der ihn um seinen Verstand zu bringen drohte. den Arm um seine Ilse. Fritz hatte zwei hohe Stehlampen und einen Kandelaber in den Salon gebracht, so daß nur noch der Kronenleuchter seinen matten Lichtschein in das große Speisezimmer warf. Weder durch Gaslicht, noch durch elektrische Beleuch tung ward man hier auf dem einsamen Landgute verwöhnt. ES war ruhig und still da draußen im Garten. Der volle Mondenschein umfing das Paar mit goldigem Glanz und warf seine Strahlen in einem langen Hellen Streifen durch das Zimmer. Die beiden Liebenden sahen mit dankerfüllten Herzen ans zum klaren Sternenhimmel, der hier an dem weit ausgespannten Firmament, viel strahlender zu leuchten schien, als zwischen dem Häusermeer der Menschen verzichten auf unter keinen Umständen, nau?" Paul wurde somit chnitten und ruhig stand Großstadt Gespensterhaft, mit leichtem Nicken ihrer Häupter standen die tiefdunkeln Baumpartien im Küstern Garten. Etwas weiter in der Ferne sah man sehr scharf die Umrisse der Berge, weil da hinter der Mond langsam höher stieg. Irmgard hatte die nächste Gelegenheit benutzt, um fortzuschlüpfen und hörte, wie eben Frau Mar- berg bemerkte:,, Jetzt wird Herr Dr Rudophi die Freundlichkeit haben, uns etwas vorzuspielen, worauf ch mich schon den ganzen Tag freute, da Werner mir viel von dem außergewöhnlichen Talent seines Freundes oorschmärmte. Wir musiklechzenden Wald- dumpf fragend, voll Bitterkeit, zurück. Das hätte er nicht sogen sollen Er hätte sich gleich hernach die Zunge abbeißen mögen vor Reue über diese Frage, denn er bemerkte, daß Irmgard heftig zitterte ui d mit schmerzlichem Blick ihre großen Augen auf ihn heftete. Wie konnte er nur so unzart sein, fragte er sich voll Zorn und In grimm. Die schwüle Pause wurde glücklicherweise da durch unterbrochen, daß Tante Doris die Tafel aufhob. Irmgard eilte zu Ilse, deren Bräutigam noch von Onkel Bruno in Anspruch genommen war. Die beiden Mädchen lehnten sich in das offene Fenster und plauderten eine Weile zusammen, das heißt, wie eine heftige Eruption eines Vulkans prudelte es aus Ilses übervollem Herzen der teil nehmenden Freundin entgegen. Die übrigen gingen in den nebenan liegenden Salon, wo Frau Marberg gleich den Flügel auf- chlng und einige Akkorde anschlug. Werner trat zu den Freundinnen und schlang schon lange?" klang es plötzlich mit riefer, leicht vibrierender Stimme an ihr Ohr. Paul hatte bisher nur im äußersten Falle, wenn es nicht zu umgehen war, einige Worte an seine Nachbarin gerichtet, und diese erschrak bei seiner Anrede so heftig, daß ihr Glas Rotwein in Gefahr kam, sich über den prachtvoll gestickten Tisch läufer vor ihr zu ergießen. „Seit zwei Jahren erst," erwiderte sie, ohne aufzublicken, „aber wir haben gleich eine warme Freundschaft miteinander geschlossen." „So lange hält Mädchenfreundschaft?" kam es
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