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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 13.03.1906
- Erscheinungsdatum
- 1906-03-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190603130
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19060313
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19060313
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-03
- Tag 1906-03-13
-
Monat
1906-03
-
Jahr
1906
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 13.03.1906
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Szenen ab. In Billy Montigny, dem Houptkontor der Courrstresgrubengesellschaft, trafen abends die mit angstvoller Spannung erwarteten ersten Mel» düngen über die Anzahl der Geretteten ein. Es sind bisher insgesamt 400 Mann der Belegschaft in Sicherheit gebracht worden. Mit der An gabe, daß die Art und Anlage der Gruben, die zehn Zufahrten haben, die Hoffnung auf fernere gute Botschaften gestatten, wurden die daS Konto be stürmenden Angehörigen vertröstet. Namentlich sind es die^Frauen und Kinder von Arbeitern der Gruben 4 und 11, die wehklagend den aus dem Gruben gebiet kommenden Radfahrern entgegeneilen. Leider muß damit gerechnet werden, daß eine große Anzahl von Bergleuten, di: sich von den Brand stätten retten konnten, unter die benachbarten Galerien geriet, die infolge des Zusammenbruchs der oberen Pfeiler unzugänglich geworden sind. Die Gruben leitung versichert, daß in den Gruben die gesetzlich oorgeschriebenen Ventilationsvorrichtungen tadellos funttionierten, daß aber die Katastrophe in der Mericourtgrube furchtbar plötzlich, fast ohne Vor zeichen, erfolgte. Gleichwohl haben sich die Rettungs arbeiten unten mit musterhafter Ordnung vollzogen. Gegen die elementare Gewalt der Terrainsenkungen anzukämpfen, sei aber unmöglich. Voisin, der einzige Ingenieur, der im Augenblick der Katastrophe zu gegen war, mußte rasch wieder emporgezogen werden, da die giftigen Gase ihm die Besinnung geraubt hatten. Unter den Geretteten befinden sich ungefähr achtzig Verwundete, von denen einige lebensgefährlich verletzt sind; fünf sind wahnsinnig geworden. Einige der Frauen noch eingeschlossener Bergleute reißen sich in ihrer Verzweiflung die Kleider vom Leibe und verlangen, in den Schacht geworfen zu werden. Nachträglich wird noch gemeldet, daß die Explosion früh 7 Uhr gleichzeitig in drei Schächten mit furchtbarem Knall erfolgte. Vom Nachbarschacht wurden Rettungsarbeiten versucht, doch konnten nur 2 Tote g borgen werden. Ein Bergmann, welcher sich retten konnte, erzählte, un mittelbar nach der Explosion sei die Luft von gif tigen Dämpfen erfüllt gewesen. Er habe sich instinktiv dem Ausgange des Schachtes 2 zugewandt. Als er aber mehrere Kameraden antraf, die halb bewußtlos waren und seine Hilfe erbaten, habe er sie trotz seines eigenen Zustandes auf einen Wagen gepackt und bis zum Schacht 10 geschoben. Im Laufe des heutigen Montag gingen uns noch folgende telegraphische Meldungen zu: Lens, 11. März. Ueber die wahrscheinlichen Ursachen der Katastrophe von Courrieres erklärte ein Ingenieur des Ministeriums des Innern: Am letzten Sonntage brach im Schacht 3, der mit den Schächten 1 und 2 direkt verbunden ist, ein Brand aus. Um das Feuer zu lokalisieren, wurden zuerst mit Mörtel und Zement verstärkte Holzverschalungen angebracht; doch dürften diese entweder zu weit vom Feuerherd entfernt oder nicht dicht genug gewesen sein. Jedenfalls muß angenommen werden, daß das Grubengas sich in großer Menge mit der eindringen den Luft vermischen konnte, und daß infolgedessen die furchtbare Explosion stattfand, die die Zer trümmerung der Schachtwand und den Einsturz der Decke herbeiführte. Die Staatsanwaltschaft soll fest gestellt haben, daß der Brand schon vor unge fähr einem Monat ausgebrochen war. Jedenfalls hatten die Ingenieure der Gesellschaft schon vor mehreren Tagen Besorgnisse wegen der Ausdehnung des Brandes gehegt und mehrere Schächte einer eingehenden Besichtigung unterzogen; es heißt aber, daß nichts Außergewöhnliches bemerkt worden sei. Die Bergleute machen die Gesellschaft für die Katastrophe verantwortlich und beschuldigen die Ingenieure der Sorglosigkeit, da man, nachdem das Feuer die Holzverschalung ergriffen hatte, die Ein fahrt hätte einstellen sollen. Die Aufregung, die unter den Bergleuten herrscht, läßt ernste Vor kommnisse befürchten. Nach den letzten Nach richten wird die Zahl der Verunglückten auf 1100 geschätzt. Lens, 11. März. Die Minister und der Vertreter des Präsidenten Falliöres haben dem Präfekten 10000 Franks zur ersten Hilfeleistung Überwiesen. Alle Festlichkeiten sind abgesagt, un! überall wehen Trauerfahnen. Vonden Rettungs mannschaften haben mehrere, die zu tollkühn vorgegangen sind, den Tod gefunden. Die Zutage förderung der Leichen, von denen viele gänzlich ent stellt sind, verursacht fortwährend schreckliche Szenen. Leus, 11. März. Die Minengesellschaft läßt eine Zählung in den von den Minenarbeitern bewohnten Dörfern vornehmen, um die Zahl der fehlenden Arbeiter genau festzustellen. Die M i n i st e r, die gestern hier eingetroffen waren, sind heute vormittag wieder abgereist. Leus, 11- März. Der Tag ist ruhig ver laufen. Die Angehörigen der Opfer haben Einspruch dagegen erhoben, daß ihnen der Weg versperrt wurde, um die geborgenen Leichen zu besichtigen. Die Menge hielt die geschlossenen Wagen, in denen sich die Lei chen befanden, an und verlangten von den Wagen führern, daß die Namen der Opfer genannt und die Wagenschläge geöffnet würden. Aus Schacht 2, 4 und 10 werden noch einige Leichen herauf befördert Nach den letzten Meldungen sollen nur 60 Lei- chen geborgen sein, von denen nur die Hälste rekognosziert wurde. Viele von den Rettungsmannschaften haben leichte Verletzungen davongetragen. Die Aufbahrung der Leichen hat heute begonnen, die Bestattung ist auf Dienstag an gesetzt. Die wieder ei kannten Leichen sollen ihren Familien übergeben werden. Man scheint noch nicht alle Hoffnung aufgegeben zu haben, noch einige der Verunglückten am Leben zu finden, da einige Ar beiter, die heute abend wieder durch einen Schacht nach oben gekommen sind, erklärten, unterwegs noch zwei lebende Pferde angetroffen zu haben. Paris, 11. März. Nach Depeschen aus Lens von 5 Uhr 35 Min. nachmittags wurde festgestellt, daß in den Gruben von Courrstres gestern 17 95 Bergleute eingefahren sind. Davon sind bisher 591 in Sicherheit gebracht, während 1204 noch unter den Explosionstrümmern liegen. Man glaubt, daß alle bei diesen vergeblich sind. Neuestes vom Tage. s Ein Sachse auf dem „Kaiser Wil helm II". Verunglückt. Als das Flottenflagg schiff „Kaiser Wilhelm II." in Wilhelmshafen ein- traf, um dem Kaiser, der am heutigen Montag zur Vereidigung der Marinerekruten dort eintrifft, für eine Fahrt in See zur Verfügung zu stehen, hatte es die Flagge halbmast gesetzt, weil auf der Nord fee der Matrose Leder aus Schirgiswalde einem Unfall zum Opfer gefallen war, dessen Leiche an Bord nach Wilhelinshaven überführt wurde, um da beerdigt zu werden. Bei einer Gewehrübung war er infolge vorzeitigen Abkommens eines Gewehres durch einen Schuß in den Kopf getötet morden. Ballons im Sturm verloren. Der orkanartige Gewittersturm, der seit Tagen ganz Norddeutschland heimsucht, hat nicht nur zu Wasser und zu Lande Unheil angerichtet, sondern auch im Reiche der Lüfte. So ist am Fr itag ein neuer Ballon „Ernst", der zu Ehren des Herzogs Ern U. von Sachsen-Altenburg seinen ersten Aufstieg unternehmen sollte, völlig verloren gegangen. Der Ballon befand sich in Bitterfeld und war bereits in Gegenwart einer großen Zuschauerschar mit Gas gefüllt, aber noch nicht am Korbe befestigt. Plötz lich rissen die Befestigungen, und die gasgefüllte Hülle, die einen Wert von 500 Mark darstellt, stieg ohne Korb bisher auf Nimmerwiedersehen in die Lüfte. Einige Leute wurden bei der Flucht des Luftschiffes leicht verletzt. Auch von einem Ballon, der bei Charlottenburg aufstieg, ist man bisher ohne Nachricht. Beide Ballons gehören dem Berliner Verein für Lustschiffahrt. -j- 3ÜOO Mark Belohnung auf Kopf. Der Regierungspräsident ron Potsdam Hal auf die Wiederergreifung des Raubmörders Hennig eine Belohnung von 3000 Markausgesetzt. Großer Brand. Einem zwei Tage lang wütenden Grobfeuer in Kaltennordheim in der Rhön fielen 11 Wohnhäuser und 21 Nebengebäude zum Opfer. i Ein Aussätziger wurde vvn Kalden kirchen nach Memel in das dvrt'gs Aussätzigeuheim befördert. Der Kranke ist aus Barmen gebürtig. Er hat lange Jahre im indisch-holländischen Kolonial amt gedient und sich dabei die Krankheit zugezogen. Die Holländer schoben den Mann nach Deutschland ab. Von Venlo kam er nach Kaldenkirchen, wo er bis jetzt im Krankenhause war. Die Fahrt von dort nach Memel geschah unter Anwendung aller Vorsichtsmaßregeln. Hoch klingt das Lied vom braven — Weib. Im Bezirke der königl. Eisenbahndicektion Posen walten tüchtige Strecken-Wächterinnen ihres Amtes. Erst jüngst meldeten wir, daß eine durch ihr umsichtiges Verhalten einen Zugzusammensto verhütet habe, und jetzt berichtet das Amtsblatt de Posener Direktion schon wieder über eine brave Ta wie folgt: „Eine außerordentliche Belohnung i der Schrankenwärterin Drobner in Wärterposten 2 zwischen Koschmin und Wolenice bewilligt worden, weil sie am 4. Februar d. I. den Zug 810 ange halten hat, nachdem aus der der Fahrtrichtung dieses Zuges entgegengesetzten Richtung ebenfalls ein Zug angemeldet worden war." — Der für den Zug meldedienst verantwortliche Beamte dürfte wohl keine außerordentliche Belohnung erhalten haben. f Ein Versehen mit dem Tode . hat derArbeiterBvshard in Berlin. Boshardwai abends angetrunken nach Hause gekommen und hatte, bevor er sich zur Ruhe legte, noch einmal einen „stärkenden Schluck" aus der Schnapsflasche nehmen wollen. Versehentlich griff er nach der daneben stehenden Flasche mit Putzwasser. Früh erwachte Frau B durch das Röcheln ihres Mannes. Ein Blick au den Tisch ließ sie sofort erkennen, was vorgegangen war. Ein herbeigerufener Arzt konnte nur noch den Tod feststellen. f Gesunkener Dampfer. Der englische Dampfer „Nelson", mit einer Ladung von 3000 Tonnen Kohle und einer Besatzung von 21 Mann, ist in der Passage du Tromveur, an der Ostküste der französischen Insel Omssant, gesunken. Die Be mannung wurde durch Fischer mit Rettungsbooten gerettet und nach der Insel Mostne gebracht. Passagiere befanden sich nicht auf dem Dampfer. -j- Erdbeben. Der Eingcborenenstaat Baschar in den Simlabergen in Indien ist neuerdings von einem heftigen Eidbeben heimgesucht worden. In der Stadt Rampur sind zwei Personen getötet und 24 verletzt; in Karkoola an der Straße vvn Hindo- stan nach Tibet sind sechs Personen getötet und zwei verwundet, daS Gerichtsgebäude, das Postamt und die Polizeistation sind zerstört. Aufgelöste Versammlung. Prof Neisser aus Breslau, der auf Borneo Syphilisimpfungen im großen an Affen unternommen hat, versuchte in Stettin über den Ausfall seiner Forschung vor 750 Zuhörern im Evangelischen Vereinshaus einen Vor trag zu halten. Kaum hatte er begonnen, so wurde er unter einem Riesentumult ausgepfiffen und mußte einen Vortrag abbrechen. Nach 20 Minuten wurde die Versammlung aufgelöst. Der flüchtige Sahn eines Berliner rlehrers wurde in Hamburg ermittelt und dingfest gemacht. Der k 8jährige hoffnungsvolle Sprößling hatte am letzten Sonntag, während sich seine Eltern in der Kirche befanden, aus einem Se kretär 100 Mk. Bargeld und 1000 Mk. in Wert papieren gestohlen. Mit seinem Raubs wandte er sich nach der Hafenstadt, wo er fleißig die Restau rants und TanzsalonS besuchte. Als er am Freitag in berauschtem Zustande ohne Paletot und Kopfbe deckung seinem am Berliner Bahnhofe gelegenen Hotel zustrebte, wurde er angehalten. Der Kriminal polizei vorgeführt, räumte er ohne weiters dem Dieb stahl ein, über den inzwischen die Hamburger Be- Hörde telegraphisch benachrichtigt worden war. Nach dem Verbleib seines Paletots und Hutes befragt, gab er an, daß er die Sachen in einem Ver- gnügungSlokal liegen gelassen habe. In dem Pale tot sollen sich nach seiner weiteren Aussage angeblich die gestohlenen Wertpapiere befunden haben. Die Polizei ist jetzt auf der Suche nach dem Paletot mit seinem wertvollen Inhalt. Der jugendliche Dieb wurde bis zu seiner Rückbeförderung nach Berlin dem Gerichtsgefängnis zugeführt. -f Aus Seenot gerettet. Die Reitungs- stelle Langeoog der deutschen Gesellschaft zur Ret- tung Schiffbrüchiger drahtete am 10. März: Von dem hier gestrandeten Seeleichter W. T. A. G. 31 Dortmund, Kapitän Oellrichs, mit Stückgütern von Hamburg nach Emden bestimmt, vier Personen durch das Rettungsboot „Reichspost" der Weststelle gerettet. Hoffnungsvolle Jugend. In einer von einem Polizeihund in den Sandgruben hinter dem Hohenfelde bei Altona aufgespürten Höhle wurden mehrere schulpflichtige Burschen angetroffen, die ein gebratenes Huhn verzehrten, das, wie die umher liegenden Federn bewiesen, an Ort und Stelle ge rupft worden war. In Haft genommen, gestanden die Burschen, daß sie die Schule geschwänzt und mehrfach Hühnerställe erbrochen und ausgsraubt, auch sonstige Lebensmittel gestohlen hätten. Zu dem räuberischen Ueberfall im Schnellzuge erfahren wir im Anschlnß an unsere bisherigen Meldungen, daß es dem überfallenen Kammerherrn v. Zitzewitz fortdauernd gut geht. Der hochbetagte Herr hat trotz seiner 67 Jahre die körperliche und seelische Attake tapfer überstanden; der Wundoerlauf ist bisher fieberlos geblieben, und die erlittenen Verletzungen beginnen bereits zu ver heilen. In weiteren Mitteilungen über das Atten tat äußerte Baron v. Z., daß der Räuber beim Eintritt in das Coupö auf ihn gleich den Eindruck gemacht habe, als ob er nicht in die erste Wagen- tlasse ^gehöre. Wahrscheinlich hat er den Zug auch nur mit einer Bahnsteigkarte bestiegen. Beim Ringen hat Herr v. Z. nach dem ersten Schießen den Räuber am Handgelenk festzuhalten versucht, um ihn zu verhindern, noch weiter zu schießen. Der Kerl habe jedoch seine Hand frei bekommen, die letzten Patronen verschossen und ihm dann mit dem Revolver auf den Kopf geschlagen. Der Versuch emes im Nebenabteil sitzenden Fahrgastes, die ver riegelt? Klosettür zu öffnen, habe den Täter stutzig gemacht. Dadurch habe der lleberfallene Zeit ge wonnen, die Abteiltür zu öffnen und das Trittbrett zu gewinnen. Der Bursche versuchte umsonst, ihn von dem Brett mit dem Fuß hinunterzustoßen, und hockte dann auf dem Tritt, bis der Zug so langsam fuhr, daß er abspringen konnte. An den Stangen, an denen sich Kammerherr v. Zitzewitz festhielt, sind die Abdrücke seiner blutigen Hände noch deutlich zu sehen. f Grauenvolle Mordtat. Wie aus Ajarcio gemeldet wird, wurde ein Korse namens Pola gerichtlich aufgefordert, eine Schuld au einen gewissen Lcnci zu bezahlen. Pola kam ins Haus Lencis und verlangte, daß die ganze Familie dabei sein sollte, wenn er die Schuld begliche. Lenci rief darauf seine Frau, seine Schwester und seine drei Töchter. Als die Familie beisammen war, zog Pola einen Revolver aus der Tasche und erschoß Lenri, sowie die fünf Frauen. Alle starben innerhalb weniger Minuten. Der Mörder wurde verhaftet. Urrmifchtes. * Welches Unheil das Lesen von Jn- dianergeschichten anrichten kann, dafür lieferte eine Landgerichtsverhandlung in Wien ein Bild: Sie haben aus einem braven, anständigen Jungen, der fleißig lernte und der Stolz und die Freude seiner Etlern war, plötzlich einen Kandidaten für die Besserungsanstalt gemacht. Der 13jährige Schul knabe Johann E. wohnt bei seinen Eltern in Währing. Bis vor kurzer Zeit zeichnete sich der Knabe durch musterhafte Führung zu Hause und in der Schule aus. Plötzlich ging mit ihm eine Veränderung vor, die bei den Eltern das wahrste Entsetzen hervorrief. Der Junge blieb wiederholt von Hause weg, stahl seinem Vater Geld und Wertsachen; letztere wurden verkauft und der Gesamtertrag mit gleichalterigen Knaben vergeudet. So hätte er es trotz der Bitten und Beschwörungen seiner Eltern fortgetrieben, wenn nicht am 7. d. M. in Simmering seine Ver haftung erfolgt wäre, als er einen Handwagen, den er gestohlen hatte, verkaufen wollte. E. war Mit glied einer sogenannten „Jndianerplatte," einer aus echs Köpfen bestehenden Bande von Schulknaben. Die Jungen hatten untereinander noch keinen Führer gewählt, sondern in einer Besprechung aus gemacht, derjenige, der zuerst ein blutiges Messe: bringe, sei ihr „Häuptling". Diese Abmachung wirkte auf E. geradezu suggestiv. Der Junge legte sich in die Lade seines Nachtkästchens ein großes Küchen messer. Es lag stets so, daß er eS sofort erreichen konnte. Und so entsetzlich hatte der Wahnwitz in ihm Wurzel gefaßt, daß Johann E, um den Ruhm des Häuptlings zu erlangen, vor ungefähr einer Woche den — eigenen Vater töten wollte, um mr dem vom Blute des Vaters gefärbten Messer die Würdigkeit zu erlangen. Und wirklich erhob er sich damals um 1 Uhr nachts vom Lager, faßte leise das große, scharfe Messer und schlich sich zum Bet e des Vaters. Doch Herr E. hatte den Jungen ge hört und war zu seinem und des Knaben Glück erivacht. Sv wurde das Entsetzliche vereitelt. Johann :. ist ein für sein Alter ziemlich großer Junge. Er t ein ausgesprochenes Opfer der Jndianergeschichten; e waren sein ausschließlicher Lesestoff, und seine L eblingsbücher wurden die mit blutrünstigen Bildern versehenen Geschichten der Abenteuer Buffallo Bills. Durch diesen Lesestoff wurde seine Einbildungskraft krankhaft aufgeregt. Diesem Lesestoff ist auch das Enstehen der „Jndianerplatte" zu danken. Herr E. wird seinen unglücklichen, verblendeten Sohn in eine Besserungsanstalt bringen. Letzte Telegramme (Wolff s Telegraphisches Bureau.) Berlin, 12. März. In einem Geschäftsladen zu Charlottenburg vergiftete die 26jährige, Ehestau Schneider sich und ihre beide« Kinder mit Lysol. Die Frau und das jüngste Kind wurden tot aufgefunden, das andere Kind lebt noch. Der Verbleib des Ehemanns ist bisher noch nicht ermittelt. Berlin, 12. März. In einem Hotel in der Friedrichsstadt erschoh sich ein 30 bis 40 Jahre alter Herr, dessen Persönlichkeit nicht festgestellt wurde. Lissabon, 12. März Der König und die Königin haben sich gestern abend zum Besuch des Königs von Spanien nach Madrid begeben. In ihrem Gefolge befindet sich der Minister des Aeußeren. Die Rückreise erfolgt am 16. März. Paris, 12. März. Sarrien begab sich gestern abend 9 Uhr zum Präsidenten Fälliges und er stattete ihm Bericht Uber seine im Laufe des Nach mittags gepflogenen Verhandlungen. Es wird ver sichert, daß Clemenceau das Pvctefeuille des Innern übernehmen soll, während Sarrien selbst das Justizministerium übernehmen und Etienne Kriegsminister bleiben wird. Unter dieser Bedingung könnte die Bildung des Kabinetts schon heute erfolgen. Wladiwostok, 12. März. Der Generalgouver neur des Amurgebieles veranlaßte die Entlastung des ganzenVerwaltungsrates der Usturibah« und . von 8 höheren Bahnbeamten und zwei In genieuren. Die Entlassenen haben das Amurgebiet im Laufe der Woche verlassen. Sie dürfen in der Residenz nicht Aufenthalt nehmen. Die Maßrege lung erfolgte, weil die Beamten an deni Bahnstreik teilgenommen und während desselben ihre Vorgesetzten ihres Amtes entsetzt hatten. London, 12. März. „Times" melden ans Tanger: Raifult und seine Leute zerstörten und verbrannten eine Anzahl eingefriedigter und europäischer Besitztümer unmittelbar vor den Toren Tangers unter dem Vorgeben, daß die Ansprüche der Europäer auf das Land nicht stichhaltig seien. Unter den niedergebrannten Besitztümern befinden sich ein europäisches Cast und ein spanisches Haus. Cleveland (Ohio), 12. März. Ein Per sonenzug der Linie Baltimore-Ohio stietz in der Nähe von Godsend (Ohio) mit einem Güterwagen zusammen. ttt Personen wurden getötet, 15 verwundet, einige davon tödlich. Kirchliche Nachrichten Parochie St. Christophori zu Hohenstein- Ernstthal. Am l. Landes Buß und Beitag, vormittag 9 UhrHaupt- gottesdienst mit Predigt über Joh. I, 11—12. Herr Pfarrer Albrecht. Abnds 6 Uhr Abendmahlsgottesdienst. (Anmeldungen Dienstag nachmittag 3—5 Uhr erbeten.) Kollekte für den Landesverein für Innere Mission. Donnerstag, den 15. März, abends halb 9 Uhr Passions andacht im Waisenhaus- und Hüttengrundschulsaale. Nächsten Sonntag, den 18. d. M., abends 6 Uhr Abend mahlsgottesdienst im Betsaale des Hüttengrundes. St. Trinitatts-Parochie. Mittwoch, den 14. März, 1. Landesbußtag, vormittag 9 Uhr Predtgtgottesdienst mit daraus folgender Feier dcS heil. Abcndmahls. Herr Pastor Schmidt. Abends 6 Uhr Abendmahlsgottesdtenst. Herr Hilfsgeist licher Renatus. Kollekte für den Sächs. Landesverein für innere Mission. Donnerstag abends halb 9 Uhr Miisionskiänzchen im Ge meindehaus. Von Oberlungwitz. Am Bußtag, den 14. März, vormittag 9 Uhr Predtgt- gottesdtenst über Joh 1, N u. 12.. Herr Pastor Zeißig. Dar nach Beichte und heil. Abendmahl. Derselbe. Anmeldung von halb 9 Uhr an in der Sakristei. Nachmittag 6 Uhr Predigtgottesdienst und heil. Abend mahl. Herr Pastor von Toskv Anmeldung von halb 6 Uhr an in der Sakristei. Am Bußtag Kollekte sür die innere Mission. Von Gersdorf. Dienstag, den 13 März, keine Bibel st und«. Am I.iLandesbußtag, Mittwoch, den 14. März, früh halb 9 Uhr Beichte und nach der Predigt Kommunion. Herr Hilfsgeistlicher Barth. Abends 6 Uhr Abendmahlsgott-sdienst. An beiden Gottesdiensten Kollekte für den Landesverein für innere Mission. Von Langenberg mit Meinsdorf. Mittwoch, den 14. März, I. Landesbußtag, früh 9 Uhr Hauptgoltesdiensi mit Predigt über Joh. I, 1l u. 12. Nachmittags halb 2 Uhr Bußandacht. Bon Grumbach mit Tirschheim. Am I. Bußtag, 14. März 1906, früh halb 8 Uhr Pre- digtgottesdienst mit heil. Abendmahl. Kolleüe für die innere Mission. Bon Langenchursdorf mit Kalke«. Mittwoch, den 14. März 1906, als am Bußtage, vor mittags 9 Uhr Gottesdienst mit Predig: (Text: Ev. Joh. I, 11 u. 12). Nachmittag 2 Uhr Gottesdienst mit Predigt (Text: Mark. S, 24 . Freitag, den 16. März 1906, vormittag 10 Uhr PassionS- gottesdienst mit W o ch e n k o m in u n i o n Von Bernsdorf. Mittwoch, den 14. März, Bußtag vormittag 9 Uhr Haupt- aottesdtcnft mit Predigt über Joh. I, 11. u 12. Nach den: Gottesdienst Beichte und heiliges Abendmahl K llekte für die innere M ssion. Bon Lobsdorf mit Kuhschnappel. Am Bußia, Frühkirche, 9 Uhr Prediglgottesdiensi. Im Anschluß Beichte und heil. Abendmahl, wozu vorherige An meldung erbeten wird. Kollekte für die innere Mission. Bo« Ursprung. Mittwoch, am 14. März. I. Bußtag, lvrmittags 9 Uhr Predigtgottesdienst und Feier oes heiligen Abendmahls Beichte halb 9 Uhr. Nachmitta s halb 2 Uhr Betstunde. An diesen. Tage wird wie alljährlich eine allgemeine Lan deskollekle zum Besten d,r Inneren Mi sion eingesammelt werden Nächsten Sonntag findet nachmittags halb 2 Uhr Ktnder- gottesdienst statt. Von Wüstenbrand. Mittwoch, 14. März 1906, I. Bußtag, vormittag halb 9 Uhr Beichte, um 9 Uhr Predigt- iund Abendmahlsgottesdtenst. Nachmittag 6 Uhr Abendmahlsgottesdienst. Kollekte für die innere Mission.
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