Suche löschen...
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 04.05.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-05-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190205048
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19020504
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19020504
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-05
- Tag 1902-05-04
-
Monat
1902-05
-
Jahr
1902
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 04.05.1902
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
MMin-LrMM TWkbliltt. > Amtsblatt. Sonntag, den 4. Mai 1902 1. Beilage Nr. 102 !- i - k: einer fr eien - > ez! Et»—. < und um die Saale in Wind in ab- dcr Straßen die F.eikonseivatioen. Dagegen wurde dem Bedenken R chuung getragen durch Annahme eines Antrages Gröber-Oertel, wonach die allgemeinen polizeilich n Vorichuften der Landesgesetze über das Vereins- und Versammlungswesen unb-rührt bleiben. So wurde der Paragraph mit großer Mehrheit angenommen. Morgen soll die Berathung zu Ende geführt werden. Ich ein ^or- lang igen »eis. ießt dem eten und )iese mit igen : die Lire aden liegt zu cele- mit die ister. bene an von siebt >eder 'st, 'st als -je des elle iehr ;un arch ung lhlt. ihre Am Mai, zur vamillone" der Bc. ÜUNg dem efehl iber- nnen :men »liche Be. vern rach- ;dem eder- , er. von von die ovon 8ord Boot Der h an l der ' er- tür Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit b.geisterten, debatürte man im deutschen Reichstage sehr eifrig und gründlich über den schönen Begriff der kirchlichen Toleranz. Dieses Thema hatte sich als recht zug- ääsiig erwiesen, denn daS Haus macht' brinahe einen wschlußsähigen Eindruck, allerdings war die Zusammen, i-tzung heute etwas anders als gewöhnlich. Aus der äußersten Linken, die sonst auch an den schlechtbesuchten ' ge- richt. vanL An. st fei. weitS Tagen meistens einigermaßen erträglich besetzt klafften heute gewaltige Lücken. Kein Wander, doch der sozialdemokratische ROchstagsabgeordlikte Festredner für die Maifeier ein außerordentlich mchter Artikel. Dafür waren die Mannen mehr Aus. t an, lssen. )erej, mit oefen , die ipro- ' ti«» t"« _ li« 40 dl _ >0 JOL " 8« - 3» n 4s, 4, so -Hw '12« »12» '»2» °l2« >12«» »124« '12°- v Ivk oo __ gerüber, Kinderjauchzen itnd die üppigen Klänge eines Konzertwalzers. Auf der Saale trieben ein paar Kähne mit dem Strom, voll von Männern und Frauen, die immer noch das alte, sterbenSmüdc Volks- lied sangen: tlicht adert Die wbilt ,000 aber- Mk. Mk. Mk' zerrissen Ich gehe wieder, als Bürger Welt" Ec schwieg und man hörte wieder der Tiefe rauschen. Zuweilen trug der gerissenen Stößen den festlichen Lärm An der Saale Hellem Strande Stehen Burgen stolz und kühn. Moritz Barth fuhr sich über die Augen wandte das Gesicht wieder seiner Begleiterin zu, den Mund ein schwaches Lächeln. „Daß ich mich kurz fasse, Fräulein Rau. Ihre Vermittelung vollgültig ins Leben treten. Und an dieser Stelle hier, wo das Auge Stadt und Strom und Saalethal — der Heimath ganzes Bild umfaßt, hier soll daS Werk der Menschenliebe sich erheben, eine Heimstätte für alle Armen und Enterbten, sür diese Stiefkinder der Lebens, die in der Heimath keine Heimath haben. ES heiße Mariannenheim! Der Geist der Güte und Großherzigkeit — Ihr Geist, Fräulein Centrums sehr zahlreich angetreten — denn es handele sich um einen von ihnen gestellten Antraa — und das hatte auch ihre alten geschworenen Widersach-r auf dem Gebiete des Kulturkampfes, die National- liberalen, zur Aufbietun g aller Kräfte veranlaßt. Auch die anderen Parteien waren nicht gerade schlecht ver treten und so bot das Haus einen Anblick, wie man ihn an Schwerinstagen fast niemals zu sehen bekommt. Sogar an den Bundesrathstischen hielten sich zeitweise einige Staatssekretäre und Minister auf. Der sogenannte Tob ranzantrag des Centrums hat in einem früheren Stadium der gegenwärtigen langen Session bereits seine erste Lesung durchgcmocht. Auch die zweite Berathung ist bereits begonnen worden und heute wurde sie for gesetzt. Tie Debatte wäre wohl eine rein geschäftsmäßige geblieben und wär? sicher heute zum Abschluß gekommen, wenn der st eit- -bi bare Konsistorialrath Stockmann sie nicht auf die Bahn- Zu Beginn der heutigen Sitzung wurde der be> konfessioneller Auseinandersetzungen geleitet hätte. Ec kannte Antrag Rickert wegen Einführung des Jsolw Achseln. Ich habe ihnen eine Schenkung angetcagcn, sie lag bis heute auf dem Tisch bereit — sie haben sie nicht gewollt. Gut denn! Das Band ist epheuumkränzten Burgruine emporträumend, die vor ge schickten Händen der Wirklichkeit in getreulicher Ver kleinerung nachgel i det war. Als der Festzug sich gelöst, die wimmelnden Scharen sich satt gesehen hatten, traten andere Genüße in den Vordergrund Dj? durstigen Seelen füllten die von Tannenzweigcn duftenden Gasthäuser, um die Freude an der Heimath im kühlen Strom der Getränke uuterzutauchen; Musik erfreute feinere Ohren; die Jugend aber flog zum Tanz Nur ein einziges Menschcnpaar stieg, der Stadt unk dem zentralen Zug all' der raufchergriffenen Men schen entgegengesetzt, jenseits der Saale die Berglehne zum vereinsamten Stadtwald hinauf. Moritz Barth und Marianne Rau. Beim Spcrb rhäuschen, der Stelle, die den schönsten Ausblick bieter auf Stadt und Saalethal, machten sie Halt, die Augen der sanft ansteigenden, fahnenübersäten Häuserbrei'e zugekehrt, die beider Heimath war. „Hcimathsfest I" sagte endlich Moritz Barth mit tiefernster Stimme. „Wer wirklich eine Heimath Halil Als ich kam, von Sehnsucht getrieben, sah ich das alles nach zwanzig Jahren überwältigend wieder vor mir Kirche, Schule, Elternhaus, alles verklärt vom süßen Schein der Jugend. — Jetzt steh' ich als ein Fremder hier, der jedes HcimathSrecht verloren hat, ein abge- trennte- Glied der Gemeinde, groß und stark geworden in einer anderen Welt, die weit hinter diesen kleinen, grünen Hügeln ihre Meilenflächen zwischen Riesen- Häuptern dehnt. Dort treibt der Mensch im frischen Strom der Kräfte, Leben ist Thätigkeit, Arbeit Adel, König der Erfolg — hier schleicht das Leben seinen abgemessenen Zirkelgang und winklig und verschlungen wie diese Gaffen sind die Herzen und die verstaubten Gänge im Gehirn. Ich kam mit offenen Armen zu ihnen. Ich wollte meinen Namen durch ein Werk der Barmherzigkeit wieder Herstellen — sie zuckten die drückte seine Verwunderung darüber aus, daß gerade bas Centrum den Toleranzantrag eingebracht habe, da die Religionsfreiheit durchaus kein katholisches Prinzip sei. Die katholische Kirche halte sich für die allein seligmachende und deshalb sei sie intolerant und müsse es konsequente: Weise auch sein; Toleranz übe sie nur da, wo sie dazu gezwungen werde, und sie fordere sie nur dann, wenn sie Vortheile davon habe. Auf diese Deduktionen zu antworten, wäre eine dank bare Aufgabe sür das schöne Pathos des Herrn Lieber gewesen, und mancher Centrumsmann empfand wohl in diesem Augenblick die Lücke, die der Tod dieses Führers hinterlassen hat. Aber an Streitbarkeit ist Herr Bachem, der gegen Herrn Stockmann eingriff, dem evangelischen Konsistorialrath mindestens gewachsen, wenn nicht überlegen. Er versuchte die Vorwürfe zurückzuweisrn, wobei cr auf den Unterichied hinwies zwischen dogmatischer und staatsbürgerlicher Toleranz. Von der ersteren könne natürlich keine Rede sein, die letztere aber müsse geübt werden. Dem Rededuell Stockmann-Bachem folgte später noch ein ähnlich-? zwifchen Dr. Hieber (ml.) und Dr. Spahl! (Cn.). Irgend eine Verständigung wurde dadurch natürlich -richt herbeigefühA. Die Wortführer der lmksstehcn den Pane! n, Richter (frs. Bp.), Schrader (frs. Vgg.) md Kun rt (Soz.) beschränkten sich aus ganz kurze ZustimmungSerklärungen, und auch Dr. O rtel (ons.) iprack namens des größeren Theils seiner Freunde sür den Antrag, wobei er in wirklich schönen und warm 'mpsundeuen Worten für weitgehende Toleranz eintrat. Dr. Oe:tA jcheint einen imu er größeren Einfluß inner halb seiner Partei zu gewinnen, und es sieht mehr und mehr io au?, als wenn er diesen Einfluß in einer vermittelnden, den modernen Anschauungen mehr entgegen kommenden Weise auSube. Für den Humm raumes und der amtlichen WahlcouvertS in dritter Lesung endgiltig gegen die Stimmen der Rechten an genommen. Die Debatte war eine recht lebhafte. Abg. Jeffen (Däne) beschwert sich über Wahlbe- einfluffung. Bei der letzten Ersatzwahl im 1. Schles wig-Holsteinischen Wahlkreise habe man dort die Stinimzettel mit Punkten versehen, damit der Wahl vorsteher übersehen konnte, ob der betreffende Wähler auch den richtigen Wahlzettel abgegeben habe. Wäh lern sei gedroht worden, daß ihre Angehörigen oder Angestellten, Arbeiter usw. ausgewiesen würden, falls nicht der punktirte Zettel abgegeben würde; sogar Landräthe hätten Kas gethan, wie der von HaderS- Kben. — Abg. Dr. Barth (freis. Ver.) beklagt sich über die schneckenhafte Langsamkeit, mit der derBun- dcsrath Alles behandele, was aus der Initiative des Reichstags hervorgegangen sei. Es handle sich hier am eine Angelegenheit der politischen Moral. Für eine geheime Abstimmung, wie sie di? Verfassung vorschreibe, sei jetzt gar keine Sicherheit vorhanden. Diese könne nur qeschoff-n werden, w?nn der Bundesrath den vor- g^chlagenen Gesetzentwurf annehme. Bei den nächsten allgemeinen Wahlen wolle man nicht wieder solche Mißbräuche erleben. — Abg. Lenzmanu (F-eis. BolkSp.) meint, im Westen sei es etwas- besser geworden, na- üirlich mir Ausnahme des Königreichs Stumm. Im Uebrigen sei es im Westen ein gewisses Schamgefühl vorhanden, der Osten sei für dieses noch nicht reif. Die Rechte sei nicht gewillt, solche unmoralische Ver- Setzungen der Wahlfreiheil zu verhindern. — Präsident G as Ballestrem: Dos dürfen Sie nicht sagen, Sie dürf-n höchstens sagen, daß dies ein nicht gewollter Effekt sei. (Heiterkeit.) — Abg. v. Kardorff (ReichSp.) führt aus, daß eine Nothwendigkeit für die beantragten Aenderungen des Wahlgesetzes nicht vorliege. Der Glschentwurf wird dann gegen die Srimmen der Rechten angenommen. Das Hetwathsfeft. Rovellette von Curt Julius Wols. Schluß. (Aachdruck verboten). Bom Reichstage Berlin, i. Mri. ersten Tage des wunderschönen MonalS selben Zeit, als draußen die „Arbeiter- ihr Weltfest der Arbeit feierten und sich Minister keine Bulletins ausgegeben werden, so kann man doch nicht daran zweifeln, daß der „Befund" ein sehr ungünstiger ist. Es ist immer klarer und un- zweideutiger hervorgetreten, daß die Ermordung der Ministers deS Innern Ssipjogin nicht einen persön- üchen Racheakt darstellt, sondern nur der extremste Ausfluß einer weitverbreiteten rabiaten und gefährlichen Stimmung unter der studirenden Jugend Rußlands ist. Sowohl auf den Posten des Ministers des In- nern, wie auf den des Unterrichtsmimsters sind jetz! Männer der scharfen Tonart berufen worden, aber ob diese Touart hinreicht, um die schon fo weil vorge schrittene Bewegung im Keime zu ersticken, das bleibt immerhin abzuwarten. Bon der scharfen Tonart, mit der die Amerikaner auf d.n Philippinen ihre „BesteiungSmission" ausgeführt haben, hat man jetzt recht erbauliche Ding erfahren. Man weiß nicht rech:, haben d e Amerikarer von ihren englischen Vettern, odr die Engländer von ihren amerikanischen Vettern gelernt. Aber wir wolle > den Engländern gegenüber nicht ungerecht sein. Aul dem Gebiee des „Kolonialkrieges" brauchen sie von Niemandem zu lernen, da sind sie Meister. Die Meisterprüfung haben sie schon in I dien bestanden, und sie brauchten mithin für Südafrika nichts zuzuleeren. Wird die blurige Politik der Ve,bann- u- gSdekrete, der Konfiskationen und dec KonzentraUons lager ihre Früchte tragen? In England thut man so, als ob man den erfolgreichen Friedm bereits in der Tasche habe, aber noch ist nicht all r Tage Abend, und das entscheide-de Wort der Burenkämpser ist noch nicht gefallen. habe sie gebeten mit hier heraufzukommen — wunderliches Verlangen an einem solchen Tage, nicht? Ich habe Sie gebeten, weil Sie die einzige Seele waren, die mir ohne Voreingenommenheit begegnete. Dankbar für diese Wohlthat, will ich meine Abschieds- gabe an die Heimath in Ihre Hände legen. WaS Moritz Barth nicht geben durfte, daS möge durch IV Der Sonntag darauf war der Hauvt- und Glan; lag sür das so lang vorbereitete Hcimathsfest. Schon am Sonnabend liefen alle Züge vollgepfropft in die kleine Station. Aus ihren Abtheilungen quoll ein frohbewegter Menschenschwarm, der sich unaufhörlich in die Stadt ergoß, die grauen, alterthümlich krummen Gaffen mit heiteren Farbcniönen und festlichen Stimmen erfüllend. Kinder der Stadt waren's zumeist, vom Schicksal in alle Winkel des Vaterlandes verweht, ein hellig von Heimathliebe und Jugendzauber zusammcnge- zogen und nun für diesen einen Tag innerhalb jener Mauern vereinigt, in denen sie geboren waren, in denen sie angefangen hatten zu leben. Früh am Nachmittag schon bildete sich auf dem Markt der Festzüg. Da sahen denn die alten, schmalen und spitz giebeligen Markthäüser aus ihren kleinen Fenfleraugen auf einmal alle die unterschiedlichen und wechselsüchtigen Menschenkinder wieder, die sie im Lause der Jahr hunderte in ihren unverändert soliden Mauern be herbergt hatten, vom Landsknecht, Stadtpfeifer und Bogenschützen angefangen über die gezierte Schnörkel weit des Rokoko hinweg bis zu jenen blühenden Kin dern der Zeit, die in weißen Festgewändern, Perlen und blaßgrünen Florstreifen als heiterer Wellentanz den Wagen der „Saale" umwogten, auf dem Grete Bloß feldt als Stadtschönheit den schönen, vielbesungenen Fluß allegorisch verkörperte. Zwischen Gestalten der Sage und der Geschichte saß sie in fließender Seide auf grünen Felsen, das Blondhaar aufgelöst, die prachtvollen nackten Arme um das Knie geschlungen und so zu einer Rau, herrsche in seinen Räumen! — Nun, leben Sie wohl." Er hatte eine schwere Ledertasche in ihre Hand gelegt und wandte sich zum Gehen. Drüben stand das alte Salinger Schloß leuchtend in der Abendröthe. Jedes seiner F nster war ein gleißender Flammenstern, und die massiven Mauern schienen sich wie von einem glühenden Inhalt zu dehnen, die Thürme sich wuchtig ans dem Schlaf der Jahrhunderte emparzurecken. Die kleinen braunen Ärmeleut-Häuser am Fuße deS Schloßberqs aber krochen in der Dämmerung fast zusammen. Rauch stieg in schrägen Säulen von ihren Dächern auf, unter den bochgi wölbten Lindenwipfeln der Schloßfreiheit zu einer blauen, luftigen Decke zusammenfließend, aus der der Kirchthurm rosig glühend empvrragte. Eine innere Gewalt trieb ihn, sich vor dem Ab stieg noch einmal umzusehen. Was cr sah, bannte seinen Fuß an die Stelle. Marianne Rau hatte daS Gesicht mit der Hand bedeckt, mit der andern streckte sie die Brieftasche von sich, als könne sie diese Mission nicht erfüllen. Dann fiel die Tasche zu Boden, sie preßte die zitternde Hand aufs Herz. Langsam kehrte er an ihre Seite zurück. „Marianne", sagte er weich, die Hand von ihren Augen lösend. „Nimm mich mit," bat sie mit thränenerstickter Stimme. Da zog er sie an sich und, während der süße Ton der Abendglocke über die Saale klang, sazte er ergriffen: „Habe Dank! Du giebst mir eine schönere Heimath wieder." - ' I -b i wrztr, wmn auch sehr unfreiwillig, der Antisemit Vogel. Ec wollte es besonders gut machen und hatte sich cioe lange Abhandlung auSgearbeiret, welche die Frage nach allen Richtungen hin beleuchten sollte, aber mit Gemeinplätzen und schiefen Redewendungen so gespickt war, daß er bei seinen undankbaren Zuhörern aur Unwillen oder Heiterkeit erregte. Schließlich nachte Graf Ballestrem in seiner fein satirischen Art dem grausamen Spiel ein Ende, indem er daraus hin- wieS, daß Reden nicht abgelesen werden dürfen. Schleunigst brach Herr Bogel seine verunglückte Rede ab und flog davon. Gegen den tz 1 des Antrages, welcher b-stunmi, daß j dem Reichsangehörigen innerhalb des Reichs gebiets volle Freih k des religiösen Bekenntnisses, der Vereinigung zu Religionsgemeinschaften, sowie der gc- meinsamen häuslichen und öffentlichen Religionsübung c-ist ht, wurde wesentlich geltend gemacht, daß die einzelst rötlichen Bestimmungen des Vereins- und Vc» sammlungSreclM dadurch berührt würden. Dr. Sattler (ail.) beantragte deshalb einen Zusatz, wonach vor läufig, bis zur Regelung des Vereins- und Per sammlungSrechts von Reichs wegen jener G'Undiutz nur allgemein cwsg-.sproch.n werden soll, während der Erlaß von Gchtzen zur Ausführung des Grundlatz-S den Einzelstaaten zu übertragen sei. Für diesen An t ag der Nationalliberalen stimmten aber nur roch Politische Wochenschau. Die verflossene Woche stand ebenso wie die vor hergehende im Zeichen des Krosigk-ProzesseS, der am Mittwoch nach zweiwöchiger Verhandlung 'ein Ende gefunden hat. Seit dem 21. Januar v. I., wo Las in seiner Art fast beispiellose Ereigniß der Er mordung des Rittmeisters v. Krosigk sich e eigne e, also seit länger als fünf Vierteljahren, ist die öffent liche Meinung durch diese sensationellen Vorgänge und durch die mehrfachen Gerichtsverhandlungen, die sich an sie schloffen, in Spannung gehalten worden. Durch die jetzt immer deutlicher hervorgetretene Einseitigkeit, mit welcher die kriminalistische Voruntersuchung gefüh-t wurde, hatte sich der Verdacht ausschließlich auf die beiden alsbald unter Anklage Gestellten und jetzt eud- giltig Freigeiprochenen, auf Marten und Hickel, gelenkt. DuS Kriegsgericht sprach beide frei, das Oberkriegs gericht, an das gegen jenes Urtheil die Berufung ein gelegt worden war, sprach Hickel frei, verurtheilte aber Marten zum Tode. DaS Reichsmilitärgericht hob als dann dieses Urtheil auf und verwies die Sache an die Borinstanz, die jetzt nach zweiwöchiger eingehender Verhandlung die beiden Angeklagten freige prochen hat. Die Leitung der Verhandlungen, die im vollen Licht der Oeffentlichkeit vor sich gingen, unterschied sich in iehr vorlheilhafter Weile von jener des frühere > Ober- kriegsgerichts, die zu manchen Ausstellungen Anlaß gegeben hatte. Klarheit über die That stlbst hat auch der jetzige Prozeß nicht g bracht. Die That wn d alle: Voraussicht nach ungesühnt bleiben, und die wirklichen Thäter werden allem Anschein nach dem udische Richter entgehen. Die Verhandlungen des forensischen Parlaments in Gumbinnen hatten daS öffentliche Interesse so mit Beschlag belegt, daß das Interesse an den Reichs tags- und La n dt a g S v e r ha n d l u n g e n da vor weit zurücktrat. Hier sowohl im Reichstage ww im Landtage, wird zur Zeck mit Dampskrast gearbeitet, damit noch vor Pfingsten Schluß gemacht und doch der Hanpitheil des noch zu erledigenden Ärbeiismate- rialS bewältigt werden kann. Im Reichstag wird, daS steht jetzt schon fest, die Session nicht geschlossen, sondern abermals vertagt werden, und die Zoll- tari fkommission wird mit Hilse der ihr ^er kannten zweitausend Mark pro Kops ihre Arbeit de Sommer hindurch sortsetzen. Auf diese Weist rechnet man darauf, die Zolltarifvorlage, die jetzt in einem schnelleren Tempo vorwärts geht, im Herbst an das Plenum b ingen zu können. Freilich, was im Plenum aus ihr werden wird, das ist unterließ nicht klarer geworden. Während bei uns die politische Saison ihrem Ende entgegengeht, ist man in Frankreich soeben in die Hochsaison der Politik eingcweten, kenn am letzten Sonntag haben die Hauptwahlen zur Kamme: stattgesunden, und an diesem Sonntag finden d e Stichwahlen statt. Schon jetzt steht indeß fest, daß Las Kabinet Waldeck-Rousseau trotz de- be - tigen Ansturms der veleinigte» Gegner gut m-geschniuen und die Republik somit eine neue innere Befestigung erfahren hat. In Anbetracht dieses Umstandes muß daS fitzt ausgetre-ene Gerücht Wunder nehmen, daß der siegreiche Waldeck-Rousseau trotzdem in nicht zu ferner Zeit einem gleichgesinnten Nachfolger Platz machen wolle. Aber allem Anschein nach will Waldeck- Rousseau seine politischen Kräfte aussparen und zwar für die nächste — Präsidentschaftswahl. Minder vergnügt als die französische Regierung ist die deS russischen Alliirten. Wenn auch über die GemüthSstimmung des Zaren und seiner Berlin, 2. Mai. Auf der Tagesordnung steht die zweite Beralh- ung des Gesetzes, betr. „die geschäftliche Behandlung des Entwurfs eines Zolltarifgesetzes", d. h. die Vor lage, betr. die Gewährung von Diäten für die Mit- zlieker der Zolltariskommiision. Die Budgetkommission >eantrazt Annahme des Gesetzentwurfs, mit der Maß gabe, daß das Pauschale für je ein Mitglied der 28,;liedrizen Kommission 2000 Mark statt 2400 Mk. b tragen soll, ferner, daß etwaige Tagcgeldbczüge, die die Kommissionsmitgli-'der als Mitglieder eines E:n- z llandtagS beziehen, sür die betreffende Zeil in An rechnung kommen sollen. Endlich soll dec Piäsident deS Hauses die näheren Bestimmungen erlassen. Die Sozialdemokraten beantragen, Artikel 32 der Rejchsver- sassung im Sinne der Zahlung allgemeiner Anwesen heusgelder an die Mirqli-der des Reichstags abzuändern. Ein Ant'ag Barth (frcis. Ver.) geh! dahin, die Be- 'chluß'assung über Vie Vorlage so lange auSzusetzen, ä:S der Bundesrath zu dem RüchStagSbeschluß vom lO. Mai 1901 auf Einführung allgemeiner Diäten Zstllung genommen habe. Eudl'ch beantragt Aba. Bebel sür den Fall de: Ablehnung des sozialdemvkta- lttchen Antrags, die Kommiisiousvorlage in der Haupt- i.che dahin abzuändern, daß sür die Kommissionsmit glieder ein Tagegeld von 20 Mk. pro Tag ausgesetzt wird und an geeigneter Slelle die Worte eingeschaltet werden: „unter Abänderung des Arlikeis 32 der Reichsverfassung". — Abg. Dr. Barth (freis. Ver.) tritt sür seinen Antrag ein. Seit dem 10. Mai 1901 warte der Reichstag auk eine Antwort des BandeS- rathcs aus seinen Diätenbcschluß. Der Reichstag sei es seiner eigenen Würde schuldig, sich nicht in solcher Weise dilatorisch behandeln zu lassen. Wenn der
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)