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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 19.11.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-11-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190211196
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19021119
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19021119
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- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Bemerkung
- Fehlende Seiten in der Vorlage.
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-11
- Tag 1902-11-19
-
Monat
1902-11
-
Jahr
1902
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 19.11.1902
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und den autonomen Zolltarif so früh fertig stellen zr Preis zu erkaufen. Das „Neue Wiener Tageblatt" müssen, daß wenigstens diese Vorbedingungen für eiml jagt, die Rede sei eine zutreffende Charakteristik der etwa Ihr den diese ist. von ungarischen Regierung rechtzeitig eingeleitet; ob sie dabei ihrer Pflicht, die österreichischen Interessen mit allem Nachdruck zu wahren, nachgekommen sei, werde das HauS später zu beurtheilen haben. Um für den Abschtuß von Handelsverträgen jeder Zeit gerüstet zu stin, glaube die Regierung, den Ausgleich mit Ungarn. Termin des Inkrafttretens des Gesetzes aus den I. Oktober 1903 verlegt. — 8 20 handelt von der Aussicht über die Ausführung dieses Gesetzes. Hierzu tiegl folgender Antrag Münch-Ferber vor: „In Pcivmwohnungen, in denen ausschließlich eigene Kinder beschäftigt werden, dürfen Revisionen während der Nachtzeit statifinden, wenn Thatsachen vorliegen, welch, den Verdacht der Nachtarbeit dieser Kinder begründen. — Dieser Antrag bezweckt eine Einschränkung des 8 139 d der G-werbe-Ocdnung, nach welchem Revisionen jederzeit vollzogen werden können. Bei Anwendung dieses Paragraphen auf das vorliegende Gesetz wären die Prwatwohnungen jederzeit einer Kontrole ausgesetzt. — Die zweite Lesung beginnt Dienstag. , net es als ein verhängnißvvlles Versäumniß, daß bei Aufstellung der Verfassung nicht die fortdauernde Geltung oer deutschen Sprache als Staatssprache in den dem ehemaligen deutschen Bunde gehörigen Lan dern festgelegt worden sei. Die Sprachengrundsätze des Ministerpräsidenten seien nur dazu angethan, um den Bestand der deutschen Sprache zu beschränken. Zur Einführung der inneren tschechischen Amtssprache könnten die Deutschen niemals ihre Zustimmung geben. Zuerst müsse durch ein Reichsgesetz die deutsch'Staats- iprache festgelegt werden, dann erst könne an die Er ledigung der Sprachensrage in den einzelnen Ländern yerangetrcten werden. Die Alldeutschen hätten nie ein Hehl daraus geyiacht, daß sie den innigsten Anschluß an das Deutsche Reich erfordern. „Können Sie jetzt uns verdenken, sragt der Redner, daß wir, wenn die Herrschaft in diesem Reiche Slaven zufiele, es vor ziehen würden, dem Deutschen Reiche anzugehören? (Lebhafter Beifall bei den Alldeutschen. Abg. Berger ruft: „Heil den Hohenzollern!") Zwischen den Deut- schen und Tschechen girbt es keinen Ausgleich, es handelt sich um eine Machtsrage und als solche muß sie behandelt werden." (Beifall bei deu Alldeutschen) Nachdem der Generalredner Siransky den Standpunkt der Tschechen Präzifirt hat, ist der G'genstand erledigt, oa der Geschäftsordnung gemäß keine Abstimmung erfolgt. Das „Fremdenbl." nennt die Rede der Minister präsidenten einen Mahnruf aus dem Munde eines Staatsmannes, der gleichmäßig für das Wohl des Reiches wie das Wohl der R ichsvertretung empfindet. Er müsse also um so bedeutsamer wirken, als er in einem ernsten Augenblicke parlamentarischer Schwierig, leiten ergangen sei. EL ist, fährt das Blatt fort, der Regierung durchaus nicht um die Durchführung aller Einzelheiten der von ihr ausgearbeiteten Griwdzüge zu thun, sondern um die endgiltige Lösung des Spra- chenzwisteS und um die Herstellung eines Zustandes, der die österreichische Reichsvertretung ihrer Ohnmacht entreißen soll. Es ist fraglich, ob es im Interesse irgend eines Bölkes gelegen sein kann, sich gegen die Worte eines Staatsmannes zu kehren, dessen öfter- zu Theil wird. Redner wendete sich dann der Spra chenfrage zu und hob hervor, daß mit der Erörterung ung und zeige auch die Wege, welche zur Versöhnung der Deutschen und Tschechen führen könnten, nur fehle sehr hoch über der Erdoberfläche stattgefunden haben. Daß die Erscheinung sich von unsern Häuptern her schnell zum Horizont hinabseukie, ist natürlich ohne weiteres noch kein Beweis dafür, daß sie sich in ihrem Fluge wirklich der Erdoberfläche beträchtlich näherte. Ein Luftballon, dm wir über uns Hinwegschweben "hen und der in Wirklichkeit immer in gleicher Höhe bleibt, wird sich bei seiner zunehmenden Entfernung auch scheinbar mehr und mehr herabsenken; das ist -ine natürliche Wirkung der Perspektive, durch welche fernere Gegenstände immer kleiner erscheinen, also auch eine bestimmte Höhe über der Erdoberfläche. Dagegen beweist uns der Umstand, daß das Phänomen durch unseren Zenit zog, daß es wirklich und nicht nur scheinbar, ziemlich genau über Berlin hinschwebte; in welcher Höhe dies geschah, kann man später vielleicht ziemlich genau angeben. Diese Höhe wird aber eine recht bedeutende gewesen sein. 100 Kilometer oder mehr. In nicht viel geringerer Höhe kann also auch das Zerplatzen stattgefunden haben. Die Geschwindig keit, mit welcher dabei solche Himm lskörper über uns hinziehen, ist eine ganz unfaßbar große. Sie beträgt oft nachgewiesenermaßen 50 km in der Sekunde, das ist so viel, wie unsere Ei enbahnzüge in der Stunde zurücklegen oder immer noch hundertmal mehr als ein Artilleriegeschoß. Durch diese ungeheure Gewalt findet selbst in den allerobersten Schichten der Atmosphäre eine so starke Reibung an den Lufttheilchen statt, daß der eindringende Körper schnell inS Glühen geräth und dadurch nur für uns sichtbar wird. Da er aber vor- her im Weltraum von einer Temperatur von vielleicht 200 Grad unter Null umgeben war, so entstehen zwischen dieser inner» Kälte und der äußeren Hitze eine gewaltige Spannung, und der Körper wird zersprengt; das ist dieselbe Erscheinung, wie wenn ein Glascylinder durch eine zu schnell angezündete Flamm» zerspringt. Dis Splitter des Weltkörpers fallen dann wch ganz heiß zur Erde herab, mit furchtbarem krachen und schlagen oft tief in den Boden. Glück- ich der Finder eines solchen himmlischen Ge- chenkeS! Je nach der Größe deS Meteoriten kann leider die Angabe, wie die Parteien aus diese Wege zu bringen seien — Das klerilale „Vaterland" be zeichnet die Rede als Meisterstück Politischer Unter- redungskunst, die wenigstens momentan aus das HauS nnverkennbaren Eindruck gemacht habe. Die „Deutsche Zeitung" schließlich sagt: Der Ministerpräsident war tadellos in Form, vorsichtig und geschickt im Inhalt, ein politischer Staatsmann voller Sachkenntniß und feinem Taktgefühl. Im Großen und Ganzen sei der Eindruck der Rede auf die Parteien den gehegten Er wartungen entsprechend. Wien, 14. Nov. Der „K. Z." meldet man: Die innerpolitische Krisis scheint ihren Höhepunkt er reicht zu haben. Die Entscheidung kann nicht mehr lange auf sich warten lassen. Unter den Parteien finden Verhandlungen statt, die dahin ziele», das Par lament zu erhalten, wenn auch Koerber geopfert wer den müßte. Neuerdings tritt der Koalitionsgedanke in den Vordergrund. Es verlautet, daß Koerber gestern vom Kaiser empfangen worden sei. Für heute .st der Ministerrath einberufen. Neuestens wird ein Plan zur Verständigung in der Sprachenfrage erörtert, wonach den Tschechen die innere Amtssprache dagegen gewährt wird, daß sie die deutsche Kreiseintheilung und Wahlkurien zugestehen. Der deutsch-böhmische Führer Dr. Eppinger wurde von Koerber zur Be sprechung des Planes -ungeladen. H Tausende von Mark Werth sein. Es giebt olche, die aus mehr als hunderttausend Mark geschätzt werden. Also suche man fleißig in der Gegend, wo man vielleicht die gestrige Erscheinung des Zerplatzen- erade über sich gesehen hat; auch eine gute Strecke orher pflegt solch ein Körper schon Steine zu ver streuen. Daß solch ein Herabstürzen von Steinen au- recht beträchtlicher Größe und trat nur wegen bedeu tender Entfernung von uns weniger großartiger auf, als vielleicht in westlicheren Theilen Deutschlands, wohin sie ihren Weg nahm. Wir werden dann noch mehr von ihr hören. Eine größere Sternschnuppe nimmt nicht einen so langen Weg über den Himmel, der wohl auf 80 Grad Länge von mir verfolgt wer- oen konnte; ihre Lichtstärke wächst nicht in dem Maße gegen ihr Ende, und namentlich beobachtet man nicht an einer solchen diese charakteristische Hemmung der Bewegung und das Zersprengtwerden am Ende der Bahn. Endlich ist zu bemerken, daß die Erscheinung nicht aus dem Löwen kam, von wo in diesen Nächten der bekannte Slernschnuppsnschwarm ausging. Es ist ocshalb wohl kein Zweifel, daß unser Beispiel für die Bestimmung der wahren Entfernung der Erscheinung nicht stimmt und daß wir dieselbe viel weiter im Westen, vielleicht in der Rheingegend oder noch ent fernter, zu suchen haken. Auch kann das Zerplatzen Bogeuminuien Durchmesser hatte, sie also sünszehnmal kleiner war als der Mond. Licht übertraf dagegen bei weitem selbst größten Glanz der Venus, wenn sie, wie Erscheinung, in der Dämmerung sichtbar Allem Anschein nach war die gestrige Feuerkugel Sächsisches. Hoheusteiu-Erustthal, 18. November 1902. — U-ber die am Sonntag Abend erschienene Feuerkugel schreibt Dr. Wilh Meyer im Berliner Lok.-Anzeiger: Ich war in der Bewunderung der Farbenpracht des ÄbendhimmelS versunken, als ich über mir deu Licht- streifen einer Sternschnuppe aufleuchten sah, die ziem lich genau aus dem Zenit gekommen sein mußte und in fast senkrechter Richtung gegen den westlichen Hori zont flog. In ihrem Fluge aber wurde sie schnell Heller und ihr hinten zurückgelassener Lichtschweif brei- ter. Etwa fünf bis sieben Grad über dem Horizonte gatte si > ihren größten Glanz erreicht, blieb hier einen Augenblick stehen und zerplatzte dann in viele Stücke, Vie nach allen Seiten, glänzend weiß strahlend, aus- einander flogen, wie der Inhalt einer riesigen Rakete Es war ein wundervoller Anblick auf dem Hinter gründe der feierlichen Dämmerung-Pracht. Ein Welt körper, aus unbekannten Fernen des Universums kom mend, das er vielleicht Jahrmillionen lang durchkreuzte, flog gerade über unseren Häuptern dahin und beendete !ein selbstständiges Dasein in der Vereinigung mit dem größeren Weltkörper, dem er begegnete. Eine Welt ist da gestern zu Grunde gegangen. Der größte Theil ihrer Masse wurde in Dampf verwandelt, der sich unserer Lufthülle beimischt und an ihren Aufgaben cheilnimmt; ein anderer Theil wird vielleicht als Steinsplitter auf den Erdboden niedergestürzt sein. Ist es nicht für jedermann interessant, zu erfahren, wo diese Katastrophe wohl erfolgt sein mag, damit man vielleicht nach den Stücken eines fremden Weltkörpcrs suchen könnte, wie groß er wohl war, wie hoch er über Berlin dahingeflogen sein mag und aus welchen Theilen des Himmelsraumes er kam? Jeder, der gestern die Erscheinung sah, kann an der Lösung dieser Fragen mitwirken, auch wenn er ganz und gar nichts von astronomischen Dingen versteht. Ich will er- zurück und machte abermals die Pantomime des Auf- den-Boden-Drückens und rief: „Wir kriegen Euch doch noch unter!" Allmählich verließen die Christlich- Sozialen neuerlich den Saal bis auf den Abgeord- nrten Schneider, der immerfort schrie: „Jadenbuben!" Die Sozialisten riefen: „Führt den besoffenen Kerl in's Wir.hshaus und stützt Euch dort auf die Säbel Eurer Polizisten!,, Zur Lage in Oesterreich. Wien, 11. Nov. In der gestrigen Sitzung des Abgeordnetenhauses ergriff zur böhmisch-mährischen Sprachenfrage der Ministerpräsident Dr. von Koerber das Wort. Schon eine volle Stunde vorher war der Raum vor der Muusterbank von wartenden Abgeord neten dicht gefüllt, deren Geduld von dcmt schechischen Dauerredner Dr. Fort auf eine harte Probe gestellt wurde. Als der Präsident Dr. von Koerber das Wort ertheilte, war dies das Signal zu einer planmäßig arrangirten Schreiattacke der Tschechisch-Radikalen gegen die Ministerbank. Klofac, Fresl, Choc, und Rataj schrieen um die Wette: „Abzug Koerber!" „Hinaus mit ihm!" „Er gehört in's Criminal, nicht in's Par- lament!" und beantworteten die Ordnungsrufe des Präsidenten mit Pultdeckelklappern. Die Bemerkung des Abg. Stein: „Wie benehmen sich die? Wie Laus buben! war natürlich nicht geeignet, zur Herstellung der Ordnung beizutragen. Fresl und Klofac schrieen noch eine geraume Weile weiter: „Wir brauchen ihn nicht zu hören!" „Wir wissen schon, was er sagen wird!" „Nichts als Lügen, Lügen!" „Schlagen Sie nur der Wahrheit in's Gesicht!" Mit der Zeit wur- die Zwischenrufe immer seltener und zahmer, und nach einer Viertelstunde trat vollständige Ruhe ein, die während der ganzen Dauer der Rede nicht mehr ge stört wurde. Der Ministerpräsident wies zunächst darauf hin, daß die gegenwärtige wirthschastliche De pression nicht ohne Einfluß auf die Staalsfinanzen habe bleiben können, doch liege kein Grund zur Schwarzseherei vor, man dürfe vielmehr hoffen, daß eine neuerliche Belebung der Produktion eintreten werde. Aus den Ausgleich mit Ungarn und auf die Handelsverträge übergehend, erklärte der Ministerprä sident, die Regierung habe die Verhandlungen mit der reichisches Empfinden für jede Nationalität eine Bürg- schäft ihrer unverletztbaren Rechte darstellt. — Die „Neue Freie Presse" findet, der Standpunkt der Re gierung sei rn der Rede so sehr zu Gunsten der Tschechen geschoben worden, daß die Deutschen Bedenken teagev müßten, eventuell den Frieden um einen solchen zählen, wie dies möglich ist. Um den wahren Ort über der Erdoberfläche zu bestimmen, wo der Körper zerplatzte, muß man be greiflicherweise zunächst einmal den scheinbaren Ort am Lem Himmel nicht immer ungefährlich abläust, ist be- Himmel feststellev, wo man das Phänomen sah. War greiflich, und man kennt Fälle, von denen ich auch in Ueber Lärmscenen, die sich im Reichsrathe bei Besprechung der Vorgänge bei der Landtagsstich wahl im Wiener Bezirke Favoriten abgespielt haben, wird des Näheren berichtet: Christlich-Smiale und Sozialdemokraten fielen übereinander her. In engen Gruppen bedrohten stets mehrere einer Partei einen Einzelnen der anderen. Auch Lueger wurde ein Zeit lang an die Wand gedrückt, hörte aber nicht au wenn seine Worte nicht mehr vernehmlich waren, mit den Händen die Pantomime dcs Niederdrückens zu machen. Man hörte ihn öfters sagen: „Unter gekriegt haben wir Euch!" Später hatte er nur noch Sen einen Ausruf: „Meuchelmörder!", den er woh hundert Mal wiederholte. Die Sozialdemokraten schrieen: „Einbrecher, Diebe, Betrüger! Wahl schwindler, politische Räuberbande, Diätenschwindler. Bezahlte HauSknechtSpartei!" Der Wiener Vize- Bürgermeister Strohbach kam nie dazu, ein Wort an- zubringen, er wurde stets mit: „Schweigen, Dumm- kopj!" angefahren. Der Sozialdemokrat Pernerstorfer verlangte unausgesetzt das Wort; als der Lärm so weit nachließ, daß es ihm ertheilt werden konnte, be- gmm er: „Dreieinhalb Tage sind vergangen, seit jene christlich-sozialen Fanghunde . . ." Hierauf begannen sie Lärmscenen von Neuem, und Alles wiederholte sich. Die Christlich-Sozialen begannen, einzeln den Saal zu verlasfin. Abg. Seitz: ' „Ihr seid zu feige und ziehet ab!" Die Christlich-Sozialen riefen wieder: „Meuchelmörder! Diebe!" Abg. Lueger (rief den Sozialisten zu): „Geht in Eure Judeuschulen un trinkt dort Euer Judenbier!" Strohbach kehrte sic bei der Thür um und machte am Halse daS Zeiche. des AufhenkenS. Rufe der Sozialisten: Geht zu Euren Polizisten, geht den Landeskreuzer einheben!" Der Abg. Schneider kam wieder in den Saal zurück und schrie den Sozialisten zu: „Ihr Judenbuben!" Die Sozialisten riefen: „Das ist der versoffene Antisemit, der Vertreter des Wiener Bürgerthums!" Abg. Rieger: „Besoffen fällt er von jeder Redner tribüne herunter!" Lueger kehrte wieder in den Saal dies in der Nacht und bei klarem Sternhimmel, so ist diese Fixirung leicht, aber diese Bedingungen werden selten zusammentreffen. Gestern z. B. war es am Horizonte, wo die Kugel zerplatzte, noch zu hell, um Sterne sehen zu können. Da kann man sich nun auf andere Weise helfen. Ich stand am Kurfürstendamm gerade am Eingänge der Uhlandstratze und sah das Zerplatzen in der Fortsetzung deS Kurfürstendammes nach Halensee zu. Daraus konnte ich daun aus dem Plan von Berlin entnehmen, daß jener „HemmungS- punkt' der Feuerkugel in einer Richtung lag, die etwa 20 Grad vom Westpunkt des Horizontes nach Süden hin liegt. Die Unsicherheit dieser Schätzung wird auf und ab kaum mehr als drei Grad betragen. Da ich nun auch die Höhe dieses Punktes schätzen konnte, so ist er damit festgelegt. Man kann eine gerade Linie ziehen, in deren Verlaufe irgendwo unser gesuchter Punkt liegen muß. Setzen wir nun einmal den Fall, eS meldete sich ein anderer Beobachter, der in Mariendorf stand und die Feuerkugel in der Richtung von Steglitz und Dahlem zerplatzen sah. Dann können wir eine zweite gerade Linie construiren, in welcher derselbe Punkt liegen muß, und da zwei Linien nur immer einen Punkt gemeinschaftlich haben können, so muß unser gejuchter Punkt auf dem Schnittpunkte beider liegen. Diesen fänden wir unter unserer Voraussetzung über der Havel, etwa ein Kilometer südlich von Gatow. Ebenso läßt sich aus der Verschiedenheit der beob achteten scheinbaren Höhen die wahre Höhe ermitteln, wo jener kleine Weltuntergang stattfand. Angaben wie im obigen Beispiel kann aber jedermann machen, der die Erscheinung sah, und wenn -r der Wissen schaft einen Dienst erweisen will, so bitte ich ihn, seine bezüglichen Beobachtungen möglichst genau etwa der hiesigen Königlichen Sternwarte mitzutheilen. Es ist auch wichtig, den Verlauf des Phänomens vor x m srei.ich am leichtesten festzuhaltenden Hemmungs punkt anzugeben, wozu einige Kenntnitz der Stern bilder erwünscht ist. Schon schwieriger ist es, die Zeitdauer des Phänomens zu schätzen, weil die wenigsten Menschen die Länge etwa einer Sekunde recht im Grdächtniß haben und die Zeitdauer meist sehr überschätzen. Ich meine, daß das Phänomen im Ganzen 3 bis 4 Sekunden sichtbar war. Endlich ist .8 auch wünschenswerth, über die scheinbare Größe der Erscheinung Angaben zu machen. Als Vergleichsobjekt nent am besten der Mond, der ja gestern bald nach- yer voll am Himmel stand. Auch irdische Objekte können zum Vergleiche dienen, wenn man ihre wahre Größe und Entfernung angeben kann. Ich schätzte, daß die Kugel bei ihrem Zerplatzen mindestens zwei längere Vereinbarung erfüllt sind und der einheimi-i gegenwärtigen Lage. Sie enthalte die Wünsche und schen Propuktion endlich die nothwendige Beruhigung Forderungen der gesammten österreichischen Bevölker- namentliche Abstimmungen ankündigte, um hierdurch 50 SitzungStage hindurch die Verhandlungen auszuhalten, war maßlos ungeschickt. Die ersten Proben zur Aus führung diefeS Programms haben eine Abänderung der Geschäftsordnung herbeigeführt, welche den Zeit aufwand einer namentlichen Abstimmung um drei Viertel verkürzt. Aber das ist nicht die Hauptsache. Die ganze schutzzöllnerische Mehrheit wurde durch die Obstruktion von Links durch die geflissentlichen Dauer- reden und die Häufung von namentlichen Abstimm, ungen in eine geschlossene Phalanx zusammengedrängt. Es lag in der Natur der Sache, daß daS Zusammen wirken in Formfragen alsbald auch Versuche hervor- rufen würde, auch in der Sache selbst zu einem Ueber- einkommen innerhalb der gesammten schutzzöllnenschen Mehrheit zu gelangen Wenn wirklich in der einen oder anderen Weise ein Kompromiß zu Stande kommt, so mag man sich für die demnächstige Getreide- vertheuerung — so schließt in bitterböser Stimmung Eugen Richter seine Anklage gegen die Sozialdemokra tie — bedanken bei den Führern der Obstruktion Denn nur die Siedehitze, welche die Obstruktion her- vorgebracht hat, konnte noch eine solche Verständigung ermöglichen." * * Berlin, 11. November. Die Reichslagskom- mission für die gewerbliche Kinderarbeit nahm 8 10 betr. die Anzeigcpflicht, falls die Beschäftigung der Kinder nicht blos eine gelegentliche ist, und 8 11, der von der Erforderlichkeit einer Arbeitskarte handelt, be vor der Arbeitgeber die Kinder beschäftigen darf, nach der Vorlage unverändert an. Ebenfalls unveränderte Annahme fand der erste Paragraph des dritten Theils über die Beschäftigung eigener Kinder. Der Paragraph lautet: Verboten sind Beschäftigungsarten in Betrieben, in denen gemäß deu Bestimmungen des 8 4 fremde Kinder nicht beschäftigt werden dürfen, sowie in Werk stätten, in welchen durch Elementarkräfte: Dampf, Wind, Wasser, Gas, Lust, Elektrizität usw. bewegte Triebwerke nicht blos vorübergehend zur Verwendung kommen, ist auch die Beschäftigung eigener Kinder untersagt. Berlin, 13. Nov. Die Reichslagskommijsion für gewerbliche Kinderarbeit nahm 8 13, der von der Beschäftigung eigener Kinder im Betriebe von Werk stätten, im Handelsgewerbe und in Verkehrsgewerbeu handelt, mit einigen Abänderungen an. Das Verbv! der Beschäftigung eigener Kinder an Sonn- und Fest- tagen in Werkstätten und im Handelsgewerde wurde auch auf das Verkehrsgewerbe ausgedehnt. Die Uebergangszeit wurde auf zwei Jahre gekürzt. Ferner wurde eine Bestimmung angenommen, durch welche die Hausweber, die sich in Zukunft elementarer Kraft in ihren Werkstätten bedienen, nicht schlechter gestellt werden sollen als die, bei denen mechanische Kraft benutzt wird. — Auf Antrag Dr. Zwick wurde folgender 8 19u neu eingefügt: „Die zuständige Polizeibehörde kann auf Antrag oder nach Anhörung der Schulaufsichtsbehörde die Beschäftigung eines einzelnen Kindes nach Maßgabe der 88 5 bis 8 und 13 bis 16, sofern bei dieser Beschäftigung erhebliche Mißstände zu Tage getreten sind, e nschränken oder untersagen, sowie, wenn für das Kind eine Arbeits karte ertheilt ist (8 11), diese im Wege der Ver fügung entziehen und die Ertheilung einer neuen Arbeitskarte verweigern." Im 8 29 wurde der der Schaffung einer sprachlichen Ordnung in Böhmen und Mähren der erste Schritt gethan sei, wofür die Regierung dem Hause Dank wisse. Die beiden Volks stämme in Böhmen und Mähren ständen schon lange genug in der Gluthhitze des Sprachenstreites, um die Vermittelung einer Regierung anzunehmen, welche selbst in ihrem etwaigen Jrrthum keine Provokation beab sichtige und in ihrer aufrichtigen Theilnahme für beide Bolksstämme keinen Augenblick schwanke. Der Wunsch nach einer Gestaltung, welche den bestehenden Verhält nissen widerstreben würde, erscheine jedoch der Lösung der Frage unzuträglich. Oesterreich sei nun einmal kein einheitlich - nationaler Staat, könne daher keine nationale, keine Staatssprache in solchem Sinne haben. Das Heer bedürfe einer einheitlichen Sprache und es sei auch nicht denkbar, die Centralstellen und deren Bedürfnisse nationalen Sonderwünschen entsprechend einzurichten. Die Nothwevdigkeit und nicht zuletzt die Sparsamkeit zwängen zu einer einzigen Sprache in gewissen VelwaltungSsphäcen. Die Regierung werde die Sprachenfrage nicht von der Tagesordnung ab setzen und trete dafür ein, daß, mögen ihre Vorschläge noch so fehlerhaft sein, der Inhalt und das ganze Wesen doch einen wichtigen Fortschritt für Böhmen bedeute und Lem ganzen Lande zum Nutzen gereiche. Der Ministerpräsident verwahrte sich den Vorwurf, als ob die Regierung einen Keil zwischen das tsche chische Volk und dessen Vertreter treiben wolle; er glaubt, daß die Lösung der Sprachenfrage im Zu sammenhang mit anderen Fragen, wie die der Kreis eintheilung u. A., erreicht und auf dem Wege des Kompromisses gesunden werden könne. Anscheinend sei bereits ein Umschwung eingetreten und haben mildernde Anschauungen Platz gegriffen. Von der Erkenntniß daß beide Volksstämme in Böhmen von gemeinsamen Sorgen bedrückt sind, bis zur That könne es nickt weit sein. Dem Reiche aber müsse gegeben werden, was des Reiches sei. Es müsse eine Verständigung möglich sein, die oem Staate den inneren Fcieder- giebt; das liege nicht nur im Interesse der Parteien. „Tragen Sie dieses Verlangen aus den Couloirs in den Saal und bekennen Sie sich zum Frieden und wir werden über die Form nicht zu streiten habe», in der er besiegelt werden muß!" Redner schloß mit der Auf forderung, für die in Angriffnuhme des Friedenswerkes keine Zeit zu verlieren und neben den völkischen Fragen die wirthschastlichen Bedürfnisse der Bevölker ung nicht zu vergessen. (Lünganhaliender Beifall, Händeklatschen. Der Minister wurde lebhaft beglück wünscht.) In der fortgesetzten Debatte über die Regierungs erklärung äußerte Abg. Funke, daß die Art, in welcher gestern der Ministerpräsident die deutsche Sprache be handelte, in weitesten Kreisen einen peinlichen Eindruck gemacht habe. „Wir weiden nur der gesetzlichen Er ledigung der Sprachenfrage zustimmen und jeder Majorisirung oder Bmtalisirung der Deutschen in diesem Hause einen energischen Protest entgegensetzen; mir sind nur unter voller Wahrung unserer Rechte zu einer Verständigung bereit." (Beifall links.) Abg Herold (tsch.) erklärt, daß er in der gestrigen Erklärung keine B-sserung der Situation erblicke. Man könne sich nur daun in Verhandlungen einlassen, wenn zur Anbahnung des Friedens die geeigneten Mittel ge wählt würden. Redner kritisirt die sprachlichen Grund tätze der Regierung, die nur ein Programm der deut- schen Linken enthalten. Die Tschechen könnten zu dem Ministerpräsidenten, der so seinen Standpunkt bci der Sprachenfrage geändert habe, kein Vertrauen haben. Darauf wurde die Debatte geschlossen. Generalredner B yreuther spricht sich für die unbedingte Einführung der deutschen Staatsiprache aus. Der Redner bezeich-
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