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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 13.06.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-06-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190206136
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19020613
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19020613
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-06
- Tag 1902-06-13
-
Monat
1902-06
-
Jahr
1902
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 13.06.1902
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Interessen der Zuckerindustrie wahrzunehmen, sondern! schrieben: Die Polizei verhielt sich an den betreffenden ich habe die Interessen der Allgemeinheit zu vertretens Tagen sehr zurückhaltend und griff nur im äußersten au 30 Prozent zum Bortrag. Die Eingabe erstrebt bessere Verhält. «sie für das kleine und mittlere Gewerbe. DaS Re>« davon. Später begab sie sich nach dem Krankenhaus erat erstattete Herr Eichhorn mit folgenden AuSführ- die Verletzung ist anscheinend nicht lebensgefährlich- ungen: Ein von 15JnnungSobermeistern unterzeichnete!' Müller, der aus Großfriesen bei Plauen stammt, be ordnung wegen Vertagung des Reichstags bis zum 14. Oktober. Darauf schließt die Sitzung mit einem vom Präsidenten ausgebrachten dreimaligen Hoch auf den Kaiser, in das das Haus begeistert einstimmte. wir werden ehe nicht könne man Abg. Fürst der richtige der Nacht Laden des meinde kann man doch kaum sprechen genommmen. lehnung der Konvention. (Bewegung.) Abg. Herold zieht angesichts dieser Erklärung seinen Antrag zurück mit dem Bemerken: Wahrscheinlich würden nun allerdings seine Freunde gegen die Kon vention stimmen. — Staatssekretär Graf PosadowSky versichert, die Ratifikation der Konvention werde nicht eher erfolgen, als bis auch das Zuckersteuergesetz von den verbündeten Regierungen beschlossen ist. Der von der Kommission beschlossene Zusatz sei also ganz über flüssig. (Abg. Barth ruft: In diesem Stadium solche Erklärungen!) — Abg. Singer: Einer Regierung, die noch nach der Erklärung des Reichskanzlers den oll ein Zwangsvergleich in Höhe von jerbeigeführt werden. — Plauen i. V., 9. Juni. In vom Sonntag zum Montag wurde im IhrmacherS Emil Weichler am Altmarkt , , Wie daS Londoner Volk die Friedensfeier br- erster Beamter "des Reiche nicht nur die Pflicht, begangen hat, darüber wird der „Germania" noch ge-' erste Reichskanzler die Interessen des Reiches wahr nahm. Die Konvention sei ein Sprung in'S Dunkle. — Reichskanzler Graf Bülow kann letzteres nicht zu- geben. Die Konvention sei gewissenhaft vorberathen und auch hier nicht durchgepeitscht worden. Seit zwei Monaten sei sie dem Reichstage bekannt, wer da noch nicht weiß, ob er sie annehmen will oder nicht (Ruse links: Bei dem ist Hopsen und Malz verloren. Stürmische Heiterkeit.) Nachdem die Sachlage allseitig so sorgsam geprüft worden ist, glaube ich wahrlich, daS HauS auffordern zu dürfen, jetzt seine Zustimmung zu ertheilen. — Abg. Fürst Bismarck erwidert, ob die Konvention unserer Industrie nicht schaden werde, seil immer noch ungeklärt. — Gras Bülow: Ich habe alSs — Aus dem Westen Dresdens schreibt man dem „DreSd. Journal": Leider bestätigt es sich, daß durch die Maifröste alles Frühobst zerstört ist; nirgends erblickt man eine Frucht an den Bäumen. Selbst die späten Kirschenarten um RennerSdorf (H-rz- und Lederkirschen, Ammern und dergl.) dürften nur spärlich zur Reise gelangen, da auch hier der Frost die Blüthenstiele der damals noch nicht erblühten Arten („Stielchenfäule") ertödtct hat. Hingegen steht das Beerenobst überall prächtig, besonders die viel an Stelle des Weins um Cossebaude angepflanzten Erv- beeren tragen überaus reichlich. — Pausa. 11. Juni. Bon einer blutige» Hat ist, wie schon kurz gemeldet, aus unserer Stadt u berichten. Gestern Nachmittag hat der Wirth de- iestaurants „Hopfenblüthe" hier, Viktor Emil Müllei, eine Kellnerin Betry Wolz, aus Mies bei Pilsen ge« mrtig, zu erschießen versucht und sich darauf selbst der Geburten und der Dezimirung der Frauen. Hätten die Buren sich noch ein Jahr gehalten (was, so weit die Lage uns bekannt, sehr gut möglich gewesen wäre) und hätten sich dann ergeben müssen, so würde der Bure «stamm eine Zukunft nicht mehr erlebt haben. Da ist es doch besser, daß sie ihre Kräfte gespart, um später wieder losfchlagen zu können Die „Times"-Meldung besagt ferner, die Buren erklärten, sie sähen die Unmöglichkeit ein, später ihre gefangenen Brüder zurückzubekommen. Dieser Punkt ist dick zu unterstreichen. Erinnern Sie sich, daß vor einiger Zeit dunkle Meldungen auftauchten, England beab sichtigte, diese Gefangenen nicht zurückkehren zu lassen, sondern sie über seine außerafrikanischen Kolonien zu vertheilen. Nach dem Rechte hätte man ja nicht zu fragen brauchen und dieses tresfliche Kolonisations material wäre mancherorts gut zu verwenden. Eine Deportation des Burenvolkes würde Englands künftige Sorgen mit einem Schlage ausschalten. Erwägen Sie nun die eigenihümliche Tha: fache, daß in den Be dingungen die selbstredende Rückkehr der Gefangenen ausdrücklich sestgelegt ist. Kein Zweifel, Milner hat, als er die Unterhandlungen scheitern sah — dis zu letzt war man in London pessimistisch — mit dieser Drohung die Burenvertreter eingeschüchtert. Woher sonst dieser plötzliche Umschwung? Noch am 27. Mai wurde gemeldet, eine Minderheit halte an der Unab hängigkeit fest. Das stolze Albion würde also, wie früher, die Buren, die es nicht besiegen konnte, über listet haben; die Buren sind bekanntlich schwache Diplomaten. Trifft dies zu, so wird sich diese Schlau- heit bald rächen. „Wenn richt eine kräftige Selbst regierung gewährt wird", sagte der Deputirte Fischer zu dem Pariser Vertreter des „Nieuwe Ct.", wird — Callenberg. Wie verlautet, hat der frei- freiwillig aus dem Leben geschiedene, allgemein beliebte Herr Oberinspektor Schanze, der nähere Anverwandte nicht besitzt, ein Legat in Höhe von 30,000 Mark hinterlassen, dessen Zinsen den Gutsarbeitern zufallen sollen. UebrigenS wurde die Wirthschasterin SchanzeS, als sie die Schußwaffe bei der Leiche aushob, noch durch einen unversehens losgegangenen Schuß, aller dings nicht erheblich am Arme verletzt. — Glaucha«. In der letzten Stadtverordneten sitzung kam eine Eingabe von 15 Innungen, die Ber- gebung städtischer Arbeiten und Lieferungen betreffend, bracht, und eS pafsirte besonder- den besser gekleideten Leuten, daß sie von den immer in Schaaren und Ban- den zusammenhaltenden männlichen und weiblichen RowdieS angegriffen, malträtirt, unter Umständen schwer verwundet, wenn nicht zetödtet und schließlich noch beraubt wurden. Soweit festzustellen war, hat eine Friedensfeier in London allein bereits neun Todesfälle zur Folge gehabt, und u. a. wurde in der Montag-Nacht ein junger Mann, der als Aroma« in Afrika gefochten hatte, dort verwundet wurde und eben zurückgekehrt war, inmitten eines der belebten Viertel und an einer der lebhaftesten BerkehrSstraßen von einem ganzen Rudel junger Burschen angerempelt, zu Boden geschlagen und mit zerschmettertem Schädel liegen gelassen, so daß er nach ein paar Stunden im Hospital verstarb. Dies ist der traurigste Fall von vielen ähnlichen, die Mörder werden wohl nie gesaßt werden, und — die englischen Geschichtsschreiber wer den nur von der herrlichen patriotischen Begeisterung reden, welche das britische Volk beim Abschluß des südafrikanischen Krieges bewegte. Nachdem der Friede auf den Straßen Londons bereits in der wüstesten Weife gefeiert worden war, ist er nunmehr auch offiziell in den anglikanischen Kirchen verkündet worden. Auch im Gotteshause hat sich der Jingoismus nicht verleugnen können, indem Geistliche es fertig gebracht haben, den besiegten Feind zu verhöhnen. Zwar wird mit schönen Worten di Ausdauer und Tapferkeit der Buren gepriesen; was anders wie eine Verhöhnung des ehrlichen Gegners aber ist es, wenn Dr. Parker, der berühmte Sensations prediger, auf der Kanzel sagt, daß Krüger, der greise schwer gebeugte Präsident, der größte Heuchler au Gottes Erdboden sei und als ein Zeichen für die vorzüglichen moralischen Eigenschaften, welche man dem britischen Heere zuspreche, anführt, daß Krüger, a er auf einem Pony mit 40 000 000 Mark Gold Hinte sich aufschnallt, aus Südafrika hinwezritt, seine Gattin der Sorge des Heeres überließ? Delarey solle man seine Flinte ohne einen Waffenschein überlassen, denn er habe sich des freien Besitzes derselben durch seine Handlungsweise gegenüber Methuen würdig gezeigt und Dewet solle die englische Nation ein Tausend Birnbäume schenken. Alle diele geistvollen Bemerkungen während des Dankgottesdienstes wurden mit lautem Beifallsgelächter vom Publikum — von einer Ge zwei Schüsse beigebrach', die seinen Tod zur Folge »alten. Die Kellnerin stand gerade in der Küche am Ofen, als ihr von Müller hinterrücks ein Schuß bei gebracht wurde. Sie schrie laut um Hilfe und lies Agrariern sage: „Beruhigen Sie sich nur, die Konvention nicht eher rotifiziren, auch das Zuckersteuergesetz genehmigt ist!" sreilich Aller bieten. (Beifall links.) — Bismarck bezweifelt, daß Abg. Barth Interpret der Ansichten des ersten Reichskanzler sei. (Lachen auf der Linken.) Wenn Abg. Barth sich auf diesen bezogen habe, so erwidere er tempora mutantur. Damals waren allerdings andere Zeiten, in denen der dieser Friede nicht von langer Dauer sein." AuS Kapstadt wird telegraphirt, daß eine Massen- Versammlung sogenannter loyaler Einwohner auf An trag von David Gill und Doctor Smart einstimmig die Aufhebung der Kapkonstitmion verlangte, da daS Land sonst in die Hände der Rebellen sollen würde. Nach einem Telegramm aus Bloemfontein er- wartet man ein freundschaftliches Verhältniß zwischen vcn zurückkchrenden Burentruppen und den Engländern, dagegen hegen die aus dem Felde kommenden Buren heftige Bitterkeit gegen die Buren, welche sich während des rieges den Engländern ergaben. Die Buren delegirten weigerten sich während ihres Aufenthaltes sort und in Prätoria, solchen Landsleuten die Hand zu schütteln. Christian De Wet Hot dem Kriegsberichterstatter des „Daily Telegraph" erzählt, daß er sich aus seine Farm begeben werde, um die Arbeit aufzunehmen. Während des ganzen Krieges sei er nicht einmal ge troffen worden, auch sein Pferd nicht verletzt worden, während sein Adjutant zweimal verwundet und dem elben 6 Pferde unter dem Leibe erschossen worden seien. )och hätten Kugeln seine, De Weis, Kleider durchbohrt, wie dies vielen anderen Buren-Führern passirt sei. ZUM Friedeusschlutz. Amsterdam, 10. Juni. Nunmehr steht fest, daß Krüger unter keinen Umständen nach Südafrika zurückkehrt. Krüger erhält Tausende von Bsileids- karten aus aller Welt. Er erklärte, vorläufig in Ut recht bleiben zu wollen. In Holland haben sich be reits Körperschaften zur Erhaltung des Niederdeutsch thums in Asrika gebildet. Es soll ein erbitterter stiller Kampf gegen die englischen Eindringlinge von dort aus geleitet werden. Im Befinden keS Präsidenten Krüger ist eine erhebliche Verschlechterung eingetreten. Er leidet unter starker Athemnoth. Die tiefsten Beweggründe zum Friedensschluß schildert der Amsterdamer Mitarbeiter der „Hamb. Nachr." in einem bemerkenSwerthen Briefe, dem wir entnehmen: „Die von den „Times" mitgelheilten Gründe, weshalb die Buren diesen Frieden abge schlossen, werden hier voll gebilligt. Der Hauptgrund lag auf der Hand: man hätte sich wohl noch länger halten können, aber die Buren gingen ihrer völligen Ausrottung entgegen, ihr Volksthum konnte weiteren Abbruch nicht vertragen. Die beiden Republiken wurden vor dem Kriege von insgesammt noch nicht 400000 Buien bewohnt. (Lie letzte Volkszählung giebt nur 300000 an.) In den Zufluchtslagern sind zusammen etwa 50000 Menschen umgekommen, meist Frauen und 15 000 Kinder; die kommende Generation war also schon zum Theil vernichtet. Da die Frauen seit langem eingesperrt waren, war die Zahl der Ge burten in letzter Zeit fast auf Null zusammengeschrumpft. Die Zahl der gefallenen Buren wird allerdings sehr verwundern. Genaue Angaben sind noch nicht zur Hand, vor einigen Monaten aber wurde sie von Burenseite amtlich mit 5000—5500 angegeben, und die Verwundeten sind in den meisten Fällen wieder hergestellt. Der Schwerpunkt liegt in dem Aufhören Prätori«, 9. Juni. E r.e heute erlaßene Prokla mation hebt den Beschluß des Volksraths auf, wonach eine Steuer von 5 o/g vom Reingewinn der Minen er hoben wird. Statt dessen wi.d eine Steuer von 10 o/g ves Reinertrages der Ausbeutung von Claims, Minen- pachtrechten und anderen goldführenden Grundstücken er hoben. Als Reingewinn des Ertrages ist der Werth des gewonnenen Goldes anzusehen nach Abzug der Gewin nungskosten und der in der Proklamation näher angegebe nen Kapitalsabschreibungen Lissabon, 11. Juni. Die Studenten aller portugiesischen Universitäten beschlossen, den Buren general Pienaar, der bisher in Lissabon in Gefangen schaft war, durch ein großes Festesten zu ehren. New-Nork, 11. Juni. Der Buren. General Pierson erklärte, er werde nach Südafrika zurückkeh en, nachdem er sich als Amerikaner habe neutral isiren lassen. Nach seiner Rückkehr werde er sich ausschließ lich dem Handel widmen. Pierson glaubt, daß Eng land über die Burenstaaten nur die Oberherrschaft ausüben werde. SSchsischeS. Hohenstein-Ernstthal, 12. Juni 1902. Mtttheilungen von allgemeinem Interesse werden dankbar ent gegengenommen und ev-ntl. honorirt. — Am Dienstag Nachmittag unternahmen die Theil nehmerinnen an dem in Chemnitz veranstalteten Frauen kursus für innere Mission einen Ausflug nach dem Hütte«grund zum Besuche des dortigen Bethlehem stiftes. Herr Pfarrer Siebenhaar-Breitenborn, der Vor steher des Bethlehemstistes, begrüßte die Erschienenen und hielt einen Vortrag über „DaS Fürsorgewerk an leiden den Kindern und Frauen". Er erläuterte zunächst den Zweck der Bethlehem stifte, gab hierauf einen Ueberblick über die Anstalten in unserem Lande und schilderte die Entstehung und Geschichte des Stiftes mit dem Fraucn- Genesungsheim im Hüttengrunde, namentlich ihr Verhält- niß zur Stadt Chemnitz. Im vorigen Jahre zogen 457 Kinder in 5 Abtheilungen in das Stift ein, darunter 289 aus dem Bezirk Chemnitz, während nur 60 aus dem Bezirk Dresden, 65 aus dem Bezirk Leipzig und 39 aus dem Bezirk Zwickau kamen. Das Frauen-Genesungsheim hatte 232 Pfleglinge, darunter 119 aus dem Bezirk Chemnitz. Der Bezirksverba d der Amtshauvtmannschaft Chemnitz bewilligte 450 Mk., die Stadt Ch°mnitz 300 Mk. zur Unterhaltung. Mit großem Interesse lauschten die Anwesenden dem Vortrag und unternahmen dann einen Rundgang durch die schönen, lichten und weilen Räume der Anstalten. hier einge brochen und dabei gegen 60 Herren- und Damen- uhren, Broschen, Uh'ketten und sonstige Schmucksachen gestohlen. Meisterei vor. (Präsident Gras Ballestrem bittet, solche Ausdrücke, einem Kollegen gegenüber, zu ver meide«.) Herr Richter sollte doch mit etwas mehr Bescheidenheit auftreten al- Führer einer Partei, dre überhaupt nur noch auf fremden Krücken in den Reichstag kommt. (Beifall bei den Sozialdemokraten. Heiterkeit rechts.) Die sozialdemokratische Partei trage für die gesteigerten militärischen und Flotten-AuSgaben keine Verantwortung; die Kosten sollten von Den jenigen aufgebracht werden, die jene Ausgaben be willigen, also auf dem Wege der ReichSeinkommeu- steuer. Im Uebrigen brauchten die Freisinnigen bei den Wahlen keine Angst zn haben. (Große Heiterkeit rechts.) Die Sozialdemokraten würden bei Stich wahlen doch stets die Freisinnigen als das kleinere Uebel unterstützen. (Erneute Heiterkeit rechts.) — Abg. Richter: Herr Singer hat uns vorgeworfen, wir stellten uns hier in den Dienst der Regierung, nun, gestern hat ja auch Herr Schippel gesagt, seine Freunde träten bei der Konvention für die Regierung ein, weshalb erregen Sie sich also? Meine Freunde und ich haben, wenn es sich um neue Steuern handelte, schon vieles Ueble verhindert; uns können Sie gewiß nicht vorwerfen, daß wir uns je für Steuern begeistert haben. (Abg. v. Kardorff ruft wiederholt: Zucker! Zucker!) — Präsident Graf Ballestrem: Meine Herren, ich will ja nicht gerade behaupten, daß die Erörrerungen, die jetzt zwischen den Herrn Sin,,er und Richter stattfinden, der reine Zucker sind (stür mische Heiterkeit), aber nachdem einmal die Debatte diesen Gang genommen hat, kann ich nicht gut den Abg. Richter hindern, fortzusahren. — Abg. Richter (fortfahrend): Herr Singer sprach von den Stich wahlen. Wenn wir dabei bald von der einen, bald von der anderen Seite unterstützt werden, so geschieht das nicht unserer schönen Augen halber, sondern weil sonst noch schlimmere Kandidaten gewählt werden würden. (Stürmische Heiterkeit.) — Hiermit schließt die Debatte. Der Antrag Graf Bernstorff wird ab gelehnt, und das Gesetz unverändert nach den Be schlüssen zweiter Lesung in der Gesammtabstimmung angenommen. Ohne Debatte wird ferner das Süß stoffgesetz in dritter Lesung in der Gesammtabstimmung angenommen. Gegen dieses Gesetz stimmen Sozial demokraten, Freisinnige und einige Nationalliberale. ES folgt die Brüsseler Zuckerkonvention in dritter Lesung. ES liegt dazu ein Antrag der Abgg. Herold, Graf Kanitz, v. Kardorff und Müller-Fulda vor, die Genehmigung mit der Maßgabe auSzufprechen, daß „die Kündigung des Vertrags" per September 1908 oder später rechtzeitig zu erfolgen hat, falls nicht der Reichstag vorher die Zustimmung zu der Verlänger ung gegeben hat. — Abg. Barth widerspricht dem Anträge, welcher ein üb-rauS starkes Mißtrauen gegen die Regierung zum Ausdruck bringe, als ob diese feiner Zeit im Stande sein werde, den Reichstag über den Löffel zu barbieren. Zur Zeit des Fürsten Bis marck wäre ein solcher Antrag nicht gewagt worden. Wie würde BiSmarck über solche parlamentarische Machtgelüste geurtheilt haben? Mindestens müßte in dem Anträge noch bestimmt werden, daß die Ein willigung des Reichstags nicht nur dann einzuholen sei, wenn die Regierung die Konvention verlängern will, sondern auch dann^ wenn sie sie kündigen wil Redner beantragt ein solches Amendement. — Präsi dent Graf Ballestrem: Nachdem Herr Abg. Barth den Antrag Herold bereits zur Sprache gebracht, muß ich doch seststellen, daß unsere Geschäftsordnung uns keine Möglichkeit giebt, an die Genehmigung eines uns vorgelegten Vertrages Bedingungen zu knüpfen. Wir können den Vertrag nur entweder annehmen oder ab lehnen. (Stürmische Heiterkeit.) — Reichskanzler Graf v. Bülow erklärt namens der verbündeten Regierungen den Antrag Herold für unannehmbar; wenn die Re- gierungen im vorliegenden Falle dem Anträge zu stimmen würden, so könnte diese Forderung gegenüber allen kündbar abgeschlossenen internationalen Abkommen erhoben werden. Dieses Haus hat zu beschließen, ob es dem Vertrag seine Zustimmung ertheilen will oder nicht; ist aber die Zustimmung eriheilt, so muß es den verbündeten Regierungen überlassen bleiben, selbst den Zeitpunkt zu bestimmen, zu welchem und ob sie ein Abkommen kündigen oder auf andere Grundsätze stellen wollen. Selbstverständlich werden die verbün deten Regierungen btt Verträgen, welche die Interessen der Landwilthschast berühren, diese Jnleresftn stets wahren. Die Regierungen müssen aber selbst bestim men, wann sie Verträge kündigen wollen. Die An nahme des Antrags Herold würde daher für die ver bündeten Regierungen gleichbedeutend sein mit Ab (Beifall links) und ich bin überzeugt, daß diefe In teressen am besten gewahrt werden, wenn Sie die Kon vention annehmen. — Abg. Fürst BiSmarck: Daß die oberste Leitung des Reiches die Interessen der Allge meinheit wahrnimmt, da» versteht sich doch so von selbst, daß ich nicht begreife, weshalb der Reichskanzler daS noch besonders hervorhebt. (Beifall rechts.) Aber auch wir vertreten die Interessen der Allgemeinheit. (Lachen links. Beifall rechts.) Auch wir haben unsere Meinung ebenso mit Rücksicht aus die Allgemeinheit ausgesprochen. (Lebhafter Beifall rechts.) — Die namentliche Abstimmung über die Konvention ergiebt deren Annahme mit 209 gegen 103 Stimmen. ES folgt die Gesammtabstimmung Lber daS Branntwein steuergesetz. Die Annahme erfolgt gegen Sozialdemo kraten und Freisinnige. Präsident Gras Ballestrem erbittet und erhält die Genehmigung, die Tagesord nung der nächsten Sitzung seiner Zeit festzustellen. Es folgt alsdann der übliche DankesauStaufch zwischen dem Hause und Präsidium nebst Bureau. Reichs kanzler Graf Bülow verliest sodann die kaiserliche Ber- Rothfalle ein, aber trotzdem waren an den folgenden Tagen fämmtliche Magistratsgerichte des WestendS vollauf mit der Aburtheilung Hunderter von verhaf teten Männern und Frauen, Burschen und Mädchen beschäftigt, die speziell in den beiden wüsten Nächten von Sonntag und Montag sich die größten Ausschreit ungen haben zu Schulden kommen lassen. Die zahl- losen Schlägereien haben weit itber hundert schwer und leicht verwundete Personen in die Hospitäler ge- Kittgesuch um Beseitigung der SubmiffionSwesenS und daran anschließend Vorschläge zur anderweitigen Re gelung bei Vergebung von städtischen Arbeiten und Lieferungen ging den Stadtverordneten zu und fand fowohl beim Umlauf bei den Mitgliedern des Stadt- verordnetenkolleziumS, als auch in der am 29. Mai stattgekundenen Sitzung der Bereinigten Ausschüsse gebührende und wohlwollende Beachtung und Beur- theilung. Nach längerer Berathung kam man jedoch angesichts des Umstandes, daß die Vergebung städti scher Arbeiten und Lieserungen nicht zum Wirkungs kreis des Stadtverordnetenkollegiums gehören, dazu, zu beschließen, die Petition dem Stadtrathe zur Er wägung abzugeben und um Rückäußerung zu ersuchen. — Glauchau, 11. Juni. In hiesiger Stadt ereignete sich gestern Abend ein schrecklicher Unglücks fall. DaS 3 Jahre alte Söhnchen des Schlosser meisters Oskar Hesse wurde von einem Speditions geschirr überfahren. DaS Kind hatte sich, wie es leider Unsitte vieler Kinder ist, an den Wagen gehängt, ist heruntergefallen und mit dem Kopfe unter ein hinteres Wagenrad zu liegen gekommen. Es wurde chm die rechte Kopfseite eingedrückt, lebte es nur noch Stunde und verstarb in der Wohnung seiner Eltern. Die an gestellten Erörterungen haben ergeben, daß dem Ge schirrführer eine Schuld nicht beizumessen ist. — Gestern Nachmittag in der 5. Stunde sprang der Zimmermann Beier, in Rothenbach wohnhaft, in der Nähe des Grobefchen Bades in felbstmörderischer Ab- sicht in die Mulde. Nach mehrstündigem Suchen ge lang es dem Pontonier-Korps die Leiche aufzufischen. Motiv der That ist unbekannt. — Annaberg, 11. Juni. Ein für unsere Fabrikanten lehrreicher Prozeß hat vor dem Königl. Oberlandesgericht zu Dresden seinen Abschluß gefun den. Eine Handelsfirma im Annaberger Industrie» bezirk hatte das von einem Fabrikanten bez. Verleger angefertigte Muster kopiren lassen und auf Grund desselben anderweitig einen Auftrag ertheilt. Der An fertiger des Musters hatte dagegen Schadenersatz be ansprucht und die betreffende Handelsfirma dieserhalb > verklagt. Gegen den Freispruch der letzteren seitens des zuständigen Gerichts legte Kläger Berufung beim Königl. Oberlandesgericht ein. In dem von dem Oberlandesgericht eingeholten Sachverständigengutachten wird das hier in einem speziellen Falle vorliegende Vorgehen lebhaft verurtheilt. Es wird betont, daß der Hersteller eines Musters als dessen intellektueller ! Urheber anzufehen fei, auch wenn wie im gegenwär- l tigen Falle, nur auf Grund alter Unterlagen mit An- l Wendung neuer Materialien eine Abwechselung bez. etwas anderes geschaffen wurde. Wenn auch ein Musterschutz auf gesetzlicher Basis, wie Beklagter wohl richtig behauptet, kaum aufrecht zu erhalten sein würde, > so verdiene der Kläger doch einen moralischen Schutz, l Jedenfalls verstoße es gegen den geschäftlichen Anstand und, wie Kläger richtig sagt, gegen Treu und Glauben, wenn der Beklagte die vom Kläger gemachten Muster von anderer Seite einfach kopiren läßt resp. auf Grund dieser Muster einen Auftrag anderwärts ertheilt. DaS Oberlandcsgericht schloß sich dem Sachverständigen- i gutachten an und verurtheilte die Handelsfirma wegen unerlaubter Benutzung eines fremden Posamenten- , Musters zur Leistung von Schadenersatz an den Her steller bezw. Eigenthümer diefts Musters. — Infolge falscher Behandlung seitens eines so genannten SympathiedoktorS ist in Lötznitz das noch nicht ein Jahr alte Kind einer Fabrikarbeitersfamilie um beide Augen gekommen. Als man endlich einen Arzt zu Rathe zog, war die Krankheit bereits soweit vorgeschritten, daß an eine Rettung deS Augenlichts nicht mehr zu denken war. Das Kind wurde nun einer Augenheilanstalt zugesührt. Den Sympathie doktor aber dürste seine Kur aus die Anklagebank sichren. — Mittelfrohna. Dienstag in der Mittag stunde vergnügten sich mehrere größere Schulmädchen nnt „Verstecken und Haschen" in der Nähe eines StoketenzavneS. Eines davon, die 13jährige Lenchen Oertel, blieb bei dem eiligen Uebeisteigen dieses Zaunes mit dem linken Bein unglücklicherweise an einer spitzen Latte hängen und zog sich oderhalb des Knies eine große Fleischwunde zu, die von dem herbeigerufenen Arzt genäht werden mußte. — In Geyer erregt es Aufsehen, daß die 18- jährige Tochter eines dortigen angesehenen Bürgers und Restaurateurs Stopp ihr neugeborenes Kind lebend ins Wasser geworfen und so getödtet hat. Die Staats anwaltschaft hat die Sache in Händen. — Reichenbach i. V. Die mechanische We berei Gebr. Falke wurde durch das Ableben des einen Bruders vor die Nothwendigkeit der Anmeldung des Konkurses gestellt. Wie der „Konfektionär" schreibt,
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