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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 26.01.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-01-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190201261
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19020126
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19020126
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-01
- Tag 1902-01-26
-
Monat
1902-01
-
Jahr
1902
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 26.01.1902
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— Dai Stadtverordneteakollegium in Srotze«» Hain regte die Frage an, ob eS nicht an der Zeit sei, die Realschule in ein Realgymnasium mit Real schule umzuwandeln. — Radeberg. Die hiesige Bürgerschule wird an Ostern in eine Realschule umgewandelt und ist zum Leiter derselben' Realschuloberlehrer Dr. Rödel aus Großenhain gewählt. — DreAden, 24. Januar. Auch die neue Au« gustusbrücke soll in Stein ausgesührt werden und ihr monumentaler Charakter gewahrt bleiben, nur daß die Bogen eine Spannweite von 40 Metern erhalten. Die neue Brücke kommt genau in die Axe der alten zu liegen. Mit dkm Neubau, während dessen eine Aushilfsbrücke den Verkehr nach Abbruch der alten vermitteln soll, dürfte im Herbst begonnen werden. Zunächst haben sich indeß noch die städtischen Kollegien mit dem Plan zu beschäftigen — Wegen schwerer Brandwunden am ganzen Körper mußte am 19. d. M. das 8jährige Söhnchen eines Musikers mittels Krankenwagens dem Stadtkranken hause Leipzig zugefühlt werden. Der Knabe hatte ein Talglicht angezündet, durch welches seine Kleider in Brand gesetzt wurden. — Mit welcher Gewalt der Sturm am Donnerstag gehaust hat, mag man aus der erst jetzt bekannt werden den Thatsache ermessen, daß von einer Kompagnie des Zittauer Regiments, die auf Hem Marsche von Zittel nach der Garnison begriffen war, mehrere Mann vom O kan in den Chauffeegraben geworfen wurden. Dem berittenen Hauptmann stieß dasselbe Unglück zu; er kam dabei zum Sturz vom Pferde, wie andere behaupten, wurde er direkt vom Pferde herabgeweht. — Einem entsetzlichen Unglücksfalle ist im Steinbruche des Bruchpachters Glausch in Kuckau bei Kamenz der 26jährige Steinmetz Krause zum Opser gefallen. Beim Sprengen von Gestein hatte sich der Genannte mit noch drei anderen Arbeitern ca. 50 Schritte weit vom Sprengstsine, ohne eine Deckung aufzusuchen, aufgestellt, als ihn plötzlich ein Sprengstück mit derartiger Wucht am Kopfe traf, daß sein Tod auf der Stelle eintrat. Der so jäh aus dem Leben Geschiedene hinterläßt Frau und ein unerzoge nes Kind. — Aufsehen erregt der Konkurs des Engros- Holzhändlers Richard Weise in Wilsdruff, durch den viele kleine Gewerbetreibende in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Die Verbindlichkeiten sollen bei nahe eine Million betragen. — Das 6 Monate alte Kind des Strickerei fabrikanten Herold in Ellefeld, das dort bei der Explosion einer Petroleumlampe schwere Verbrennung erlitten hatte, ist hieran verstorben. — Aus dem Vogtlands. Auf dem zwischen Adorf und Markneukirchen gelegenen Güterbahnhofe Siebenbrunn ist am Dienstag Nachmittag der Auf- läder Strobel dadurch tödtlich verunglückt, daß ein mit Eisenstücken gefülltes großes Faß sich plötzlich in rollende Bewegung setzte und Strobel traf, dem der Brustkasten eingedrückt wurde. Eine Wittwe mit vier kleinen Kindern verliert in dem Verunglückten ihren Ernährer. — Der über 200 Mitglieder zählende „Deutsche Kriegerverein" in Mylau i. V. der den Fürsten Herbert BiSmarck zu seinem Ehrenmitgliede zählt, hat jetzt auch den Generalfeldmarschall Grafen Waldersee zum Ehrenmitgliede ernannt, und dieser hat die Wahl angenommen. Der verstorbene Altreichskanzler und Generalfeldmarschall Graf Moltke waren eben falls ein! Reihe von Jahren Ehrenmitglieder des Vereins. — Die unter den Hunden herrschende Krank« heit, die sich in Plauen i. V. und in der Umgegend zeigt, ist noch im Zunehmen begriffen. Bisher sind an der Seuche nach thierärztlichen Angaben gegen 100 Hunde verendet oder als unheilbar vergiftet worden. Herr Thierarzt Paul Auerbach theilt dem Bogtl. Anz. mit: Zum ersten Male wurde diese ge« fürchtete Seuche von dem städtischen Thierarzt Herrn Dr. Scheibel in Frankfurt a. M. im Herbste 1898 beobachtet und näher beschrieben. Hunderte von Hunden fielen damals genannter Erkrankung zum Opfer, fast alle von der Krankheit befallenen Thierc krepirten; da das Wesen und die eigenartige Natur der Seuche nicht erkannt wurden, so erhielt sie die verschiedensten Bezeichnungen: n. a. Handedarre, Hundetyphus, die neue Hundekrankheit u. s. w. Nach meinen eigenen Erfahrungen und Beobachtungen schildere ich zunächst in Kürze die hauptsächlichsten Symptome der Krankheit: Die im Anfangsstadium erkrankten Thiere husten öfters, und zwar ruft es ge wöhnlich beim Besitzer den Verdacht hervor, der Hund habe irgend einen Fremdkörper im Halse stecken; beim Oeffnen deS MauleS entleert sich gewöhnlich ein dicker, zäher Schleim und man bemerkt stets einen stark übel- riechenden, eigenartigen Geruch. Später ist die Nase trocken und heiß, meist mit eingetrocknetem NasenauS fluß beklebt (daher öfteres Niesen), ebenso thränen und eitern die gerötheten Augen, hohe Ficbertemperatur (bis 41 °L) ist stets vorhanden, Puls und Athmung stark beschleunigt, mitunter stürmisch. Erbrechen grün lichen Schleimes und Auftreten eines heftigen, ruhr- artigen Durchfalls verrathen eine wesentliche Ver schlimmerung der Seuche. Während im AnfangS- stadium Durst und verhältnißmäßig guter Appetit vor handen ist, wird später plötzlich alles versagt. Tage« lang nehmen die Thiere nicht das Geringste an, magern zum Gerippe ab, zittern, haben schwankenden Gang, namentlich im Hintertheil, und zeigen Lähmungs- erscheinungen. In den allermeisten Eckrankungsfällen haben die Patienten unter unaufhörlichen nervösen Zuckungen des ganzen Körpers zu leiden. Ich habe hochgradige Fälle beobachtet, bei denen die Thiere tagelang keine Sekunde ruhig liegen konnten; ein An« blick zum Erbarmen! Unter lautem Jammern und Stöhnen, besonders während der Nacht, gehen die Thiere infolge allgemeiner Erschöpfung ein. Zuweilen habe ich Fälle beobachtet, die außerordentlich leicht mit der gefürchteten Tollwuth verwechselt werden konnten, fast alle Symptome der Wuth waren charakterist sch ausgeprägt. Im übrigen ist die Seuche noch im Zu nehmen begriffen. Eine Behandlung der non der Seuche befallenen Thiere hat eigentlich nur im An- fangsfiadium Zweck, und zwar kann ich seststellen, daß ungefähr die Hälfte der Patienten in Plauenwieder gesun det ist. Es ist rathsam, die Thiere in ruhigen warmen Räumen unterzubringen und möglichst ungestört zu lassen und ihnen täglich, j- nach Größe des Hundes, mehrere Eßlöffel Rothweins, mit rohem Ei vermengt, einzugeben. NM Prießnitzumschlägen um Brust- und Bauchwandungen (dreistündlich) habe ich gute Er fahrungen gemacht. Als Futter empfehlen sich schleimige Suppen (Reis, Gräupchen). — Zu einer argen Schlägerei kam es in der Nacht zum Montag im Gasthof zu Schönbach bei Reichenbach, woselbst Bockbierfest abgehalten wurde. Leider hat dabei auch das Messer eine traurige Rolle gespielt, indem 4 Personen durch Messerstiche derart verletzt wurden, daß sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußten. Gegen sechs Personen, die an der Rauferei betheiligt waren, soll die gerichtliche Unter suchung eingeleitet sein. — Die Unterschlagungen des flüchtig gewordenen Sparkaffenkassirers Zinner in Sonneberg find jetzt auf 30,000 Mk. festgestellt worden. 52 Einlagebiicher find noch zu revidiren. Von 720 geprüften Büchern sind 102 als gefälscht befunden worden. Z. ist noch nicht ermittelt worden. — Gera. Der h'esige Stadtrath hat beschloßen, daß die Leichenzüze aus hyzienischen und Verkehrsrück sichten künftighin wegfallen sollen — Halle. Die verstorbene Privatiere König in Hafferode hinterließ der dortigen Stadtgcmeinde ein Ver» mächtniß ron 400,000 Mk., mehrere Legate und milde Stiftungen. Tagesgeschichte. Deutsche» Reich Der Kaiser hat einer Reihe von Beamten der Post, und Telegraphenvcrwaltung zu Weihnachten eine unerwartete Freude dadurch gemacht, daß er auf Antrag scs Staatssekretärs Kraetke 29 Beamten und 14 Unter beamten Dienfl^chuldcn im Betrage von 18,849 Mark erließ. Davon entfallen 12,802 Mark auf Beamte und 6047 Mark auf UMerbeamie Diese Tienfischulden rühr-n im wesentlichen aus dem Ve luste von Kaffcngeldern und Postsendungen hrr, für welche die Bethe ligten ersatzpflichtig gemacht wo den waren Im einze ncn handelt es sich um Beträge von 31 bis 1500 Markq Berlin, 23. Januar. Als der Kaiser am Sonn tag Nachmittag von einem Spazierritt die Linden entlang kam, begegnete ihm bei der Schloßbrücke ein Trupp Ar beitsloser Der Monarch erwiderte den Gruß der Leute und hielt plötzlich sein P erd an. Er winkte einen auf Posten st-hendea Polizeiwachtme ster und gleich darauf einen Pol'zeileutnant hrran und sprach mit den b.id n Beamten einige Augenbl cke, woraus er, sich völlig h-uum wendend, dem Trupp nach'ah. Ww eine h enge Karre spondenz berichtet, soll der Monarch, ins Schloß zurück- gekehrt, sich zu den Herren seiner Umgebung in theil nahmsvoller Weise über die gegenwärtige Arbeitslosigkeit geäußert und hierbei bemerkt haben, daß die baldige.Vor nahme städtischer Arbeiten, deren Erledigung für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen sei, geeignet sein düefte, der herrschenden Noth wenigstens etwas zu steuern. Die Bittgesuche an den Kaiser, in denen die Arb itSlosigkeit und der Mangel an Verdienst bitter hervorgehoben wird, gehen beim Kaiserlichen Hofbriefamt täglich in sehr großer Zahl ein und der Kaiser hat bereits in vielen Fällen namhafte Unterstützungen gewährt — Auch hat der Mo- narch in Anbetracht der großen Arbeitslosigkeit den Wunsch ausgesprochen, daß die aus Anlaß seines Geburtstages geplante Illumination der öffentlichen Gebäude rc. mög- lichst eingeschränkt werde und die hierfür bestimmten Gelder vielmehr nach Möglichkeit zu wohlthätigen Zwecken ver wendet werden möchten. Berlin, 24. Jan. Der Kaiser hat dem Vater des im Duell erschossenen Landrathes von Bennigsen, dem vormaligen Oberpräsidenten der Provinz Hannover, ein in den herzlichsten Worten abgefaßtes Beileids telegramm gesandt. Berlin, 23. Januar. Dem Reichstag ist eine Resolution Rösicke-Dessau — Pachnicke zugegangen, die verbündeten Regierungen zu ersuchen, dem Reichstag bald möglichst einen Gesetzentwurf vorzulegen, betreffend Er- richtung von Arbeitsnachweisen, wonach die Gemeinden zur Errichtung und Unterhaltung von Arbeitsnachweisen angehalten werden können, an welchem Vertreter der Ar beitgeber und der Arbeitnehmer in gleicher Zahl unter dem Vorsitz eines Unparteiischen zu betheiligen sind. Die Errichtung eines Ehrengrabes für den Frhrn. von Ketteler, der als Gesandter deS Deutschen Reiches in P-king ermordet wurde, ist von einem Komitee beschlossen und vom Kaiser genehmigt worden. Das Monument wird seinen Platz in dem Schloß, garten zu Münster erhalten und sich mit der Front dem Central-Friedhof zuwenden, wo Fchr. v. Ketteler begraben liegt. Aus Wreschen wird dem „Rchsb." berichtet, dort habe der offenkundige Trotz der Schulkinder nachgelassen; wahrscheinlich fürchte man, daß im an deren Falle der Staat die bedeutenden Zuschüsse zu dem bereits in Angriff genommenen Neubau einer katholischen Schule nicht zahlen werde, wenn das trotzige Gebühren der Schulkinder fortdauern würde. Dagegen wird andererseits berichtet, daß die polnischen Kinder in der Volksschule zu Mogilno sich weigern, in der Religionsstunde deutsch zu antworten, weil, wie sie sagen, „der Vater es ihnen verboten habe." Orstervetch-N«sar«. Ueber die Bedeutung der deutschen Sprache in Oesterreich hat der österreichische Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand eine hochbedeutsame Rede gehalten. Der Thronfolger betonte die Nothwendigkeit, daß die deutsche Sprache als Vermittelungssproche im Interesse des StaateS und der Armee von ihrer Be deutung nichts einbüße. Da das deutsche Idiom das einzige sei, mit dem man sich in ganz Oesterreich-Un garn verständigen könne, so müßte Deutsch die Armee spräche bleiben. Der Erzherzog versicherte weiter, daß die Bestrebungen der Deutschen, ihre Sprache als Staatssprache zur gesetzlichen Anordnung zu bringen, seine vollsten Sympathien haben und er sie darin, soweit eS in seinen Kräften stände, unterstützen würde. Die Vorbesprechungen des Ministerpräsidenten über den deutsch, tschechischen Ausgleich mit den Führern der deutschen und tschechischen Parteien wurden am 18. d. M. fortgesetzt. Man sieht die Lage gegen wärtig optimistisch an, zwar nicht in dem Stnne, als ob man an das Zustandekommen eines deutsch-tschech ischen Ausgleiches glaube, aber man erwartet, daß die Verhandlungen sich über einen so langen Zeitraum werden fortspinnen lassen, daß während desselben der Ausgleich mit Ungarn erledigt werd.m kann. Brüx, 24. Jan. Bei den Arbeiten im Jupiter- schacht wuroe heute die Wahrnehmung gemacht, daß mehrere Abtheilungen infolge des durch die Wasser- einbruchs-Katastrophe hrrvorgerufenen Luftdrucks ein- gerissen wurden und somit die Arbeiten gefährlich sind. Dieselben wurden daher eingestellt, die Beleg schaften zurückg-zogcn und der Schacht an drei Tag- Mündungen luftdicht abgesperrt. Die Absperrung bleibt solange aufrecht, bis die umliegenden obertägigen Pingen entwässert und verstützt sein werden, was 14 Tage in Anspruch nehmen dürste. England. London, 23. Jan. Aus Sidney wird telkgra- phnt, eine deutsch- Gesellschaft habe wichtige Handels- rechte für die Ellice« und Gilbert-Jnselgruppen erlangt SS mache sich eine lebhafte Agitation dagegen geltend, da man fürchte, die Flagge werde dem Hande» folgen und die Gruppen würden deutsch werden. Die Bundes- regierung wurde dringend aufHefordert, bei Chamberlain zu protestiren. . NeW-U-rk, 18. Jan. Dem New-York Herald wird aus Washington telegraphirt, Präsident Roosevelt habe den Marinesekretär Long angewiesen, dem Staats departement 376,000 Dollars auSzuhändigen, welche dem chinesischen Gesandten Wutingfang als Werth der von den Amerikanern im Salz-Da"»?» »n Tientsin be schlagnahmten Silberbarren Übergaben werden sollen. Australien. Nach Aeußerungen des zur Zeit in Berlin weilen den Gouverneurs von Bennigsen übe* die Entwickelung des Neu-Guinea. Schutzgebietes werden die Südseegebiete dem Reiche nicht lange Opfer auferleg^- Wenn in 10 Jahren die Schuld an die Neu Guine" C"mparr? abge tragen ist, wkd Neu-Guinea sich selbst erhalten. Es be darf dort keiner Schutztruppe, da keine großen Stämme zu unterwerfen sind, sondern eine Polizeilruppe genügt zur Aufrechterhaltung der Ordnung. Em großes, noch wenig bevölkertes, sehr fruchtbares Gebiet mit reichen Mineralschätzen, darunter Gold, sieht der Bearbeitung entgegen. Ein geographischer Vortheil der Kolonie ist ihre weite Küstenausdehnung. Die Pflanzungsarbeit in dem fruchtbaren Küstengebiet wird sich billig stellen. Eftino. London, 22. Jan Den „Times" wird aus Peking vom 21. d. telegraphirt: Die Aussichten sind auch, seitdem die Chinesen selber wieder die Verwaltung übernommen haben, durchaus ermuthigend. Duan- schikai hat von der Uebernahme seines Postens als Vizekönig von Petschili ab mit einer Entschiedenheit und Energie gehandelt, welche seines Rufes als that- kräftigster Fürst, den China seit Jahren hervorgebracht hat, würdig ist. Die auswärtigen Gesandten sprechen ihre Befriedigung aus über die freundliche und entgegenkommende Haltung der chinesischen Behörden. Was den Mandschurei-Vertrag anlange, so haben die Chinesen seit dem Tode Li-Hung-Tschangs eine korrek tere Haltung beobachtet; sie erklärten, sie würden keinem Abkommen zustimmen, welches die chinesische Oberhoheit abschwache oder VertragSrechte anderer Mächte verletze. Bei der K'önung König Eduards wird ein Sohn des Prinzen Tfching, der ein entfernter Verwandter des Kaisers, aber ohne persönliche Be deutung und völlig unbekannt ist, China vertreten. Die chinesische Regierung bedauert die Ermordung des französischen Missionars in Kwantung aufs Tiefste und hat Schritte gethan, die Schuldigen zu bestrafen und Sühne zu leisten. Vermischtes. Neueste Nachrichten aus Industrie und Technik. — Neue Gummipflanzen. Nach einem neuen Verfahren wird aus der Greasewood-Pflanze, welche in den Rocky Mountains der Bereinigten Staaten in großer Menge vorkommt, ein Kautschuk erzeugt, welcher gleich wie dieser vulkanisirbar ist und die Eigenschaften großer Biegsamkeit und Elastizität besitzt. Durch Zerquetschen der Pflanze mittelst Walzen wird ein milchiger Saft aus den Schößlingen und ein harziger Gummi aus der Holzfaser gewonnen, welche Stoffe gut durcheinander vermengt mit Kaut schuk-Lösungsmitteln, wie Naphta oder Schwefelkohlen stoff, einige Stunden hindurch behandelt werden. Die durch Filtration sich ergebende Lösung wird in ge- schlossenen Gesäßen so lange erhitzt, bis die Lösungs mittel abdestillirt sind. Der gummihaltige braune Rückstand wird mit Wasser gewaschen und in beliebige Formen gewalzt. Das Produkt zeichnet sich vom Kautschuk dadurch aus, daß es einen angenehmen balsamischen Geruch hat. (Bericht der Firma Richard Lüders in Görlitz.) — Neue Kautschuk-Surrogate. Die hohen Preise des Kautschuks und des Guttapercha haben die chemische Wissenschaft seit längerer Zeit ver anlaßt, nach Ersatzmitteln zu forschen. Von neuen Ersatzstoffen des Kautschuks seien hier folgende durch Patent geschützte Verfahren erwähnt: Man bringt 50 Theile zerfasertes Leder und 35 Theile Abfall- kaulschnkfiückchen, sowie 5 Theile Asbest in 10 Theile einer Lösung von Kautschuk in Leinöl ein und ver rührt sorgfältig unter Zusatz von 0,5 Theilen Kork- „Ludowika." Original-Roman von A. v. GerSdors. bv. Korts. Nachdruck verboten. Der aber schlief auswärts, und so war eS dis- ponib.l, und noch Ludowika selbst richtete sie mit allem möglich zu machenden Komfort und ihrem ganzen Geschick zum Schlaf-Alkofen für ihren kranken Vater ein. Einen schweren Gang ging sie dann noch zu dem Arzt Dr. Nickel und bat ihn, doch ab und zu nach dem Kranken sehen zu wollen, und waS das Honorar beträse, so hatte sie absolut nicht weiter können, und der freundliche ältere Mann hatte mitleidig lächelnd abgewinkt, das habe einstweilen Zeit. Er sei über- zeugt, daß Fräulein Holdewacht, sobald sie in der Lage sei, seine Ansprüche nicht vergessen würde. Mit einem dankbaren Händedruck und aussteigenden Thränen hatte sie ihm so beredt gedankt, daß er eine aufrichtige Freude empfand, die Leiden des jungen Mädchens in erster Linie lindern zu helfen, indem er dem Vater, dessen Ende in nicht langer Zeit wohl abzusehen war, seine Hilfe und seinen Rath angedeihen ließ, gleich zeitig auch auf die Nerven der Mutter einen günstigen Einfluß zu gewinnen suchend. Das war sür Ludo wika ein nicht zu beschreibender Trost und Fortgang. Auch Frau HoldewachtS Thränen flossen sanfter, wenn sie gedachte, daß ihre Wika ja doch in Schloß Finsterholt ein recht angenehmes, vielleicht interessantes Leben als Gesellschafttfräulein führen würde, und sie nun volle 130 Mk. monatlich feste Einnahme habe. Davon ließ sich recht wohl für nur zwei eine ganz nette Existenz fristen, besonders wenn man sich viel leicht doch noch andere gelegentliche Nebeneinnahmen machen konnte. Allerhand neue Ideen und Erfind« ungen hatte sie bereits wieder im Kopfe. Sie hatte ja auch Zeit, ihren Phantasieen und ihrer lebhafte Geistesthätigkeit damit einige Nahrung zu geben; denn von heute zu morgen war am Ende Ludowikas Ver mählung mit dem muthmaßlichen Erben von Finster, holt nicht zu erwarten. So, sie m leidlicher Stimmung und erträglicher Lage wissend, umarmte Ludowika ihre geliebten Eltern zum Abschiede ruhiger, und zwang ihr heißes Schluchzen nieder, als sie v:s kranken Vaters greises Haupt an ihr Herz drückte. De, Spielkatz und dem guten Matthäus brauchte sie feine Pflege nicht extra anempfehten. Die sahen ihr selbst nassen Auges in das zuckende Gesicht und sagten wie aus einem Munde: „Ihm soll es an nichts fehlen, Fräulein Wikchen." 21. Kapitel. Ja, die Briese ihrer Mutier waren bald eine Angst und Qual sür Ludow ka geworden. Schon einer der ersten erschreckte sie fihr. „Mein theures, heißgeliebtes Kind! WaS wirst Du nur lagen, aber wohl kaum er schrecken, wenn Du hörst, daß wir, unser armer ge quälter Kranker und Deine elende Mutter, die grüß« liehen Löcher bei der sehr unverschämt und frech ge« word-nen Spielkatz verlassen haben nnd nicht mehr von dem ihr vorgeworfenen Almosen meines ehemaligen Bedienten leben! Denke Dir, daS wagte sie mir z'- sagen, als ich denn doch mal die Bemerkung nicht unterdrücken konnte, daß sie mit dem von Dir geschickte, Gelbe denn doch Auslagen zu bestreiten scheine, die wahrhaft Zeit hätten. Ein Zufall machte die Sache, und nun sind wir wie durch ein Wunder in einem oder vielmehr zwei verhältnißmäßig netten, sonnigen Zimmern unterge bracht. In einer freundlichen, beinahe eleganten Pension in der Potsdamerstraße bei Fräulein Gratz. Dein Vater lebt ordentlich auf und sieht schon seit diesem Tage viel Wohler aus. An dem Abend, als ich den kleinen Wortwechsel mit der Spielkatz hatte, öffnete ich in ihrer Abwesenheit, glaubend, es sei der Briefträger, die Thür einer Dame, nicht mehr jung, jeder Zoll die alte Jungfer, aber eine von der netten Art, gut an- gezozen, von sehr feinem Aussehen. Sie wollte wegen irgend einem altes Möbels mit der Spielkatz ver- handeln. Ich schien ihr auch sehr zu gefallen, und weil ich doch immer so sehr allein bin, nahm ich gern die kleine Abwechselung wahr und lud sie zum Warten in — unseren „Salon"! hätte ich bald gesagt. Von Deinem Vater war sie ganz hingerissen, fand ihn so schön, so vornehm und sprach in so herzlicher Weise ihr tiessteS Mitleid auS, daß ich ihr unser entsetzliches Schicksal mit einigen Worten klar legte, und zugleich sagte, wie grenzenlos unglücklich und schlecht wir hier, d. h.^-ort bei Matthäus und seiner gewaltthätigen Tochter ur.terqebracht seien. Wir kam-n ins Plaudern; sie stellte sich vor als Fräulein Emmy Gratz, Inhaberin eines Pensionats lür In« und Ausländer, Potzdamerstroße, und — denke Dir, forderte uns auf, zu ihr zu kommen. Als ich ihr an eutete, wir könnten unmöglich mehr, wie lür uns Beide 130 Mark Pension bezahlen pro Mo nat, lächelte sic in liebenswürdigster Weise und meinte, dies könnte sie unmöglich glauben, daß wir mit solch' einer Summe auskämen, ave: als ihr leider diese trost lose Wahrheit von Deinem Vater bestätigt wurde, da sagte sie, daS thäte dann auch nichts, und da sie augenblicklich Räume genug leer habe, wolle sie sich gern damit begnügen, um der liebenswürdigen Gesell schaft willen uns zwei nette Zimmer geben, für die andere Leute freilich pro Kopf 130 Mark bezahlen. Ich sagte natürlich, daß wir dies nur auf weiteres annehmen würden, und sobald wir wieder in der Lage seien, vielleicht durch unser Töchterchen, das einer sehr lieben Freundin auf dem Lande bis auf Weiteres Ge sellschaft leiste, ihr die gütigst gestundete Pension mit Zinsen erstatten würden. Die ReiderSkron schien sie zu kennen und sagte auch, daß sie enorm reich sei, daß aber sehr dunkle Geschichten in der Familie Passirt seien. WaS, wüßte sie leider nicht. Da- war schade, denn wer weiß, wie Einem solche Wissenschaft nützen könnte. Von dem Neffen hatte sie gehört, daß er ein hochmüthiger, eingebildeter Streber wäre. Nun, das mag er immer sein, deshalb kann er sonst ganz umgänglich sein. Wie wunderbar der Zufall doch spielt, nicht wahr? Menschen zu einander bringt, die wieder gemeinsame Bekannte haben. Diesmal war's ein Glückszufall. Gleich am anderen Tage konnte ich der gcnz erstarrten Spielkatz die Ueberraschung machen, ihr zu eröffnen, wir zögen sofort aus, in das Pensionat Gratz. Eine lange Auseinandersetzung hatten wir weiter nicht. Ich dachte immer, sie würde noch mit einer langen AuSlagenrechnung ankommen, aber das geschah nicht, und wir schieden ohne Sang und Klang. Bei der Gratz kann ich übrigens die Pension Post- nummerando bezahlen, was mir äußerst angenehm ist. Zu meiner Genuthuung kann ich mich der lieben Per- wu schon j?tzt erkenntlich erzeigen. Sie bat mich, ihr sür etwaige Unterhandlungen mit ausländischen Pen sionären meine Sprachkenntnisse zuc Verfügung zu stellen. Auf diese Art kann ich sagen: je pa^e 6e personne." (F. f.)
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