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Sortiment abzuschließendes Übereinkommen schützen müsse, den einheitlichen Verkaufspreis auf einem neuen Wege schassen will. Während sich der Verlag der Aufforderung zum Beitritt gegen über zunächst abwartend und, soweit er grundsätzlich einen ande ren Standpunkt einnimmt, ablehnend verhielt, fand der Quelle sche Vorschlag, wie nicht anders zu erwarten war, sofort lebhafte Zustimmung in weiten Kreisen des Sortiments und bei dessen Führung, die zur Kündigung der noch bestehenden Abkommen — mit Ausnahme der im wissenschaftlichen Buchhandel — und zum Anschluß an die Arbeitsgemeinschaft aufforderte. Der Vorstand des Deutschen Verlcgcrvereins, der das Vorgehen der Arbeits gemeinschaft naturgemäß als eine Durchkreuzung seiner auf den Wegfall des Sortimenter-Zuschlags und die Wiederherstellung des Ladenpreises gerichteten Politik ansehen mußte, ersuchte den Vorstand des Börsenvereins um öffentliche Bekanntgabe des Nechtsgutachtens, das Professor Heinshelmer unterm 21. März 1921 dem Börsenverein über die Nolstandsordnung erstattet und das den Ausführungen des Ersten Vorstehers in Heidelberg zu grunde gelegen hatte. Das Gutachten ist abgedruckt im Börsen blatt Nr. 27V vom 19. Nov.; es kommt zu dem Ergebnis, daß die Notstandsordnung an sich nicht unzulässig, daß aber ein Be schluß auf Einführung und Schutz allgemein verbind licher Zuschläge durch die Satzungen nicht zu decken sei. Immerhin sah der Vorstand des Deutschen Verlegervereins, daß eine Einheitsfront des Verlages in der Zuschlagspolitik nicht mehr zu erzielen sei. Hatte er schon unterm 31. Oktober geäußert, er werde sich künftig jedes Eingriffs in die angesichts des bevorstehenden Ablaufs der Notstandsorduung unvermeid liche Auseinandersetzung zwischen Verlag und Sortiment ent halten, so trat dieser Entschluß zu künftig passiver statt wie bis her aktiver Politik in dieser Frage mit überraschender Klarheit in der im Bbl. Nr. 295 vom 19. Dezember 1921 veröffentlichten ^ »Erklärung-- zutage, in der er feststellte, daß der Verlag nach ' wie vor den Ladenpreis bestimmen und ankllndigen, auch bei! direkter Lieferung selbst innehalten und sich an seinem Schutze ^ gegen Unterbietung beteiligen werde, daß er es aber dem Sorti- ment überlassen müsse, sich nach Bedürfnis im Konkurrenzkämpfe ^ feine Verkaufspreise frei zu bilden, soweit dem nicht Sonderab-' machungen oder Verträge entgegenstehen. Erläutert und unter- ^ strichen wurde diese entscheidende Wendung in einem — wenig-, stens in diesem Punkte — auf Resignation gestimmten Neujahrs-! artikel des Herrn vr. Bielefeld in der »Deutschen Verlegerzei tung-. Dis-Stellungnahme des Vorstandes des Deutschen Ver- j legervereins zieht völlig zutreffend die Konsequenzen, die sich aus dem wirtschaftlichen Chaos — nicht nur im Buchhandel — der letzten Monate ergeben. Es ist in der Tat vorläufig nicht daran zu denken, die auf einen Wegfall des Sortimenterzuschlags gerichtete Politik fortzusetzcn! der Verlag räumt gewissermaßen die Außenforts der Festung »Fester Ladenpreis-, um alle Kräfte für die Verteidigung des Kernwerkes zu sammeln. Seine Haltung gegenüber der in den letzten Wochen natur gemäß viel erörterten Frage »Wegfall oder Beibehaltung der Notstandsordnung?- war damit gegeben, und er blieb seinen Anschauungen nur treu, wenn er gelegentlich der am 5. April 1922 in Leipzig stattgefundenen W i r t s ch a ft s k o n f c r e n z er klärte, er müsse sowohl die Verlängerung der Notstaudsordnung wie den allgemein verbindlichen, vereinsmätzigen Schutz der Sortimenter-Teuerungszuschläge durch den Verlag ablehnen, auch könne er nicht zugeben, daß der Weg zur Wiedereinführung des festen Ladenpreises durch einen ausdrücklichen Verzicht auf den Abschluß weiterer Abkommen von Firma zu Firma ver sperrt werde. Im übrige» erkannten die anwesenden Verleger dem Sortiment nochmals ausdrücklich das Recht zu, solange ein Mißverhältnis zwischen Buchpreis und Spesenstcigcrung besteht, Zuschläge zu erheben und sich zum Zwecke der Vereinbarung ein heitlich fcstzusetzender Zuschläge und zum Schutze derselben korpo rativ zusammenzuschließen. Es mußte vom Verlag allgemein anerkannt werden, daß die Steigerung der Sortimenterspesen in einem ungünstigen Verhältnis zur Steigerung der BUcherpreise stehe. Aber angesichts der Uneinigkeit im Verlag wie im Sor timent dieser Frage gegenüber und angesichts der völlig unge klärten Wirtschaftslage, in Berücksichtigung ferner der schweren «S« rechtlichen Bedenken gegen den vereinsmäßigcn Zwang el' Nolstandsordnung, sowie aus anderen Erwägungen grundsätz^ licher Art konnte eine andere Stellungnahme des Verlags in der Wirtschaftskonferenz nicht erwartet werden. Und in der Tat stellten die Verhandlungen wieder einmal den tiefen grundsätz lichen Gegensatz klar heraus, der zwischen den Anschauungen der Mehrzahl des Verlags und denen der Führung des Sorti ments besteht: auf der einen Seite der Wunsch und Wille, unter Aufrechterhaltung des Schutzes des Ladenpreises gegen Unter bietung von der »Zwangswirtschaft- ab- und wieder mehr zum freien Wettbewerb überzugehen, auf der andern Seite in glei cher Stärke der Wunsch und Wille, die wirtschaftlichen Verhält nisse des Buchhandels einheitlich und allgemein verbindlich auf Grund eines Vereins-, im Notfälle Majoritätsbeschlusses, durch eine »Notstandsordnung» zu regeln. Es wäre ein Unglück und würde nur zu weiteren schweren Kämpfen führen, wollte das Sortiment, das in sich ebensowenig einig ist wie der Verlag,/ ! zu Kantate 1922 tatsächlich «ine solche Ordnung, die mangels allseitiger Zustimmung praktisch genau so unwirksam bliebe wie alle die zahlreichen Beschlüsse der letzten Jahre, per mssora durchzudrücken versuchen. Ganz abgesehen vom wissenschaftlichen Buchhandel, dessen Vereinbarungen dabei ja respektiert werden müßten und sicherlich auch würden, steht auch heute noch ein Teil des Sortiments auf dem Standpunkt, daß der Wegfall der Teuerungszuschläge im Austausch gegen eine Verbesserung der Bezugsbedingungen anzustreben sei (vgl. hierzu die Veröffent lichungen der »Schutzvereiniguug Berliner Groß-Sortimente»; auch der »Verein der Reise- und Versandbuchhandlungen-, der im übrigen warm für den Sortimenterzuschlag und für den Anschluß an die Quellesche Arbeitsgemeinschaft eingetreten ist, wahrt sich mit Entschiedenheit das Recht, die Werke, über die seine Mitglieder Sonderabkommen mit den Verlegern getroffen haben, ohne Zuschlag zu verkaufen). Eine gemeinsame Platt form für eine neue Notstandsordnung ist also weder im Sorti ment, noch — und noch viel weniger — im Verlag vorhanden. Es bleibt somit nur übrig, andere Wege zu suchen, die das Sor timent zu dem möglichst unangefochtenen Genuß der ihm ja zu- gcstandcnen Zuschläge sichren. Ein solcher Weg ist bereits gefunden. In einer bedeutsamen Veröffentlichung im Bbl. Nr. 52 vom 2. März d. I. werden Gründung und Grundsätze einer »Arbeitsgemeinschaft der Sortimenter des Rheinisch-Westfälischen Kreisvereins- mitgeteilt, und es steht zu erwarten und kann nur empfohlen werden, daß sich das Sortiment allenthalben zu solchen Kartellgemeinschaften zusammenschließt und seine Zuschläge auf Grund freiwilliger Einigung der der Arbeitsge meinschaft beitretenden Mitglieder festsetzt und schützt. Die als Organe des Börsenvereins anerkannten Kreis- und Ortsvercine hingegen können einen solchen Zusammenschluß ihrer Sorti mentermitglieder wohl billigen und fördern — sie selbst kommen aber als Träger dieser Vereinbarungen nicht in Betracht, da sie rechtlich auf völlig anderer Grundlage ausgebaut sind und in ihnen das Mehrheit?-, nicht aber das für eine Kartellgemein schaft allein zulässige Vertragsprinzip entscheidet. Bilden sich allgemein solche Arbeitsgemeinschaften des Sortiments, zwischen denen eine möglichst weitgehende Übereinstimmung hinsichtlich der Zuschlagshöhe und der Ausnahmen anzustreben sein wird, so wird sich auch mühelos eine Zusammenarbeit mit der »Ar beitsgemeinschaft für die Regulierung der Verkaufspreise im Buch handel» ergeben, deren Satzungen ja einen aus Verlegern und Sortimentern paritätisch zusammengesetzten »Wirtschaftsaus schuß» zur Prüfung und Festsetzung der beantragten Aufschläge vorschen. Nur auf diesem Wege scheint es unter den augenblicklichen Verhältnissen möglich zu sein, zu einer gewissen, wenn auch bei weitem nicht restlosen und allseitig befriedigenden Regelung zu .1 kommen. Es muß sich dann im Laufe der Zeit Herausstellen, ob sich die Rückkehr zum festen Ladenpreise schon in Bälde ermög lichen läßt, was letzten Endes ja nicht vom Buchhandel, sondern nur von der Gestaltung der deutschen Wirtschaftslage überhaupt abhängt. Jedenfalls aber dürfte Übereinstimmung darin herr schen, daß wir dieses Ziel nicht aus dem Auge verlieren dürfen,