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oelchen Formen, vielleicht unter Nutzbarmachung der Erfah rungen des Auslandes, er zunächst weiter zu verwirklichen ist. Über die wirtschaftliche Lage des Sortiments läßt sich Ab schließendes nicht sagen, ohne daß man dabei in ausführlicher Weise auf den Fragenkomplex eingeht, der mit derNotstand s- ordnung und dem Sortimenter-Teuerungszu schlag zusammenhängt. Der unter Vermittlung des Verbands vorstandes zu Kantate 1921 mit so großer Freude vollzogene Friedensschluß zwischen Verlag und Sortiment hat die in ihn gesetzten Erwartungen nur zum Teil erfüllt. Im wissen schaftlichen Buchhandel hat sich im ganzen der Ab schluß von Übereinkommen von Firma zu Firma zum Zwecke des Wegfalls des Sortimenter-Teuerungszuschlags reibungslos vollzogen und bewährt. Eine wesentliche Entspannung zwischen dem Buchhandel und den Universitätskreisen ist eingetrelen; eine Tatsache, die sicherlich in erfreulicher Weise auch auf die Verhandlungen mit dem Akademischen Schutzverein und dem , Hwchschulverband eingewirkt hat. Soweit das die sprunghaften ' Steigerungen der Verlegerteuerungszuschläge bzw. Ladenpreise zulassen, kann bei Vertrieb und Verkauf des wissenschaftlichen Buches wieder mit festen Preisen gerechnet werden, und es steht zu erwarten, daß dieses erfreuliche Verhältnis vertrauensvoller Zusammenarbeit auch unter den sich ständig verändernden wirt schaftlichen Verhältnissen erhalten bleibt, wenn der wissenschaft liche Verlag durch Erhöhung seiner Preise oder seiner Rabatte oder beider auf die unverhältnismäßig wachsende Spesenlast des Sortiments Rücksicht nimmt. Hat sich im wissenschaftlichen Buchhandel der Gedanke des Abbaues der Sortimenter-Teuerungszuschläge durchgesetzt, so sind im schönwissenschaftlichen wie im l i t e r a risch kulturellen Buchhandel die Abkommen von Organisa tion zu Organisation als völlig gescheitert zu betrachten, und es dürfte vorläufig keine Aussicht einer erfolgreichen Wiederauf nahme solcher Verhandlungen bestehen. Die noch vor Kantate 1921 vereinbarten Grundlagen für den Abschluß eines Abkom mens mit der Vereinigung schönwissenschaftlicher Verleger tru gen den Todeskeim von vornherein in sich. Sie fanden zwar äußerlich auf die warme Empfehlung der Führer des Sortiments hin Zustimmung, aber die schon bei ihrer ersten Bekanntgabe ge äußerten Bedenken des Sortiments nahmen bei näherer Über legung immer mehr zu, und als sich dann plötzlich in einer Ver öffentlichung von 53, zum großen Teil namhaften Firmen des schönwissenschaftlichen Verlags im Vbl. 1921, Nr. 144, zeigte, daß der schönwissenschaftliche Verlag in sich gespalten sei, und daß ein großer Teil führender Firmen gegen das geplante Abkommen sein werde, als gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit neuer, schwerer Belastungen unseres Wirtschaftslebens durch die Folgen des Londoner Ultimatums immer größer wurde, glaubte der Vor stand der Deutschen Buchhändlergilde vom Abschluß und der Inkraftsetzung des Vertrages mit der Begründung Abstand neh men zu müssen, daß sich die Voraussetzungen, unter denen das Sortiment zur Ostermesse zugestimmt habe, inzwischen völlig verändert hätten. Es ist bekannt, zu welch unliebsamen Erörte rungen und Kämpfen nicht immer rein sachlicher Art diese Ab sage geführt hat — Tatsache bleibt, daß das Abkommen nicht oder doch nur in einem Umfange in Kraft trat, der den Abfichten in keiner Weise entsprach und jedenfalls nicht zur Abschaffung des Sortimenter-Teuerungszuschlags beim schönwissenschast- lichen Buche führte. Der Herb st Versammlung unseres Verbandes, die am 1V. und 11. September 1921 in Heidelberg stattfand, fiel nun die Aufgabe zu, wenn irgend möglich Ordnung in dieser völlig verfahrenen Lage, mindestens aber Klarheit über die Ab sichten der einander bekämpfenden Gruppen, sowie darüber zu schaffen, ob zunächst auf weitere Versuche zur Abschaffung des j Sorlimcntcr-Zuschlags zu verzichten oder unter welchen Bedin gungen sie anzustreben sei. Unter dem Drucke des weiter oben erwähnten Beschlusses des Verbandes der Waren- und Kauf häuser hatte sich nach dem Scheitern der Verhandlungen zwi schen Gilde und schönwissenschaftlichem Verlags eine Grupps großer Berliner Sortimentsfirmen gebildet, die mit Entschieden heit die Beseitigung des Zuschlags anstrebte und mittlerweile auch in Verhandlungen mit zwei Verlegergruppen die Grund lagen für ein neues Abkommen gefunden und «inen entsprechen den Vertrag abgeschlossen hatte. Trotzdem sich auch sonst in den Vereinen die Stimmen gegen den Zuschlag vermehrt hatten, so daß manche Teilnehmer der stark besuchten und lebhaft bewegten Versammlung schon mit dem Aufträge erschienen, sich nicht mehr für den Zuschlag, vielmehr für die Schaffung neuer, günstigerer Vertragsbedingungen einzusetzen, mußte es doch überraschen, daß die große und überwiegende Mehrheit der Abgeordneten schon In der Diskussion sich für den Abschluß weiterer Abkommen auS- sprach. Entscheidend beeinflußt wurde die Stimmung durch den Eindruck, den die Erklärungen der Berliner Sortimentergruppe und des Vertreters der Warenhausbuchhandlungen, vor allem aber des Ersten Vorstehers des Börsenvereins machten, der, um falsche Hoffnungen endgültig abzutun, aussührte, eine Möglich keit, Sortimenter-Teuerungszuschläge zu schützen, d. h. ihre ein heitliche Durchführung innerhalb des Gesamtbuchhandels oder auch nur innerhalb des Sortiments zu erzwingen, bestehe nicht; das Zwangsmittel der Sperke scheide aus, weil mindestens der die Zuschläge bekämpfende Teil des Verlags hierzu weder bereit sei, noch gezwungen werden könne; außerdem scheitere die Aus schließung mangels rechtlicher Grundlagen an dem unvermeid lichen Konflikt mit Gerichten und Behörden, die im Prozeßsalle jeden vcreinsmäßigen Zwang wegen Rechtswidrigkeit, vermut lich sogar wegen Satzungswidrigkeit verbieten würden. Damit war die Rechtsgrundlage der Notstandsordnung als einer unbe dingt zwingenden Ordnung des Börsenvereins von entscheiden der Stelle angezweifelt und zum ersten Male in voller Öffent lichkeit ausgesprochen worden, was viele mit diesen Fragen ver trautere Buchhändler schon längst gewußt oder gefühlt hatten. An die Ausführungen den beiden Referenten, der Herren Hein rich Boysen und Albert Diederich, schloß sich eine lebhafte De batte an, und der Verbandsvorstand faßte schließlich das Ergeb nis der Beratungen in einer Entschließung zusammen, die ein stimmige Annahme fand. Die Herbstversammlung erklärte sich darin für den Abschluß weiterer Abkommen, die es dem Sorti ment ermöglichen'sollten, auf die Erhebung von Zuschlägen zu verzichten. Sie ersuchte den Vorstand des Börsenvereins, zur Vorbereitung solcher Abkommen einen paritätisch gemischten Ausschuß von Verlegern und Sortimentern unverzüglich einzu setzen. Schon am nächsten Tage zeigte sich aber, wie wenig befrie digt das Sortiment von dieser Lösung im Grunde war. In wei teren erregten Debatten wurde der Versuch gemacht, die zu bil dende Kommission sogleich auf bestimmte Grundsätze festzulegen, und noch in Heidelberg selbst traten die Vertreter des süddeut- schen Sortiments zur Bildung einer -Arbeitsgemein schaft süddeutscher Sortimenter» zusammen mit dem Ziel der Aufrechterhaltung des Sortimenter-Teuerungszuschlags und seines Schutzes im Wege der Kartellgemeinschaft. Auch zu der Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Westfalen wurde schon in Heidelberg der Grund gelegt. Es wor unter diesen Umständen und angesichts der fortdauernden Zwiespältigkeit in den Kreisen des schönwissenschaftlichen und des literarisch-kulturellen Ver lags, sowie unter dem Eindruck der Tatsache, daß der erhoffte allgemeine Preisabbau nicht nur ausblieb, sondern sich in sein Gegenteil verkehrte, nicht zu verwundern, daß die von dem pari tätischen Ausschuß unter dem l. Oktober beschlossenen und am 6. Oktober im Bbl. Nr. 234 bekanntgegebenen »Richtlinien für den Abschluß von Abkommen von Firma zu Firma« keine Resonanz im Buchhandel fanden. Zu tatsäch- lichen Vereinbarungen auf dieser Grundlage dürfte es kaum ge kommen sein. Schon in Heidelberg aber meldete sich eine neue, von Ver legerseite ausgehende Bewegung an. Unter Führung des Herrn Richard Quelle und anderer Leipziger Verleger bildete sich eine »Arbeitsgemeinschaft für die Regulierung de« V e r k a u f sp r e i s e i m B u ch h an d e l«, die, auf der Erkennt nis fußend, daß der Verlag auf die Dauer nicht imstande sei, den Rabatt entsprechend der Steigerung der Spesen des Sortiments zu erhöhen, daß man also diesem den Teuerungszuschlag be lassen, aber neu aufbauen und durch ein zwischen Verlag und