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MtlglieSkr »Ir Zelle S SL M.. '/, Srllr 750 M., >/, «rltr Los M.. Srlke 1YS M. Nichlmllgliröer »lr Zell. S.7S M., «rltr r rSv M.. V, Srlrr ^soo m., >/« Selkr SIL m. Auf all» Re«nungobrtrSgr 50"^, Zutttlag. Nr. 1l2 «R. 77). Leipzig, Montag den 15. Mai 1922. 89. Jahrgang. Redaktioneller Teil. Verband der Kreis- und Ortsvereine im deutschen Buchhandel. Jahresbericht über das Vereinsjahr 1921/22, erstattet in der 44. ordentlichen Abgeordnetenversammlung des Verbandes am Sonnabend, dem 13. Mat 1922, vom Vorstande. Seit allzuvielen Jahren schon haben wir an die Spitze unseres Jahresberichts eine Rückschau stellen müssen, die vor wiegend über die mancherlei Enttäuschungen, Schwierigkeiten und Sorgen zu berichten hatte, die das avgelaufene Jahr nicht weniger unserem Vaterlande als unserem Berufe gebracht hatte. Und heute ist es nicht anders. Zwar sind uns im letzten Jahre die blutigen Bruderkämpfe erspart geblieben, die die innere Festigung des vom Kriege und der Revolution zerrütteten Lan de? immer wieder vereitelten, dafür aber hat sich seit dem Herbst 1921 unsere wirtschaftliche Lage immer bedrohlicher gestaltet, und des Höffens aus eine baldige und durchgreifende Besserung nunmehr fast schon entwöhnt, blicken wir heute in eine dunkle und ungewisse Zukunft. Allein die unerschütterliche Zuver sicht, daß ein im Kerne gesundes, arbeitssrohes und ordnungs liebendes Volk nicht untergehen kann und wird, kann uns heute die Kraft geben, trotz aller äußeren und inneren Schwierigkeiten am Wiederaufbau des Vaterlandes weiterzuarbeiten. Immer drückender werden die unmittelbaren und mittel baren Folgen des -Friedens- von Versailles fühlbar. Inflation und Valutasturz — eines zugleich des anderen Ursache und Folge — haben eine Entwertung der Mark erzeugt, wie sie noch vor Jahresfrist als ganz unmöglich angesehen worden wäre. Glaubten wir damals doch und bis weit in den Sommer 1921 hinein tatsächlich an die Möglichkeit eines Preisabbaues, der bereits eingesetzt hatte und monatelang anhielt, dann aber plötzlich durch eine neue Teuerungswelle überflutet wurde, — eine Teuerungswelle, der seitdem in fast ununterbrochener und immer rascherer Folge weitere und immer höhere gefolgt sind. In den letzten Monaten znmal hat diese Entwicklung ein so rasendes Tempo angenommen, daß das ganze Wirtschaftsleben in einen chaotischen Zustand geraten ist, aus dem heraus sich noch kein Weg zeigen will. Und Wirtschaftskonferenzen allein — finden sie nun zur Regelung der Weltwirtschaft oder auf unse rem buchhändlerischen Sondergebiete statt — können und werden eine Besserung der Verhältnisse nicht herbeifllhren, solange nicht das Gefühl fester, unauflöslicher Gemeinschaft sich durchsetzt und zur Preisgabe von Methoden und Maßnahmen zwingt, die allein auf Kampf- und Gewaltstimmung beruhen. Wirtschaftlicher Pa zifismus allein kann uns retten — aber vorläufig scheint sich im engeren und weiteren diese Erkenntnis noch nicht durchgesetzt zu haben. Der Buchhandel, von jeher wirtschaftlich konservativ ge sinnt, wird durch die schweren Erschütterungen des Wirtschafts lebens ganz besonders in Mitleidenschaft gezogen. Noch bis in die letzten Jahre hinein gegenüber fast allen anderen Berufs zweigen den Vorteil genießend, -Friedensbestände- realisieren zu können, ist er der Markentwertung nur langsam und zögernd gefolgt. Noch bis in die jüngste Zeit hinein konnte er seine Pro paganda wesentlich aus die Billigkeit seiner Erzeugnisse stützen. Und wenn sich heute die Erkenntnis immer mehr und mehr Bahn bricht, daß diese Preispolitik wirtschaftlich verfehlt war, so darf immerhin dabei nicht übersehen werden, daß die Preiswürdigkeit des Buches — nicht nur in kultureller Bezie hung — auch ihre großen Vorteile hatte, indem sie dazu bei trug, immer weitere Kreise des Volker zum Buche hinzufllhren, die ihm treu bleiben werden, und indem sie somit die wirtschaft liche Basis unseres Berufes verbreitern half. Insofern wird vielleicht der Verzicht auf einen Teil des -angemessenen» Er löses als werbende Ausgabe zu Propagandazwecken betrachtet werden dürfen. Die Tatsache, daß unsere Anpassung an die veränderten Verhältnisse allzu langsam, zögernd und unzu reichend erfolgte, bringt uns fast unvermittelt in einer Zeit sich überstürzender Teuerungswellen zum Bewußtsein, daß sich das Versäumte nun nicht mehr «inholen lassen wird. Nicht nur der Mangel an wirtschaftlichem Sinn im Buchhandel, sondern vor allem auch die unrichtige Einstellung der Gesetzgebung dieser Entwicklung gegenüber hat es verschuldet, daß wir uns heute in einer Notlage befinden, und erst ganz neuerdings bahnt sich eine Änderung insofern an, als die Rechtsprechung anzuerkennen beginnt, daß es wirtschaftlich und somit auch rechtlich unhaltbar ist, einen Kaufmann zur Abgabe seiner Ware zu einem Preise zu zwingen, der unter den Gestehungskosten der Ersatzbeschaffung liegt. Dringt dieser Grundsatz durch, so kann dem Buchhandel auch das Urteil des Reichsgerichts nicht mehr gefährlich werden, das die heiß umstrittene Frage, ob Bücher zu den »Gegenständen des täglichen Bedarfs« zu rechnen sind, in fast restlos zustim mendem Sinne entschieden und damit die Anwendung dar Wuchergesetze in einer Weise erweitert hat, an die bei ihrer Schaffung sicherlich niemand gedacht hat. Zu Beginn der vom Vorstande des Börsenvereins für den 5. April d. I. einberusenen Wirtschaftskonferenz, an der der Vor sitzende und der Schatzmeister des Verbandes teilnahmen, wurde darüber verhandelt, ob es möglich sei, die als unzureichend er kannten Bücherpreise mit einem Schlage allgemein und gleich mäßig den veränderten Verhältnissen anzupassen, sei es durch Steigerung nach der Goldrelation, nach Indexziffern oder nach Maßgabe der Steigerung der Herstellungskosten. Wie nicht anders zu erwarten war, ließ sich eine Übereinstimmung in dieser Frage nicht erzielen, und in der Tat widerstrebt die Vielgestal tigkeit der Verhältnisse des Buchhandels und der Monopol charakter seiner Ware einer solchen Gleichmacherei. Es muß nach wie vor jedem Verleger überlassen bleiben, wie und inwie weit er sich vor der »Austrocknung seines Betriebskapitals schützen will und kann. Auf die Gefahren einer künstlichen und unverhältnismäßigen Niedrighaltung der Bücherpreise ist in letzter Zeit nachdrücklich genug hingewiesen worden. Nur für jedes Buch einzeln läßt es sich entscheiden, wo die Preisgrenze liegt, die nicht überschritten werden darf, ohne es unverkäuflich zu machen. Auf der gleichen Erwägung beruht ja ein Teil des Verlegcrwiderstandes gegen die Sortimenterzuschläge. e»3