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Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger HaupL- und Tageszeitung für die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohorn Dien Zeitung erschetni täglich mt, Ausnahme der gesetzlichen Sonn« und Feiertage. Der Bezugspreis betrag, bei Abholung wöchentlich 50 Rps., bei Lieferung frei Haus 55 Rpi Postbezug monatlich 2.50 NM Tic Behinderung der Lieferung rechtfertigt keinen Anspruch auf Rückzahlung des Bezugspreises, ^eitungsausgabe für Abholer täglich 3—6 Uhr nachmittags. Preise und Nachlaßsätze bei Wiederholungen nach Preisliste Nr. 4 — Für das Erscheinen von Anzeigen in bestimmten Nummern und an bestimmten Plätzen keine Gewähr. Anzeigen sind an den Erscheinungstagen bis norm. 10 Uhr aufzugeben. — Verlag: Mohr 5 Hofsmann. Druck: Kari Hoffmann u. Gebrüder Mohr. Hauptschriftleiter: Walter Mohr, Pulsnitz; Stellv.: Walter Hoffmann, Pulsnitz. Verantwortlich für den Heimatteil. Spor, u. Anzeigen Walter Hoffmann, Pulsnitz; für Politik, Bilderdienst und den übrigen Teil Walter Mohr, Pulsnitz. — D. A. II.: 2250. Geschäftsstellen: Albertstc aße 2 und Adolf-Hitler-Str atze 4. Fernruf 518 und 550 Der Pulsnitzer Anzeiger ist kos zur VeröfienMü ung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft zu Kamenz, des S1ad1rates zu Pulsnitz und des (Semeinderates zu Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amts gerichts Pulsnitz, sowie des Finanzamtes zu Kamenz Nr 52 Donnerstaq, den 3. März 1933 90. Jahrgang Bekenntnis zvm Nationnllozialismns Aufruf des Volkspolitischen Referenten von Kärnten In den Grazer Aemtern und zum Teil auch in den Betrieben der steirischen Hauptstadt wurden in den letzten Tagen Listen ausgelegt und die Volksgenossen ausgefor- dert, ein Bekenntnis zum Nationalsozialismus abzulegen. Nunmehr werden einzelne Ergebnisse der Unterschriften sammlung bekannt. So erklärten sich in der Präsidial abteilung der steirischen Landeshauptmannschast 85 v. H., der Landesbuchhaltung 90 v. H., des Landesbauamtes 93 v. H. und in der Agrarabteilung 10V v. H. der Beamten zur nationalsozialistischen Weltanschauung. Der Volkspolitische Referent von Kärnten hat einen Aufruf erlassen, in dem er feststem, dass die National sozialisten dieses Bundeslandes nack den Kundgebungen der Freude über das Abkommen zwischen dem Führer und Reichskanzler und dem Bundeskanzler Dr. Schusch nigg vorbildliche Disziplin gewahrt hätten. Noch im März werde den Bewohnern von Kärnten Gelegenheit gegeben werden, sich in einer großen Kundgebung einheit lich und geschlossen zu den Vereinbarungen von Berch tesgaden zu bekennen. Seyk-AnWart in Graz Bundesminister für Inneres und Sicherheitswesen, Dr. Sevß-Jnauart. weilte in Graz. Durch das volkspoli- tlsche Referat für Steiermark würde darüber folgende Verlautbarung ausgegeben: „Anläßlich der Anwesenheit in Graz hatte Bundes minister Seyß-Jnquart Besprechungen mit Vertretern des volkspolitischen Referats und führenden Mitgliedern der nationalsozialistischen Bewegung. In diesen Aussprachen wurde der Weg für die nächste Zukunft klar, eindeutig und zufriedenstellend festgesetzt. Besonders wurde das Gebiet des freien weltanschaulichen Bekenntnis, ses besprochen. Es wurde festgesetzt, daß das Tragen von Hakenkreuzabzeichen und der Gruß „Heil Hitler" im privaten Leben jedem einzelnen fretgegeben ist." Mgarnül Außenminister in Wien Der ungarische Außenminister, von Kanha, ist zu sei nem bereits angekündigten Besuch in Wien eingetrosfen. von Kanha, der von seinem Kabinettschef Csaky begleitet wurde, begab sich vom Bahnhof aus zunächst in die unga rische Gesandtschaft. Er wird von Bundeskanzler Schusch nigg und Außenminister Schneider cmpwngcn werden. ' Von zuständiger Seite wird daraus hingewiesen, daß ' der Wiener Besuch des Außenministers von Kanha einen rein privaten Charakter trägt. Der Totentanz begann Elf Volkskommissare auf Der Prozeß gegen die 21 Mitglieder jenes sagen hasten „rcchtsoppositioncllcn trotzkiftischen Blocks" begann um 12 Mir Moskauer Zeit im sogenannten „Blauen Saal" des Moskauer Gcwcrkschaftshauses, das schon vielen poli tischen Schauprozcsscn als „Gcrichtsstätte" gedient hat. Unter den angcklagten Sowjetgrvßcn befinden sich nicht weniger als elf ehemalige Volkskommissare nnd drei Leibärzte des Kreml. Es handelt sich um die letzten Pro minenten des engeren Kreises um Lenin: Bucharin und Rykow sind darunter, Jagoda und Tschernow, Roscngoltz und Rakowsky, alles alte Bolschewisten und darum für Stalins Alleinherrschaft „gefährlich". Alle 21 Angeklagten sind wegen Hochverrats vor das Henkcrtribunal gestellt Worden; die Todesstrafe oder mindestens Verbannung find ihnen gewiß. Der Saal war fast angefüllt mit Agenten und Funk tionären der GPU. Im übrigen wohnen der Verhandlung nur ungefähr 20 Vertreter der Auslandspresse und einige auswärtige Diplomaten sei. Hinter grünen Vorhängen, die die an einer Saalwand befindlichen Logen verdecken, vermutet man die maßgeblichen Sowjetgewaltigen, die sich Wohl das bevorstehende Schauspiel nicht entgehen lassen wollen. Unter Bedeckung von Dutzenden bewaffneter GPU.- Soldaten werden die 21 Angeklagten in den Saal geführt. Die vier bereitstehenden Anklagebände sind durch eine Schranke abgesperrt, vor der weitere GPU.-Soldaten mit gezogenem Bajonett Wache halten. Spuren furchtbarer Zermürbung Im einzelnen find die Angeklagten — selbst ehe mals so oft im Vordergründe stehende Figuren wie Bucharin, Rykow, Jagoda und Krestinski — kaum wieder; u erkennen. Bucharin und insbesondere Rykow machen einen völlig niedergebrochcnen Eindruck. Der Gesichtsausdruck der Angeklagten zeigt Spuren furcht barer Zermürbung. Die Schrecken der monatelangen Haft lassen sich nicht verleugnen. Die Mehrzahl der bleichen Jammergestalten, die jetzt auf den Anklagebänken Platz nehmen, zeigt dasselbe Bild völliger LVi.llen- der Anklagebank losigkeit «nd Zermürbung; insbesondere fallt unter ihnen Jagoda auf, der dem früheren allmächti gen GPU.-Chef in nichts mehr ähnlich sieht. Auch Jagoda ist ergraut und völlig niedergebrochen. Kurz nach 12 Uhr erscheint der oberste Staatsanwalt Wyschenski im Saal. Es folgt das Oberste Militärgericht. Der aus den früheren Vorgängen sattsam bekannte Ar meejurist Ulrich eröffnet als Vorsitzender des Militär tribunals die Sitzung. Darauf wird die umfangreiche , Anklage Wyschenskis verlesen, deren Lektüre zwei volle ( Stunden in Anspruch nimmt. Anklageschrift: Spionage unv Landesverrat Die Anklageschrift in dem neuen Moskauer Schau- Prozeß ist zweifellos das ungeheuerlichste Dokument der ! bisherigen sowjetischen Prozeßgeschichtc. Die darin auf- gezähltcn, den Angeklagten zur Last gelegten Verbrechen übertreffen bei weitem noch die früheren Vorbilder, und selbst die phantasievollstcn Prognosen, die mau für diesen Prozeß aufgezählt hatte, werden durch die Wirklichkeit noch weit überholt. Die Anklageschrift beginnt mit der Feststellung, daß sämtliche Angeklagte einen „Verschwörcrblock" gebildet hätten, der sich zum Ziele gesteckt habe, „im Auftrage der Nachrichtendienste von der Sowjetunion feindlich gesinn ten Mächten Spionage zugunsten dieser Staaten zu be treiben, ferner Sabotage, Terror, Untergrabung der mili tärischen Macht der Sowjetunion, Niederlage und Zer stückelung der Sowjetunion" durchzuführen. Der „Block der Trotzkisten und Rechtsoppositionellen" habe mit den genannten Staaten ein „Abkommen" geschlossen, demzu folge die Mitglieder deS Blocks einstweilen Spionage. Terror und Sabotage betreiben sollten, um gegebenen falls durch die bewaffnete Intervention dieser Staaten zur Macht zu gelangen, wobei die „Angreifer" mit Teilen des sowjetischen Territoriums entschädigt werden soll- ten. (fi Der „Block" habe in allen Gebieten und Provin- zen der Sowjetunion außerdem „hochverräterische Grup pen gegründet", die teilweise auf früheren Prozessen ab- geurteilt worden seien. Als „Ergebnis" der Voruntersuchung werden zunächst folgende wahnwitzigen Behauptungen vorweggenommen: Trotzki sei seit 1921 mit der deutschen Geheimpolizei als deren Agent in Verbindung gestanden und seit 1926 mit dem englischen Nachrichtendienst, dem „Intelligence Service". Krestinski habe seit 1921 Spionage zu gunsten Deutschlands getrieben, Noseng olz seit 1923 zugunsten des deutschen Generalstabes, seit 1926 zugunsten des englischen Intelligence Service Rakowski sei seit 1926 Agent des Intelligence Service, Scharango- witsch seit 1921 Agent des polnischen Nachrichtendienstes. Gr in ko seit 1923 Agent des polnischen und deutschen Nachrichtendienstes. Rykow und Bucharin, die An führer der „Verschwörer", hätten von der landesverräte rischen Tätigkeit der Mitglieder des „Blocks" genaue Kenntnis gehabt und diesen dic Direktiven dafür gegeben. Der frühere Volkskommissar für Holzindustrie, Iwa now, sowie die Angeklagten Selinski und Suba rew seien bereits vor dem Kriege Beamte der zaristischen Geheimpolizei gewesen und hätten jahrzehntelang unter dem Sowjetregime Sabotage und Verrat verübt. Der erste umfangreiche Teil des Anklageaktes be schäftigt sich mit der angeblichen landesverräterischen Tätigkeit der Angeklagten. Auf Anweisung Trotzkis habe Krestinski „seinem eigenen Geständnis zufolge" bereits seit 1921 als Sowjetbotschafter in Berlin Spionagearbeit verrichtet. In ähnlichen Fällen hätten sich Rosengolz seit 1923 und Bessenow betätigt. Krestinski und Rakowski hätten seit 1933 dieselben Verbindungen mit japanischen militärischen Stellen ausgenommen. Die übrigen bereits erwähnten Angeklagten hätten sich dem englischen bzw. dem polnischen Nachrichtendienst zu verschiedenen Zeit punkten zur Verfügung gestellt. Rykow und Bucharin hätten gemäß den Weisungen Trotzkis, die Radek ihnen übermittelt haben soll, eine „bewaffneteJnvasion auswärtiger Mächte" vorbereitet in der Absicht, diesen als Kaufpreis Weißrußland und die Ukraine, fer ner die kaukasischen und mittelasiatischen Sowjetrepubliken (letztere unter dem Protektorat Englands!) auszuliefern. Zu dem Zweck, die militärische Macht der Sowjetunion zu untergraben, hätten die Leiter des „Blocks" mit der „mili- tärischen Verschwörergruppe", nämlich mit Tuchatschewski und den übrigen bereits erschossenen Generalen, zusam mengearbeitet. Kirow-Mord von der SPLl. inszeniert Der zweite Teil der Anklageschrift behandelt die angebliche terroristische Tätigkeit des „Blocks". Hier ist dem früheren GPU.-Gewaltigen Jagoda die führende Rolle zugewiesen worden. Wiederum aus Anweisung Trotzkis und des bereits vor einem Jahr erschossenen Pjatakow hatte sich der „Block" die Aufgabe gestellt, die führenden Sowjetpolitiker, vor allem Stalin, Molotow, Woroschilow und andere durch Terrorakte zu beseitigen. Das erste Opfer des Terrors sei der im Jahre 1924 in Leningrad dem bekannten Attentat zum Opfer gefallene Kirow gewesen. Bei dem Attentat gegen Kirow sei kein anderer als Jagoda als direkter Organisator beteiligt ge wesen. Jagoda habe „gestanden": „Ich wußte bereits zu vor von dem Attentat gegen Kirow, und zwar durch Jenukidse." Dieser, der im Dezember des Vorjahres nach einem Geheimprozeß erschossen wurde, habe, wie die An klageschrift behauptet, ein gleichlautendes „Geständnis" abgelegt. In diesem Punkte dürste die Anklage übrigens dem Sachverhalt nahekomme». Seit langer Zeit bestand be reits der Verdacht, daß die GPU. selbst den Kirow-Mord in Szene gesetzt habe, eine Vermutung, die übrigens auch Trotzki schon vor Jahren in seinen Schriften aussprach!; Jagoda habe ferner die Ermordung des Schrift-, Kellers Gorki mit Hilse der in Lem gegenwärtigen Prozeß: