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2686 PAPIER-ZEITUNG Nr. 73 den Sulfitstoff selbst anzufertigen und zu bleichen. Er kann dann den Stoff bei der Kochung wesentlich beeinflussen, während er die Eignung des gekauften Sulfitstoffs erst durch die Verarbeitung prüfen kann, und dann ist es zu spät. Der gebleichte Stoff darf, wenn er zu Papier verarbeitet wird, kein Chlor mehr enthalten. Muß er unmittelbar nach dem Bleichen verarbeitet werden, so stelle man durch Prüfung mittels Jod stärkepapiers genau fest, ob er chlorfrei ist. Chlorhaltiger Stoff bleibt nämlich auf der Maschine hängen und läßt sich infolgedessen schlecht, oft garnicht, verarbeiten. Auch können Unannehmlichkeiten entstehen, wenn solches Seiden papier zum Einhüllen blanker Metallwaren benutzt wird und deren Oxydieren veranlaßt. Zur Sicherheit ist nötigenfalls die Anwendung von Antichlor zu empfehlen. Für eine Langsiebpapiermaschine ohne Selbstabnahme von 2,1 m Arbeitsbreite, mit 4 Zylindern und 1 Filztrockner von je 1,5 m Dm., 12 m Sieblänge, zwei in einer Richtung laufenden Naßfilzpressen, deren obere Walzen entweder mit Kanonenmetall überzogen oder aus Stein oder Mahagoniholz, und die unteren mit Gummi-Ueberzug versehen sind, kann man bei etwa 35 m minütlicher Geschwindigkeit durchschnitt lich auf eine Erzeugung von etwa 1800 kg 17 grammigen Seidenpapiers brutto in 24 Stunden rechnen. Davon gehen rund 20 pCt. ab für Ausschuß und übergewichtiges Papier. Dieser Prozentsatz steigt bis zu 30 pCt. bei Herstellung dünnerer, etwa 14 g/qm schwerer Papiere, auch treten dann mehr Stillstände durch Sieb- und Filzwechsel ein, denn bei 14—15 grammigem Papier müssen Sieb und Filze bei der ge ringsten Abnutzung gewechselt werden. Entsprechend diesen Ergebnissen steigt der Verkaufspreis wesentlich, wenn man statt 17—18 grammigen Seidenpapiers 14—15 grammiges herstellen soll. Mit der Vergrößerung der Erzeugung durch Vermehrung der Trockenfläche und rascheren Lauf muß man bei Zellstoff- seiden recht vorsichtig sein, da das Papier bei zu raschem Gang gern blasig wird und sich nicht schön verfilzt. Man darf kein gröberes Sieb als Nr. 85—90 (deutsche Einteilung) nehmen, da die Papierbahn sonst gerne abreißt, an der Gautschpresse hängen bleibt, der feine Stoff durch das gröbere Gewebe fällt und sich an den Siebwalzen fest setzt — zum Nachteil des flotten Ganges sowie der Lebens dauer des Siebes. Auch bilden sich trotz des vorzüglichst arbeitenden Schüttelwerks bei gröberen Geweben Millionen kleiner Löcher im Papier, welche leicht zu Klagen der Kunden Veranlassung geben können. Die Anwendung von Selbstaufführung, das Ueberziehen der ersten Naßpressen mit Manchons, um dem Hängenbleiben des Papiers vorzubeugen, die verschiedenartigen, teilweise patentierten, besonderen Vorrichtungen, um das Papier mög lichst lang auf dem Siebe zu halten, haben sich bei richtig gemahlenem, brauchbarem Ganzstoff als unnötig, ja oft als schädlich erwiesen. Wenn der Stoff gut war und richtig gemahlen wurde, so läuft das Papier auf einer in normalem Stand befindlichen Papiermaschine der beschriebenen Art anstandlos; unrichtigen Ganzstoff unter Anwendung besonderer Hilfsmittel zu ver arbeiten ist aber zwecklos, da das so erzielte mangelhafte Papier seitens der Käufer immer beanstandet wird. Derartige Notmittel können höchstens für geringe, mit Holzschliff ge mischte Sorten in Betracht kommen, doch werden solche Papiere in der Regel auf der dazu besser geeigneten Yankee- oder besser auf einer Oechelhäuser-Selbstabnahmemaschine ge fertigt. Filzsauger bewähren sich bei der Seidenpapier-Herstellung auf gewöhnlicher Langsiebmaschine besonders gut, müssen aber mit stark ziehender Luftpumpe betrieben werden. Eben so sind Aluminium- oder, nach Art der Vordruckwalzen aus Sieb gemachte, leichte Leitwälzchen in Kugellagern und auch solche, die besonderen Antrieb haben, für die Trockenpartie sehr zu empfehlen. Zum Aufführen der Papierbahn verwendet man den so genannten Gautsehknecht, welcher durch seitliche Bewegung während des langsamen Anlaufens der Maschine die Papier bahn auf dem Siebe durch einen dünnen Wasserstrahl diagonal so durchschneidet, daß der schmale Anfang durch den umstehend skizzierten Abnehmer abgenommen und von der unteren Gautschwalze auf den ersten Preßfilz gebracht werden kann. Dieser Abnehmer besteht aus dem faustgroßen Eichenholz- wälzchen E, das sich um eine Achse dreht, deren eine Seite kurbelartig mit einem Handgriff H versehen ist. Durch Druck gegen die untere Gautsch walze bleibt das Papier am Wälzchen hängen und kann so auf den ersten Filz gelegt werden, während die Ein- spritzung des Gautschknechtes dafür sorgt, daß sich der A/ schmale Streifen bis über die ‘ z ganze Bahnbreite ausdehnt. Man achte darauf, daß der Stoff ruhig und gleich mäßig auf das Maschinensieb übergeht, daß also keine Wirbel vorkommen. Die Schüttlung muß genau horizontal sein und sehr genau arbeiten. Ist das Schüttelwerk nicht ganz zuver lässig, so ist es besser, ohne solches zu arbeiten, da die feinen empfindlichen Siebe ohnehin unter der Unruhe des Schüttelns leiden, und solches, ebenso wie die ebenfalls die Lebensdauer des Siebes verkürzende Vordruckwalze bei richtig gemahlenem Stoff in den meisten Fällen, unbeschadet der Qualität, ver mieden werden kann. Man leime den Stoff so wenig wie irgend zulässig, spare dagegen mit Alaun nicht. Sehr starke Leimung würde durch Verharzung von Sieb und Filzen bei diesen feinen, sehr empfindlichen dünnen Papieren nicht nur Materialschaden und Zeitverluste verursachen, sondern auch Ausschuß durch Hängenbleiben an den Preßwalzen. Nur zu stark gefärbten Papieren dieser Art sollte man mehr Harzleim verwenden. Sehr wichtig ist auch die Art der Mahlung. Fürs Mahlen muß verhältnismäßig viel Kraft und eine genügende Zahl zweckmäßiger Holländer verfügbar sein. Diese wichtige Be dingung wird oft zu wenig berücksichtigt. Mancher Papier- Fabrikant, welcher sich größere Rohstoffmengen schwer be schaffen konnte, suchte sich durch Uebergang von der Massen herstellung zur Feinpapierherstellung (wie Seiden-, Zigaretten papiere usw.) zu helfen, war aber sehr enttäuscht, als er fand, daß seine Mahleinrichtung nicht genügte. Für die Feinpapierherstellung hat sich die alte Bauart des Holländers unter all den zahlreichen neuen und ver meintlich besseren Holländersystemen als die beste Ganzstoff mühle erwiesen. Walze und Grundwerk sollen aber mit Bronzemessern oder mit Mahlflächen aus Basaltstein aus gerüstet sein. Dadurch nähert sich das Mahlen dem alt bewährten Stampfen des Stoffs. Die breiten Messer aus weicher Bronze und die Steinflächen schonen, im Gegensatz zu den harten, schneidenden Stahlmessern, die Faser, sie wirken mehr quetschend, und die Fasern werden nur ver feinert, bleiben aber lang. In einem Holländer mit gewöhnlichen Messern braucht man zur Erzielung guten Seidenpapierstoffes etwa 2 Stunden fürs Kratzen, 4 Stunden für allmählich immer stärkeres Mahlen und 2 Stunden fürs Ausgleichen und Bürsten. Mit breiten Bronzemessern oder Steinflächen mahlt man viel schneller, weil man von Anfang an stärker mahlen kann, ohne Totmahlen des Stoffs befürchten zu müssen. Für hochweißes Papier haben solche Holländer auch den Vorzug, daß die Farbe nicht durch Oxydieren der Stahlmesser beeinträchtigt wird. Dank der faserschonenden Eigenschaften der Bronze- und und Steinarmatur gelingt es, schnell und sicher einen ge eigneten schmierigen Stoff zu erhalten, und dies ist die Haupt bedingung einer ersprießlichen Herstellung. Nur so kann die richtige Verfilzung, welche sich hauptsächlich während der langsamen Entwässerung auf dem Siebe vollzieht, stattfinden, und unter normalen Verhältnissen die Maschine mehrere Stunden, ja oft schichtweise, ohne Abreißen arbeiten. Ich verweise noch auf die vortrefflichen Ausführungen in Hofmann’s Handbuch der Papierfabrikation über Seiden papier und würde mich freuen, wenn andere Fachleute ihre Erfahrungen und Ansichten zum besten geben wollten. Verwertung von Sulfitablauge. Der Zellstoff- und Papier fabrikant Edward Partington in Glossop, England, hat versucht, Sulfitablauge zum Binden des Straßenstaubs zu verwerten. In neuerer Zeit wurden zu diesem Zweck die Straßen mit Stein kohlen- und Petroleum-Teerölen besprengt (z. B. mit sogenanntem »Westrumit«), diese Oele sind aber ziemlich kostspielig und riechen unangenehm. Nach Mitteilung englischer Fachblätter sollen Straßen, die mit Sulfitablauge gesprengt werden, längere Zeit fest und staubfrei bleiben.