Volltext Seite (XML)
Nr. 69 PAPIER-ZEITUNG 2543 Berichte aus Typographischen Gesellschaften Leipzig. Typographische Vereinigung. Ueber »Tonplattenschnitt und das Zeichnen für Buchdrucker« sprach Herr Wilh. Kobbe in der Versammlung' am 17. August. Er ist auf diesem Gebiete seit langem praktisch tätig und zeigte an Hand von Beispielen, daß ftir den vorwärtsstrebenden Schriftsetzer zeichnerische Fertigkeit von großem Werte ist. Das Zeichnen nach der Natur soll vornehmlich dazu dienen, den Geschmack, Formen- und Farbensinn zu heben und den vielleicht künstlerisch auf Abwege geratenen Akzidenzsetzer auf die Natur zurüekzuführen. Der Tonplattenschnitt leiste schon lange dem Reklame- und und Akzidenzdruck gute Dienste; aber in den letzten Jahren sei auf diesem Gebiete insofern gesündigt, worden, als die kompliziertesten Vignetten und Schmuckstücke oft in einer dem Original recht unähnlichen Weise geschnitten wurden. Man sollte sich'auf Flächendekoration beschränken, die immer noch ein dankbares Arbeitsfeld biete. Zur Herstellung einer guten Tonplatte ist ein scharfer Umdruck unerläßlich. Um diesen auf Blei, Celluloid, Holz, Linoleum oder Mäserplatte zu erzielen, empfiehlt Herr Kobbe folgendes Verfahren als einfach und praktisch: Man nehme ein kleines Quantum Kolophonium, stampfe es zu Pulver und löse es in gutem Terpentinöl auf und zwar so, daß eine dickflüssige Masse entsteht. Der schmutzige Bodensatz ist zu entfernen. Von dieser Flüssig keit, die jo nach der Qualität des Terpentinöls hell oder dunkel gefärbt ist, bringe man einige Tropfen auf die zu bearbeitende Platte, verteile sie gleichmäßig und klopfe so lange mit der Hachen Hand darauf, bis dieser Lack ziemlich trocken ist; dann nehme man den umzudruckenden Abzug, welcher un gefähr eine Stunde vorher gefertigt sein muß, lege ihn mit der Farbseite auf die Platte und reibe die auf der Rückseite sicht bare Kontur mit der breiten Seite eines Falzbeines (oder mit dem Griff einer Zahnbürste) unter kräftigem Drucke nach. Ein Verschieben des Abzuges ist unmöglich, weil er festklebt. Der Abzug ist möglichst auf starkes, weißes Pauspapier zu machen. Hierauf erläuterte der Referent durch Zeichnungen und Originale die Beschaffenheit der Stichel und gab praktische Winke zur Stiehelführung, wovon das gute Gelingen einer Tonplatte ab hängt. Bei der Besprechung der verschiedenen Tonplatten wurden Blei und Celluloid am höchsten bewertet. In der an schließenden lebhaften Aussprache wurden die einzelnen An gaben des Vortragenden bestätigt. Hierauf wurden die Herren Vister und Luboch in den erweiterten Vorstand gewählt und Herr Formstecher Riedel als erstes außerordentliches Mitglied aufgenommen. M. Frankfurt a. M. Typographische Gesellschaft. Sitzung vom 15. August. Folgende Firmen haben uns ihre neuesten Er zeugnisse überwiesen: Schriftgießerei Flinsch, Frankfurt a. M; A. Numrich & Co., Leipzig; Chr. Hostmann, Celle und Rockstroh & Schneider Nachf., Dresden-Heidenau. Nach Erledigung einiger geschäftlicher Punkte ging man zur Besprechung der Universal- Schriftlinie über. Das Referat hatte Herr Hch. Weber über nommen. Er verbreitete sich in längerer Rede über Vorzüge und Nachteile der Normal-Schriftlinie für die Buchdruckereien und bezeichnete die von der Schriftgießerei Genzsch & Heyse, Hämburg, eingeführte Universallinie als die beste Lösung dieser Frage. Auch die Diskussion ergab das Uebergewicht der Universal-Schriftlinie. Es wurde beschlossen, unser erstes Stiftungsfest durch einen Herren-Abend zu begehen. Die Vorbereitungen hierzu wurden dem Vorstande über lassen. —r. Augsburg. Graphischer Klub. Am Mittwoch, 10. August, lagen der gut besuchten Versammlung verschiedene Anträge des Ausschusses vor, die sämtlich die Genehmigung der Ver sammlung fanden. Lebhafte Zustimmung fand die Anregung, Herrn Faktor Unruh-Berlin zu einem Vortrag zu gewinnen. Es soll versuchsweise eine Kasse zu Agitationszwecken ge gründet werden. Die zum diesjährigen Johannisfest einge laufenen Entwürfe werden zur Beurteilung dem Vorstand des Verbandes Typographischer Gesellschaften übersandt. Ein Antrag: »Preisausschreiben für Neujahrskarten« wurde nach lebhafter Debatte angenommen und als letzter Termin für Ein reichung der Entwürfe der 1. Oktober festgesetzt. Der Aus schuß wurde beauftragt, den schon vor längerer Zeit geplanten Ausflug nach Donauwörth zu veranstalten, -ss- Stuttgarter Brief Mitte August Die andauernde Hitze hat den Geschäftsgang im Druck- und Buchgewerbe verlangsamt. Den letzten beiden Jahren gegenüber war die erste Hälfte dieses Jahres günstig. Die Buchdrucker hatten über einen weit geringeren Prozentsatz von Arbeitslosen zu klagen als ehedem. Doch der Monat Juli brachte hierin Wandel. Von etlichen 30 Ende Juni ging die Zahl schnell auf über 70 hinauf, und jeden falls dürften bis Ende September über 100 Arbeitslose vorhanden sein. Da paritätische Arbeitsnachweise in den übrigen Zweigen des Buch gewerbes nicht vorhanden sind, so ist kein genaues Bild zu erlangen. Der Bericht der Stuttgarter Handelskammer für 1903 bezeichnet die Lage des Buchdruckgewerbes bis zur Mitte des Jahres als un befriedigend, wie in ganz Deutschland; die Zeitungsdruckereien der Provinz erklären die Geschäftlage für wesentlich besser, namentlich im Anzeigengeschäft. Letzteres läßt auf Besserung der allgemeinen Geschäftlage schließen, daher wird die Lage des Papiergeschäfts in der zweiten Hälfte des Jahres als günstiger geschildert. Die in Württemberg in verschiedenen Städten als Mittel gegen die Konsum-Vereine gegründeten Konsum-, Rabatt- und Sparvereine, welche sogenannte Rabattmarken verabfolgen, gaben der kürzlich hier abgehaltenen Hauptversammlung des württembergischen Buchhändler- Vereins Gelegenheit, auf eine von Ulmer Buchhändlern erhobene Klage hin sich mit ihnen zu beschäftigen. Die Versammlung erklärte, daß auf Bücher keine Rabattmarken des Konsum-, Rabatt- und Spar vereins abgegeben werden dürfen. Auch der billigere Verkauf von Büchern durch Warenhäuser kam zur Sprache und den Verlegern wurde empfohlen, die Bücher zu zeichnen, da nur auf diese Weise die Bezugsquelle der Warenhäuser ermittelt werden könnte. Die württembergische Regierung hat für 300 M. farbige Litho graphien, Stahlstiche und Holzschnitte angeschafft und den Volks schulen eines Schulinspektorats zur Benutzung und Umtausch überlassen. Die Streitigkeiten zwischen Handwerks- und Handelskammern kamen kürzlich in einer Sitzung des Gesamtkollegiums der Zentral stelle für Handel und Gewerbe zur Debatte, wobei der Vorstand, Herr Ministerialdirektor v. Mosthaf, ausführte: »Die Zugehörigkeit eines gewerblichen Betriebes zu einer der beiden Kammern von der Option des Betriebsinhabers abhängig zu machen, werde nicht möglich sein. Dagegen könnten beide Kammern zur tunlichsten Vermeidung von Streitigkeiten gemeinschaftliche Kommissionen aufstellen, welche aus Vertretern der Handwerks- und Handelskammer bestehen und sich darüber verständigen, ob ein einzelner Betrieb zur Handelskammer oder zur Handwerkskammer gehöre. Wenn der einzelne Unternehmer mit dem Ergebnis dieser.Verständigung nicht zufrieden sei, könne er immer noch eine förmliche Entscheidung der zuständigen Behörden herbeiführen. Die Zentralstelle sei bereit, an der Beseitigung der vorhandenen Schwierigkeiten mitzuarbeiten. Mißlich sei, daß über die Frage der Zugehörigkeit eines Betriebs zur Handelskammer oder zur Handwerkskammer nicht dieselben Behörden zu entscheiden haben, sondern daß die Gerichte entscheiden, soweit ein Eintrag im Handels register angefochten wird, die Verwaltungsbehörden aber, soweit Be freiung von der Handwerkskammer beansprucht wird, wobei es vor kommen könne, daß der Inhaber desselben Betriebs infolge wider sprechender Entscheidungen zu beiden Oganisationen herangezogen werde. Deshalb sei von der württembergischen Regierung bereits an geregt worden, es möchte im Wege der Reichsgesetzgebung eine Be hörde geschaffen werden, welche als oberste Instanz mit bindender Wirkung für alle Beteiligten festsetze, ob ein Betrieb Handwerk oder Fabrik sei. Aus dem allgemeinen Dispositionsfonds erhielten 8 Bewerber je 1500 M. zum Besuch der Weltausstellung in St. Louis. S. Die Fachschule für Buchhandwerk in Kopenhagen hat kürzlich ihren Bericht für das Jahr 1903 herausgegeben. Die Ausstellung von Schüler arbeiten wurde im Dezember auf Ersuchen nach dem Krefelder Museum gesandt, dann ging sie an das Buchgewerbemuseum in Leipzig und später nach dem Museum in Haarlem, in welcher Stadt die Errichtung einer Schule für Buchhandwerk beabsichtigt wird. Im vergangenen Jahre wurde die Schule besucht: von einem Delegierten des Vereins der Stockholmer Buchdruckereibesitzer, von dem Vorsitzenden des Buchdrückervereins in Kristiania und von dem Direktor der Kunst gewerbeschule in Elberfeld, die sich mit dem Plan und der Arbeit in der Schule näher bekannt machten, um in ihren Städten ähnliche Schulen zu gründen. Zwei Serien Schülerarbeiten von Setzern und Druckern wurden durch den dänischen Typographenbund an die Lokalvereine in 44 dänischen Provinzstädten versandt. Die Schule wurde besucht von 7 Setzergehilfen und 37 Lehrlingen, 1 Drucker gehilfen und 18 Lehrlingen, ferner von 8 Buchbindergesellen und 35 Lehrlingen. Die Schule hatte bei 10000 Kronen Ausgabe einen Fehl betrag von 200 Kronen. F. Ausstände im Buchgewerbe. Nach einer von Legien gemachten Zusammenstellung fanden im letzten Jahre im Buchgewerbe 51 Streiks mit 948 beteiligten Personen statt, von denen 13 erfolgreich waren; Aus sperrungen fanden nicht statt. Auf die Buchdrucker entfallen 29 Streiks mit 442 Personen, auf die Buchbinder 13 mit 206 männlichen und 190 weiblichen Personen und auf die Lithographen und Steindrucker 9 Streiks mit 96 männlichen und 15 weiblichen Personen. Im Ver gleich mit anderen Berufen werden im Buchgewerbe die Ausstände infolge der tariflichen Abmachungen immer seltener. -8-