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Nr. 66 PAPIER-ZEITUNG 2463 Bezahlte unbestellte Ware 5666. Frage: Mit Befriedigung habe ich wiederholt bemerkt, daß Sie energisch den Kampf gegen unlautere Geschäftsmanipulationen aufgenommen haben. Ich übersende daher einliegend Material, aus dem Sie ersehen, daß mir die Firma X. & Co. in A. ihren sogenannten Aus kunftskalender ohne jede Bestellung meinerseits zusandte und kurz nachher, ohne jedes vorherige Avis, eine Nachnahme von 3 M. 20 Pf. sandte, die in meiner Abwesenheit von einem Angestellten leider ein gelöst wurde. Die Firma weigert sich nun, mir den unrechtmäßig er hobenen Betrag zurückzuzahlen. Ich will mir dieses Geschäftsgebaren keinesfalls bieten lassen und bitte um Ihren Rat, ob ich gegen die Firma mit Erfolg gerichtlich vorgehen kann. Antwort: Die Verlagsfirma X. & Co. weigert sieb, das Adreßbuch zurückzunehmen, da sie dem Fragesteller, der die vorige Auflage bezogen habe, vom bevorstehenden Erscheinen der neuen zweimal Mitteilung gemacht und die Zusendung des Buches angekündigt habe. Auch habe Fragesteller das Buch im Dezember 1903 angenommen und im April die angekündigte Nachnahme-Karte eingelöst. Die meisten dieser Angaben stehen mit denjenigen des Fragestellers in Widerspruch, fest steht aber, daß Fragesteller das Adreßbuch nicht bestellt hat. Er war nicht verpflichtet, das unbestellte Buch zurückzusenden oder auch nur dem Absender zur Verfügung zu stellen. Durch Einlösung der Nachnahme wurde die Rechtslage des Fragestellers verschlechtert, da er nunmehr klagen muß. Fragesteller muß die Handlung seines Vertreters wie seine eigene gelten lassen. Trotzdem glauben wir, daß er die Klage gewinnen wird, denn auf seinen Fall trifft unseres Erachtens §812 BGB. zu, dessen erster Satz lautet: Wer durch die Leistung eines Andern oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Her ausgabe verpflichtet. Von wesentlichem Vorteil für den Fragesteller wäre es, wenn er nachweisen könnte, daß die Firma X. & Co. auch an Andere unbestellte Bücher gesandt und den Preis durch Nach nahme eingezogen bat in der Hoffnung, daß diese im Drang der Geschäfte ohne Prüfung eingelöst wird. Es lohnt nicht wegen 3 M. 50 Pf. zu klagen, aber zuweilen wiegt die Freude über die Abwehr unberechtigter Angriffe die Aergernisse eines Prozesses auf. Wenn uns Fragesteller seiner Zeit das Urteil vorlegt, so werden wir es mit dem Namen des Verklagten abdrucken. Reines Fabrikationswasser 5667. Frage: Ein von uns neueinzurichtender Fabrikationszweig zwingt uns, für besonders reines Fabrikationswasser zu sorgen, und wir sind nun vor die Frage gestellt, entweder einen Brunnen zu bohren oder eine Kläranlage zum Reinigen des vorhandenen Fluß wassers zu bauen. Da nun letzteres weicher und deshalb für die Leimung besser geeignet ist, anderseits aber das Bohren eines Brunnens die viel billigere Lösung der brennenden Frage ist, so möchten wir Sie um Ihr Gutachten darüber bitten, ob die Vorzüge, die das weiche Fluß wasser zweifelsohne bietet, so groß sind, daß demgegenüber die beträcht lichen Mehrkosten für eine Filteranlage nicht in Betracht gezogen werden sollen. Antwort: Es ist unmöglich, ein Gutachten oder eine Meinung über Dinge abzugeben, die man nicht kennt. In be sonders hohem Grade ist dies der Fall, wenn es sich um Fabrikationswasser handelt. Welches das zweckmäßigere Wasser ist, hängt von der Reinheit, Menge und den zur Ge winnung aufzuwendenden Kosten ab. In Hofmanns Handbuch der Papierfabrikation sind dieser Frage die Seiten 1707 bis 1732 gewidmet, und wir empfehlen dem Fragesteller, diesen Teil zunächst zu lesen. Wenn das Brunnenwasser sehr rein und in genügender Menge erhältlich ist, verdient es den Vorzug, weil es von den Witterungseinflüssen unabhängig und durch das Erdreich gründlich filtriert ist. In der Regel kann man aus dem in der Nachbarschaft gewonnenen Brunnenwasser ge nügende Schlüsse ziehen und sich danach entscheiden. EntfernungZder Liniatur vom Papier 5668. Frage: Gibt es ein Verfahren, wonach blaue oder rote Linien aus Schreibpapier, wie es zu Schulheften verwendet wird, sich entfernen lassen, und zwar so, daß das Papier für minderwertige Zwecke, bei spielsweise als gewöhnliches Konzeptpapier noch verwendet werden kann ? Antwort: Dio Liniatur, welche sich ohne Schädigung des Papiers entfernen ließe, wäre nicht viel wert, da sie dann auch unter den Händen der Schulkinder ganz oder teilweise ver schwinden würde. Papierwolle 5669. Frage: Ich bitte, mir auf angebogener Karte den gebräuch lichen französischen Ausdruck für »Papierwolle« mitzuteilen, zwecks richtiger Deklaration für das Ausland. Antwort: »Papierwolle« ist eine willkürliche von einem Fabrikanten eingeführte Bezeichnung seines Fabrikats aus ge kräuseltem Papier in Streifen. Uebersetzung: Papier laine. Wir erteilen derartige Antwort nur im Briefkasten — nicht brieflich. Konkurrenz-Verbot 5670. Frage: Als Reisender für Stadt und Umgegend habeich am 1. Oktober 1903 mit einer Firma einen Vertrag auf 1 Jahr abgeschlossen, demzufolge ich mich verpflichtete, bei dem Austritt aus dem Geschäft der Firma während zweier aufeinanderfolgender Jahre in kein anderes Haus innerhalb Sachsens, welches dieselben Artikel fabriziert, oder da mit handelt, einzutreten, noch mich an einem solchen direkt oder in direkt zu beteiligen, auch kein neues derartiges Geschäft zu gründen. Bei Zuwiderhandlung verpflichtete ich mich, an die Firma 3000 M. Konventionalstrafe zu zahlen. Sechs Wochen vor Ablauf des Vertrages, also am 15. August, sollten sich die Kontrahenten über dessen Auf lösung erklären; geschehe dies nicht, so sei der Vertrag stillschweigend auf 1 Jahr verlängert. Obwohl ich für genannte Firma mit gutem Er folg gearbeitet habe, hat mir der Inhaber die Stellung am 27. Juni 1904 gekündigt mit der Weisung, die Kundschaft von Stund an nicht mehr zu besuchen. Irgend welche Gründe für die Kündigung liegen nicht vor. Nach Lage der Sache kann der Inhaber mir doch in meiner gewerblichen Bewegungsfreiheit auf dem Gebiete meines Faches nicht hinderlich sein und von der Konkurrenzklausel keinen Gebrauch machen? Antwort: Nach § 75 HGB. wird das Konkurrenz-Verbot hinfällig, wenn der Prinzipial das Dienstverhältnis ohne erheb lichen, vom Handlungsgehilfen verschuldeten Anlaß kündigt. Wenn dieser Fall vorliegt, steht es dem Fragesteller frei, ohne Rücksicht auf das Konkurrenzverbot eine Stellung in einem ähnlichen Geschäft in Sachsen anzunehmen oder sich daran zu beteiligen. Was soll ich fabrizieren? 5671. Frage: Ich beabsichtige, nachdem ich mein hier gegründetes Geschäft verkauft habe, irgend welchen lohnenden Artikel der Papier branche, zuerst in kleinem Umfange, zu fabrizieren, weiß aber nicht, wie ich es anfange, um zu erfahren, welche Artikel z. Z. begehrt werden, lohnend sind, und empfohlen werden könnten. Soll ich mich an Maschinen-Fabriken für Papier-Rohstoffe und auch Papierbearbeitung wenden, und welche derartigen Fabriken könnten Sie mir empfehlen? Welche Unkosten entstehen durch Benutzung des Briefkastens? Am Kopfe jeder Nummer der Papier-Zeitung ist gesagt, daß auf Inserate, 6 mal in einem Jahre 10 pOt. und bei 13 mal in einem Jahre 20 pOt Rabatt gewährt werden. Sind diese letzt erwähnten 13 Inserate hintereinander gedacht, oder kann zwischen 6 und 7 Inseraten eine Unterbrechung stattfinden und ist dabei eine kleine Inseraten-Aenderung zulässig? Antwort: Ein altes und gutes Sprichwort heißt »Schuster bleib bei Deinem Leisten«. Maschinen sind komplizierter Ersatz der Handwerkzeuge und erfordern noch mehr Verständnis als diese. Es ist ein sehr verbreiteter Irrtum, daß man ohne Fach kenntnis mit Hilfe von Maschinen eine Fabrikation mit Erfolg betreiben könne. Wer dies versucht, muß auf eigene Kosten lernen, was Lehrlinge und Gehilfen sich im Dienste Anderer an eignen, und das Lehrgeld ist häufig derart, daß der Neuling zu grunde geht. Wenn Fragesteller noch jung ist, mag er irgend eine Fabri kation bei Anderen erlernen und auf Grund so gewonnener Erfahrung weitere Entschließung fassen. Andernfalls empfiehlt es sich, daß er den erlernten Beruf weiter betreibt, da die ge machten Erfahrungen sein wertvollstes Kapital darstellen. Jede Fabrikation eines Bedarfsartikels ist gut, wenn sie mit Sach kenntnis und Verständnis betrieben wird, aber in keiner ist solcher Mangel, daß man ohne Sachkenntnis Erfolg erzielen kann. Auf jedem Gebiet muß man seinen Platz erkämpfen, d. h. Andere verdrängen, und dies kann man nur, wenn man die Sache besser versteht u. s. w. Die etwa befragten Maschinen-Fabrikanten wollen ihre Maschinen verkaufen, und es ist nicht ihre Sache zu prüfen, ob der Käufer damit Erfolg erzielt. Ueberhaupt kann Niemand dem Fragesteller hierbei den richtigen Weg zeigen — er muß ihn aus seiner Neigung und Befähigung heraus selbst finden. Anzeigen genießen in der Papier-Zeitung die angegebene Preisminderung wenn sie innerhalb 12 Monaten 13, 26, 52 oder 104 mal, d. h. je in der achten, vierten, zweiten oder in jeder Nummer, oder hintereinander erscheinen. Aenderungen sind zulässig. Antworten im Briefkasten erfolgen kostenfrei, weil sie dem ganzen Leserkreis nützlich sind.