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2462 PAPIER-ZEITUNG Nr. 66 Briefkasten Anonyme Anfragen bleiben unberücksichtigt Antwort erfolgt ohne Gewähr. Kostenfrei nur wenn Abiruck ohne Namen gestattet Agenten-Provision 5658. Frage: Habe ich als Vertreter Anrecht auf Provision von den Beträgen aus einer Konkursmasse? Ich verkaufte an eine Firma, die inzwischen in Konkurs geriet, einen größeren Posten Ware. Die gesamten Beträge kommen nicht aus der Masse, und ich kann deshalb die volle Provision nicht beanspruchen, dagegen bin ich der Meinung, daß mir von den Teil-Beträgen, die aus der Konkursmasse entfallen, die vereinbarte Provision zusteht. Antwort: Nach §88 HGB. Abs. 1 hat der Handlungsagent Anspruch auf Provision von den von ihm vermittelten Geschäften nach dem Verhältnis des eingegangenen Betrages. Ob der Betrag vom Schuldner oder Konkursverwalter gezahlt wird, ist gleichgiltig. Fragesteller hat also, wie et richtig annimmt, Anspruch auf die vereinbarte Provision von den eingehenden Teilbeträgen. Der Geschäftsherr kann jedoch Schadenersatz vom Fragesteller verlangen, wenn dieser es bei Abschluß des Verkaufs an der nötigen Prüfung der Kreditwürdigkeit des Käufers fehlen ließ, und insoweit die Zahlung von Provision verweigern. Papier-Chemie 5659. Frage; Werden in der Papier-Industrie Analysen und Unter suchungen irgend welcher Art verlangt? Ich möchte meine freie Zeit besser ausnützen und solche Untersuchungen in meinem Laboratorium noch ausführen. Ich bin erfahren im Mikroskopieren und gewandter Analytiker. Zur Zeit bin ich langjähriger Betriebsassistent an einer Zuckerfabrik, die 8 Monate still liegt. Antwort: Wie in jeder Industrie, welche größere Mengen von Rohstoffen verbraucht und Erzeugnisse von bestimmten Eigenschaften herstellen soll, ist auch in der Papierfabrikation Prüfung der Rohstoffe und der fertigen Erzeugnisse nötig. Die meisten größeren Fabriken haben einen Betriebschemiker oder anderen Beamten, der genug chemisch gebildet ist, um die laufenden Prüfungen auszuführen. Die Papierprüfungs-Abteilung im königl. Materialprüfungs-Amt in Dahlem hat eine große Zahl von Papierfachleuten in der Papierprüfung ausgebildet und führt auch solche Prüfungen gegen Entgelt aus, ebenso wie Otto Winkler’s Papierprüfungs-Anstalt in Leipzig. Schwie rigere chemisch-technische Analysen, wie Wasseruntersuchung usw., werden von Papierfabriken manchmal an Handelschemiker überwiesen, und wenn Fragesteller sich um diese Kundschaft bewerben will, so empfehlen wir ihm, seine Dienste in der Papier-Zeitung zu empfehlen. Abzug von Skonto 5660. Frage: Von dem Königl. Amtsgericht in Düren wurden wir kürzlich in folgendem Prozesse verurteilt: Unterm 15. August 1902 lieferten wir an einen Fabrikanten in Düren Waren im Betrage von 120 M , Ziel 8 Monat oder per Comptant mit 2 pOt. Skonto. Auf Wunsch verlängerten wir jedoch demselben die Valuta per 1. Januar 1903. Nach vier Wochen, also Ende Januar 1903, wurde der Posten beglichen unter Abzug von 2 pOt. Skonto, womit wir uns nicht ein verstanden erklärten. Vor Gericht stellte er nun die Behauptung auf, »Valuta 1. Januar 1903« bedeute, es solle so angesehen werden, als sei die Warenlieferung erst am 1. Januar 1903 erfolgt. Beklagter sei daher bei der Ende Januar 1903 erfolgten Zahlung zum Abzug der 2 pCt. Skonto berechtigt gewesen. Wir haben uns jedoch auf die Erklärung in Meyers Lexikon ge stützt, der sagt: »Valuta 1. Januar 1903« bedeute nur, daß der Kauf preis am 1. Januar 1903 fällig geworden sei, ein Skontoabzug sei folglich wegen der verspäteten Zahlung nicht zulässig. Wir bitten um Ihre Ansicht. Antwort: Wir müssen es ablehnen, die ergangene Ge richtsentscheidung einer Kritik zu unterziehen, da wir nicht imstande sind, wie das Gericht beide Parteien zu befragen und Beweise einzufordern. Es scheint uns jedoch, daß beide von den Parteien vorgebrachten Auffassungen zulässig sind, daß sich aber das Gericht der milderen angeschlossen hat. Frage steller hätte, um Zweifel zu vermeiden, bei Verlängerung des Zieles sagen können: Valuta per 1. Januar 1903 ohne Skonto. Betriebskraft 5661. Frage: Welche Betriebskraft stellt sich im Gebrauch billiger, Dampfmaschine oder Sauggasgenerator - Anlage, wenn gleichzeitig großer Bedarf von Wärme erforderlich ist? Antwort: Sauggas - Generatoren arbeiten bei kleinerem Kräftbedarf soviel billiger als Dampfmaschinen, daß es meist vorteilhafter ist, neben ihnen besondere Heizung einzurichten. Nur wenn Dampf jedenfalls gebraucht wird, könnte eine Dampf maschine geeigneter sein. Kündigung 5662. Frage: Am 1. April trat ich bei der Firma (A.) ein, und am 28. April wurde mir diese Stellung mündlich gekündigt. Ist diese Kündigung giltig, da sie nicht schriftlich gemacht wurde, oder'kann ich Gehaltsansprüche für den folgenden Monat stellen? Bei der Kündi gung waren Zeugen nicht zugegen. Antwort: Es steht nirgends im Handels-Gesetz, daß die Kündigung schriftlich erfolgen müsse. Mündliche Kündigung ist giltig. Lichtecht Tauenglace 5663. Frage: Auf Grund beiliegender Offerte bestellte ich bei einer Papierfabrik 1000 kg blau lichtecht Tauenglace nach Muster I wohingegen mir ein Papier wie Muster II geliefert wurde. Mein Kunde hat mir dieses Papier zur Verfügung gestellt, da es in Schwere und Farbechtheit dem eingesandten Muster nicht entspricht. Welches ist Ihr Gutachten? Antwort: Die Ausfallprobe erscheint etwas weniger fest und heller gefärbt als die Bestellprobe. Beim Durchreißen zeigt sich, daß beide Papiere mit ungefähr gleichen Farbmengen im Stoff gefärbt sind, daß aber die Bestellprobe durch besseres Glätten schönere tiefere Färbung der Oberfläche erhalten hat. Da Lieferer kleine Abweichungen ausdrücklich vorbehalten hat, so erscheint es zweifelhaft, wie das Gericht entscheiden würde. Wir empfehlen deshalb beiden Parteien die Sache durch einen Nachlaß von etwa 5 pCt. zu ebnen. Postkarten-Lieferung 5664 Frage: Nach dem einliegenden, vom Besteller gelieferten Farben-Entwurf und der gleichfalls von ihm gelieferten Konturplatte fertigten wir die beifolgende Ansichtskarte an. Der Kunde verweigert heute die Annahme mit der Begründung, daß die Karten nicht nach Entwurf ausgefallen seien. Wir wollen uns nun gerne Ihrem Urteile unterwerfen und bitten Sie, uns mitzuteilen, ob die Ausführung der Karten zu einer Annahme-Verweigerung berechtigt. Antwort: Die aquarellierte Vorlage zeigt größere Mannig faltigkeit der Farben-Abstufungen als die in mehrfarbigem Stein druck ausgeführte Postkarte. Der Besteller einer Landschafts- Postkarte in Auflage von einigen Tausend kann aber nicht beanspruchen, daß der Druck die ganze Farbenskala, über welche der Aquarellmaler unbeschränkt verfügt, genau wieder- gebe. Der Besteller muß zufrieden sein, wenn die Farben des riginals im großen und ganzen gut getroffen sind. Mittleren Anforderungen genügt die gelieferte Postkarte. Erhöhte An sprüche wären nur am Platze bei ausnahmsweise großer Auf lage und gutem Preis, oder wenn der Lieferer ohne Vorbehalt die Lieferung mustergetreuer Karten nach dem sehr hübschen kleinen Aquarell zugesagt hätte. Etiketten-Schutz 5665. Frage: Ich habe wiederholt die Wahrnehmung gemacht, daß sich Konkurrenz-Firmen Etiketten, die sie an irgend einen Kunden lieferten, gesetzlich schützen ließen. Die betreffenden Kunden sind dann der Ansicht, daß sie nur noch von dieser einen lithographischen Anstalt ihre Etiketten beziehen dürfen. Ich meine dagegen, daß ein Etikett, sowie solches z. B. einer Brauerei in größerer Anzahl von einer lithographischen Anstalt geliefert wird, damit Eigentum dieser Brauerei wird, und ein Musterschutz dann nur noch von letzterer für sich selbst bewirkt werden kann. Im anderen Falle würde doch jeglicher Wettbewerb unter den lithographischen Anstalten aufhören und jede Firma das Bestreben haben, sich eine möglichst große Anzahl Etiketten schützen zu lassen, um so die Konkurrenz-Firmen lahm zu legen. Wer ist schutzberechtigt? Antwort: Die in unseren Spalten vielfach erörterte Frage ist durch das Gesetz betreffend das Urheberrecht an Mustern und Modellen vom 11. Januar 1876 klar beantwortet. § 1 dieses Gesetzes lautet: Das Recht, ein gewerbliches Muster oder Modell ganz oder teil weise nachzubilden, steht dem Urheber desselben ausschließlich zu. Als Muster oder Modelle im Sinne dieses Gesetzes werden nur neue und eigentümliche Erzeugnisse angesehen. Da die lithographischen Anstalten, welche Etiketten liefern, in der Regel auch die Urheber des Musters sind, so sichern sie sich durch Eintragung das alleinige Recht an deren Ver vielfältigung auf die gesetzlich zulässige Reihe von Jahren. Es ist sehr erfreulich, daß den Erzeugern auf solche Art ihr geistiges Eigentum geschützt werden kann, und daß ihnen die mühevolle Arbeit der Erfindung eines Etiketts nicht durch un- berechtigten Nachdruck entwendet werden kann. Der Konkurrent, welcher den Wunsch hat, der erwähnten Brauerei Etiketten zu liefern, kann dies nur bewirken, indem er ihr ein neues, eigenartiges Muster seiner eigenen Erfindung vorlegt und sie zu dessen Annahme bestimmt.