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Nr. 61 PAPIER-ZEITUNG 2257 Die Zuführung des Papiers von der Rolle erfolgt zwischen einer Eisen- und einer Gummiwalze. Je nach der Verringerung des Durchmessers der Papier-Rolle senkt sich die obere eiserne Walze und gleichzeitig eine mit ihr verbundene Stange. Diese letztere ist durch ein Hebelwerk mit einem Zahnrade verbunden, das von einem anderen Zahnrade an der Achse des unteren Zylinders in Bewegung gesetzt wird. Eine etwas komplizierte, sinnreiche Einrichtung bewirkt, daß das Papier entsprechend der Verringerung des Durchmessers eine ver änderte Umdrehungsgeschwindigkeit einhält, sodaß die Papier bahn stets in gleichmäßiger Spannung bleibt. Zwischen zwei Gummiwalzen wird das Papier festgeklommt und einem auf Rollen liegenden Rahmen zugeführt, der es völlig glatt hält. Eine Schneidevorrichtung zerteilt das Papier in Bogen, welche in üblicher Weise auf den Ablegetisch befördert werden. Die Neuheit an der Maschine liegt darin, daß das Papier bei einer einzigen vollständigen Umdrehung beider Zylinder mit Text- und außerdem auf einer Seite gleichzeitig mit Mehrfarben druck versehen wird. Wichtig erscheint auch die Art der Riffelung der Walzen, von ihr dürfte die Qualität des Druckes wesentlich abhängig sein. Mit ihrer Vervollkommnung hat der Erfinder lange Zeit Schwierigkeiten gehabt, die nun bewältigt sein sollen. P. H. Berichte aus Typographischen Gesellschaften Leipzig. Typographische Vereinigung. Am 20. Juli sprach Herr Reinhold Wendler über den Werdegang einer Autotypie. Um diese großartige, über die ganze Welt verbreitete Erfin- düng haben sich die Herren Georg Meisenbach, J. v. Scbmädel in München und C. Angerer in Wien verdient gemacht. Die Autotypie hat dem Holzschnitt und der Lithographie einen großen Teil ihres Arbeitsfeldes entrissen, und die meisten Kulturländer, an der Spitze Amerika, benutzen heute mit Vor liebe dieses Reproduktionsmittel. An technischer Vollendung der Autotypie steht Deutschland in vorderster Reihe. Der Referent zeigte durch Zeichnungen und Original-Glas-, Kupfer- und Zink-Platten die verschiedenen Stadien, die eine Autotypie durchzumachen hat, ehe sie dem Drucker übergeben werden kann. Bei der Herstellung der Autotypie spielt die mikro skopisch feinliniierte Glasplatte, der sogen. Kreuzraster, eine große Rolle. Von ihrer Güte hängt diejenige der Autotypie ab. Redner beschrieb dann das Abdecken der verschiedenen Töne besonders bei Dreifarben-Druckstöcken und sprach dann den Maschinen-, Papier- und Farben-Fabriken ein gutes Teil daran zu, daß die Autotypie heute Kunstwerke schaffen kann, aber in erster Linie hängt die Wiedergabe einer Autotypie vom Geschick des Buchdruckers ab. Die Firma Meisenbach, Riffarth & Co. in Leipzig verdient Dank dafür, daß sie zum Gelingen des interessanten Vortrages beigetragen hat. Hierauf kamen die für das Winterhalbjahr projektierten Kurse der Typographischen Vereinigung zur Sprache. Nach einer Unterredung des ersten Vorsitzenden mit dem Direktor der Kgl. Kunstakademie für Buchgewerbe, Herrn Professor Seliger, ist dieser geneigt, die Ueberlassung von Lehrkräften bei dem sächsischen Ministerium zu befürworten, ebenso für Räume in der Akademie zu sorgen. Es wurde beschlossen, folgende Kurse zu veranstalten: 1. Zeichen-Kursus, 2. Skizzier- Kursus und 3. Tonplattenschnitt-Kursus. Diese sollen möglichst im Monat September-Oktober ds. Js. beginnen. Zum Schluß wurden die Herren Koppe und Zander in den Vorstand be rufen und die Mitteilung gemacht, daß die Mitgliederzahl unserer Vereinigung 200 überschritten habe. M. Kassel. Am 25. Juni waren auf Einladung der Graphischen Vereinigung annähernd 90 Herren zusammengekommen, um die Papierfabrik Niederkaufungen bei Kassel im Betriebe zu besichtigen. Seitens der Direktion war vorher die Ge nehmigung zur Besichtigung erteilt worden. Unter der treff lichen Führung zweier Herren der Fabrik konnte man sich von der Herstellung von Papieren jeder Art und Größe aufs beste unterrichten, und mit wahrer Freude lauschte man trotz des Geräusches der Maschinen den Auseinandersetzungen der Herren Führer. Nach Schluß der Besichtigung hatte der Herr Direktor die Gesellschaft zum Glas Bier in das nahe gelegene Restaurant durch den Herrn Werkführer einladen lassen. Der Vorsitzende der Graphischen Vereinigung, Herr Knatz, dankte für diese freundliche Einladung, sprach den Führern herzlichen Dank für ihre Mühe aus und brachte dem Herrn Direktor ein dreimaliges Hoch aus. Auch an dieser Stelle sei der Direktion der beste Dank für die Genehmigung zur Besichtigung der Fabrik ausgesprochen. Eine hübsche Einrichtung hat der Deutsche Papier-Verein getroffen, wonach den Angestellten der Mitglieder dieses Vereins für zehnjährige treue Mitarbeit ein Diplom überreicht wird, welches nicht allein als schönes Andenken, sondern auch als Zierde des Zimmers zu betrachten ist. Dem Schreiber dieses wurde vor einigen Tagen von seinem Chef, Herrn Jul. Baumann (Firma Baumann & Co.), ein solches Angebinde für 12jährige Mitarbeit überreicht, worüber sich der Dekorierte herzlich freute, er betrachtet das Diplom als einen Ansporn für weitere treue Mitarbeit. M. Johann Balhorn Ueber den Lübecker Buchdrucker Johann Balhorn, auf den der Ausdruck »verballhornt« zurückgeführt wird, gab in der letzten Versammlung des Lübecker Vereins für Geschichte und Altertumskunde Professor Curtius Aufschlüsse. Einem Bericht der Kölnischen Zeitung entnehmen wir Folgendes: Balhorn sei unter allen lübeckischen Buchdruckern der bekannteste, obwohl ältere Lübecker Buchdrucker, wie Arntes, Brandes usw., viel schönere Drucke geliefert hätten. Balhorn sei überall bekannt als ein vorwitziger Verbesserer und Besserwissender. Es stehe fest, daß er schon vor 1527 in Lübeck gedruckt habe, und 1603 sein letzter Druck aus seiner Druckerei hervorgegangen sei, der aber zweifellos von seinem Sohne herrühre. In einem Wettprotokoll von 1527 heiße es vom Magister Balhorn, daß er 50 Gulden Strafe zahlen oder die Stadt verlassen soll, weil er Schmähbriefe gegen Fürsten und Städte ge druckt habe. Doch solle »Gnade dabei sein«, d. h. die Strafe könne gemäßigt werden. 1542 scheine Balhorn auf Beschwerde des Königs Heinrich VIII. von England, gegen den er ebenfalls Schmähschriften gedruckt haben soll, abermals der Stadt verwiesen worden oder ihm die Ausweisung angedroht zu sein. Man könne nach einer 1547 er schienenen Schrift aber annehmen, daß die Ausweisung nur zum Schein erfolgt sei. Balhorn sei auf zweierlei Art zu einer komischen Figur geworden, erstens durch seinen Fibel-Hahn, den er ohne Sporen und mit Eiern abbildete, und zweitens durch den sprichwörtlich ge wordenen Ausdruck: »Verbessert durch Johann Balhorn.« Aber eine Fibel, in der ein Hahn ohne Sporen und mit Eiern abgebildet sei, habe, soweit nachweislich, garnicht existiert, und auch die Worte »verbessert durch Johann Balhorn« seien offenbar eine spätere Er findung. Auf keinem der bis jetzt gefundenen Balhorn’schen Drucke seien diese Worte gefunden worden. Richtig sei, daß in Balhorns Drucken große Zerfahrenheit hinsichtlich der Orthographie herrsche, und Balhorn selbst mit seinem Namen viel Spielerei getrieben und sich auch in von ihm gedruckten Werken Zusätze erlaubt habe. Es heiße z. B. an einer Stelle: »Da noch einige freie Stellen übrig waren, schien es mir (Johann Balhorn) angezeigt, sie auszufüllen.« Photoplastik. Wie die »Königsberger Allg. Ztg.« berichtet, wurde in der dortigen Polytechnischen Gesellschaft über ein neues Verfahren zur Herstellung plastischer Bildwerke mittels der Photographie ver handelt, das von dem Selke’schen Photoskulpturverfahren, welches der nachhelfenden Hand des Bildhauers nicht entbehren konnte, ab weicht. Dieses von Carlo Baese angewendete Verfahren soll zu größeren Hoffnungen berechtigen, weil es rein mechanischer Art ist. Der Gegenstand wird von zwei Seiten mittels zweier Projektions apparate mit parallelem Licht beleuchtet, dessen Richtung senkrecht zur Objektivachse ist. Man schaltet zwischen den Strahlengang einen Keil aus Bruchglas, der von vorn nach hinten dicker wird und die vorderen Teile mehr beleuchtet als die hinteren, macht eine Aufnahme und von der Platte ein Diapositiv; dann wird eine zweite Aufnahme gemacht und der Bruchglas-Keil umgekehrt. Das so erhaltene Negativ legt man über das vorher erzeugte Diapositiv, kopiert durch diese Doppelplatte auf chromierten Leim und entwickelt mit heißem Wasser. Die so erhaltenen Formen zeigen vollkommene Uebereinstimmung der Tiefenverhältnisse mit den Höhenmaßen des Modells und geben wahrheitsgetreue Reliefs, die sich durch weitere Quellung des Leimes in ihrer Höhe steigern lassen. Büchertisch Dr. E. Vogel, Taschenbuch der praktischen Photographie, 12. ver besserte Auflage. (37.-42. Tausend.) Bearbeitet von Paul Hanneke. Mit 104 Textfiguren, 14 Tafeln und 20 Bildvorlagen. Verlag von Gustav Schmidt (norm. Robert Oppenheim), Berlin. Preis in biegsamem Leinenband 2 M. 50 Pf. Das Taschenbuch ist sowohl für den Fachphotographen wie für den bestimmt, der die Lichtbildnerei nur zu seinem Vergnügen betreibt. Es bietet einen vollständigen Lehrgang mit Abbildungen, Beispielen, einem Verzeichnis der gewöhnlich auftretenden Fehler und einem An hang von Musterbildern. Der Umstand, daß kurz hintereinander zwölf Auflagen notwendig wurden, spricht am überzeugendsten für die prak tische Bedeutung des hübsch ausgestatteten Buches.