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2256 PAPIER-ZEITUNG Nr. 61 verursachte, als die sonst wohl übliche typographische Aus stattung. Das Aufheften von losen Blättern auf starke Unterlagen macht immer einen gediegenen Eindruck. Ganz einfache Drucke, die man sonst kaum ansehen würde, erscheinen da durch als etwas Besonderes. Diese Art der Aufmachung kann nicht genug empfohlen werden, sie wird sich immer lohnen und auch verwöhnte Kunden befriedigen. Ist keine Abbildung vorhanden, die man in solcher Weise vorführen könnte, so tut es vielleicht ein Autotypiedruck in Röthelmanier, nach einer Photographie des Geschäfts-Inhabers, oder die Nachbil dung eines Zertifikates über irgend einen geschäftlichen Erfolg. Der Besteller wird für Vorschläge in dieser Richtung wohl meist Verständnis haben. Eine andere Art der Aufmachung ist, das dann hellfarbige, matt (chamois) getonte oder weiße rauhe Papier an der Stelle, wo das Bild stehen soll, glatt zu pressen. Der Druck kann dadurch bei geschickter Ausführung die Wirkung eines Stahl stichs oder einer Heliogravüre üben. Das Glätten läßt sich aber nicht so einfach bewerkstelligen, dazu gehören sehr starke Prägepressen mit Heiz-Einrichtung, sowie besondere Erfahrungen. Recht interessante Wirkungen kann man durch Körnen einzelner Stellen innerhalb der glatten Papierfläche in folgender Weise erreichen. Ein Stück rauhes Schmirgelleinen wird auf Preßspan und das Ganze auf eine etwa 3—4 mm starke Zink platte geklebt. Diese wieder montiert man auf Blei- oder Eisen-Unterlage. Dann wird die aufgeklebte Schicht in der gewünschten Größe bis auf die Zinkplatte herunter scharf be schnitten, aber etwas konisch nach außen hin. Man nimmt die Platte in die Maschine und läßt eine Weile unter mäßigem Druck leer laufen, damit sich örtliche Unebenheiten, allzuhoch stehende Körnchen usw. etwas ausgleichen. Nun legt man ein Stück Shirting über die Platte, das die vielen scharfen Spitzigkeiten mildern und das Ganze zusammenhalten soll. Der Shirting w-ird am besten mit Fischleim aufgeklebt, er kann bis auf die Zinkplatte über die Prägeschicht hinweggreifen. Das Weitere ergibt si h nun aus ähnlichen Vorgängen, die jeder Drucker schon einmal durehgemacht haben wird. Die Platte muß auf dem Zurichtebogen eine Matrize erzeugen, von deren Schärfe und Härte diejenige des Abdruckes ab hängt. Fehlt die Matrize, so drucken sich nur die höchsten Spitzen in das zu bearbeitende Papier, und die Prägung wird löcherig. Die weniger hohen Stellen müssen mitprägen, die ganze Fläche soll zusammenhängend rauh erscheinen. Die Matrize kann auf dem üblichen Wege erzeugt werden, indem man eine Paste aus Schlemmkreide und Dextrin macht, dünnes Löschpapier damit bestreicht und die Blätter eins nach dem andern auf dem Aufzug befestigt und so einlaufen läßt, daß die Matrize scharf hervortritt. Nach dem Trocknen werden die Ränder beschnitten, und die Prägung kann beginnen. Derartige Arbeiten fordern- eine große Kraft, die selbst eine Schnellpresse manchmal nicht hergeben kann. Weiche Papiere lassen sich wohl immer tadellos ausprägen, bei harten aber sowie bei Kartonpapier will oft trotz stärkster Be anspruchung nicht mehr herauskommen als das obere spitze Korn der Platte. Das Beste wäre in solchem Falle Feuchten des Papiers. Läßt sich das nicht tun, dann versuche man, den Bogen wiederholt durch die Maschine laufen zu lassen — schließlich bildet sich doch eine gute Körnung, wenn auch mit Zeitverlust. Unter allen Umständen verhüte man, daß Tiegel druckpressen durch Prägen zu stark beansprucht werden. Das hier beschriebene Verfahren eignet sich da gut, wo man Bilder auf glattem Auflagepapier inmitten des Textes durch Körnen ansehnlicher machen will. Es empfiehlt sich namentlich für Autotypien und Dreifarbendrucke, einmal, um den Eindruck zu erhöhen, dann, um das immer störende Korn der Bildplatte weniger auffällig zu machen. * * * Es gibt noch weitere Formen der typographischen Auf machung, von denen in einem späteren Aufsatze die Rede sein mag. Ob das Vorgeschlagene nun direkt befolgt werde oder ob es nur als Anregung nützlich sei — jedenfalls wird es hin reichen, den Blick über die engen Grenzen des typographischen Druckverfahrens hinaus zu lenken, und das ist die Hauptsache. Die Papier- und Papierwaren-Industrie bietet vielfältige Mittel, die häufig zur Ausstattung von Akzidenzdrücken oder Gelegenheits- Schriften herangezogen werden könnten, die aber dem Durch schnitts-Drucker fremd bleiben. Fälle, in denen ein weitsehender Drucker die Fertigkeiten des Buchbinders anders in Anspruch nähme, als zum Heften und Binden, daß er durch Stanzen, Prägen, Schrägschnitt, Seidenschnur usw. zu wirken suchte, sind eigentlich recht selten. In solchen Hilfsmitteln steckt aber eine große werbende Kraft. Wenn man sie richtig benutzt, sind sie oft noch billiger, als das rein typographische Ver fahren, bei stärkerer und eigenartigerer Wirkung. Rotations-Maschine für Mehrfarbendruck Immer dringender scheint das Bedürfnis zu werden, auf Rotation auch mehrfarbig zu drucken. In New York erscheinen seit Jahren allerdings Sonntags- und Festtags-Nummern des New York Herald und in Paris solche des Petit Journal in Buntdruck. In Deutschland aber hat man diese Leistungen noch nicht in größerem Maßstabe zur Anwendung gebracht. Der Grund dafür ist wahrscheinlich, daß man sich scheut, den Lesern etwas zu bieten, das sich über die Neu-Ruppiner Bilder bogen kaum merklich erhebt. Wir sind in Deutschland durch die großen illustrierten Zeitschriften, welche öfter vortreffliche Farbendrucke bringen, freilich auf Kunstdruckpapier in der Schnellpresse gedruckt, zu sehr verwöhnt, als daß unsere Zeitungsverleger erwarten dürften, man könne in Deutschland auf die Dauer an minderwertigen Farbendrucken Gefallen finden. In der Petersburger Staatsdruckerei ist man seit Jahren auch auf diesem Gebiete mit Versuchen beschäftigt, und ein Ingenieur aus diesem Musterinstitut, Michael Rudometoff, pro biert in Leipzig seit geraumer Zeit eine Mehrfärben-Rotations- Maschine eigener Erfindung aus, die ein neues System mit geriffelten Walzen zur Anwendung bringt. Die neue Maschine besteht im wesentlichen aus zwei Zylindern von gleichem Durchmesser, die auf zwei Achsen einer über dem andern gelagert sind. Während des Ganges drehen sich beide Zylinder in gleicher Richtung. Der Antrieb erfolgt durch Zahnräder. Jeder Zylinder ist in sechs gleiche Teile geteilt, und zwar befinden sieh auf dem oberen drei Farbenklischees, ferner eine Gegendruckplatte mit der Zu richtung, die Textform und die nach besonderem System her gestellte Sammelform. Auf dem unteren Zylinder sind zwei Gegendruckplatten mit Zurichtung und eine Textform an geordnet. Das Papier ist in einen Rahmen eingespannt und kann bei jeder vollständigen Umdrehung des Druck-Zylinders auf einer Seite mit Mehrfarbendruck und gleichzeitig auf beiden Seiten mit Textdruck versehen werden. Der Druck vom oberen Zylinder geht wie folgt vor sich: Bei einer vollständigen Umdrehung des Zylinders werden die drei Farbenklischees mit je einer entsprechenden Farbe aus drei Farbwerken versehen, wobei diejenigen Farbauftragwalzen mittels der an den Enden derselben angeordneten Rollen durch Laufringe gehoben werden, welche bei Vorbeibewegung ge wisser Farbklischees keine Farbe empfangen sollen. Die mit Farbe versehenen Klischees übertragen die Farbe nun an mit Riffelungen versehene Abnehmerwalzen. Die Riffelungen laufen in verschiedenen Richtungen. Diese Walzen übertragen ihre Farbenbilder auf die vorgenannte Sammelform. Damit jede Abnehmerwalze nur mit ihrem entsprechenden Farbklischee in Berührung kommt, sind an den beiden Enden der Achse des Zylinders je drei Zahnräder von zwei verschiedenen Durch messern aufgesetzt. Wenn die Sammelform alle drei Ab nehmerwalzen passiert hat, sind alle Farben des gegebenen Farbenoriginals in vertieften Riffelungen von verschiedenen Richtungen und von für jede Farbe verschiedener Tiefe, mit welchen die Sammelform versehen ist, auf letztere übertragen. Gelangt dann die Sammelform auf das Papier, so ist es begreiflich, daß damit ein Abdruck von allen Farben gleichzeitig erfolgen muß, worauf sich der Vorgang wiederholt. Die Textform auf dem oberen Zylinder wird durch ein anderes Farbwerk mit Farbe versehen. Auf dem unteren Zylinder sind entsprechend der den Abdruck bewirkenden Sammelform und der Textform Gegendruckflächen mit Zu richtung vorgesehen, während außerdem noch eine Textform am unteren Zylinder angeordnet ist, die durch ihr Farbwerk mit Farbe versehen wird. Dieser Textform entspricht auf dem oberen Zylinder ebenfalls eine Gegendruckfläche nebst Zu richtung. Es geht daraus hervor, daß das zwischen beiden Zylindern durchgeführte Papier an der oberen Seite einmal durch einen einzigen Abdruck gleichzeitig mit dreifarbigem Druck und dann mit Textdruck und außerdem auf der unteren Seite mit Textdruck versehen wird.