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1956 PAPIER-ZEITUNG Nr 53 betitelt »Gutenbergs Erfindung«, hat Herr Otto Brehm in Mainz, zwei prächtige große Kupferstiche in Rahmen Frau Baronin von Molsberg auf Langenau geschenkt. Auch die Gutenberg-Bibliothek hat eine außergewöhnliche Ver mehrung zu verzeichnen, namentlich durch Erwerbungen auf der schon erwähnten Auktion der Sammlung Lempertz. Sie kommt dem Ziele, die Schriften zur Erfindung Gutenbergs möglichst vollständig zu ver einigen, immer näher. Diese Aufgabe ist durch regelmäßige An schaffungen und zahlreiche Geschenke auch im letzten Jahr wesentlich gefördert worden. Um die Benutzung der zahlreichen Fachzeitschriften und einlaufenden Neuheiten zu erleichtern und ergiebiger zu gestalten, werden diese von 1903 ab jeden Monat einmal auch Sonntags den Buchdruckern und Fachgenossen im Lesesaal der Bibliothek vorgelegt und soweit nötig erläutert. Der Besuch des Gutenberg-Museums war recht rege und nimmt immer mehr zu. In den nächsten Wochen werden verschiedene Ab teilungen neu eingerichtet werden und durch das Gänze in bestimmten Stunden besondere Führungen stattfinden. Die Verwaltung betrachtet es als eine Pflicht, das allgemeine Interesse für diese wichtige Seite unserer Kultur zu beleben und Verständnis dafür in den weitesten Kreisen zu erwecken. Für die verstorbenen Mitglieder der Museums-Verwaltung, die Herren Hofrat Wilh. Lesky und K.-R. Martin Mayer, wurden die Herren Stadtv. Dr. Horch und Stadtv. Rühl, neu wurde gewählt der um die Gutenberg-Forschung verdiente Bibliothekar Dr. Zecher in Wiesbaden. Die Versammlung wurde darauf vom Vorsitzenden geschlossen. Später folgte ein gemeinschaftliches Mittagessen. CI. (Mainzer Anz.) Zur Setzmaschinenfrage Als vor etwa 8 Jahren die ersten Setzmaschinen in Deutschland aufgestellt wurden, sahen die Gehilfen ihnen mit einer aus Zweifel und Sorge gemischten Empfindung entgegen, und die Prinzipale glaubten, das Buchgewerbe werde sich durch Einführung der Maschine auf eine ungeahnte Höhe emporschwingen. Auch die Verleger hofften, die ganze Mehrleistung der Setzmaschine werden ihnen zugute kommen; die gewaltigen Unkosten eines Setzmaschinenbetriebes wurden selten in Erwägung gezogen. Solche Voraussetzungen konnten sich nicht bewahrheiten. Allerdings ist die Ueberfüllung des Arbeitsmarktes von Handsetzern nicht ausgeblieben, aber der kürzlich von der Zentralkommission der Maschinensetzer Deutschlands ver öffentlichte »Entwurf über die Bewertung der Leistungen an Setz maschinen« wird dazu beitragen, diese Wirkung für die organisierten Gehilfen zu mildern. Die Besitzer von Setzmaschinen haben neben der bedeutenden Raum-Ersparnis die Kosten für Brod- und teilweise Auszeichnungsschriften erspart. Die Defektbestellung hat aufgehört, und es wird immer von neuer Schrift gedruckt. Demgegenüber steht die Amortisation des angelegten Kapitals, Anschaffung neuer Matrizen sätze, Maschinenteile usw. In der Praxis hat sich nun gezeigt, daß die Setzmaschinen in der Provinz schnellere Verbreitung als in den Großstädten gefunden haben, weil die Maschine in kleinen Orten ausschließlich für Zeitungssatz verwendet wird, was bei gut leserlichem, meist gedrucktem Manuskript volle Ausnutzung der Maschine ermöglicht. Vielfach werden die neuen Konstruktionen: die Monotype, die im Buchgewerbehause zu Leipzig aufgestellt ist und sich täglich einer Schar von Interessenten und —- Neugierigen erfreut, sowie der Elektrotypograph, an dessen Fertigstellung die betreffende Maschinenfabrik mit Bienenfleiß arbeitet, um ihn der erstaunten Fachwelt vorzuführen, als die Setzmaschinen der Zukunft bezeichnet. Der Hauptvorteil dieser Erfindungen besteht darin, daß die Arbeit des Tastens, völlig unabhängig von der Gießmaschine, an jedem Ort und jeder Zeit vorgenommen werden kann. (Außerdem gießen beide Maschinen einzelne Typen, nicht feste Zeilen, wie die drei bisher am weitesten verbreiteten Setzmaschinen. Schriftleitung} Da aber zur Bedienung dieser Maschinen zwei Personen erforderlich sind, so ist es nicht recht verständlich, inwiefern diese gegen das jetzt eingeführte System mit einer Maschine und einem Setzer einen Vorteil heraus- wirtschaften sollen. Die Leistungsfähigkeit der heute eingeführten Setzmaschinen im Werkbetriebe kann befriedigen, aber die Rentabilität derselben steht in keinem Vergleich zu den Aufwendungen. Eine wesentliche Ver billigung sämtlicher Rohstoffe, Matrizen usw. wird eintreten müssen, um die bedeutenden Anscbaffungskosten amortisieren zu können. Der Hinweis auf Amerika, wo Hunderte von Setzmaschinen im Werk betriebe beschäftigt sind, läßt noch keinen günstigen Schluß auf Deutschland zu. Unsere Auftraggeber sind durch guten Handsatz und guten Druck verwöhnt, sie müssen dem Maschinensatz erst Zugeständnisse machen. Auch die beiden in Deutschland ge bräuchlichen Schriftcharaktere, Fraktur und Antiqua, sind der Maschine hinderlich. Die Rentabilität der Setzmaschine im Zeitungsbetriebe ist er wiesen, aber im Werksatz kann sie nur rentabel sein, wenn durch Aufstellung möglichst vieler Maschinen sich die Amortisations kosten verteilen, mit Doppelschichten gearbeitet wird, und glatter Satz vorhanden ist, den nicht Autor-Korrekturen veiteuern. M. Berichte aus Typographischen Gesellschaften Leipzig. Typographische Vereinigung. Ueber Musiknotensatz und besonders über das von dem Wiener Professor Hans Wagner erfundene Prima-Vista-System sprach in der Versamm lung am 22. Juni Herr Otto Mylau. Redner schilderte die Vorgeschichte der Musiknoten, erwähnte die Verdienste Emanuel Breitkopfs um den Musiknotensatz und ging auf das neue Prima-Vista-System näher ein. Obgleich eine Unmenge solcher Systeme in den letzten Jahrzehnten auftauchten, erscheint das obengenannte System geeignet, eine Umwälzung auf dem ge samten Gebiete der Tonschrift hervorzurufen. Die durchgängig angewendeten schwarzen und weißen Noten geben z. B. für das Klavier die einfache Regel: weiße Noten, weiße Tasten, schwarze Noten, schwarze Tasten. Auch bezüglich der Takt einteilung zeigt das neue System eine schnell orientierende Vereinfachung und kennt nur ein Zeichen für sämtliche Pausen. Die bisherige typographische Einteilung des Musiknotensatzes nach Nonpareille-Gevierten wird beim Prima-Vista-System durch das Punktsystem ersetzt. Herr Mylau machte in einstündigem, fesselndem Vortrag an der Hand von praktischen Satzbeispielen einen großen Teil der Leipziger Fachgenossen mit dem neuen Noten-System vertraut. Die Firmen Breitkopf & Härtel und C. G. Röder hatten in dankenswerter Weise viele einschlägige Drucksachen zur Verfügung gestellt. Auf Ersuchen des Typographen-Klub Chemnitz wurden so dann die eingesandten Entwürfe zu einem Preisausschreiben ge sichtet und die Preisverteilung der Arbeiten den Chemnitzern vorgeschlagen. Das Programm soll zu einer am 24. Juli d. J. stattfindenden Zusammenkunft sämtlicher organisierten Ma schinenmeister und Maschinensetzer von Sachsen verwendet werden. Hierauf hielt Herr Wilhelm aus Berlin einen Vortrag über den Tonplattenschnitt in seinem von ihm erfundenen Linoleum- Präparat. Durch Beispiele aus der Praxis zeigte derselbe die vielseitige Verwendung seiner Linoleum-Tonplatten, die allseitig anerkannt wurden. Zum Schluß machte der Vorsitzende bekannt, daß in nächster Versammlung neben dem Referat über die amerika- nischeWalzenwasch-Maschine und die aus Brüssel eingetroffenen 340 Entwürfe von einem Preisausschreiben ausgestellt werden, ebenso erwähnte er die im August stattfindende Besichtigung der inneren Ausstattung des Reichsgerichts. M. Magdeburg. Graphische Gesellschaft. Die Johanni-Sitzung am Freitag, 24. Juni, im Gartensaale des Etablissements Tivoli, bot den zahlreichen Mitgliedern und Gästen einen interessanten Abend. An eine Begrüßung der Erschienenen schloß sich ein längerer Vortrag des Vorsitzenden der Gesellschaft über den »Amtlichen Katalog der deutschen Abteilung auf der Welt ausstellung St. Louis 1904« an Hand von 34 Tafeln mit 37 Blättern, welche der Deutsche Buchgewerbeverein in dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt hatte. Der Vor tragende bezeichnete das Werk als Musterleistung moderner deutscher Druckkunst, die dem Professor Peter Behrens und der Reichsdruckerei zur Ehre gereiche. Eine reichhaltige Ausstellung moderner Drucksachen fand in dem hellerleuchteten schönen Saale des Tivoli einen wirksamen Rahmen. Die Aus stellung war beschickt von den leistungsfähigsten Firmen der deutschen Druck-Industrio. Besonderes Interesse und Bewun derung fanden die großen farbenprächtigen Drucke von J. G. Scheiter & Giesecke, ferner ein großes Tableau von Buntdrucken aus der »Jugend«, eine Druckleistung ersten Ranges. Aber auch die zahlreichen übrigen Musterblätter der Firmen Rockstroh & Schneider in Dresden, Berger & Wirth Leipzig, Kast & Ehinger in Stuttgart, E. T. Gleitsmann in Dresden, Gebr. Jänecke & Fr. Schneemann in Hannover, Dr. Albert & Co. in München, Chr. Hostmann in Celle, — welch letztere ein großes Tableau unter Glas und Rahmen gesandt hatte — waren bedeutende gewerbliche Leistungen. Auch die Probenblätter der neuesten Erzeugnisse verschiedener Gießereien fanden eingehendste Besichtigung. Der Verlag des »Deutschen Buch- und Steindruckei«, Berlin, hatte amerikanische und englische Drucksachen zur Verfügung gestellt. Vervollständigt wurde die Ausstellung durch die vom Verlag der »Monats blätter für graphische Kunstgewerbe« freundlichst über lassenen Ergebnisse eines Wettbewerbes für Typographie und Lithographie, deren erstere besonders interessierten, da der zweite und dritte Preis Magdeburger Buchdruckern zugesprochen war. In einem Schlußwort gab der Vorsitzende der allgemeinen