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2184 PAPIER-ZEITUNG Nr. 59 Der Vorgang bei dieser Veränderung beruht auf künstlicher Wellenbildung, welche unter stets gleichbleibenden Ver hältnissen geleitet, auch ein ziemlich verläßliches, glattes Ar beiten ermöglicht. Manche scheinbar verlorene Auflage konnte durch solche einfache Anlage noch gerettet werden. Hans Arnold Verbreitetes Uebel Unter den Mängeln, die dem rationellen Buchdruckerei betriebe vielfach noch anhaften, ist der verbreitetste: unge nügendes »Material«, d. h. Mangel an Schrift, Linien, mehr noch an Ausschluß, Durchschuß, Quadraten, Stegen usw. Die Fälle, in denen eine Druckerei ausnahmsweise ein Werk oder eine Preisliste zu drucken bekommt, auf die sie nicht eingerichtet ist und sein kann, sollen nicht in Betracht kommen. Da muß die Arbeit eben in kleineren Teilen gedruckt und nach dem Ausdrucken abgelegt werden, um weitersetzen zu können. Das ist unvermeidlicher Notbehelf. Aber für die jahraus jahrein fast regelmäßig zu fertigenden Arbeiten sollte eine gut geleitete Druckerei alles Setzmaterial so reichlich besitzen, daß vollständiges Ausgehen einzelner Stücke und die Notwendigkeit des Zusammensuchens zu den Seltenheiten gehören. Ein reichliches Schriftquantum, schon zu billigerem Einheitspreise zu haben als geringe Mengen, erspart den häufigen Nachbezug von Defekten, der sich teuer stellt und von den Schriftgießern nicht einmal gern ausgeführt wird. Lieber einige Schriftcharaktere weniger, dafür aber die vorhandenen in den Verhältnissen entsprechend reichlicher Menge anschaffen, damit wird flottes Arbeiten gewährleistet, und nebenbei werden auch die erzwungenen stilwidrigen Mischungen vermieden. Welch lästiger Hemmschuh für das Fortschreiten des Satzes ist das Fehlen einzelner Typen, das zeitraubende Suchen in stehendem und Ablegesatz und die schließliche Notwendigkeit des Neusetzens einzelner Teile aus einer anderen Schrift, ganz abgesehen von den mannigfachen Nachteilen des Blockierens usw. Noch viel verbreiteter als der ungenügende Vorrat an Schrift ist der an Ausschluß-, Durchschuß- und Stegmaterial. In Werk- und Zeitungsdruckereien ist der Uebelstand naturgemäß am seltensten anzutreffen, immerhin kommt er auch da vor. Das Uebel wird dort oft verschlimmert durch die An legung der sog. »Hamsterbaue«, der sich die berechnenden Setzer vorsorglich widmen, was unterbleiben würde, wenn das nötige Material vorhanden wäre. Am verbreitetsten ist der chronische Materialmangel in den Akzidenzdruckereien, wo man sich wegen des stets kleineren Umfanges der Arbeiten leichter als bei ganzen Werken helfen kann. Da ist oft an Durchschuß, Quadraten und Stegen, auch wohl an Linien nicht annähernd die Menge vorhanden, die zu rationellem Betriebe des Geschäftes erforder lich wäre. Der technische Leiter war vielleicht schon oft beim Prinzipal vorstellig, aber ohne Erfolg; das Personal hat sich auch bereits so sehr an die unvorteilhafte Arbeitsmethode ge wöhnt, daß es den Nachteil kaum noch beachtet. Wenn man sich einmal daran machen wollte, eine oder einige gleichartige Arbeiten — vielleicht Tabellen, Formulare oder dergl. — von denselben Kräften je einmal während der Material-Ebbe und einmal während der Flutperiode setzen zu lassen, man würde durch ein höchst einfaches Rechenexempel feststellen, daß man bei einer um ein, zwei, ja noch mehr Stunden verminderten täglichen Arbeitszeit genau so viel wie bisher fertig bekommen könnte, wenn man eine verhältnis mäßig geringe Aufwendung für Materialanschaffung machen würde. Ausschluß, Regletten, Quadraten, Stege sind nicht teuer und halten eine Ewigkeit, Messinglinien, zwar etwas teurer, sind dafür schier unverwüstlich, richtige Behandlung vorausgesetzt. Wende man bei Ergänzung der ungenügend vorhandenen Quadraten, Regletten und dergl. auf einen Setzer einmal nur 100 Mark an, das ergäbe eine Ausgabe an Zinsen und Amortisation auf das Jahr von 15 M., etwa %—1/2 Wochen lohn; an Arbeitszeit ließen sich damit, jeden Tag nur eine Stunde Ersparnis angenommen, in einem Jahre 300 Stunden, also etwa das Zehnfache sparen oder vielmehr gewinnen. Die Ausgabe wäre bereits gedeckt und noch ein Ueberschuß von 50 pCt. vorhanden. Ueberfluß an Schrift und »blindem« Material hat keinen Zweck, damit wird nur totes Kapital geschaffen, aber das, was regelmäßig wiederkehrend in einer Druckerei gebraucht wird, soll reichlich vorhanden sein, sonst ist gewinnbringendes Arbeiten nicht möglich. Auch an Schließstegen, am besten aus Eisen, und Schließ zeug soll kein Mangel sein. Während des Druckes muß die nächste Form zum Einheben fertig sein; um das immer ein zuhalten, dürfen die Stege nicht fehlen. Wenn die den Salz direkt umgebenden Bleistege der ausgedruckten Form bis zum Ablegen nicht weggenommen zu werden brauchen, wird mancher Zwiebelfisch vermieden und regelrechtes schnelles Ablegen ermöglicht. K. St. Berichte aus Typographischen Gesellschaften Leipziger Typographische Gesellschaft. Die Sitzung vom 13. Juli beschäftigte sich mit den graphischen Lehranstalten und den in ihnen gefertigten Schülerarbeiten. Herr O. Schmidt berichtete hierüber und besprach gleichzeitig die erste Jahres mappe (1902) der k. und k. Lehr- und Versuchsanstalt in Wien, welche der Gesellschaft als weitere Rundsendung vom Verband Deutscher Typographischer Gesellschaften übermittelt war. Redner schilderte die Entwicklung der graphischen Lehr anstalten, die in der Buchdrucker-Lehranstalt in Leipzig im Jahre 1860 ihren Anfang nahm, sodann die Entstehung und Einrichtung der k. und k. Lehr- und Versuchsanstalt in Wien. Die leider nicht genügend gewürdigte »Lehranstalt« löste sich bald wieder auf, wurde aber 1886 wieder ins Leben gerufen, 1888 wurde dann die »k. und k. Lehr- und Versuchsanstalt« gegründet, ursprünglich nur für Photographie und chemigra- phische Druckverfahren. Auf Anregung des Gremiums der Buchdrucker und Schriftgießer Oesterreich-Ungarns wurde 1896 die Tätigkeit der Anstalt auch auf Buchdruck-Verfahren aus gedehnt. Durch bereitwillige Unterstützung privater Schrift gießereien und Maschinenfabriken konnte die Anstalt nicht allein theoretischen, sondern auch praktischen Unterricht er teilen. Die Schüler setzen sieh zumeist aus Prinzipalssöhnen zusammen, aber Prinzipale senden auch ihre Angestellten in die Hochschule, damit sie sich die notwendigsten Kenntnisse zur Ueberwachung und Leitung des Personals in den ver schiedenen Zweigen der Drucktechnik aneignen. Seit nahezu zwei Jahren sind Abendkurse eingerichtet, wo strebsamen Setzern und Druckern Gelegenheit geboten ist, sich fortzu bilden. Die Blätter der Jabresmappe 1902 enthalten durchweg gute Arbeiten, sowohl im Satz als Druck. Autotypien, Drei farbendrucke, Lithographien, Lichtdrucke, Kupferdrucke, über haupt alle modernen Reproduktions-Verfahren sind vertreten. Die Satzbeispiele sind einfach, ohne Ueberladung mit orna mentalem Schmuck, die Satzgruppen übersichtlich angeordnet. Indeß ermangeln manche Arbeiten der Natürlichkeit, so findet man Rechnungen, Briefköpfe, Umschläge u. dergl. auf Kunst druckpapier; dies ist ein Fehler, der sogar von Verlegern von Fachzeitungen häufig begangen wird. Die Abstimmung der Farben ist eine nicht geringe Arbeit, die aber einem Schüler- werk erst den rechten praktischen Wert verleiht. Die neue Jahresmappe zeigt in dieser Beziehung Verbesserungen. Obgleich die Lehranstalt die größten Anstrengungen macht zur Läuterung des Geschmackes, sei ein durchschlagender Ein fluß auf die Erzeugnisse Oesterreich-Ungarns nicht wahrzu nehmen; die Durchschnittsarbeiten bewiesen dies. Herr Schwarz besprach die Jahresmappe 1903/4 der k. und k. Lehr- und Versuchsanstalt, welche der Gesellschaft vom Deutschen Buchgewerbe-Verein zur Verfügung gestellt war. Redner erblickte in den neueren Arbeiten wesentliche Fort schritte, was darin begründet sein mag, daß jetzt Gehilfen am Unterricht teilnehmen. Die Jahresmappen bieten eine ge schlossene Uebersicht des Unterrichts, wie sie die deutschen Schulen bislang noch entbehren. Jedenfalls verfüge die An stalt über tüchtige Lehrkräfte. Bei all den vorzüglichen Ein richtungen zeigen die Durchschnittsarbeiten kein erfreuliches Bild, während man in Deutschland von einem guten Durch schnitt reden könne. Die Einrichtung praktischen Unterrichts neben dem theoretischen wurde in der Debatte als erstrebens wertes Ziel für die deutschen Lehranstalten hingestellt. W. J, Typographiscbe Gesellschaft Frankfurt am Main. In der Sitzung vom 4. Juli gab der Vorsitzende zunächst einige Mit teilungen bekannt. Auf der Tagesordnung stand die Be sprechung der Behrens-Probe der Rudhard’schen Gießerei in Offenbach a. M., worüber zu berichten unser erster Vorsitzender Herr L. Herr übernommen hatte. Eingehend besprach er die