Volltext Seite (XML)
1952 PAPIER-ZEITUNG Nr. 53 Am Schlüsse des Berichtes dankt der Sektionsvorstand den Ver- trauensmännern und sonstigen ehrenamtlichen Organen der Sektion für ihre Mitwirkung und gedenkt des langjährigen Vorstands- Mitgliedes Herrn Christian Braun, der im abgelaufenen Geschäftsjahr gestorben ist. Gewerbe-Aufsicht der Papier-Industrie in Preußen (Aus dem Jahresberichte 1903) Für 1902 siehe Nr. 55 S. 1954 der Papier-Zeitung von 1903 Arbeiter. Aus Breslau wird gemeldet: Im Buchbinder- Gewerbe wurde zwischen Arbeitgebern und Arbeitern ein Lohntarif zum ersten Male zustande gebracht, der einen be stimmten Mindestlohn bei einer 10stündigen Arbeitszeit garantiert und zunächst für 3 Jahre Giltigkeit haben soll. Jugendliche Arbeiter. Durch das Schölfengericht in Walden burg wurden der Direktor und der Aufseher einer Papierfabrik zu je 50 M. verurteilt, weil sie einen erst 15 Jahre alten jugendlichen Arbeiter mit Einlegen in eine Pappen-Trocken- Maschine beschäftigt hatten, wobei ihm die Hand so ge quetscht und verbrannt wurde, daß dauernde erhebliche Be einträchtigung seiner Arbeitsfähigkeit eintrat. Der Gerichtshof hielt die Beschäftigung jugendlicher Arbeiter an einer so ge fährlichen Maschine, die ununterbrochen die schärfste Auf merksamkeit erfordert, für unzulässig, trat jedoch der überein stimmenden Ansicht des Gewerbe-Inspektors und des tech nischen Beamten der Berufsgenossenschaft, daß auch eine Verletzung des § 14 Abs. 2 und des § 10 der Unfallver- hütungs-Vorschrilten vorliege, nicht bei. Auf Grund des § 139 Abs. 2 der Gewerbe-Ordnung wurde einer Papierwarenfabrik für die Lehrlinge die Verkürzung der Vor- und Nachmiltagspausen auf je 15 Minuten bei Ver längerung der Mittagspause auf 21/2 Stunden erlaubt. Die Verlängerung der Mittagspause lag im Interesse der Lehrlinge, weil sie zum Teil weite Wege zurückzulegen hatten. Arbeiterinnen. In einer Bilderbogenfabrik wurde festgestellt, daß es üblich war, den durch Festtage entstehenden Verlust an Arbeitszeit durch Ueberarbeit an einigen Tagen der vorher gehenden Woche auszugleichen. Als die Firma darauf hin gewiesen wurde, daß es ungesetzlich sei, die Arbeitszeit über 11 oder 10 Stunden auszudehnen, stellte sie dies sofort ab. Auf Grund einer Denunziation leitete jedoch die Polizei-Ver waltung das Strafverfahren ein, das noch schwebt, da die beiden Firmen-Inhaber wegen des ihrer Meinung nach zu hohen Strafmaßes (120 M. für jeden) gegen das Urteil erster Instanz Berufung eingelegt haben. Daß unsaubere Beschäftigungen gemieden werden, mußte eine Lumpen verarbeitende Papierfabrik erfahren. Da sie zu nächst für das Sortieren der Lumpen einheimische Arbeiterinnen nicht in genügender Zahl einstellen konnte, ließ sie vor einigen Jahren eiu vorzüglich eingerichtetes Wohnhaus für 30 auswärtige Mädchen errichten und stellte es unter die Leitung einer erfahrenen Oberin. Nur anfänglich fanden sich aber eine genügende Anzahl von Mädchen, die von der Ein richtung Gebrauch machten; die Zahl der Bewohner des Hauses ist seither stets gesunken, und die Fabrikleitung ist gezwungen, nunmehr die Arbeit besser und sauberer zu ge stalten. Nachdem schon früher eine Schlagmaschine zum Reinigen der Lumpen vor dem Sortieren Aufstellung gefunden hatte, sind jetzt Veibesserungen des Sortierraums, zweck mäßige Fördereinrichtungen und die Herstellung einer mecha nischen Staubabsaugung für die einzelnen Arbeitsstellen geplant. Sonntagsarbeit. In Berücksichtigung der unregelmäßigen Wasserkräfte erteilte der Bezirks-Ausschuß einer Holzstoff- Fabrik, die wegen Dürre und Frost an 30 Tagen vollständig stillstehen mußte, die Genehmigung, mit Ausnahme des 1. Oster-, Pfingst- und Christfesttages, in gleicherweise wie die Papier fabriken, an 52 Sonn- und Festtagen des Kalenderjahres, mit Ausscheidung der Zeit von ß Uhr morgens bis 6 Uhr abends, arbeiten zu dürfen. Diese Behandlung der Anträge erweist sich aus Gründen des Schichtwechsels der Arbeiter und der einschlägigen, für die Provinz Schlesien geltenden Be stimmungen über die Sonntagsruhe als recht zweckmäßig. Eine gleiche Genehmigung haben eine Anzahl von Holz schleifereien erhalten, in denen dieselben Wasserverhältnisse in Betracht zu ziehen waren. Der Antrag einer Papierfabrik auf Gewährung von Sonntagsarbeit, weil größere Umbauten den Stillstand von Papieimaschinen bedingten, konnte nicht befürwortet werden, da einerseits die Papierfabriken bereits den Vorzug genießen, | 12 Stunden vor Beginn des vollen werktägigen Betriebes ihre | Kollergänge und Holländer laufen zu lassen, und anderseits I die Ausführung der Umbauten lediglich ein freiwilliger Ent- ] Schluß der Fabrikleitung war und ebenso gut in einer stilleren i oder passenderen Zeit hätte ausgeführt werden können. In einer Sulfitzellstoffabrik, verbunden mit Papierfabrik, | wurde nach Mitteilung eines jungen Geistlichen in der Papier- • fabrik an Sonntagen oftmals nicht nur der Betrieb des Mahl- | zeuges in der Nacht zum Montag wieder aufgenommen, sondern daneben auch unerlaubter Weise der Betrieb der Papier- : | Maschinen. Die Betriebsleitung suchte sich mit der Angabe ) zu entschuldigen, sie habe auf Wunsch des früher amtierenden ' Ortsgeistlichen an den als katholische Festtage geltenden ■ Marientagen den gesamten Betrieb, auch den der Zellstoff- Fabrik, 24 Stunden ruhen lassen und sich dafür schadlos halten müssen, indem sie auch in der Papierfabrik an einigen Sonntagen den Betrieb schon nach 12 stündiger Unterbrechung wieder aufgenommen habe. In einer anderen Papierfabrik wurden die in regelmäßigen Tag- und Nachtschichten beschäftigten Arbeiter an Sonntagen erst um 7 Uhr morgens von der Arbeit entlassen. Der Be triebsführer der Papierfabrik wurde in eine Geldstrafe von 15 M. genommen. Die Inhaber einer Kasseler Papierwarenfabrik wurden mit I je 6 M. Geldstrafe bestraft, weil sie ohne Erlaubnis einen Teil ihrer Arbeiter zur Sonntagsarbeit zugelassen hatten, i Hiergegen beantragten sie richterliche Entscheidung. Der eine Mitinhaber ist als Leiter des kaufmännischen Teils frei gesprochen worden; der andere aber wurde als technischer Betriebsleiter zu 100 M. Geldstrafe verurteilt; die hiergegen eingelegte Berufung wie die darauf angemeldete Revision wurden verworfen. Betriebsunfälle. In einer Zellstoffabrik fand ein Arbeiter, welcher in einem Zellstoffkocher gestiegen war, um die ge kochte Masse herauszuräumen, dadurch den Tot, daß der Kocherwärter schon heiße Lauge einließ, bevor der Arbeiter den Kocher verlassen hatte. Die Schuld an diesem bedauer- , liehen Unglücksfall trifft den Wärter. Eine Arbeiterin, die mit dem Einlegen der weißen Bogen in eine Buchdruck - Schnellpresse beschäftigt war, brach in folge eines Ohnmachtsanfalls zusammen und glitt hierbei mit dem rechten Beine durch eine vor dem Trittbrette befindliche Rahmenöffnung, sodaß ihr Fuß auf eine der Schienen zu stehen kam, auf denen der die Druckform tragende Wagen hin- und und herrollt. Das Rad des Wagens zermalmte den Fuß derart, daß einige Zehen amputiert werden mußten. Hier und bei anderen ähnlich gebauten Maschinen wurde Verkleidung der Rahmenöffnung vor dem Tritte veranlaßt. Schutz der Arbeiter vor Gefahren. In der Königsberger Zell stoffabrik wurde durch eine zweckmäßige, einfache, wenn auch nicht mehr unbekannte Einrichtung zur Entfernung des bisher lästig aufgetretenen Wasserdunstes im Papiermaschinenraum vorgefunden. Dicht unter den eisernen Trägern der gewölbten Decke liegen der Länge nach Rippenheizrohre, die Abdampf erhalten und die Luftschicht unter der Decke stark erwärmen. I Der von der Papiermaschine aufsteigende sichtbare Wasser dunst wird von der warmen Luft sogleich aufgenommen, so daß diese stets klar und durchsichtig bleibt. Bevor die da durch abgekühlte Luft nun beim Herabsinken den Wasser dunst wieder abgeben kann, ist sie von einigen in der Wand liegenden Exhaustoren bereits abgesogen und entfernt. Es wird hierdurch zugleich eine gute, nicht lästig auftretende Lüftung des Arbeitsraumes erreicht, der jetzt, selbst bei kalter Witterung, Wasserdunst nur noch unmittelbar über der Papier- p maschine zeigt. Wie notwendig es ist, bei Papierschneidemaschinen die beiden Führungsschlitze vorn und hinten zu verdecken, lehrt folgender Fall: Der Besitzer einer Buchbinderei hatte gegen das Verdecken dieser Schlitze den Einwand erhoben, daß stets nur ein Arbeiter bei der Papierschneidemaschine tätig sei, und kam der Aufforderung, die Führungsschlitze zu verdecken, nur I insofern nach, als er den am leichtesten zugänglichen Schlitz vorn schützte. Als gelegentlich ein zweiter Arbeiter beim Scheiden half, geriet dieser von der hinteren Seite aus in den Führungsschlitz und erlitt eine schwere Fingerverletzung. Ausstände. In einer Dachpappenfabrik drohten die Arbeiter . mit Arbeitsniederlegung, als bei Uebersiedelung. der Fabrik 1 aus dem Stadtkreis in den Landkreis von der Aufsichtsbehörde I auch der Wechsel der Krankenkasse verfügt wurde. Ab- |