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2176 PAPIER-ZEITUNG Nr. 58 Wunschkarten-Lieferung 5588. Frage: Ein Kunde bestellte bei uns für 200 M. Gratulations karten und schrieb bei einigen Nummern event. Ersatz vor. Wir sandten für 100 M. Ersatz, den Rest genau laut Aufgabe, worauf der Kunde die ganze Sendung zur Verfügung stellt. Laut Handelsgesetz buch kann er doch nur über den als Ersatz gestellten Teil verfügen lassen, da unserer Ansicht nach verschiedene Nummern Gratulations karten kein zusammenhängendes Ganzes bilden, sondern sich leicht ohne Schädigung von einander trennen lassen. Würden wir den Prozeß gewinnen? Antwort: Ja, obige Anschauung ist richtig, wenn zur Ab lehnung des Restes kein Anlaß vorliegt. Fabrikskauf 5589. Frage: Ich kaufte die hiesige Fabrik im Vertrauen auf eine mir vom Verkäufer vorgelegte, von einem gerichtlich vereidigten Sach verständigen ausgearbeitete Rentabilitäts-Berechnung. Der darin nach gewiesene Reingewinn stimmt weder mit dem Bücher-Abschluß, noch mit der von meinem Vorgänger abgegebenen Steuer-Erklärung überein, was ich jederzeit nachzuweisen in der Lage bin. Sind Sie der Ansicht, daß der Vorbesitzer zu einer entsprechenden Entschädigung gerichtlich zu belangen wäre, da ich mich geschädigt fühle? Antwort: Der Vorbesitzer kann zur Rücknahme oder Ent schädigung verurteilt werden, wenn er dem Fragesteller un wahre Angaben gemacht, ibn also getäuscht hat. Wenn er nur theoretisch vorgerechnet hat, was mit der Fabrik verdient werden könnte, so erscheint der Erfolg einer Klage zweifelhaft. Hat er aber den Anschein erweckt, als ob die Fabrik den berechneten Gewinn erzielte, so liegt Täuschung vor, und er ist dafür ver antwortlich. Lackfestes Glace-Papier 5590. Frage: Was versteht der Buntpapierfabrikant unter lack festem Glac? Gibt es außer dem mit einer Wachsschicht als Ober fläche präparierten Glace noch eine andere Art der Fabrikation, die im Handel den Namen lackfest hat? Antwort unseres fachkundigen Mitarbeiters: Der Ausdruck »lackierfähiges Glace« wird oft vom litho graphischen Drucker gebraucht, nicht vom Buntpapierfabrikanten. Es wäre auch überflüssig, ein Papier zu bürsten (Glacieren), welches nach dem Druck lackiert werden soll. Am un geeignetsten für den Druck wird ein Wachsglace sein, denn dieses kann die Druckfarbe nicht aufsaugen und gerade darauf kommt bei druckfähigem Papier sehr viel an. Manche Drucker mögen vielleicht einen Unterschied zwischen Chromo- und Etikettenpapier machen. Letzteres nennen sie bisweilen Glace, jedenfalls deshalb, weil früher zum Drucken von Etiketten meist Glace, d. h. gebürstetes Papier verwendet wurde, welches aber nicht lackiert worden ist. Etiketten- Papiere werden nur mit 1 bis 3 Farben gedruckt, deshalb be darf es dazu keiner starken Farbschicht, aber es muß fest genug geleimt und gut satiniert sein, um das Lackieren aus zuhalten. Verjährung von Wechselbeträgen 5591. Frage: Durch Nachlässigkeit eines früheren Geschäfts inhabers sind verschiedene Tratten, darunter einige akzeptiert, fällig im September und Oktober 1899 und Juni 1900, unter alte Papiere ge raten und jetzt erst aufgefunden worden. Einige von den Bezogenen sind inzwischen in Konkurs geraten und weigern sich zu zahlen. Ich möchte wissen, ob diese Beträge schon verjährt oder ob es noch Zweck hat, mit Hilfe des Gerichts die fraglichen Beträge zu re klamieren, wenigstens der noch bestehenden Firmen. Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Nach Art. 77—79 der Wechselordnung verjährt der wechsel- mäßige Anspruch gegen den Akzeptanten in drei Jahren seit dem Fälligkeitstage, gegen den Aussteller und die übrigen Vormänner in drei Monaten vom Tage der Protesterhebung bezw. vom Tage der Einlösung des Wechsels ab. Die Wechsel können daher nicht mehr eingeklagt werden. Dagegen kann aus dem den Wechseln zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse gegen denjenigen, der den Wechsel in Zahlung gegeben hat, Klage erhoben werden, sofern es sich dabei um den Akzep tanten oder den Aussteller handelt. Gegenüber andern Vor männern, welche infolge der Verjährung des Wechsels ihre Regreßansprüche verloren haben, ist jedoch auch eine solche Klage unzulässig. Handelt es sich bei dem zugrunde liegenden Ansprüche um eine Warenforderung, so empfiehlt sich baldige Klageerhebung, da nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche solche Ansprüche in längstens 4 Jahren verjähren. In letzter Linie bliebe noch die Wechselbereieherungsklage gegen den Akzep tanten oder Aussteller, falls einer von diesen Valuta für den Wechsel erhalten hat, ohne Gegenleistung gewährt zu haben. Kartonnagen 5592. Frage: Wir lieferten einer neuen Juwelier-Firma am 2. Dezember 1903 Ware, welche gut befunden wurde, hatten jedoch eine Nachlieferung, welche am 15. Dezember folgte. Einige Tage später schrieb der Kunde, er könne die letzte Sendung nicht gebrauchen, da sie mangelhaft ausgeführt sei. Wir erklärten uns bereit, dieselbe auf unsere Kosten Zurückzunehmen und in guten Zustand zu setzen, aber die Sendung kam nicht. Im Januar hatte Jemand von unserem Hause bei dem Kunden vorgesprochen, um über die Angelegenheit bessern Aufschluß zu erhalten, und einigte sich mit ihm, die Ware wieder in guten Zustand zu setzen, wie schon im Brief erwähnt. End lich am 4. Mai 1904 kam die beanstandete Sendung, wie einliegender Brief beweist, an unsere Adresse. Die Ware war also seit 15. Dezember in Gebrauch, und hat schon Weihnachten und Ostern Dienste getan, da sie für die Auslage bestimmt war. Wir wollten dies jedoch übersehen, dem Kunden entgegenkommen, setzten die Ware wieder in brauchbaren Zustand und sandten sie dem Kunden am 15. Juni wieder zu. Am 27. Juni machten wir Anzeige, daß der Betrag vom 2. und 15. Dezbr. per Tratte erhoben würde. Zu gleicher Zeit kam ein Schreiben und ein Akzept, fällig am 31. Juli 1904, jedoch war der Betrag vom 15. Dezember gekürzt mit dem Bemerken, unser Vertreter habe ver sprochen die Ware so gut wie möglich herzurichten und zwar unent geltlich. Dies Versprechen war natürlich nur für das Reparieren gemeint, aber die Lieferung umsonst zu beanspruchen, geht doch über die zu lässige Grenze, zudem die Ware vom 15. Dezember 1903 bis 4. Mai schon in Verwendung war, und wir 2 Meter Sammet von besonderer Farbe dazu kaufen mußten. Der Preis ist mit Lieferung des Sammets berechnet, und der Kunde hat also nach unserer Ansicht keinen An spruch auf Abzug. Doch sind wir auch hier wieder entgegengekommen, und haben 3 M. für das Material in Abzug gebracht, wollen uns aber auf nichts mehr einlassen und bestehen auf unserer Forderung vom 2. und 15. Dezember. Wir bitten um Ihre Ansicht, wie die Sache am besten geregelt wird. Antwort: Wenn der Vertreter des Fragestellers eidlieh be stätigen will, daß die Sache sich so verhält, wie oben dargestellt, dürfte der Juwelier auf Klage zur Zahlung der vollen Forderung verurteilt werden. Wenn er nicht gutwillig bezahlt, muß er verklagt werden. Rosten der Formatwalzen 5593. Frage: Wie verhütet man am besten das Rosten der Format walzen bei Langsieb-Pappenmaschinen? Bei 12stündigem Betrieb, bildet sich über Nacht stets eine Rostschicht auf diesen Gußwalzen, die trotz Reinigung immer noch eine geraume Zeit die Pappen markiert. Wie könnte man ein für alle Mal diese Rostbildung verhindern? Antwort: In Hofmann’s Handbuch der Papier-Fabrikation ist diese Frage Seite 1370 erörtert. An dieser Stelle ist auch ein Mittel angegeben, welches vielleicht die Neigung zur Rost bildung verhindert oder mindert. Nachdruck verboten 5594. Frage: Ein Kunde wünscht nachstehenden Aufdruck auf Tüten und Beutel und bedingt dabei, daß wir die zwei Worte »Nach druck verboten« zusetzen. Können wir diesem Wunsch ohne Nachteil für uns nachkommen, und wird dadurch dem Kunden auch der Schutz, geboten, welchen der Sinn der Worte fordert? Wer wirklich sparsam und dabei helle Kennt auch die billigste Bezugsquelle Für Kaffee, Kakao, Schokolade und Tee Sowie Nudeln, Pflaumen, Margarine, Gelee. Nachdruck verboten! Antwort: Der Kunde kann den Nachdruck verbieten. Ob- aber sein privates, nicht gesetzlich begründetes Verbot die Wirkung hat, daß der Nachdrucker gestraft wird, erscheint zweifelhaft und läßt sich nicht voraussagen. Jedenfalls ist der Aufdruck unbedenklich. Lieferfirma auf Plakaten 5595. Frage: Kann ein Kunde darauf bestehen, daß auf einem von ihm bestellten Plakat unsere Firma als Fabrikant wegbleibt, nach dem er bei der Bestellung, wo ihm fast nur Plakate mit dieser Rand notiz vorlagen, nichts davon erwähnt hat, sondern erst bei Einsendung der Skizze hierauf aufmerksam wird? Sind wir berechtigt, Annahme der Plakate mit Aufdruck unserer Firma zu beanspruchen, wenn die von uns vor dem Druck zur Genehmi gung vorgelegte Skizze unsere Firma nicht enthielt, wohl aber die bei Aufnahme der Ordre dem Kunden gezeigten Plakat-Muster sämtlich mit Firmendruck versehen waren? Antwort: Solange die Plakate noch nicht gedruckt waren, konnte Besteller die Weglassung der fragestellenden Firma verlangen. Wenn die vorgelegte Skizze beim Empfänger den Eindruck macht, daß sie ein Muster der zu liefernden Plakate darstellt, und die Druckfirma nicht enthält, so erfordert Treu und Glauben, daß sie auch in der Lieferung wegbleibt. Die Einschmugglung der Druckfirma gegen den Willen des Bestellers durch Hinter list dürfte von keinem Gericht gutgeheißen werden. Verantwortlicher Schriftleiter Siegmund Ferenczi, Friedenau. Zuschriften nur an Papier-Zeitung, Berlin W 0, erbeten. Druck von A. W. Hayn's Erben, Berlin SW, Zimmer-Straße 29