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Nr. 55 PAPIER-ZEITUNG 2063 Briefkasten Anonyme Anfragen bleiben unberuokslobtlgt Antwort erfolgt ohne Gewähr. Kostenfrei nur wenn Abdruck ohne Namen gestattet Transparent-Plakate auf Glas kleben 5532. Frage: Beifolgend senden wir 2 Transparent-Plakate mit der Bitte uns mitzuteilen, wie man sie gebrauchsfähig machen kann. Sie haften nicht an den Scheiben. Verschiedene Versuche wurden schon unserseits angewandt. Mit Spiritus, Schnaps usw. angefeuchtet kleben sie wohl, fallen aber in 2 bis 3 Tagen wieder ab, ziehen sich kraus in Falten und zerreißen. Auch Wasser kalt und wann wurde angewandt, beides blieb erfolglos. Von diesen Plakaten wurde eine größere Anzahl gedruckt. Antwort eines Mitarbeiters: Die übersandten Plakate kleben sehr fest am Glas, wenn man sie auf der Rückseite mit einem durch Französisches Terpentinöl verdünnten echten Kopalöl-Lack schwach bestreicht und die Glastafel vor dem Aufkleben mit einem in Terpentinöl getränkten Läppchen abreibt. Auch gut, aber nicht so haltbar wie obiges Verfahren, ist: Lösen von 100—150 g Venet. Terpentin harz in einer Weinflasche voll Spiritus (Alkohol) und damit die Rückseite der Plakate anstreichen. Das Glas wird wie vorhin abgerieben. Auch bei gehörigem Feuchten der Rückseite mit 90 pro- zentigem Alkohol, bis der aufgestrichene Lack klebrig wird, hält das angeklebte Plakat längere Zeit. A. W. Bürgschaft des Agenten 5533. Frage: Die beklagte Firma, die unstreitig Kaufmann ist und ihre Handelsniederlassung in Leipzig hat, ist als Handlungsagent für die Klägerin, ebenfalls eine deutsche Finna, tätig und insbesondere damit betraut, in England für die Klägerin Verkäufe für deren Waren zu vermitteln und abzuschließen. Aus einem von dem Beklagten mit einer englischen Firma vermittelten Geschäfte, für das dieser Delkredere übernommen hatte, ist nun der Klägerin eine Forderung erwachsen, die am Fälligkeitstage von der englischen Firma nicht be glichen worden ist. Die Klägerin hat daher sofort, d. h. ohne erst Klage gegen die englische Firma zu erheben, ihren Anspruch im Klagewege gegen die Beklagte geltend gemacht. Die letztere ver weigert Zahlung und macht die Einrede der Vorausklage geltend, in dem sie behauptet, daß die Klägerin nicht berechtigt sei, direkt Klage zu erheben, denn es gelte in Deutschland ’ für das Verhältnis der Handlungsagenten zu ihrem Geschäftsherin der allgemeine Handels brauch, daß der Agent durch die Uebernahme der Delkredere-Haftung nicht auf die Einrede der Vorausklage verzichte, der Geschäftsherr sich vielmehr zunächst an den Hauptschuldner wenden müsse. Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Die Uebernahme des Delkredere seitens eines Agenten untersteht den allgemeinen Regeln über die Bürgschaft. Die Einrede der Vorausklage ist also ausgeschlossen, wenn das Delkredere selbstschuldnerisch übernommen ist. Letzteres ist stets dann der Fall, wenn der Agent als Vollkaufmann — also nicht etwa als Kleingewerbetreibender — anzusehen ist und das Delkredere im Betriebe seines Handelsgewerbes über nommen hat. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Von einem Handolsgebrauche, wie ihn die Beklagte behauptet, ist den Kommandatoren nichts bekannt, ein solcher ist auch sonst nirgends ermittelt. Mit dem von der Beklagten behaupteten Inhalte kann sich ein Handelsbrauch auch gar nicht gebildet haben. Denn eines Verzichtes auf die Einrede der Voraus klage bedarf es nach dem Gesagten nicht erst, sondern die Einrede ist bei der selbstschuldnerischen Bürgschaft kraft Ge setzes ausgeschlossen (§ 773 Nr. 1 BGB). Verfügungstellung wegen unrichtiger Färbung 5534. Frage: Einer unserer Abnehmer bestellte bei uns 10c0kgblau Druckpapier für Futterzwecke 1t. mitfolgender Probe A, wir lieferten in Farbe 1t. Probe B, und der Kunde stellt uns das Papier wegen zu heller Färbung zur Verfügung und verweigert die Annahme der Sendung, da er für die hellere Nuance keine Verwendung habe. Wir sind der Meinung, daß der geringe Farbunterschied nicht zur Verfügungstellung berechtigt, haben uns aber trotzdem bereit erklärt, dem Kunden event. einen Preisnachlaß zu bewilligen, leider ohne Erfolg. Wir bitten um Ihr Urteil im Briefkasten Ihres Blattes, ob der be treffende Abnehmer zur Annahme des Papiers verpflichtet, oder ob er berechtigt ist, die Annahme auf Grund der Farbabweichung zu verweigern. Antwort: Probe A ist klar und rein blau, Lieferung B dagegen trüb und unrein. Vermutlich hat Fragesteller vielmehr Holzschliff und andere Farbe zu dem gelieferten Papier benutzt. Der Kunde ist zur Annahme-Weigerung berechtigt, und würde billiges Entgegenkommen zeigen, wenn er das Papier mit 15 pCt. Nachlaß übernähme. Wechselprotest 5535. Frage: Ich gab einen von mir gezogenen Wechsel einer Bank; durch Versehen eines Beamten der Bank erhielt der Wechsel den Vermerk: »Zahlbar bei der Volksbank zu M.« Da der Akzeptant sowohl als ich hiervon nichts wußten, hatte die Volksbank keine Deckung, und der Wechsel ging in Protest. Die Bank erstattete mir die Protestkosten zurück. Ich suchte meinen Kunden bei erster Ge legenheit in M. auf und hörte, daß er den Betrag — was mir Zeugen bestätigten — am Verfalltage hergerichtet hatte. Da er den Betrag jedoch, als der Wechsel ausblieb, anderweitig verausgabte, so war er bei meinem Besuche nicht in der Lage, bar zu bezahlen und gab mir ein Akzept auf 30 Tage. In dieser Zeit hat der Mann jedoch einen großen Verlust erlitten und ist heute zahlungsunfähig. Wäre der Wechsel seinerzeit rechtzeitig vorgezeigt worden, so wäre Zahlung erfolgt. Mithin ist doch die Bank an meinem jetzigen Verlust schuld. Habe ich nach Lage der Sache Aussicht, mit Erfolg die Bank schaden ersatzpflichtig zu machen? Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Der infolge eines Versehens auf den Wechsel gesetzte un richtige Domizilvermerk verpflichtet die Bank zum Ersatz des dadurch dem Fragesteller verursachten Schadens. Hierunter ist aber nur derjenige Schaden zu verstehen, welcher eine notwendige und alleinige Folge der unrichtigen Domizilierung gewesen ist. Zweifellos gehören dazu die Protestkosten. Zweifelhaft erscheint dagegen, ob die Uneinziehbarkeit des Wechselbetrages gleichfalls auf die unrichtige Domizilierung zurückzuführen ist. Fragesteller hat den Wechsel nicht sofort eingeklagt, sondern auf 30 Tage prolongiert. Gerade in dieser Zwischenzeit ist aber die ungünstige Veränderung in der Vermögenslage des Akzeptanten eingetreten. Hätte er den Wechsel sofort nach Fälligkeit eingeklagt, so erscheint es nicht ausgeschlossen, daß er noch zu seinem Gelde gekommen wäre. Einen Einwand aus der unbefugten Hinzufügung des Domizilvermerks hätte der Akzeptant gegenüber der Wechsel klage nicht herleiten können (Entsch. d. ROHG. Bd. 12 S. 431). Daß letzterer den baren Betrag, welchen er bei Fälligkeit bereitgehalten, anderweitig ausgegeben hatte, beweist aber noch nicht, daß bei sofortiger Klage und Vollstreckung, welche etwa vierzehn Tage nach Klageerhebung hätte erfolgen können, der Wechselbetrag nicht noch hätte gerettet werden können. Wäre also auf diese Weise der Schaden möglicherweise ab gewendet oder gemindert worden, so kann nach § 254 Abs. 2 BGB in der Unterlassung der sofortigen Klage ein konkurrieren des Verschulden erblickt werden. Nach § 254 Abs. 1 würde alsdann die Verpflichtung der Bank zur Erstattung des Wechselbetrages davon abhängen, ob nach den konkreten Umständen der Schaden vorwiegend durch die falsche Domizilierung oder die unterlassene Klage und die Prolongation verursacht worden ist. Von diesen tatsächlichen Erwägungen wird also der Erfolg der'Klage abhängen. Unzüchtige Postkarten? 5536. Frage: In der Einlage behändigen wir Ihnen 10 gemalte Skizzen zu Postkarten und bitten Sie, uns Ihr Urteil bekanntzugeben, ob wir diese so anfertigen dürfen, ohne mit dem Gericht in Konflikt zu kommen, sodaß wir eventuell strafbar wären. Die Skizzen sind uns von einer Firma im Auslande zugesandt und die Karten ebendort- selbst in Auftrag gegeben worden. Wir werden also diese Karten nur für diese Firma im Auslande anfertigen, sodaß sie hier in Deutsch land von uns aus nicht zum Verkaufe kommen. Antwort: Die Karten zeigen eine üppige nackte Frau, die in verschiedenen Stellungen eine Statue anbetet. Auf einigen der Bilder unterhält sich ein Jüngling oder ein bockbeiniger Satyr mit der Frau. Obwohl die Karten unseres Erachtens das Sitt lichkeitsgefühl eines Erwachsenen nicht verletzen, sind sie doch geeignet, in jugendlichen Personen Lüsternheit zu wecken, und da Ansichtskarten nicht ausschließlich an Erwachsene verkauft werden, so glauben wir, daß alle Entwürfe bis auf Nr. 9, wo die Frau bekleidet erscheint, gegen § 184 Str.-G. verstoßen. Dieses bedroht mit Strafe, wer unzüchtige Abbildungen ver kauft, verteilt oder sonst verbreitet. Der Inhalt der Postkarten könnte also eine strafbare Hand lung begründen, und nach § 21 des Preßgesetzes sind der Ver leger und der Drucker einer solchen Druckschrift, auch wenn sie nicht als Täter oder Teilnehmer zu bestrafen sind, wegen Fahrlässigkeit mit Geldstrafe bis zu 1000 M. oder entsprechender Haft zu bestrafen. Sie bleiben straffrei, wenn sie die An wendung pflichtgemäßer Sorgfalt nachweisen. Dieser Sorgfalt genügt der Fragesteller unseres Erachtens, wenn er bedingt, daß der Käufer die Karten nicht nach Deutschland ein führen darf.