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2032 PAPIER-ZEITUNG Nr. 55 also etwa bis zu zwei Dritteln der ganzen Höhe. Die unten vorstehenden Zungen können natürlich auch an der Seite an geordnet werden, ähnlich wie bei Buchstaben-Registern, sodaß vielleicht nur eine Zungenbreite rechts und eine links vorsteht. Wie das alles gut einzurichten ist, das sieht man am besten, wenn man Muster macht und dabei immer den praktischen Ge brauch berücksichtigt. Wochen- und Monats-Kalender sind sehr nützlich ver wendbar. Unter Monats-Kalendern sind hier diejenigen gemeint, die aus zwölf entweder auf einer Papptafel angebrachten oder in Buch- oder Mappenform gegebenen Blättern bestehen. Diese Kalender haben hinter jedem Tage breiten Schreibraum. Ist nun der Monat vorbei, so muß das meist perforierte Blatt ab getrennt werden — man weiß aber nicht recht, wohin damit. Es kommt doch gerade bei Geschäftsleuten häufig vor, daß die Notizen vergangener Monate später nochmals aufgesucht werden müssen, und man kann deshalb das abgerissene Blatt nicht einfach fortwerfen. Da haben nun einige Firmen die Einrichtung getroffen, dicht über dem dünnen Kalenderblock in die Rückwand einen Schlitz zu stanzen, durch die man die abgelaufenen Monatsblätter eins nach dem andern so stecken kann, daß sie mit dem Block in Verbindung bleiben, aber nach hinten hängen. Um frühere Monatsnotizen nachsehen zu können, muß man dann den Kalender von der Wand nehmen. Eine erhebliche Verbesserung dieses Systems hat ein Er finder getroffen, indem er den Block auf der Papptafel mittels Schnur so befestigt, daß das fortzulegende Blatt nur hinter den Block geklappt zu werden braucht. Der Block behält also seine Stärke, das Januarblatt liegt hinter Dezember, und die übrigen Monate schließen sich im Laufe des Jahres an. Dies scheint bis jetzt das Beste dieser Art zu sein. Zweckmäßig wird hinter Dezember ein starkes farbiges Abteilungsblatt liegen, damit eine deutliche Trennung zwischen dem Kommen den und Vergangenen erfolgt. Eine ähnliche Einrichtung wird sich bei Buch-Kalendern vorsehen lassen. Ziel ist immer, daß der gegenwärtige Monat obenauf liegt und die Blätter der vergangenen Monate zur Hand bleiben. Dies läßt sich auch erreichen, indem man eine Tasche zur Aufnahme der abgerissenen Blätter auf der Rück wand des Wandkalenders oder im Innern der Mappe dicht hinter dem Kalenderblock anbringt. Durch allzuviel Reklamezutaten wird manch schöner Kalender wertlos und nutzlos gemacht. Heute erhält jeder kaufkräftige Mensch soviel Kalender umsonst zugesandt, daß er diejenigen beiseite legen kann, die durch breite, aufdring liche Ankündigungen den Kalender seinem Hauptzweck ent fremden. Da werden ziemlich dicke, oft sehr kostspielig aus gestattete Buch-Kalender herausgegeben, bei denen vorn und hinten allerlei Anzeigen — oft von mit beteiligten Firmen — sich neben, über und unter dem Kalenderblatte breit machen. Selbst die Tarife sind mit Anzeigenseiten gespickt, und auf dem Deckel des Buches steht in schöner Prägung die Firma des Schenk gebers. Wer wird denn aber eine so heftige, Immerwährende Reklame auf seinem Schreibtisch dulden? Von Taschen-Kalendern ist Aehnliches zu sagen. Man kann es niemandem, der einen Kalender verschenkt, übel nehmen, daß er sich dafür in Erinnerung bringt. Aber allzu viel Reklame, die auf Schritt und Tritt im Wege ist, kann außerordentlich lästig werden und bewirkt häufig das Gegen teil von dem, was man erreichen wollte. Wer also einen Kalender benutzen will, um seine geschäft lichen Zwecke zu fördern, der suche zu erreichen, daß das Geschenk dem Empfänger lieb und wert werde. Dazu ist keine kostbare Ausstattung nötig, sondern in der Hauptsache nur intensives Ausarbeiten des Kalenders auf den Nutzzweck hin. Man gebe die falsche Vorstellung auf, als ob starkes Reklametrommeln die aufgewendeten Kosten wieder einbringen könne. Tritt der Kalender in dieser Richtung nur als vor sichtiger Mahner auf, dann wird man bei mäßigeren Her stellungskosten wahrscheinlich den Erfolg haben, den jede verständige, durchdachte Reklame mit sich führt. Riesenheftmaschine In New York wird gegenwärtig ein Mechanismus aus probiert, welcher das Heften großer Zeitungen, Broschüren in Folio, Quart usw. in der Rotationsmaschine bewirken soll. Ich sah eine große achtseitige Rotationsmaschine, deren Falz werk auf 32seitige Foliobroschüren eingestellt war. Diese Folio broschüren bilden ein Sonntagsblatt von hoher Auflage, und dieses Sonntagsblatt wird augenblicklich auf der Rotations maschine selbst mit Draht geheftet; die Arbeit ist genau ebenso wie wir sie von anderen Drahtheftmaschinen kennen. Der Unterschied ist nur der, daß die Rotationsmaschine in der Stunde 16 000 fertig geheftete Exemplare herauswirft. Der Monteur erklärte mir die Mechanik wie folgt: Wenn der Falzapparat die 32 Seiten gefalzt hat, dann wirft er das fertige Exemplar auf die Transportbänder, und diese leiten es auf den Sammler, welcher eine bestimmte Anzahl Exemplare in den Expeditionskorb wandern läßt. Zwischen Falzapparat und Sammler ist genügend Raum vorhanden, um eine Heftmaschine einzuschalten, welche die Form eines Exzenters von etwa 20 cm Länge und 12 bis 15 cm höchster Breite hat. Selbstverständlich sind diese Angaben nur schätzungsweise zu verstehen. Eigentlich machte der her ausgenommene Apparat den Eindruck eines durchschnittenen Straußeneis. In demselben ist das ganze Arbeitsgebiet beiein ander: die Spule, welche den Eisendraht leitet, die Klammer, welche den Draht abeckt | | und der Mechanismus, welcher die Klammer seitlich durch das Papier drückt. Die umfangreiche Drahtrolle, welche die Heftmaschine mit Draht versieht, liegt außerhalb der letzteren. Der Monteur nahm den Apparat in längstens einer Minute aus der Maschine, und in etwa fünf Minuten hatte er ihn zerlegt, erklärt und wieder ein gehängt. Auf meine Frage, wie der Apparat sich bewähre, erklärte mir der gefällige Mann, daß es noch öfter Stockungen am Sammler gebe, deren Ursache schwer zu ermitteln sei, aber seine 16 000 fertige Nummern liefere der Heftapparat doch in der Stunde. Der Erfinder dieses ingeniösen Maschinchens ist ein Techniker in der Hoe’schen Maschinenfabrik zu New York. Meine weiteren Fragen waren nun begreiflicherweise die, ob das Einrichten der Heftmaschine in der Rotations maschine nicht zu Befürchtungen Anlaß gegeben habe, ob die Rotationsmaschine nicht selbst unter dieser Montage gelitten. Diese Fragen konnte der amerikanische Maschinist mit Ruhe verneinen. Es sei nichts vorgekommen, was die Maschine für den sonstigen Zeitungsdruck ohne Heftung aufgehalten hätte. Mir kam dabei ein Gedanke der Bewunderung vor dem Be sitzer dieser Rotationsmaschine, welcher mit größter Ruhe dem Erfinder ein Objekt von 60—70 000 M. zur Verfügung stellt, um »Heftversuche« auf derselben zu machen! Ich denke, wir brauchen uns dann nicht zu verwundern, wenn die ameri kanische Industrie uns auch auf dem Maschinengebiet gefährlich geworden ist. Ein so selbstverständliches Handinhandarbeiten von Fabrik und Druckerei zählt bei uns noch leider zu den größten Ausnahmen. Bei uns will jeder Käufer gleich fertige Resultate sehen, das Erfinden ist immer Sache des Fabrikanten, und wenn ein Gegenstand ausprobiert werden soll, dann kann der beste Fachmann lange suchen, bis er einen verständnisvollen Mann findet, der an dem Ausbau guter Gedanken mitarbeiten will. In New York sah jeder Rotationsmaschinenmeister den Heft apparat mit kindlicher Freude an, und jeder Einzelne war be strebt, mir das Ingeniöse der Erfindung zu zeigen und zu er klären. Wir können Alle daraus eine gute Lehre ziehen: Mehr technisches Verständnis, mehr Würdigung unserer Leute, welche im Dienste der technischen Industrie stehen. Dies ist sicherlich ebenso wichtig, wie Reserveoffiziere als Kanonen futter zu erziehen und einen falschen Stolz in unsere guten Bürgerkreise zu tragen! Nichts für ungut, lieber Leser. Die Direktion der »New Yorker Staatszeitung« wolle mir die Mit teilung, welche ich den Lesern der »Papier-Zeitung« über die Riesenheftmaschine mache, ebenfalls nicht übelnehmen. Ehre, dem Ehre gebührt. Nürnberg Carl Kempe sen. Berichte aus Typographischen Gesellschaften Leipzig. Typographische Gesellschaft. In der Sitzung vom 29. Juni hielt Herr Wilhelm Jacob einen Vortrag über: Inter essante Bühnendarstellungen, hergestellt durch Liniensatz und Ornamente als weiteren Beitrag zum Kapitel Kunstsatz. Aus gestellt waren 14 Nummern der Zeitschrift »Der Regisseur«, Fachblatt für Theater, Musik und Kunst. Redner gab als Ver fertiger der Kunstsätze zunächst einleitende Bemerkungen und wies dann darauf hin, daß jede Nummer des »Regisseur« zwei neue Theaterstücke mit 5—10 Regieplänen enthalte. Diese zeigen die buntesten Bilder, wie es das abwechselnde Programm des Theaters mit sich bringt. Zumeist sind es Zimmer und Salons, aber auch Dörfer, Wald- und Gebirgsgegenden, Burgen, Parkanlagen, Marktplätze, Straße von Neapel, Schneelandschaft