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940 PAPIER-ZEITUNG Nr. 26 lernen, welche imstande sind, die Verwendbarkeit der gesamten Zylinderpresse in Frage zu stellen. Obwohl die Herstellungsweise der Filzwickelwalzen sehr einfach erscheint, erfordert diese Arbeit ganz bedeutende Aufmerksamkeit. Die Walze kann selbst bei Aufwendung der größten Sorgfalt den An forderungen nicht entsprechen. Man hat schon wiederholt Versuche gemacht, die Filzwalzen aus gepreßten Filzscheiben (ähnlich den Papier-Walzen) herzustellen, jedoch werden derartige Walzen zu hart und eignen sich deshalb wenig für eine Zylinderpresse, sodaß man immer wieder auf die Wickelwalze zurückgekommen ist. Von besonderer Wichtigkeit bei der Herstellung der Wickelwalzen ist die Gleichmäßigkeit der Filzstreifen in Bezug auf Stärke und Härte des Filzes. Selbst durch Nachhelfen beim Anpressen der aufgewickelten Streifen können Ungleichmäßigkeiten des Filzes nicht ausgeglichen werden. Auch das nachfolgende Abdrehen der fertiggewickelten Walze vermag entstandene harte und weiche Stellen nicht auszugleichen. Hat die Walze ungleich harte Stellen aufzuweisen, so ist ihr Schicksal schon entschieden. Frühzeitig werden Mängel an den weichen Stellen eintreten, da das angesaugte Wasser an diesen Stellen nicht in dem Maße ausgepreßt werden kann, wie an den harten Stellen, weil diese harten Stellen den Walzendruck aufnehmen. Da durch tritt frühzeitiges Verfaulen des Filzes nicht nur von innen sondern auch von außen ein, und dann ist genaues Arbeiten mit der Walze eine Unmöglichkeit. Die Wickelwalze muß in ihrer ganzen Länge die Eigenschaft be sitzen frisches Wasser gleichmäßig anzusaugen und durch Auspressen wieder von sich zu geben. Aber selbst tadellos gewickelte Walzen werden in der Regel da durch frühzeitig verdorben, daß sie zu lange außer Betrieb gesetzt werden und in der zwischen der Trockenpartie herrschenden hohen Temperatur vollständig austrocknen. Es entstehen Risse und Spalten zwischen den einzelnen Filzlagen, die nicht wieder gut zu machende Unregelmäßigkeiten hervorrufen. Kommt diese ausgetrocknete Walze wieder in Betrieb, so reißen die eingetrockneten verfaulten Fäden, welche den Filz halten sollen, infolge der Verschiebung und Reibung auf dem eisernen Kern, wo durch dem Filz jeder Halt genommen ist, da durch das Austrocknen auch der seitliche Halt fehlt. Um Austrocknen der Wickelwalze zu vermeiden, während sie sich außer Betrieb befindet, ist es nötig, sie in ununterbrochener Bewegung zu erhalten. Bei Zylinderpressen gewöhnlicher Bauart wird die Wickelwalze durch die unter ihr liegende Kupferwalze gegen den Zylinder gepreßt, ruht aber außer Betrieb vom Zylinder abgerückt auf der Kupferwalze. Ich versetze die Kupferwalze durch geeigneten Antrieb von einer zunächst liegenden Transmission, am besten durch Schneckenrad übersetzung, in Drehung. Minütlich 1—2 Umdrehungen genügen, um durch das aus einem Spritzrohr zufließende Wasser die Wickelwalze ununterbrochen naß zu halten. Mir ist es mit diesem Hilfsmittel schon gelungen, die Wickelwalzen zwei Jahre in betriebsfähigem Zustand zu erhalten, und die Anordnung einer Antriebsvorrichtung kann bestens empfohlen werden. Auch dem Einsender der Frage in Nr. 22 dürfte mit der geschilderten Vor richtung geholfen sein, denn auch seine Walze ist nicht während des Betriebes sondern während des Stillstandes unbrauchbar geworden. R. Bulgarien bezog 1903 Druck- und Schreibpapier im Wert von 759000 Frank vom Ausland (1902 i. W. v. 786000 Frank). Deutschland war bei dieser Einfuhr nur unwesentlich beteiligt. Deutsche Papiertapeten in England. Aus London wird dem »Hannoverschen Anzeiger« geschrieben: Vor einigen Jahren bildeten, wie erinnerlich, die maßgebendsten englischen Tapeten- Erzeuger einen Trust, dem sich die kleineren Häuser allmählich anschlossen. Infolge des kräftigen Einsetzens der deutschen Tapeten-Industrie, die bisher wegen wesentlicher Maßverschieden- heiten die Konkurrenz in großem Stile nicht aufnehmen konnte, scheint nunmehr der englische Trust erschüttert und dürfte dauernd nicht aufrecht zu erhalten sein. Die deutsche Tapeten- Erzeugung hat, wie aus verläßlichen Berichten englischer Quellen hervorgehrt, ihre Einrichtung von dem deutschen Normalmaß, 18 engl. Zoll zu 9 Yards Länge, auf das englische Maß 22 engl. Zoll Breite und 12 Yards Länge . gestellt, und auch inbezug auf Musterung dem hiesigen Geschmack Rechnung getragen. Die durch den Trust bewirkte Preislage macht die Einfuhr zu billigerem Preise lohnend, und eine Armee deutscher Reisender durchzieht die englische Provinz, um direkt den Detailleuren zu verkaufen, da die Grossisten durch den Trust gebunden sind. Der Trust selbst begegnet der Gefahr der deutschen Konkurrenz, welche 30 pCt. unter dem Trustpreis verkauft, durch entsprechende Herabsetzung seines Tarifs, allein dies scheint nicht mehr genügend, die geschwächte Stellung der Tapeten-Monopolisten zu kräftigen. Der Trust hat bei manchen Sorten den Tarif um 1/3 herabgesetzt und verkauft andere mit tatsächlichem Verluste. Ueberdies wird von ein zelnen Grossisten unter solchen Umständen die gesetzliche Giltigkeit des 1899 geschlossenen Uebereinkommens angezweifelt, und ein hervorragender Jurist behauptet, eine gerichtliche Ent scheidung werde zu Ungunsten des Trusts ausfallen müssen. So dürften denn die Tage des englischen Tapeten-Trusts gezählt sein, umsomehr, als seine Hoffnungen auf das Durch dringen der Chamberlain’sehen Schutzzoll-Politik gegenwärtig gänzlich geschwunden scheinen. Kaufmannsdeutsch« In Nr. 103 der Papier-Zeitung von 1903 wird die Sprachverderbnis in der kaufmännischen Korrespondenz einer Kritik unterzogen, vornehm lich in Hinsicht der leidigen Fremdwörterbenutzung. Der dort an geführte Brief zeigt allerdings, wie mancher Jünger Merkurs sich mit förmlicher Wollust im fremden Sprachelemente zu tummeln scheint. Bei dem allgemeinen heutigen Bestreben, die Fremdlinge, soweit ent behrlich, auszumerzen, werden sich indes Briefschreiber der angeführten Art in ihrer Eigentümlichkeit bald derart isoliert fühlen, daß die Ein sicht und Umkehr nicht ausbleiben wird. Mit der Verdeutschung allzu radikal und allzu eifrig vorzugehen, hat übrigens mancherlei Nachteile und Bedenken. Manche »Verdeutschung« mußte wieder aufgegeben werden, da sie sich .schlechterdings nicht einzubürgern vermochte. Das gewaltsame Verdeutschen ist ebenso zu tadeln wie das Suchen nach Fremdwörtern in Fällen, in denen unsere Muttersprache völlig ausreicht. Mehr als die mißbräuchliche Anwendung der Fremdwörter bedarf der Stil vieler kaufmännischer Briefe scharfen Tadels. Es ist fast dicht begreiflich, welche Sprachverderbnis im brieflichen Verkehr unseres intelligenten Kaufmannsstandes vielfach noch anzutreffen ist. Ein Aufsatz in Nr. 6 der Papier-Zeitung von 1904 wendet sich in einer kurzen Blütenlese gegen die oft ungeheuerlichen, mindestens aber falschen oder geschraubten Redewendungen, denen gegenüber die Anwendung eines eingebürgerten, wenn auch entbehrlichen Fremd wortes noch entschuldbar ist. Schon vor Jahren haben Wustmann und andere Männer auf die mancherlei »Sprachdummheiten« im modernen Schriftverkehr, die leider auch vielfach in der Zeitungs sprache zu finden sind, hingewiesen, aber nur ein kleiner Teil der Schreibenden scheint Ein- und Umkehr zu halten; im täglichen Hasten und Treiben beachtet man derartige Hinweise kaum, zum Selbstüber legen nimmt man sich nicht die Zeit; so wuchert denn das einmal eingebürgerte Unkraut der Sprachverderbnis weiter. Der erwähnten Blütenlese in dem Artikel »Gut Deutsch« will ich nur einige, leider oft und selbst in den Briefen großer Häuser wieder kehrende Sprach- und .Stilfehler hinzufügen: 1. »Im Besitze Ihres geehrten gestrigen Schreibens, können Sie die Ware sofort absenden.« Wie oft muß man solchen oder ähnlich lautenden offenbaren Un sinn lesen! Ein Volksschüler im vierten oder fünften Schuljahre wird uns sagen, daß »Sie« (der Angeredete) das Subjekt des Satzes bildet, dieser Sie ist aber noch nicht im Besitze des Schreibens, sondern der Besteller selbst, der einfach sagen soll: »Ich besitze Ihr geehrtes gestriges Schreiben und bitte Sie, die Ware sogleich abzusenden.« 2. »Ich bestelle Ihnen —« ist falsch, wird aber schriftlich und mündlich an jedem Tage tausend fach im kaufmännischen Leben gebraucht. Ich kann wohl »Ihnen einen Auftrag geben«, aber nur »bei Ihnen bestellen«, denn »be stellen« ist kein transitives sondern ein intransitives Zeitwort. Das Wörtchen »bei« darf also nicht weggelassen werden. 3. »Angefragte Papiersorte« ist eine unzulässige, sprachwidrige Abkürzung, ebenso falsch wie etwa »Erkundigte Kreditverhältnisse«. Hier müssen schon ein paar Worte geopfert werden durch den Satz: »Die erwähnte« oder »in Frage stehende Papiersorte«. 4. »Hochachtungsvollst«, der höhere Unsinn, gegen den sich meines Wissens Wustmann besonders gewendet hat. Voller als voll kann kein Ding sein, auch kein Kaufmann, selbst nicht der Höflichste, mehr als eben voll von der ehrlichsten Hochachtung für seinen »feinsten« Kunden. Die am tiefsten eingewurzelte und mit dem größten Nachdrucke zu bekämpfende Unsitte ist aber 4. die Weglassung des persönlichen Fürworts in der ersten Person: »ich«, »wir«. Dieser Unfug besteht schon lange; der Kaufmann, der ihn auf zubringen für gut fand, ruht wohl längst unterm Rasen. Welche Gründe er dafür hatte, den wesentlichsten Teil des Satzes, das Sub jekt, zu unterschlagen, sobald er von sich selbst sprach, ist nicht recht einzusehen. Sollte es wohl kaufmännische Artigkeit sein, sich selbst nie zu nennen, ausgenommen in der Unterschrift? Sei dem, wie ihm wolle, es ensteht durch den erwähnten Wegfall des Subjektes die denkbar gröbste Stilverderbnis der deutschen Sprache. »Sandten Ihnen auf Ihre Gefahr«, »Empfange soeben Ihre w. Zuschrift«, »Besitzen freundl. gesandtes Akzept«. Ist das noch Deutsch? Das Schlimmste bei der Sache ist, daß dieser herrliche Stil sich auch schon des Anzeigenteils der Tagesblätter bemächtigt hat, denn die Frau Kommerzienrat, die ihre Mädchen gesuche vielleicht im Fabrikkontor aufsetzen läßt, annonciert schon