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786 PAPIER-ZEITUNG Nr. 21 Sonntagsruhe in Holzschleifereien 5132. Frage: 1. Wir haben s. Z. in unserer Holzschleiferei, die mit einer 120 PS Turbine und in Zwangslage mit einer 80 PS Dampf maschine arbeitet, an einem Sonntage den Obergraben vom ange sammelten Sägemehl reinigen lassen, wozu wir uns nach § 105c Abs. 3 der Gewerbeordnung berechtigt glaubten, wurden auch nach erfolgter Anzeige vom Schöffengericht freigesprochen, weil wir das Fabrikations- und Kesselspeisewasser vom Obergraben entnehmen müssen. Die zu ständige Gewerbe-Inspektion behauptet, wir könnten die Arbeiten am Wochentag mit Dampf verrichten, wenn wir Reservoire errichteten. Diese würden uns aber bei 12 stündigem Betrieb mehr kosten als die ganze Fabrikanlage. Infolge Berufung kommt nun die Sache vor die Strafkammer, und wir bitten um Ihr Urteil. 2. Sind im Regierungsbezirk Minden (Westfalen) eine Zahl Sonn tage für den Betrieb der Holzschleifereien freigegeben, wie dies auch im Regierungsbezirk Arnsberg der Fall ist. Wenn nicht, auf welchem Wege ist dies zu erlangen? Antwort: 1. Nach § 105c Absatz 3 der Gewerbeordnung dürfen auch an Sonntagen Arbeiten ausgeführt werden, von welchen der regelmäßige Fortgang des Betriebes abhängt. Das Reinigen des Obergrabens einer Holzschleiferei, die ihr Fabrikationswasser dem Obergraben entnimmt, gehört unseres Erachtens zu diesen Arbeiten. Die Ansicht des Gewerbe- Inspektors, daß die Holzschleiferei Wasserbehälter errichten soll, um während der Reinigung des Obergrabens die Holz schleiferei daraus mit Fabrikationswasser zu versehen, kann in vielen Fällen unverhältnismäßig viel kosten, da auf 1 kg er zeugten Holzschliffs rund 500 1 ‘Fabrikationswasser nötig sind. Wir bitten die Fragesteller, uns s. Zt. vom Ergebnis der Ge richtsverhandlung zu unterrichten. 2. Nach § 105e der Gewerbeordnung dürfen für Betriebe, die ausschließlich oder vorwiegend mit unregelmäßiger Wasser kraft arbeiten, durch Verfügung der höheren Verwaltungs behörde Ausnahmen von der Sonntagsruhe zugelassen werden. Ob derartige Ausnahme-Bestimmungen für Holzschleifereien, die mit Wasserkraft arbeiten, in dem Regierungsbezirk Minden bestehen, ist uns nicht bekannt. Fragesteller können dies durch Erkundigung bei dem Regierungs-Präsidenten ermitteln, aber jedenfalls um Erlaß von Ausnahme-Bestimmungen für ihre Fabrik ersuchen. §§ 20 und 21 der Gewerbeordnung geben Fingerzeige für das seitens der Antragsteller hierbei zu befolgende Verfahren. Vorherige Rücksprache mit dem Ge werberat ist zu empfehlen, da von seinem Gutachten viel abhängt. Gebrauchsmusterschutz 5133. Frage: In Klasse 70d Nr. 213 602 sind mir als DRGM durch Eintragung geschützt: »Schablonen aus Celluloid«. Unter Nr. 213 908 ist jetzt eingetragen: »Schablonen aus einer durch sichtigen Platte«. Ich lege einige Schablonen meiner Fabrik bei, da nach kollidieren beide Rechte. Meine Anmeldung datiert vom 28. Oktober 1903, die des Gegners vom 13. November 1903, also bin ich vorberechtigt. Muß ich gerichtlich klagen und bei welchem Ge richte? Auf Löschung? Auf Buße? Ferner bekomme ich allerhand Anträge von sogen. Patentver wertungsbureaus mit dem Gesuch, meine Erfindungen in anderen Staaten patentieren zu lassen. Meines Wissens kann ich den Schutz nur ausdehnen auf Oesterreich-Ungarn, Italien, Schweiz, und scheint es mir, als wenn es diesen Firmen nur darum zu tun ist, die An meldegebühren einzustreichen. Antwort: Nach § 4 Abs. 2 des Gebrauchsmustergesetzes darf der Inhaber des später angemeldeten Gebrauchsmusters dieses nur mit Genehmigung des Inhabers des früheren Ge brauchsmusters (Nr. 213 602) gewerblich ausnutzen. Verstößt er hiergegen wissentlich oder aus grober Fahrlässigkeit, so ist er dem Inhaber des älteren Gebrauchsmusters zur Ent schädigung verpflichtet. Verstößt er wissentlich, so kann ihm auf Antrag des Verletzten Gefängnis bis zu einem Jahre oder Geldstrafe bis zu 5000 M. auferlegt werden. Der Fragesteller muß zunächst in einem eingeschriebenen Brief dem Inhaber des späteren Gebrauchsmusters von seinem älteren Rechte Kenntnis geben und ihn auffordern, sein Gebrauchsmuster nicht auszunutzen. Tut dieser es dennoch, so kann der Frage steller ihn beim Zivilgericht auf Entschädigung verklagen oder bei der Staatsanwaltschaft seine Bestrafung beantragen. Zu ständig ist das Amts- oder Landgericht, zu welchem der Wohn ort des zu Verklagenden gehört. Es empfiehlt sich, mit der Patentierung in fremden Staaten vorsichtig zu sein, da die sehr hohen Kosten nur selten dabei herauskommen. Die Erfindung kann in allen fremden Staaten angemeldet werden, die Patentschutz überhaupt gewähren. Soweit dieselben zur »Union zum Schutze des gewerblichen Eigentums« gehören, hat der Inhaber eines Gebrauchsmusters eine Prioritätsfrist von 4 Monaten, also bis zum 28. Februar 1904. Blaues Papier 5134. Frage: 1. Ich bestellte vor kurzem blaues Papier nach Vor lage AI, der Reisende sagte mir mustergetreue Lieferung zu. Das Papier fiel wie Muster AII und III aus. Kann man den Ausfall als muster getreue Lieferung ansehen? Liegt der Unterschied in den zulässigen Grenzen, und wie hoch schätzen Sie den Minderwert von AII und III gegen AI? 2. Hierauf bestellte ich nach Vorlage All. Die Lieferung erfolgte nach Muster A III. Dieses Papier wird von meinem Abnehmer bean standet, weil es sich nicht gut kleben lasse, finden Sie zwischen A II und A HI erhebliche Unterschiede, und wenn ja, wie hoch schätzen Sie den Minderwert? Ich wäre Ihnen für baldige Beantwortung dieser Fragen sehr verbunden, damit ich eine Handhabe hätte, um diese leidige Sache aus der Welt zu schaffen. Antwort: 1. Der Farbenunterschied überschreitet die zu lässigen Grenzen. Außerdem ist Muster AIII wesentlich unreiner als die Vorlage. Teils weil die satte dunklere Färbung den Her stellungspreis erhöht, teils um trotz des Farbenunterschieds An nahme des Papiers zu erwirken, halten wir für die Lieferung nach All einen 10- und nach A III einen 15prozentigen Preis nachlaß für angemessen. 2. Wie schon aus der Antwort zu I hervorgeht, schätzen wir den Minderwert von A III im Vergleich zu A II auf 5 pCt. Warenzeichen. Vertrauens-Mißbrauch 5135. Frage: Vor Jahren beabsichtigte eine erste Firma, mich für ihre Reklame-Abteilung als Leiter zu engagieren auf Grund einer Anzahl von mir eingereichter Original-Reklame-Inserate, Entwürfe usw. Auf diese schrieb ich, daß solche mein Eigentum sind. Vor einigen Tagen sah ich nun zufällig, daß die Firma einen dieser Entwürfe als »Markenschutz« sich hat eintragen lassen, und solchen bei ihren Erzeug nissen als Reklame benutzt. Ich habe s. Zt. meine Originale zurück verlangt, aber keine Antwort erhalten. Wie kann ich gegen die Firma vorgehen? 1. auf Löschung des Markenschutzes, 2. auf Schadenersatz, und wie hoch? Ich verlangte s. Zt. als Anfangsgehalt 3000 M. Antwort: 1. Auf Löschung des Warenzeichens hat Frage steller keinen Anspruch, denn die Frage, ob der Anmelder eines Warenzeichens das Urheberrecht dafür besitzt, ist für die Eintragungsfähigkeit nicht maßgeben '. Es genügt vielmehr, daß dasselbe Zeichen für Waren gleicher Art niemandem vor dem Anmelder geschützt sei. 2. Auf Schadenersatz hat Fragesteller Anspruch nach § 826 BGB, wonach derjenige, der einen andern in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise schädigt, diesem andern schaden ersatzpflichtig ist. Der Schadenersatz kann so hoch sein, wie der Betrag, der für einen Entwurf der nachgebildeten Art gezahlt zu werden pflegt. Fragesteller kann ferner der Firma jede Vervielfältigung und Verwertung des Entwurfs als straf baren Nachdruck verbieten lassen. Wasserdichte Pappe 5136. Frage: Welche Masse ist am geeignetsten, um Pappe auf einer Seite wasserdicht zu machen, oder gibt es einen Leim, der, wenn trocken, von kaltem Wasser nicht wieder aufgelöst wird? X. *** Ich bitte um Mitteilung, wie braune Lederpappe gegen Feuchtigkeit unempfindlich gemacht werden kann? Solche Pappe, wovon ich Muster beilege, kommt unter dem Namen Lederett in den Handel. Y. Antwort: Wir verweisen auf die wiederholte Beantwortung ähnlicher Fragen, zuletzt in Nr. 89 von 1903 Frage 4788. Es heißt dort unter anderem: Es gibt zahlreiche Rezepte für den gefragten Zweck, doch fehlt es uns an Erfahrung darüber, wie sie sich bewähren. In neuerer Zeit sind diejenigen Striche beliebt, die man durch Ueberziehen der Pappe zunächst mit Kasein-Lösung und dann mit Formaldehyd-Lösung erzielt. Näheres hierüber ist in dem Buch »Buntpapier - Fabrikation« von August Weichelt enthalten, das eine Fundgrube bewährter Rezepte für Buchbinder und Kartonnagen-Fabrikanten ist. Es erscheint im Verlag der Papier-Zeitung und kostet 12 M. Das vom zweiten Fragesteller gesandte Lederett-Muster besteht anscheinend zum größten Teil aus Dämpfholzschliff und enthält ziemlich viel Erde, wie die nach dem Verbrennen reichlich übrig bleibende Asche beweist. Die Pappe fühlt sich fettig an und erweist sieh durch und durch sehr gut geleimt. Welcher Art der organische Stoff ist, der die Wasser dichtheit dieser Pappe verursacht, ließe sich wahrscheinlich selbst bei genauester sachkundiger chemischer Untersuchung nicht genau feststellen. Hier bewährt sich das alte Wort: »Probieren geht über Studieren.«