Volltext Seite (XML)
748 PAPIER-ZEITUNG Nr. 20 Alleinvertrieb 5116. Frage: Wir haben einer englischen Firma Chromos mit alleinigem Bezugsrecht für England verkauft. Diese Chromos sind unsere eigenen Muster, d. h. gemalt von einem Mitinhaber unserer Firma nach eigenen Entwürfen, von uns lithographiert und von uns gedruckt. Diese Muster sind uns kopiert worden und werden von einer andern englischen Firma in den dortigen Handel gebracht, sie sind vermutlich in Deutschland angefertigt. Unser Kunde will uns sein Lager zur Verfügung stellen und Schadenersatz haben, da wir ihm allein unsere Muster gegeben haben. Sind wir zu Schadenersatz verpflichtet? Wir haben ihm doch nur auf unsere Ware Alleinverkauf gegeben. Können wir den englischen Verkäufer gerichtlich bestrafen oder zur Preisgabe seines Lieferanten zwingen und eventuell letzteren bestrafen? Unsere Dessins sind nicht mit Musterschutz versehen. Antwort: Nach dem deutschen bürgerlichen Gesetzbuch sowie nach allgemeinen Rechtsanschauungen, die jedenfalls auch in England gelten, haftet man nur für eigene Handlungen und Unterlassungen, nicht aber für solche Anderer. Solange Fragesteller vertragsgemäß an niemand als den Besitzer des Alleinverkaufs Waren nach England geliefert haben, darf dieser nicht einseitig vom Vertrag zurücktreten. Sowohl der Allein verkäufer als auch die Fragesteller können den unrechtmäßigen Vertreiber der nachgebildeten Waren in England auf Schaden ersatz und auf Unterlassung weiterer Verkäufe verklagen. Sind die Chromobilder Kunstwerke, so haben sie in Deutsch land ohne Anmeldung zum Musterschutz gesetzlichen Schutz gegen Nachbildung, und Fragesteller können den inländischen unbefugten Hersteller auf Schadenersatz verklagen. Bedurften aber die Bilder als sogen. Werke der Industrie in Deutschland des Geschmacksmusterschutzes, so können Fragesteller als Ausländer den unbefugten Verkäufer in England nicht ver klagen, da das dortige Gericht Ausländern keinen höhern Schutz verleiht, als diese in ihrer Heimat genießen. Ob die Bilder nach britischem Gesetz ohne weiteres Schutz genießen oder nur nach Niederlegung eines Musters im »Stationery Hall«, darüber dürfte der englische Alleinvertreter besser unterrichtet sein als wir. Holzabfälle 5117. Frage: Finden Holzabfälle, namentlich Borke, in der Papierfabrikation Verwendung? Falls nicht, in welcher anderen Weise? Sehr lieb wäre es mir, wenn Sie Ihre Zeitschrift regelmäßig dem Sekretariat zugehen ließen. Eine große Anzahl Fachblätter liegen im Lesezimmer des Sekretariats aus. Antwort: Borke ist für die Papierfabrikation nicht ver wendbar. Ueber den Wert von Holzabfällen als Rohstoff zur Papierfabrikation gibt ein Aufsatz in Nr. 101 der Papier-Zeitung von 1903 Auskunft. Wir bedauern, dem Sekretariat der an fragenden Handelskammer die Papier-Zeitung nicht kostenfrei senden zu können. Wir legen Wert darauf, unsere Zeitung im Gegensatz zu den sogenannten Offertenblättern nur an zahlende Bezieher zu liefern, haben aber den Bezugspreis so niedrig gestellt, 1 M. für das Vierteljahr bei zweimal wöchent lichem Erscheinen, daß die Ausgabe für Niemand zu groß sein kann, der sich für den Inhalt interessiert. Kündigung des Vertreters 5118. Frage: Eine auswärtige Fabrik entzieht ihrem langjährigen Vertreter, ohne Grund gegen ihn dafür zu haben, die Vertretung per sofort. Ist die Fabrik dazu berechtigt, und wenn nicht, welche Ansprüche kann der Vertreter machen? Antwort: Da der deutsche Vertreter Ansprüche gegen den ausländischen Geschäftsherrn vor dem ausländischen Gericht geltend machen muß, so müßte man diesen Streitfall nach dem uns unbekannten Recht beurteilen, welches im Staate des Geschäfts herrn herrscht. Besitzt der Geschäftsherr in Deutschland eine Niederlassung, so kommt unter Umständen deutsches Recht zur Anwendung, und nach diesem gebührt dem Agenten sechs wöchentliche Kündigung vor Vierteljahresschluß. Wert von Aktien 5119. Frage: Mir wurden eine Anzahl Aktien der Papierfabrik X. zum Kauf angeboten. Ich kenne diese Fabrik nicht, und es wäre mir deshalb angenehm zu erfahren, ob und welche Dividende das Werk gezahlt hat, ob es Arbeit und Aussichten für die Zukunft hat. Antwort: Die Fabrik [X. verteilte unseres Wissens im letzten Jahre keine Dividende. Ueber die anderen Fragen können wir keine Auskunft geben. Wenn Fragesteller sein Geld in dieser Unternehmung anlegen will, so sollte er die Mühe nicht scheuen, sich bei eingeweihten Personen, aus Geschäftsberichten und durch Besichtigung der Fabrik über die Verhältnisse der Gesellschaft zu unterrichten. Papiermacher-Ausbildung 5120. Frage: Ich beabsichtigte einen Fachkursus für Zellstoff und Papier zu besuchen. In Oesterreich besteht nur einer am k. k. technologischen Gewerbemuseum in Wien, der aber schon im Oktober begonnen hat, weshalb ich mich nicht mehr beteiligen kann. Besteht ein derartiger Fachkursus irgendwo im Deutschen Reiche? Antwort: An verschiedenen technischen Schulen, z. B. Dresden, Chemnitz, werden oder wurden Vorlesungen über Papierfabrikation gehalten, in der Hauptsache muß sieh aber jeder Studierende dieses Faches allgemein technische Kenntnisse aneignen, wie sie an jeder bessern technischen Lehranstalt er worben werden können. Die Herren, welche über Papierfabri kation sprechen, können den Hörern in den meisten Fällen nicht viel mehr sagen, als in Schriften und Büchern veröffentlicht ist, und wer technisches Wissen und genügende Ausdauer be sitzt, kann sich diese Kenntnisse auch durch Selbststudium an eignen. Fragesteller hat übrigens als Ingenieur-Chemiker schon lange genug die Schulbank gedrückt, und die beste Fachschule für ihn ist die praktische Arbeit in einer Papier fabrik. Ebensowenig wie das Schustern, Schneidern, Schrift setzen usw., kann man das Papiermachen in der Schule oder aus Büchern lernen, diese können immer nur Anleitung geben. In England und Amerika nimmt man an, daß drei Jahre Lehr zeit in einer guten Papierfabrik hierzu erforderlich sind, bei guten technischen Vorkenntnissen und richtiger Ausnützung* kann auch kürzere Zeit genügen. Haftung des Reisenden für seinen Irrtum 5121. Frage: Ist ein gegen festes Gehalt angestellter Reisender haftbar für den durch falsche Ueberschreibung einer Ordre entstehenden Schaden, wenn der Reisende im Allgemeinen nie zu Reklamationen Anlaß gegeben hat, und die Möglichkeit einer absichtlichen Fälschung gänzlich ausgeschlossen ist? Der Fall ist kurz folgender: »Der Reisende überschrieb einen Auftrag auf 2000 Exemplare eines Gegenstandes, während der Besteller nur 200 Exemplare in Auftrag gegeben haben will. Das Gericht entschied zu Gunsten des Bestellers und nahm bei dem Reisenden Irrtum oder Fahrlässigkeit an. Nun verlangt die Firma von dem inzwischen ausgetretenen Reisenden vollen Schadenersatz.« Welche Paragraphen stehen dem Reisenden als Schutz zur Seite? Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Wenn die unrichtige Ueberschreibung des Auftrags auf einem Verschulden des Reisenden, sei es Vorsatz, sei es Fahr lässigkeit beruht, ist er dem Prinzipal gegenüber zum vollen Schadensersätze, auch zum Ersätze der Prozeßkosten verpflichtet. (Entscheidungen des Reichsoberhandelsgerichts Band 11 Seite 93.) Das Verschulden hat, wenn es nicht bereits im Vorprozesse festgestellt ist, der Prinzipal zu beweisen. Dem Reisenden steht der Gegenbeweis eines entschuldbaren oder durch den Besteller verschuldeten Irrtums zu. Diese Beurteilung der Sachlage er gibt sich aus den allgemeinen Rechtsgrundsätzen über die Verpflichtung zum Schadenersatz in Verbindung mit den Vor schriften über Auftrag und Dienstvertrag. Besondere, gerade diesen Fall treffende Gesetzesbestimmungen gibt es nicht. Reisespesen des Teilhabers 5122. Frage: Ich bin zwei Jahre als Teilhaber und Mitbegründer eines Fabrikbetriebes tätig, arbeite praktisch mit, habe sämtliche schrift lichen Arbeiten zu erledigen, gehe auch im Laufe des Jahres viermal auf Reisen. Gerade das Letztere gibt Anlaß zur Unzufriedenheit. Mein Sozius war bis jetzt nie auf Reisen, hegt daher immer Mißtrauen, ich würde von den Reisespesen zu ausgiebigen Gebrauch machen. Ich will nur einen Posten anführen, und bitte darüber gütigst zu entscheiden. ■Vielleicht könnten Sie mir auch angeben, was mir von Rechtswegen zukommt, ein Vertrag ist bis heute nicht zustande gekommen. Aufstellung einer 16 tägigen Reise: Sämtliche Ausgaben M. 42 Pf. davon gehen für kleine Reiseauslagen ab ß » 40 » Bleiben für den Unterhalt 83 M. 02 Pf. also für den täglichen Verbrauch 5 M. 19 Pf. Ich glaube, daß hier keine verschwenderische Absicht vorliegt. Antwort: Wir finden die Ausgaben außerordentlich be scheiden, und auch der Teilhaber wäre wahrscheinlich gleicher Ansicht, wenn er wüßte, daß angestellte Reisende selten weniger als 8 M. Spesen außer den Fahrkosten erhalten, daß 10 M. als mittlerer Satz gilt, und viele tüchtige Reisende 15 M. und mehr täglich beanspruchen. Vergleiche auch die Mitteilungen über Vertrauensspesen und Reisespesen in Nrn. 53 und 96 der Papier- Zeitung von 1902. Von Rechts wegen kommt dem Reisenden, sei er Teilhaber oder Handlungsgehilfe, kein bestimmter Betrag' sondern soviel zu, daß er davon seinem Stand angemessen leben kann. Ist nichts vereinbart, so muß das Geschäft die tatsächlichen Kosten, soweit sie angemessen sind, vergüten. Verantwortlicher Schriftleiter Siegmund Ferenczi, Friedenau. Zuschriften nur an Papier-Zeitung, Berlin IV 0, erbeten Druck von A. W. Hayn’s Erben, Berlin SW, Zimmer-Straße 29