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Nr. 20 PAPIER-ZEITUNG 747 Erschlichener Anzeigen-Auftrag? 5109. Frage: Ich bitte um Ihren Rat in folgender Angelegenheit: •Aus der Kopie meines Bestellscheins ersehen Sie, daß ich für ein Berliner Offertenblatt auf ein Jahr eine Anzeige dem Vertreter - am 26. September 1901 gab. Da ich noch immer Rechnungen erhielt und mich nicht entsinnen konnte, daß ich auf so lange Zeit eine Anzeige bestellt habe, ließ ich mal zufällig nachsehen und fand, daß der Auf trag längst abgelaufen war, was ich dem Offertenblatte mitteilte. Dar auf erhalte ich die Antwort vom 10. Oktober, Anlage I, und auf mein Ersuchen um Abschrift des Bestellscheins heute die Anlage II. Ich hatte nun vor, den Brief laut gelber Kopie Anlage III abzusenden, möchte aber vorher Ihr Urteil hören. , Antwort: Im Bestellschein, den Fragesteller, anscheinend ohne ihn genau zu lesen, unterschrieb, steht der Satz: »Nach Ablauf des Vertrags ist die Insertion nur bis auf Widerruf fort zusetzen«. In der mündlichen Vereinbarung mit dem Vertreter ■des Offertenblatts war von Fortsetzung des Vertrags keine Rede. Die Anzeige sollte nur ein Jahr lang aufgenommen werden. Wenn Fragesteller vor Unterschrift des Bestellscheines vom Vertreter jenes Blattes nicht auf die erwähnte Vertrags bestimmung hingewiesen wurde, so kann er unseres Erachtens ■diese anfechten, denn nach § 119 HGB. kann jemand, der bei Abgabe einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht ab geben wollte, die Erklärung anfechten, wenn anzunehmen ist, daß er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falls nicht abgegeben hätte. Die mündlich nicht vereinbarte Bedingung ist folgenschwerer als der Vertrag selbst, sie verlängert diesen unter Umständen auf Jahrzehnte, und darf nicht sozusagen von hinten herum in den Vertrag geschmuggelt werden. Fragesteller mag aber aus diesem Fall lernen, daß man nichts unterschreiben soll, was man nicht genau gelesen hat. Er kann seinen Brief 3, worin er Rückzahlung der nach Ablauf der Jahresanzeige bezahlten Beträge fordert, absenden, und falls das Offertenblatt den Betrag nicht zurück zahlt, es auf Rückgabe des Betrags verklagen. Wir bitten .Fragesteller, uns den Ausgaug des Rechtsstreits mitzuteilen, wenn cs zu einem solchen kommen sollte. Kündigung des kaufmännischen Leiters 5110. Frage: Mir wurde von dem Aufsichtsrat meiner Gesell schaft in der ich seit 11/2 Jahren als kaufmännischer Leiter angestellt bin, am 4. Februar ohne Angabe des Grundes zum 1. April gekündigt. Ich habe sofort nach Empfang dieser schriftlichen Kündigung diese als unberechtigt zurückgewiesen, und da ich bis heute hierauf ohne Nachricht gebliebep bin, frage ich Sie, ob ich diese Kündigung aner kennen muß, oder ob durch die stillschweigende Annahme meiner Zurückweisung ein ungekündigtes Verhältnis geschaffen ist. Antwort: Falls vertragsmäßig keine längere Kündigungs frist vereinbart wurde, so gilt die gesetzliche zu Ende des Vierteljahrs, und der Aufsichtsrat war berechtigt, zum 1. April zu kündigen. Die Antwort des Fragestellers, daß er die Kündigung nicht annähme, ist eine einseitige Erklärung, die für den Aufsichtsrat keine rechtliche Wirksamkeit hat, und auf die zu antworten er nicht verpflichtet war. Solange der Aufsichtsrat die Kündigung nicht zurücknimmt, besteht diese zu Recht. Angabe von Gründen ist nicht erforderlich Welches Papier ist besser? 5111. Frage: Welches Papier der beiden inliegenden Proben A und N halten Sie für besser, und worin bestehen die Unterschiede? Antwort: Wir beantworteten eine ähnliche Frage 4906 in Nr. 104 von 1903 und führten die Gründe an, warum sich solche Fragen nicht zur Beantwortung im Briefkasten eignen. Wenn sich übrigens der Fragesteller die an dieser Stelle oft erwähnten und in der Papier-Zeitung durch regelmäßige Ankündigung bekannt gemachten Prüfungsmittel auf Holzschliff, Dr. Wursters gelbes und rotes Reagens, anschafft und die nach Aussehen usw. ziemlich gleichen Proben damit betupft, wird er gleich sehen, welche mehr Holzschliff enthält, also weniger gut ist. Arbeit des Reisenden am Sitz des Geschäfts 5112. Frage: Ich bin Reisender einer hiesigen Papier- und Schreib warengroßhandlung und im Jahre 10 Monate auf der Reise. Kann mein Chef nun von mir verlangen, daß ich im Monat Dezember jeden Sonntag arbeite, nachdem ich am 30. November mit meiner Tour fertig war und diese wieder am 4. Januar 1904 antreten muß? Antwort: Nach §59 HGB müssen Handlungsgehilfen, wenn nichts Besonderes vereinbart ist, die dem Ortsgebrauch ent sprechenden Dienste leisten. Fehlt ein Ortsgebrauch, so ist der Gehilfe zu Leistungen verpflichtet, die den Umständen nach an- g emessen sind. Hiernach muß auch die Beschäftigung des ■eisenden am Sitz des Geschäfts beurteilt werden. Nach ver schiedenen Gerichtsentscheidungen ist er verpflichtet während dieser Zeit Dienste derselben Art und im selben Umfang zu leisten wie die anderen kaufmännischen Gehilfen des Geschäfts. Zu größeren Leistungen als diese darf er nicht herangezogen werden, auch nicht zu Leistungen, die nach den Bestimmungen über die Sonntagsruhe unzulässig sind. Prägen von Papier 5113. Frage: Ich habe vor längerer Zeit eine Balancierpresse für Monogramm-Prägung übernommen und wünsche diese nun zu verwerten. Es fehlen mir jedoch die Anleitung sowie die Stempel hierfür. Könnten Sie mir ein Buch, welches die Prägung für Farbig- und Blindpressung möglichst ausführlich behandelt, empfehlen und mir mitteilen, wo die dazu gehörigen Stempel zu bekommen sind? Antwort: Es gibt verschiedene Lehrbücher der Buch binderei, in denen auch das Prägen von Papier und Pappe be handelt ist. In dem jährlich erscheinenden Buchbinder-Kalender, Verlag von Wilh. Leo’s Nachf. in Stuttgart, ist die Fachliteratur für Buchbinderei aufgeführt. Das Prägen beruht aber auf Hand fertigkeit und Kunstgriffen, die für jede Art Prägepresse durch Anweisung und Uebung an der Maschine selbst erlernt werden müssen. Prägemeister bieten sich häufig in der Papier-Zeitung an und können mit Hilfe des Arbeitsmarktes in der Papier-Zeitung erkundet werden. Prägestempel werden von Gravieranstalten geliefert, solche empfehlen sich ständig im Anzeigenteil der Papier-Zeitung und würden sich wahrscheinlich auf Kauf anzeige darin melden, besonders wenn - diese mit dem Namen des Kauflustigen unterzeichnet ist. Eigentumsrecht an nicht abgeholten Sachen 5114. Frage: In meiner Buchbinderei bleiben öfter Gegenstände liegen, welche mir zum Einbinden oder zur Reparatur übergeben sind. Der Name der Eigentümer ist mir in manchen Fällen unbekannt, so daß eine Ablieferung unmöglich ist. Kann ich nun von einer gewissen Zeit an über die Sachen verfügen, oder hat der richtige Eigentümer auch noch nach Jahren das Recht, die Sachen abholen zu lassen? Ich möchte wissen, ob ich rechtlich handle, wenn ich z. B. ein Buch, welches 3 Jahre bei mir liegt, Platz wegnimmt und auch dem Ver derben ausgesetzt ist, Jemandem schenke, damit ich es aus den Augen bekomme, oder um Ordnung in meinem Geschäft zu erzielen. Antwort unseres rechtskundigen Mitarbeiters: Der Eigentumsanspruch verjährt erst in dreißig Jahren. Bis zum Ablaufe der Verjährungszeit kann der Eigentümer die ihm gehörigen Sachen jederzeit zurückfordern. Fragesteller ist daher nicht berechtigt, in der Zwischenzeit in irgend einer Weise, sei es auch durch Verschenken, über die fremden Sachen zu verfügen. Es muß dafür Sorge ge tragen werden, daß die Eigentümer der einzelnen Gegenstände bekannt sind. Farbige Glanzpapiere 5115. Frage: Wir senden Ihnen 3 Muster: Stahlblau-und Granat- rot-Glanzpapier, sowie Granatrot-Glanzkarton, welche von uns stets verlangt werden. Wir haben jedoch bis jetzt nur die gewöhnlichen gestrichenen Papiere angefertigt, und es würde uns interessiren wie diese Glanzpapiere und Kartons hergestellt werden. Können Sie uns zu dieser Fabrikation gute Rezepte geben? Mit welcher Maschine wird der Glanz am besten erzeugt? Glauben Sie, daß dieser mit Friktions- Kalandern erzielt wird? In Weichelt’s Buch »Buntpapier-Fabrikation« können wir das Stahlblau-Glac nicht finden. Antwort eines Fachmitarbeiters: Gesandte drei Muster sind Glanzpapier und Glanzkarton. Davon ist das Stahlblau mit Stein geglättet, während die beiden roten Muster friktionirt sind. Ein passendes Rezept fürs Stahl blau befindet sich auf Seite 143 letzter Satz meines Buches. (Verlag der Papier-Zeitung, Preis 12 M.) Das hellere Rot wird erhalten aus 15 kg Scharlachlack 100 von A. Beringer, 5kgBlankfixe, 101 Wasser, 6‘/2 kg Carnaubawachs- seife, 860g Talkum, 71/ 1 Leim 1:3 und etwa ‘/2kg Bronze braun 210 g. Dieselbe Mischung wird auch das dunkle Muster geben, wenn statt des Bronzebrauns etwa 1 kg Goldkäferlack genommen wird, oder wenn an Stelle von Scharlachlack Heyl's Granatlack 610 S in Anwendung kommt. Seite 142 meines BuchesdritterSatz gibtallgemeine Mischungs verhältnisse für Farblacke an, und da jede Farbenfabrik gern mit Musterkarten ihrer Farben in matt und geglättet zu Diensten steht, ist es nicht schwer die geeigneten Sorten zu wählen und zu mischen. August Weichelt